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Verbunden mit: Schwerter Cageblatt und Anzeiger Schwerter Oolkszeitung Schwerter Oolksblatt
Erstes und ältestes Tagesorgan des
Deuck u. Verlag v. Cari Boaus,
Amtliches Kreisblatt für den Kreis Börde.
Generalanzeiger für den Kreis Hörde.
Nr. 114
Mentag, den 17. Mai 1920.
55. Jahrgang.
Monspole.
Als weitere Steuerpläne hat der Reichofinanzminister Wirth, da der Ertrag der neuen Abgaben auch nicht annähernd genügt, um die heutigen enormen Ausgaben zu decken, die Schaffung von Monopolen angekündigt. Damit werden die Sozialisterungspläne in den Hintergrund gegrängt, denn jedes Monopol, auch wenn es zu ausgesprochen fiskalischen Jwecken eingeführt wird, stellt ein Stück Sozialisierung dar. Daß war nach dem Kriege zur Einführung von Monopolen kommen würden, war schon vor dem 11. November 1918 für möglich erklärt worden, aber man hatte doch nicht daran gedacht, daß außerdem noch die hohen, jetzt schon beschlossenen direkten Reichssteuern nötig sein würden. Jedenfalls bleibt jetzt, wenn neue große Steuerbeträge erforderlich sind, und das sind sie nach den letzten Darlegungen des Reichsfinanzministers, kaum etwas anderes übrig, als zur Uonopolsteuer=Quelle zu schreiten, die auch in anderen Staaten in ergiebiger Weise eröffnet worden ist. Denn die hohen direkten Abgaben noch weiter empor zu treiben, ist schlechterdings unmöglich. Es ist ja aller Besitz und alles Kapital, Gewerbebetrieb und handel schon mehrfach belastet, denn daß die Steuern andere llamen tragen, ändert nichts an der Catsache, daß sie dasselbe Objekt treffen.
An Gegenständen für Monopolwirtschaften fehlt es nicht, schließlich kann man ja, wenn es sein soll, alle Genußmittel, zahlreiche Uahrungsmittel und außerdem noch Gebrauchsgegenstände heranziehen. Daß es ein erfreulicher Justand sein wird, wenn so zahlreiche neue Reichsbetriebe geschaffen werden, wird man allerdings kaum behaupten können, denn die Erfahrungen bei der Eisenbahn beweisen nicht, daß in den Staatsbetrieben sich alles glatt und ungestört abspielen muß. Es ist auch fraglich, ob die Monopole bei den heutigen Ansprüchen der Angestellten und Arbeiter die fisKalischen Erwartungen erfüllen werden. Daß die Klonopolverwaltungen nicht besser und billiger arbeiten, wie die Orivatindustrie, wissen wir von dem französischen und österreichischen Cabaksmonvol, und diese Catsachen haben sich heute noch gegen früher verschärft. Dazu sind die Preise meist so hoch, daß es für die Bevölkerung kaum erträglich erscheint, sie noch weiter heraufzusetzen. Ein sicheres Ergebnis ist in den Einnahmen also keineswegs vorauszusehen, man muß diese angelegenheit mehr oder weniger immer als einen Sprung ins Dunkle betrachten und auf dem Konto Hoffnung große Posten einstellen.
Nicht nur die Bezüge der Angestellten und Arbeiter sind schwieriger zu regeln, noch komplizierter ist die Entschädigung der Privatbetriebe, die allen sozialistischen Cheorien zum Crotz nicht umgangen werden kann. Denn manchem Betriebsinhaber wird sein solides Unternehmen oder Geschäft viel angenehmer sein, als ein Betrag in dem geringwertigen deutschen Dapiergeld. Auch die Dreisberechnung für die Fabrikate und Materialien, die an eine Monopolverwaltung zu liefern sind, ist nicht so einsach, und es entstehen somit eine ganze Reihe von Fragen, die raten, es sich doppelt und dreifach zu überlegen, bevor das Wagnis unternommen wird, ein erhebliches Stück der deutschen Arbeit in Betrieben des Reiches zu verkörpern. Allerdings ist auch die Catsache zu beachten, daß in verschiedenen Monopol=Objekten, z. B. beim Cabak, die Arbeiter besonders interessiert sind, daß sie also wohl mitwirken werden, gedeihliche Formen für die Bewirtschaftung zu finden.
