KK 231.— 70. Jahrgang.
Erste Ausgabe.
Sonnabend, den 21. August 1897.
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Hierzu ein zweites Blatt.
Deutsctand.
L Berlin, 19. Aug. Der Rechenschaftsbericht der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion ist diesmal ausführlicher als in früheren Jahren ausgefallen: Stil und Form deuten auf einen audern Verfasser als den des letztjährigen Berichtes hin, der ruhiger und leidenschaftsloser gehalten war. Der gegenwärtige Rechenschaftsbericht führt die Sprache, die man sonst im „Vorwärts“ anzutreffen pflegt, d. h. eine sehr lebhaft gefärbte, die vor manchem derben Worte nicht zurückscheut. Selbstverständlich erfährt man aus einer solchen Berichterstattung nichts neues. Sie wird wohl auch nur gegeben, weil es eben nicht anders geht, und weil der hamburger Parteitag den Bericht in seinen Akten haben muß. Immerhin ist die präzise Zusammenfassung der Ereignisse einer ganzen Session, auch wenn dabei mit rücksichtsloser Tendenz und in durchsichtiger Einseitigkeit verfahren wird, ganz lehrreich und kann als Leitfaden für die Rückerinnerung an die Ereignisse des Winters und Frühjahrs ihre Dienste thun. Manches in dem Berichte berührt sonderbar, so, wenn von der„überraschend eingehenden Erörterung" des Achtstundenantrages der Partei gesprochen wird. Ueberraschend war diese Gründlichkeit der Debatte darum nicht, weil das Haus gegenüber diesem Antrage wie auch sonst in der Zwangslage war in die es durch seine chronische Beschlußunfähigkeit versetzt wurde. Da selten mehr als hundert Mitglieder anwesend waren, so mußte eben jeder Verhandlung der Zügel freigegeben werden; ein Schlußantrag wäre sofort mit dem Antrage auf Auszählung beantwortet worden. Der Bericht enthält sich bei der Erwähnung der Vereinsgesetzgebung jeder Ausführung über die Vorgänge im preußischen Landtage. Man konnte natürlich nicht erwarten, daß die Fraktion bei dieser Gelegenheit irgend etwas über die Frage der Teilnahme an den nächstjährigen preußischen Wahlen sagen werde, aber um so intensiver werden voraussichtlich die betreffenden Erörterungen auf dem hamburger Parteitage selber werden. Der oder die
ssen die
Verfasser des Berichtes ziehen aus den Ergebnissen
ug.,den Schluß, daß die
für die Arbeiter weniger als bescheiden ist.
der letzten Reichstagstagung den Schluß,
Ausbeute für die Arheiter weniger als bescheid
„Und wenn man das preußische Vereinsgesetz gegen die paar kleinen sozialpolitischen Fortschritte in die Wagschale wirft, so könnte König Stumm eigentlich sehr zufrieden sein; doch die Unzufriedenheit ist nun einmal heute ein allgemein verbreitetes Laster, besonders unter den Großindustriellen und Großgrundbesitzern, auch unter den Kleingewerbetreibenden: Um diesen zum Spielen vorzuwerfen, während ihnen der Wettbewerb des Großkapitals seine tötlichen Harpunen weiter in den Leib treibt, hatte man ihnen die allgemeine Zwangsinnung zugedacht“. Wir geben diese Sätze hauptsächlich als Stilprobe wieder und möchten wiederholen, daß die früheren sozialdemokratischen Rechenschaftsberichte eine solche kräftige Färbung nicht aufzuweisen pflegten. Am Schluß wird erklärt, daß auf allen Seiten weiter damit gerechnet wird,„daß die Marineforderunger Verzeitis zu Aussruch des Wahlkampfes führen kannen“. Des is eine Meunung, die nicht bloß in der Sozialdemokratie verbreitei ist, und aus der somit nicht btoß diese Partei die nötigen Folgerungen zu ziehen hat.
