sr. 273 2 40. Jahrgang

Samstag Sonntag, 16./19. Rovember 1933

Samstagnummer 139f.

mitBochumer Illustrierte 20 Pf.

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Neue Sensation im Reichstags=Brandstifterprozeß

Srratdrung

Nach Aussagen eines früheren Kameradschaftsführers des Roten Frontkämpferbundes lag die Brandstiftung in den Händen Torglers und Popoffs Die Parole:Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft war nicht nur geistig gemeint

Berlin, 17. November.

Als erster Zeuge wird in der heutigen Verhand­uung des Reichstags=Brandstifterprozesses der Maurer Otto Grothe aus Zepernick bei Bernau vernommen.

#er ist 42 Jahre alt und unbestraft. Er sagt u. a. aus: Ich war Kameradschaftsführer im Bezirk Gesundbrun­nen des Roten Frontkämpferbundes. Nach dem Verbot # dieses Bundes, als er illegal weiterbestand hatte die #Abteilung Gesundbrunnen sechs Kameradschaften, in der ##legalen Zeit nur fünf. In der legalen Zeit hatte eine Kameradschaft 140 Mann, in der illegalen Zeit waren e zeitweise nur 18 bis 30 Mann. In der Kamerad­schaft gab es einen Aktivzug und einen Lehrzug. Im Ativzug waren die Leute, die selbst Waffen hatten

oder damit Bescheid wußten und die zuverlässig waren. In den sogenannten Lehrzügen waren diejenigen, die noch nichtwetterfest waren. Die Ausbildung hatte der Zugführer. Waffen, Munition und Zubehör wur­##dn in der Hauptsache aus den Ueberschüssen gekauft, die bei Veranstaltungen der Zellen und der Kamerad­schaften erzielt wurden. Der zweite Weg der Waffen­beichaffung bestand darin, daß wir auch mit den Ar­leitern in den Waffenfabriken in Verbindung traten, #mit sie uns Waffen verschafften. Es ist ja bekannt, itz in solchen Fabriken viele Waffendieb­ähle vorgekommen sind.

daß er es in einer Reisetasche am Reichstagsportal dem Abgeordneten Torgler abgegeben habe.

Vorsitzender:Sie haben früher eine andere Person genannt. Hat Kempnek denn gesagt, daß er das Material Torgler abgegeben habe? Auf weiteres Fra­gen erklärt der Zeuge schließlich, daß hier eine Ver­wechslung vorliege und daß er sich jetzt erinnere. Kempner sagte, er habe die Tasche an den großen Schwarzen abgegeben, den er mal in der Roten Hilfe getroffen habe. Damit habe er den Bulgaren Popoff bezeichnet, mit dem er in der Roten Hilfe öfter zusam­mengetroffen sei. Die Sache mit Torgler sei erst bei dem zweiten Gespräch gewesen.

Weiter machte der Zeuge die sensationelle Mit­teilung, am 23. Februar habe nach der Mitteilung von Kempner

eine Besprechung mit den Brandstiftern

Wenn hier Zeugen auftreten, die bekunden, daß das WortSchlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft, geistig gemeint gewesen sei, so kann ich aus meiner Praxis den Beweis antreten, daß diese Parole auch in die Tat umgesetzt worden ist.

Januar ist bei uns schon Alarmzustand gewesen. A Rit dem Augenblick, wo Hitler Reichskanzler wurde, wurde alle Abende Alarm angesagt. Es kam bann dahin, daß wir uns aus den Lokalen allmählich in die Privatwohnungen zurückzogen, weil es in den kalen gefährlicher war, in einer Aktentasche Pistolen mitzubringen. Deshalb sahen wir uns veranlaßt, die Terrorgruppen in die Wohnungen zu legen. An Februar kam die vertrauliche Nachricht an uns Spitzen­sunktionäre, daß am 23. Februar offiziell Waffen per­teilt werden sollen, was auch zum Teil geschehen ist.

Vorsitzender:Haben Sie angenommen, daß eines Tages der Befehl zum Losschlagen kommen pirdes 94

Zeuge:Jawohl! In den letzten Tagen, am 24. oder 25. Februar, wurde Hochalarm angesagt. Mit der Parole:Schlagt die Faschisten usw. war es so, daß an verschiedenen Stellen geschlossene Abtei­lungen postiert wurden, um den National­sozialisten auf zulauern und ihnen eine Ab­fuhr zu geben. In einer Sitzung am 7. April wollte

ich wegen der von mir verwalteten Gelder der Roten

Hli abrechnen, weil ich mich seit März nicht mehr in der Partei betätigte. In dieser Sitzung sprachen wir auch über den Reichstagsbrand und darüber, daß gesagt vird, die Nationalsozialisten hätten den Reichstag an­gesteckt Darauf sagte der Funktionär leicht könne man mit diesen Behauptungen nicht umher­verfen. Er wurde nun gefragt, wie er dazu komme, zu bezweifeln, daß die Nationalsozialisten den Reichstag ingezündet hätten. Darauf sagte er:

Ich will nichts weiter sagen: denn ich war an jenem Tage der Kurier der Parteizentrale zum Reichstag.