Die Doraussetzung von alledem sollte aber ein fester Finanzplan sein, an dem unbeirrt und unerschütterlich festgehalten werden müßte. An finanziellen Aufstellungen über Ausgaben und Einnahmen hat es bei uns nicht gefehlt, zu jeder wesentlichen Steuervorlage sind sie gegeben worden, aber das Leidwesen war nur, daß die Berechnungen einige Monate hinterher nicht mehr stimmten. Wenn das auch bei den Reichs=Monopolen so gehen sollte, so ist es schon besser, damit gar nicht erst anzufangen, denn, wenn es schlimm ist, wenn eine
Die Räumung des Maingaues.
Daris, 16. Blai. General Uollet ließ bekannt geben, daß nach den begonnenen Koutrollarbeiten vorauszusehen sei, daß die Cruppenbestände in der neutralen Jone als mit den am 6. 8. 1919 festgelegten Jahlen im Einklang stehend enerkannt werden. Infolgedessen ersuchte Marschall Joch den General Degoutte, einen Offizier nach Kassel zu kommandieren, um mit der deutschen Regierung über die einzuleitende Räumung der seit dem 10. 4. besetzten Jone seitens der französischen Cruppen zu verhandeln. Die Räumung wird durchgeführt, sobald die Ergebnisse der Kontrollarbeit effiziell bekannt sind.
WaB Berlin, 16. Mai. Wie die französischen Behörden hiesigen amtlichen Stellen heute früh mitgeteilt haben, wird die Räumung Frankfurts und des Maingaues Montag, den 17. Mai, früh, 4 Uhr, beginnen. Um unliebsamen Dorfällen vorzubeugen, fordert die französische Behörde für Montag früh die Stellung von Seiseln, und zwar:
Regierungspräsident Cotzmann, Oberbürgermeister Voigt, Polizeipräsident Erler, Stadtverordnetenvorsteher hopf, Staatsrat Dr. Kumpf, Stadtverordneter Lion. Außerdem muß eine Bürgschaftssumme von einer Million Mark hinterlegt werden.
Weiter meldet die C.=U. aus Brüssel: Die belgischen Cruppen in der Gegend Frankfurts haben Befehl erhalten, aus ihren jetzigen Stellungen abzuziehen. Aus Frankfurt wird weiter gemeldet: Um sich gegen etwaige Ueberraschungen zu sichern, haben sich gegen etwaige Ueberraschungen zu sichern, eine große Anzahl Gewehre zurückgegeben. Auch Sonntag nachmittag wurden noch weitere Schußwassen und einige Maschinengewehre verabfolgt. In Maueranschlägen wird die Bevölkerung dringend ersucht, sich jeder Kundgebung zu enthalten. Wie weiter bekannt wird, bleibt in Höchst am Main ein größeres französisches Cruppenaufgebot versammelt, um bei der geringsten bedrohlichen Volksbewegung in Frankfurt einmarschieren zu Können.
Die Konferenz in Spaa verschoben.
Hythe, 76. Mai.(Reuter.) Eine amtliche Mitteilung über di: Konferenz in Spaa besagt, Lloyd George und Milleran) haben sich heute dahin geeinigt, daß die Konferenz in Spaa verschoben wird, bis die Reichstagswahlen stattgefunden haben. Dorläufig ist vorgeschlagen worden, daß der Versailler Friedensvertrag und besonders die Bestimmungen über die Eniwaffnung Deutschlands, die in Spaa erörtert werden, weiter in Kraft bleiben sollen. Bezügl. der Miedergutmachung erklärte Millerand sein vorläufiges Einverständnis zur W
Festsetzung einer endgültigen Summe. Die Festsetzung ist gewissen Bediigungen unterworfen, von denen die eine ist daß Frankreich Abschlagszahlungen von Deutichland erhalten soll.