W Berlin, 19 August. Herr von Miquel wird nicht gut von seinen Offiziösen bedient. Einer dieser Herren will die Politik der Sammlung damit vorbereiten, daß die Agrarier alle Kräfte darauf konzentriren sollten, bei der Erneuerung der Handelsverträge höhere Getreidezölle herauszuschlagen. Wenn das der Eckpfeiler der Miquelschen Sammlungspolitik ist, dann wird es schlimm um das Gebäude bestellt sein. Denn bei der Erhöhung der Getreidezölle könnten wir auf das Zustandekommen neuer Handelsverträge schwerlich rechnen, und wo bliebe alsdann der Vorteil für den andern Kontrahenten der geträumten Vereinigung der Kräfte, nämlich für die Großindustrie? Er ist nicht zu
Allerlei.
Von Andree. Zu der Depesche über die auf der Seehundsjacht„Alken“ geschossene Brieftaube bemerkt das„N. W..“:„Angesichts dieser Depesche muß man sagen, daß ein Fatum seltsamster Art die auf Andree bezughabenden Nachrichten verfolgt. Da war
erkennen. Die Hauptsache jedoch bleibt, daß den Bündlern mit einer Hülfe, die ihnen erst in mehr als sechs Jahren zuteil werden kann, schlecht gedient sein wird. Die Bündler sind nicht so langmütig. Uebrigens haben sie sich die Lobpreisungen an die Adresse des Herrn v. Miquel schon wieder so ziemlich abgewöhnt. Sie müssen wohl allmählich zu der Erkenntnis gekommen sein, daß auch von dem Liebling der Götter und Agrarier nicht so viel zu holen ist, wie sie brauchen. Zwar die Unterhaltung des Herrn von Miquel mit Herrn Lieber mißfällt den Agrarier und Konservativen nicht. Warum sollen sie nicht an der Hoffnung festhalten, daß die Beredtsamkeit des Ministers den Zentrumsführer zu sich herüberziehe? Hoffen schadet jedenfalls nichts. Im Zentrum selber denkt man anders. Die vereinzelten, im bündlerischen Geiste gehaltenen Kundgebungen aus diesem Parteilager haben trotz ihres drohenden Tones die Wahrheit der Partei nicht einzuschüchtern vermocht, und es ist einstweilen nur leeres Gerede, wenn„Kreuzzeitung" und Konsorten das Zentrum als Hauptstütze des neuen Bundes, den Herr v. Miquel stiften will, bezeichnen und umschmeicheln.
M Berlin, 19. August. Wie auf eine ausgegebene Parole hin behandeln die Konservativen, von der „Kreuzztg.“ bis zur„D..=Ztg.“, die Reform des Militärstrafprozesses neuerdings als Bagatelle, als„Seeschlange“, um die sich das Volk nicht im geringsten kümmere, und um deretwillen Fürst Hohenlohe nicht zurückzutreten brauche. Die Absicht bei dieser Taktik ist klar. Der Reichskanzler wird von den Konservativen seinem Schicksal überlassen, wenn er, wie es unter Umständen nötig sein wird, aus anlaß der Prozeßreform um seine Entlassung bitten sollte. Dem Nachfolger aber, wer dies auch sein mag, wünschen sich die Konservativen freundlich zu insinuriren, indem sie ihm schon jetzt zu Gemute führen, daß sie ihm ein Fallenlassen der Reformabsichten nicht im geringsten übelnehmen würden. Auf den Stand der heiklen Frage selber mögen solche Gesinnungen wohl auch ihren Einfluß ausüben. Auch heute, lange Monate nach der betreffenden Eingabe des preußischen Staatsministeriums an den Kaiser, wird so leicht keiner sich unterfangen, wahrsagen zu wollen, welches der Ausgang sein wird.