Paris, 16. Mai. Nach einer Reutermeldung aus Hythe beschlossen Lloyd George und Millerand, den alliierten Regierungen vorzuschlagen, die Konferenz von Spaa auf den 21. Juni zu vertagen. Es soll eine Erklärung an die deutsche Regierung gerichtet werden.
Orivatindustrie stockt, so ist es doch noch weit ärger, wenn ein Staatsmonopol mit Unterbilanz arbeitet. Statt der erhofften Steuererleichterung haben die Steuerzahler dann für das Manko aufzukommen. Wir werden sehen, welche Kriegsentschädigung die Entente von uns verlangt, was sie uns an Rohmaterial liefern will, und werden dann uns ausrechnen können, welche Monopolbetriebe für uns Chancen haben, und inwiefern unsere Schultern solche wirtschaftliche und steuerliche Umstellung tragen können. Zu vergessen ist nicht, daß Reichsmonopole das Einkommen selbständiger Steuerzahler erheblich beeinflussen.
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Zur Wahlbewegung.
Evangelische Forderungen zur Reichstagswahl.
Der Deutsche Dolkskirchenbund und die Konferenz evangelischer Arbeiterorganisationen, denen fast alle großen Verbände Deutschlands mit Millionen von Mitgliedern angehören, haben anläßlich der bevorstehenden Reichstagswahl an die Eesamtvorstände der politischen Darteien die nachstehenden Fragen gerichtet:
„Ist Ihre Partei bereit, dafür einzutreten,
1. daß ebenso wie die Religionsfreiheit des Einzelnen auch die den Religionsgesellschaften durch die Reichsverfassung zugesagte Selbständigkeit und die ihnen gewährleisteten Rechte in vollem Umfange aufrecht erhalten bleiben und insbesondere auch ihre Durchführung in der Landesgesetzgebung gesichert wird?
2. daß bei der Regelung der Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften(Art. 138 R. D.), den Forderungen der Billigkeit entsprechend, den Lebensinteressen der Religionsgesellschaften in vollem Umfange Genüge geleistet und der Entwertung des Geldes Rechnung getragen wird?
5. daß dem Sonntag und den bisher staatlich anerkannten Feiertagen im Reiche und in den Ländern der durch die Reichsverfassung zugesagte Schutz ungeschmälert erhalten bleift?
4. daß aus allgemeinen kulturellen Rücksichten die Jugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft sowohl bei den entscheidenden Beurkundungen des Personenstandes wie auch bei den Dolkszählungen festgestellt wird?
5. daß bei der Ausführung des Artikels 146 der R. D. die Erteilung des Religionsunterrichts nach den Grundsätzen der Kirche gewährleistet wird, bestehende Bekenntnisschulen nicht gegen den Willen der Erziehungsberechtigten aufgelöst oder in Simultanschulen umgewandelt werden und die Freiheit der Willenserklärung der Erziehungsberechtigten bei der Wahl, insbesondere auch durch Schutz des Wahlgeheimnisses, sichergestellt wird?
6. daß die Freiheit der charitativen Betätigung gewährleistet wird und die zu ihrer Oflege begründeten Anstalten und Vereine in ihrer Wirksamkeit nicht durch Maßnahmen auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts beeinträchtigt werden?"
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Unter der Faust des Siegers.
Der Stadtverordnete Kommerzienrat W. Kautenstrauch, Crier, hatte in einer Stadtverordnetensitzung im Namen der gesamten Bevölkerung den Oberbürgermeister aufgefordert, schärfsten Proteft ernzulegen gegen das Verhalten des französtschen Miliärbefehlshabers in der Wohnungsfrage. Iu: Begründung seines in jeder Weise gerechtfertigten Antrages hatte er u. a. angeführt, daß sich die Crierer niemals an den Anblick der französischen Cruppen gewöhnen würden, daß sie keinen sehnlicheren Wunsch hätten, als daß die Franzosen möglichst bald wieder abzögen. Man könne der
Bevölkerung die ungewünschten Gäste auf die Dauer in ihren Wohnungen nicht zumuten, zumal die Franzosen gleich ihre Eltern und Verwandten mitbrächten und auch Küche und Bad benutzten.