Der nationale Streit in Böhmen hat sich zu einem
förmlichen Kriege ausgewachsen, bei dem es Tote und Verwundete in erheblicher Zahl gibt. Der Feuerwehr=Kommandant Richter in Herrlich bei Osseg wurde am Sonntag vor 8 Tagen, von einem Feuerwehrfeste heimkehrend, nebst anderen Feuerwehrleuten von Tschechen, die sich über das„Heilrufen" der Feuerwehrleute erbosten, in einer deutschen Ortschaft überfallen und ihm mit einem Ziegelsteine die Schädeldecke zerschmettert. Richter, der eine Frau und 6 Kinder hinterläßt, erlag seinen Wunden. Am letzten Sonntag kam es in Scharka bei Prag zu argen Zusammenstößen zwischen Deutschen und Tschechen. Drei deutsche Komptoristen wurden von Tschechen überfallen und mishandelt, einer derselben wurde eingeholt und hundert Meter weit geschleift, angespuckt und getreten. Einige Tschechen, welche den Mißhandelten beschützen wollten, wurden gleichfalls verletzt. Die Wachtleute, die von einem Radfahrer herbeigerufen wurden, damit sie interveniren, hat ein Trupp halbwüchsiger Bursche beschimpft und mit Steinen beworfen.— In den tschechischen Gasthäusern Prags wurden die Wirte terrorifirt, in deutscher Sprache gemachte Bestellungen nicht zu berücksichtigen und solche Gäste gar nicht zu bedienen. Die Wirte suchen daher ihre alten Stammgäste in ihren Wohnungen auf, und ersuchen sie, vorläufig ihre Lokale nicht zu besuchen, um Reibungen zu vermeiden. In einem prager Restaurant wurden alle deutschen Aufschriften vernichtet. Die Polizei beschäftigen jetzt acht Fälle tschechisch=nationaler Ausschreitungen in Gasthäusern. Die beschädigten und mißhandelten Deutschen geben an, sie seien nur deshalb angegriffen worden, weil sie deutsch gesprochen;— dabei wurde am Sonntag eine Deputation tschechischer Abgeordneter vom Grafen Badeni empfangen, die Beschwerde führten über Vergewaltigung der tschechischen Minoritäten. Badeni
antwortete die Haltung der amtlichen Organe gegenüber den Symptomen des Erregungszustandes sei von selbst gegeben; ihre Pflicht sei, unter allen Umständen und in jedem Falle für Erhaltung der Ruhe und Ordnung und für die persönliche Sicherheit jedes Staatsbürgers, sowie für wirksamen Schntz der nationalen und sprachlichen Rechte der Bevölkerung Sorge tragen.— Wie wirksam der Schutz ist, zeigt sich in den angeführten Beispielen klar und deutlich!— Die Einberufer des Ascher deutschen Volkstages versenden Einladungen, in welchen sie ankündigen, daß der Volkstag, der im Juli verboten wurde, nun definitiv am 22. August abgehalten werden soll, da die Einberufer als bestimmt annehmen, daß dieses Verbot nicht erneuert werden wird.
Die deutsche Volkszeitung in Hannover, natürlich ein Welfenblatt, veröffentlicht eine Zuschrift aus Hildesheim, die folgende freche Unverschämtheit enthält:„In unserer Stadt beabsichtigen die Preußen — die Eingewanderten, die Bettelpreußen und die, die den Mantel nach dem Winde drehen— ein Kaiser Wilhelm=Deukmal zu errichten. Sie haben einen Aufruf erlassen, in welchem König Wilhelm l. von Preußen als ein„weiser, gerechter und milder Monarch“ gepriesen wird, und die Errichtung des Denkmals nennen sie ein„patriotisches Werk“. Es ist selbstverständlich, daß kein Hanoveraner sich an diesem Werke beteiligt, und wir erwähnen es auch nur, um zu zeigen, was heutzutage alles möglich ist und gemacht wird, um lieb Kind zu sein“. Es genugt wohl, wenn man derartige Gemeinheiten niedriger hängt. Die Germania glaubt, daß das Blatt für diese„grobe Taktlosigkeit“ privatim die schärfste Verurteilung seitens seiner Fraktion erfahren wird. Wir halten es für einen Fortschrittt, daß das Zentrumsblatt in diesem Falle offen ohne Nötigung zegen die welfische Volkszeitung auftritt, mit deren Parteirichtung das Zentrum sonst nur zu oft geliebängelt hat. Selbstredend ist für uns die obige Aeußerung sehr viel mehr als eine„große Taktlosigkeit“, die auch dann an den Rockschößen der welfischen Fraktion hängen bleiben wird, wenn sie ihre Mißbiiligung„privatim“ äußern sollte. Wenn sie sich wirklich von der Anklage der moralischen Mitschuld und Duldung freimachen will, wird sie ganz anders als privatim vorzugehen haben. Uebrigens bezweifeln wir nicht, daß das Welfenblatt gegen seinen Willen das beste Mittel ergriffen hat, um dem Aufrufe für das Denkmal eine recht starke Beteilung zu sichern.
Einige Blätter erheben staatsrechtliche Bedenken gegen die Beratung des stellvertretenden Staatssekretärs des Auswärtigen mit der Stellvertretung des Reichskanzlers im Bereiche des auswärtigen Amtes: Artikel 2 des Gesetzes vom 17. März 1878 besage: Es kann
ein Stellvertreter allgemein für den gesamten Umfang der Geschäfte und Obliegenheiten des Reichskanzlers ernannt werden. Auch können für diejenigen Amtszweige, welche sich in der eigenen und unmittelbaren Verwaltung des Reiches befinden, die Vorstände der dem Reichskanzler untergeordneten obersten Reichsbehörden mit der Stellvertretung desselben im ganzen Umfang oder in einzelnen Teilen ihres Geschäftskreises beauftragt werden.“ Dazu wird bemerkt: „Nach dem Wortlaut der Bekanntmachung zu urteilen, ist Herr von Bülow mit der Vertretung des Reichskanzlers im ganzen Umfange des Geschäftskreises des auswärtigen Amtes betraut. Vorstände im Sinne jenes Gesetzes sind aber doch nur die Chefs der Reichsbehörden, d. b. also die Staatssekretäre, nicht vorübergehend zur Vertretung berufene Beamte. Wir glauben, daß jeue Bestimmung sogar in der Absicht getroffen worden ist, die kanzlerische Vertretung durch beliebige dritte Personen zu verhindern. Ist diese unsere Auffassung richtig, so würden die Unterschriften, die der Botschafter von Bülow in Vertretung des Reichskanzlers vollzieht, also z. B. Kontrasignaturen, keine verfassungsmäßige Gültigkeit haben. Wir verstehen daher nicht, weshalb nicht auch für dieses so wichtige Ressort durch die Ernennung des Herrn v. Bülow zum Staatssekretär ein Definitivum geschaffen wird.“ Praktisch erscheint es
als eine wesenlose Doktorfrage, ob der voraussichtlich nur noch dem Namen nach sein Amt bekleidende Staatssekretär oder der stellvertretende Nachfolger als„Vorstand“ des Amtes nach dem Wortlaut des Gesetzes anzusehen ist; für beide Auffassungen lassen sich formelle Gründe anführen. Die„Lib. Korr.“ macht nun noch auf einen anderen Umstand aufmerksam: Nach dem Tode des Staatssekretärs von Stephan
hat der Unterstaatssekretär Fischer fast drei Monate lang die Geschäfte des Reichspostamts geführt, und nach der Versetzung des Grafen Posadowsky in das
Reichsamt des Innern ist das Reichsschatzamt länger als einen Monat von dem Unterstaatssekretär Aschen
Seldaeleichel shiede eashsesen
sekretär noch im Dienste, aber beurlaubt ist, wird der Vertreter des Staatssekretärs für die Dauer seiner Vertretung mit der Stellvertretung des Reichskanzlers betraut. Es ist aber auch Herr von Marschall mit dieser Stellvertretung beauftragt, und dieser Auftrag ist bis jetzt noch nicht zurückgenommen, auch nicht durch die Erteilung des Urlaubes an den Staatssekretär loschen. Im auswärtigen Amte gibt es demnach z. Z. zwei Beamte, die amtlich mit der Stellvertretung des Reichskanzlers betraut sind, der eine ist der Staatssekretär von Marschall, der andere der Botschafter von Bülow. Auch diese Beleuchtung der Frage erschein praktisch bedeutungslos.
B Die Heröstübungen der deutschen Kriegsflotte.
(Von unserem an Bord des Flaggschiffs befindlichen Herrn Berichterstatter.)
Teti(Zachdruck verboten.)