Für diese Worte, die nichts anderes darstellten, als eine offene und ehrliche Kritik an der maßlosen Willkürherrschaft der Franzosen, wurde Kommerzienrat Rautenstrauch zu 15 Cagen Gefängnis und 3000 Mark Geldstrafe verurteilt.
Massenausweisungen aus Eupen. Nach dem„Rachener Dolksfreund“ verfügten die belgischen Behörden in Eupen umfangreiche Ausweisungen. Alle Einwohner des Kreises Eupen, die nach Kriegsausbruch dorthin gezogen sind, wurden aufgefordert, sich bei den belgischen Behörden anzumelden, worauf die Mehrzahl Ausweisungsbefehle erhielt. Insgesamt müssen etwa 2600 Personen Eupen innerhalb einer Woche verlassen. Die deutsche Regierung hat bei der belgischen Regierung unter hinweis darauf, daß der Friedensvertrag solche Ausweisungen nicht gestatte, Schritte unternommen.
Die neuerliche Maßnahme zeigt, wie sehr die Belgier ein ungünstiges Ergebnis der Abstimmung befürchten. Hoffentlich führt die Regierung diesem unglaublichen Vertragsbruch gegenüber eine recht deutliche Sprache.
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Die kage im Industriegebiet.
Erüne Polizei in hagen.
Mit klingendem Spiel rückte Samstag mittag die grüne Dolizei in hagen ein. Endlose Reihen von Wagen, Küchen und allem Subehör gaben den Straßen ein kriegerisches Gepränge. Die Wehr rückte in Stärke von etwa 1600 Mann ein, von denen die Abteilung Buchholz mit etwa 600 Mann dauernd in hagen bleiben wird. Die übrigen Manschaften werden die Stadt in kurzer Seit wieder verlassen. Die Cruppen sind in öffentlichen Gebäuden untergebracht.
Waffenfunde bei Remscheid.
Remscheid, 16. Mai. Spielende Schulkinder entdeckten in einem Wäldchen am Bliedinghauser Friedhof ein verborgenes Daffenlager mit vier Maschinengewehren, 47 Infanteriegewehren und vieler Uunition. Das Versteck enthielt auch militärisches Fernsprech= und Celegraphengerät im Werte von mehreren Hunderttausend Mark. In einer Mulde am Bruch entdeckten junge Burschen ein zweites Waffenlager, worin sich ein Maschinengewehr, vier Infanteriegewehre und sehr viel Maschinengewehrmunition befanden. Als die von dem Funde benachrichtigte Dolizei dieses abholen lassen wollte, war das Maschinengewehr verschwunden. Die übrigen Waffen nahm die Polizeiverwaltung in ihre Obhut, ebenso die Waffen und Geräte aus dem ersten Versteck.
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Um Aufklärung wird gebeten
Dor dem außerordentlichen Kriegsgericht in Essen sollte am Samstag die Verhandlung gegen den Oberlehrer Dr. Siemsen stattfinden, der sich in den Spartakistentagen als Oberzensor der Essener Dresse hervorgetan hatte und darauf hin wegen Amtsanmaßung und Uötigung unter Anklage gestellt worden war. Herr Siemsen zog es indessen vor, der Verhandlung aus dem Wege zu gehen. Die Justellung der Ladung konnte, wie sein Rechtsbeistand Dr. Levy ausführte, nicht ordnungsmäßig bewirkt werden, weil der Angeklagte sich in einer anscheinend besonders diffizilen Angelegenheit über die nichts Näheres mitgeteilt werde, im besonderen Auftrage des Kultusministers Haenisch auf Keisen befindet. Die Verhandlung mußte deshalb vertagt wesden.