An Bord S. M. S. Blücher“, 17. August. Heute morgen um 8 Uhr schiffte sich der kommandirende Admiral an Bord des Kurfürst Friedrich Wilhelm I. ein, um einer Schießübung des 1. Geschwaders beizuwohnen. Das Geschwader lichtete zu diesem Zweck
die Anker und ging in See. Der Schießplatz wurde von den Torpedobooten abgesperrt. Das Schießen selbst wurde bei verschiedener Fahrtgeschwindigkeit und auf verschiedene Entfernungen vorgenommen. Die Ziele, welche ven Feind darstellten, bestanden aus einer Hulk und schwimmenden Scheiben, die von Avisos und Torpedobooten an sehr langen Leinen geschleppt wurden. Der Hulk war durch Aufbauen von Geschütztürmen, Kommandobrücke u s. w. eine gewisse Aehnlichkeit mit einem Kriegsschiff gegeben. Auf den
warer eine Reihe von Infautarte=..
Reelings waren eine Reihe von Infanterie=Mannsscheiben als besondere Ziele für die Maximgeschütze aufgestellt. Leider wurde die Hulk sehr bald so leck geschossen, daß sie bis zum Oberdeck untersank. Vor
schaft fragte offenbar nicht, wann die Taube geschossen
dem gänzlichen Untergang war sie dadurch gesichert, daß sie mit Holz gefüllt war. So konnte sie wieder nach Neufahrwasser geschleppt werden, wo sie voraussichtlich gedichtet und gehoben wird. Die Scheiben wurden zumteil in der Weise zum Ziel genommen, daß man schräg auf sie zulief. Zumteil wurde das Gefecht auf parallelen gleichlaufenden, zumteil auf parallel entgegengesetzten Kursen geführt.
Gewaltig ist der Fortschritt, den die Geschützfabrikation in den letzten Jahren gemacht hat. Abgesehen von der Einführrung der Schnelladekanonen, hat man durch Verlängerung der Kanonen auf die Länge von 40—45 Kalibern und die Herstellung neuer PulverArten, die Anfangsgeschwindigkeiten der Geschosse von 450 auf 800 Meter gesteigert, und dementsprechend ist die Schußweite und die Wirkung der Geschosse am Ziel gestiegen. Während unsere ältesten Panzerschiffe bis auf Entfernungen von 4500 Metern, die etwas neueren Schiffe der Sachsenklasse bis auf 6500 Meter schießen können, vermögen die neuesten Schiffe Schußweiten bis zu 10000 Metern zu erreichen. Ein modernes Schiff ist hiernach imstande, ein älteres außer Gefecht zu setzen, ohne daß das letztere sich überhaupt wehren kann. Da ein modernes Panzerschiff einem älteren mindestens um—8 Seemeilen Geschwindigkeit überlegen ist, kann letzteres, wenn der Gegner nicht
die descäichse ais der hontliche Beistanse iesang für eine Andreesche Abgesandtin hielt; dann der amerikanische„Ulk“, der berichtete, Andree sei in Grönland gelandet; dann wieder wurden Ballons von Vergnügungs= oder Professions=Aéronauten, die an der Küste Norwegens aufstiegen, für das zum Nordpol bestimmt gewesene Luftschiff gehalten. und wir erinnern uns auch noch eines gondellosen Ballons, dessen in jüngster Zeit Erwähnung geschah. Bei all diesen Melbungen über Ballons, die man irgendwo im Norden gesehen, gab es nun einen zwingenden Beweisgrund, daß sie nicht mit Andrees Ballon identisch waren; und das war die Thatsache, daß kein Ballon der Welt einen Monat lang Gas halten kann, und mehr als ein Monat ist seit dem Aufstieg Andrecs von der Dänen=Insel verflossen. Am eklatantesten aber erweist sich jenes Fatum an der neuesten Brieftaubengeschichte. Diese Taube— sie war wirklich ein Unglücksvogel: die abergläubischen Seehundsfänger schossen nach ihr, trafen, und es ist noch ein Glück, daß der Vogel auf Deck und nicht ins Wasser fiel. Kapitän Nilsen liest dann die Andreedepesche und teilt sie als Kuriosum seiner Mannschaft mit—
aber schließlich ist ihm die Fortsetzung der Seehundsjagd wichtiger als die Weiterbeförderung von Brieftaubendepeschen an das„Aftonbladet“ und seine Leute
haben auch Dringenderes zu thun, als sich Wort für Wort den Inhalt der Botschaft zu merken!... Nun trifft der„Expreß“ die„Alken“ und— eine neue Böswilligkeit des Fatums— Kapitän Lerner des „Expreß“ schläft gerade. Die Folgen davon sind:
Lerner weiß nicht genau den Tag, an dem die Begegnung geschah; wahrscheinlich hat man ihm erst spät, vielleicht nach Tagen, davon erzählt; und seine Mann
scseiseschecechicheiche für die Zeitung bestimmten Meldung vor allem ein Datum gehört. Nun werden ja alle diese Folgen von Kapitän Lerners Schlaf sicherlich gut gemacht werden, da ja die„Alken“ einmal nach Hammerfest heimkehrt und dann die Andreesche Originaldepesche sicherlich an das „Aftonbladet“ weiter befördert wird— viele Wochen, nachdem Andree die Taube hat auffliegen lassen. Aber, hat diese Nachricht— und wenn sie uns heute schon korrekt vorläge, einen Wert? Nämlich einen Wert für die Beantwortung der Fragen nach Andrees Schicksal? Die Antwort ist ein entschiedenes Nein. Aus dieser Depesche wird kein Mensch entnehmen können, wo sich Andree jetzt befindet und was mit ihm geschehen ist. Man wird nur erfahren: Am so und so vielten Juli, einige Tage nach seinem Aufstiege, lebte er, passirte den 82. Grad nördlicher Breite und wurde noch immer nordwärts getrieben. Doch seither, in den vielen Wochen, die nun vergangen sind? Hat er keine Tauben mehr aufsteigen lassen, als diese eine von der „Alken“=Mannschaft erschossene? That er es nicht, weil er nicht konnte? Oder wollten die Tauben— wie dies schon oft beobachtet wurde— den Ballon nicht verlassen? Das sind alles Fragen auf die man nur mit Kombinationen antworten kann. und diese lauten nicht gerade tröstlich. Denn der Ballon— das scheint als ziemlich sichere Basis aller Vermutungen— ist heute, nach fünf Wochen, nicht mehr tragfähig, muß also niedergegangen sein., Geschah dies ohne Unfall, dann konnten ja Tauben ausgelassen werden und weigerten sich gewiß nicht, aufzufliegen. Nun ist aber bisher keine solche Botin aufgetaucht und es läge also der Schluß nahe, daß Andree keine Tauben loslassen konnte, weil ihm ein Unfall zugestoßen ist. Müßig wäre es nun, den Grad eines Unfalls durch Vermutungen näher bestimmen zu wollen. Es kann das Aeußerste schon geschehen sein und es kann sich auch eine Situation ergeben haben, aus welcher Andree, Ails Strindberg und Fränkel, wenn auch nach monatelangen Mühen, doch einen rettenden Ausweg finden werden. Nur ein Beispiel solcher
Möglichkeiten: Wenn der Ballon landeinwärts nach Nordsibirien getrieben wurde, dann wäre nichts leichter möglich als ein Verlust des ganzen Taubenkäfigs, der beim Hinstreifen über Baumkroner. aus der Gondel fiel. Auf den zerklüfteten Eisfeldern Grönlands war ein gleiches möglich.. Vermutung, Kombinationen und nichts weiter! Wir inmitten moderner Verkehrseinrichtungen müssen in diesem Falle einsehen, daß es: Distanzen gibt, die wir noch nicht überwunden, Länder, die von uns noch genau so ferne sind, als in der fast prähistorischen Zeit eines Verkehrs ohne Dampf und Elektrizität. Solche Länder— das ist gewiß— halten jetzt noch das Geheimnis von Andrees Schicksal fest. Lebt Andree, dann dauert es noch monatelang, ist er aber tot, dann dauert es— wie einst bei Franklin— vielleicht jahrelang, ehe wir sichere Kunde über ihn erhalten“.
sen: Paragraph 11! Das Verdienst, diesen unverwüstlichen Paragraphen ins Leben gerufen zu haben, gsbührt zweifellos, wie das 9. Kapitel im 1. Buch Mosis berichtet, dem Erzvater Noah, der, als er die Arche verlassen und sich mit Weinbau beschäftigt hatte, eines Tages so total betrunken in seiner Hütte lag, daß sich dadurch eine nicht sehr anständige Familienszene entwickelte. Eine nicht weniger delikate Geschichte
possirte auch dem schiergannüstan Hiah 92=.“ 1242
passirte auch dem schwergepruften Hiob. Von jetzt finden sich berühmte Zecher häufiger erwähnt, obenan die Rämer Tiberins Licius und Piso, welche zwei
und drei Nächte hintereinander weg trinker
die Römer Tiberius, Lieius und Piso, welche zwei
Tage und drei Nächte hintereinander weg, trinken konnten. In der Reihe der römischen Kaiser sind eine Menge von gewaltigen Trinkern verzeichnet, deren Leistungen geradezu ans Ungeheuerlichste streiften. Engländer, Franzosen und Italiener, obenan aber die Deutschen, folgten mit der Zeit diesem Beispiele. Unusp gurde es sein, auch nur annähernd ein Verzeichnis der Riesenzecher, zurzeit des Mittelalters, zusammenzustellen, indem damals alles zechte. Am Hofe des Herzogs Bogislaw X. von Pommern, der ein Riese von Gestalt, selbst schreckbar trinken und ebenso fürchterlich essen konnte, lebte 1490 ein Edelmann, Werner v. Schulenburg, der es ihm in beidem noch zuvorthat. Er speiste
einen ganzen gebratenen Ochsen auf, aß einen Kessel voll gesottener Fische auf einem
Sitze aus und leerte dabei ein Faß Wein und zum Schlaftrunk sechs Schleifkannen Bier. Als Winrich v. Kniprode im Jahre 1551 zum Hochmeister des deutschen Ordens gewählt wurde, mußte beim Ehrenmahle jeder Gast ein silbernes Becken, das acht Flaschen Wein enthielt, auf einen Ansatz leeren. Veit v. Bassenheim trank es dreimal aus und wurde dafür Schloßhauptmann. Der bekannte Dichter Eoban Hesse in Wittenberg trank während einer etnzigen Sitzung einen Eimer danziger Bier aus. Auf Erlaubnis seines Herzogs holte sich Dionis von Kleist. Schloßhauptmann von Kolbatz in Pommern, seinen Schlaftrunk, bestehend aus drei Tonnen Bier, selbst aus dem Keller. Mit jeder Hand faßte er eine Tonne beim Spunde, und eine halbe nahm er unter jeden Arm. Am Hofe Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen hatte der österreichische Gesandte 1646 einen Mann bei sich, der entsetzlich trinken konnte und überwindlich schien. Es galt jetzt, einen sächsischen Zecher zu finden, der die Ehre seiner Landsleute retten sollte, und sich dann auch in der Person Christoph„Koßwigs aus Finsterwalde fand, welcher 22 Maß Bier in kurzen Absätzen in sich hineingoß. Dem österreichischen Trinker war dies doch zu toll, und, entsetzt zurückweichend, sagte er:„Der hat den Teufel mit Sausen!“ In Franken herrschte noch im vorigen Jahrhundert der Brauch, daß, wenn eine GeKlschsf, Fröblich zusammen gespeist und gezecht hatte, die Pisroten geladen, mit Wein angefüllt, der Hahn gespannt, ausgetrunken und dann zum Fenster hinaus nach einer Scheibe abgeschossen wurden. Becher, aus welchen während des Gesundheitstrinkens sechsmal mit einem Pistol gefeuert werden konnte, verfertigte noch 1750 der berühmte Künstler Wilhelm Hahn zu Schweinfurt. Zuletzt sei des„Fünfbonteillenmannes“ in Bischofsheim gedacht, dessen Porträt noch im dortigen Wirtshause, aufgehängt ist. Er starb 1801, 92 Jahre alt Dieser Fünfbouteillenmann, wie er weit und reit hieß. besuchte das Wirtshaus alltäglich 20 Jahre lang, und ging nie aus demselben, ohne 5 Flaschen Wein getrunken zu haben, was, wie auf seinem Porträt verzeichnet ist, zusammen nicht weniger als 35 609 Bouteillen oder 75 Pixen betrug.