Veitere Ausführungen konnte ich nicht hören, weil ich dann durch andere Dinge in Anspruch genommen wurde und unter einem Vorwand früher weggegangen bin.

Der Vorsitzende hält dem Zeugen das Proto­vl seiner früheren Vernehmung vor, wonach Singer Esagt haben soll, als Kurier der Zentrale sei er genau darüber unterrichtet, daß

der Reichstagsbrand das Signal zum Losschlagen

beidesen sei. Zeuge: Ja, das kann wohl stimmen; das auch bewiesen, weil wir ja am 22. Februar die An­geisung bekommen hatten, daß am 23.=Februar die Baffen verteilt werden sollten.

Der Zeuge äußert sich dann über seine Bekanntschaft en dem Funktionär Kempner. Ueber den Reichstags­Pend habe Kempner zu ihm, dem Zeugen, gesagt; Penn ich gewußt hätte, daß die aahe Eit dem Brand ein Fiasko wird, dann hätte niemals meine Hand dazu hergegeben. Diese Tat rndlich die ersehnte Rettung des Proletariats Ich, erklärte der Zeuge, fragte Kempner,

er selbst dabei war, und darauf antwortete er: Ja­ich war derjenige, der das Brand­.### nach dem Reichstag befördert auf Fragen und Vorhalte erklärt der Zeuge wei­2 daß das Brandmaterial nach den Worten eudners in der Beteranenstraße hergestellt war und

stattgefunden. Der Tag der Brandstiftung sei damals noch nicht genau festgelegt worden. Es sei verabredet worden, daß die Brandstiftung in Händen von Torgler liege und daß am Brandtage abends um ½8 Uhr der Brand vollständig angekegt sein solle. An dieser Be­sprechung sollen außer Kempner noch Thälmann und einige andere Personen teilgenommen haben. Unmittel­bar vor der Brandstiftung selbst habe eine Besprechung am Großen Stern mit van der Lubbe und den Bul­garen stattgefunden. Kempner habe ferner unter an­deren van der Lubbe und Popoff genannt und gesagt, daß Popoff die Leitung bei der Durchführung der Brandstiftung haben sollte. Torgler und Koenen soll­ten Popoff mit Brandmaterial versorgen. Schwefel­schnüre seien gelegt, die die in verschiedenen Ab­ständen befindlichen Brandstellen miteinander verbäu­den, so daß nur nötig sei, sie von mehreren Stellen aus anzuzünden. Auch ein Bulgare namens Gorgeff oder so ähnlich spiele eine Rolle. Popoff habe den Brand­stiftern den Rücken decken sollen. Kempner habe wört­lich gesagt:Zu solchen Aktionen sind speziell nur Aus­länder angenommen worden, um die deutsche Partei nicht in diesen schweren Verdacht zu bringen.

Auf Fragen, aus welchen Gründen er die Anzeige gemacht hat, erklärt Grothe, Kempner hätte ihm das alles so vertraulich und so getreu erzählt, daß er nicht zweifeln konnte, daß alles tatsächlich der Wahrheit ent­sprach. Er(Grothe) wollte sich nicht als Mitwisser strafbar machen. Er habe den Angeklagten Popoff zwei­mal in der Roten Hilfe gesehen. Er gibt auch eine Be­schreibung des Angeklagten Popoff und erklärt, als Popoff sich erheben muß, daß er ihn bestimmt wiedererkenne.

Der Angeklagte Popoff ruft dem Zeugen in gro­ßer Erregung das WortSchuft" zu. Der Vorsitzende rügt diesen Ausdruck energisch.

Der Zeuge erklärt, daß er weder mit Kempner noch mit dem ebenfalls noch zu vernehmenden Zeugen Sin­ger verfeindet sei. Weiter erklärt der Zeuge dann noch, daß die bereits erwähnte Sitzung im Karl=Liebknecht­Haus vor dem Brande, an der der frühere kommunisti­sche Parteiführer Thälmann teilgenommen haben soll, am 22. oder 23. Februar stattgesunden habe.

In einer eingehenden Befragung durch den Vor­sitzenden, durch Rechtsanwalt Dr. Sack und auch durch den Verteidiger Popoffs, Rechtsanwalt Dr. Teichert, wird auf verschiedene Unvollständigkeiten in der jetzigen Aussage Grothes gegenüber den früheren Angaben und auf Abweichungen hingewiesen. So hat er heute z. B. nichts davon gesagt, daß am 27. Februar um 11 Uhr abends die nationalsozialistischen Lokale und die Polizei­reviere gestürmt und daß etwa 4000 Schußwaffen ver­

teilt werden sollten.

Zeuge: Das wußte ich aus vertraulichen Be­

sprechungen oder von Funktionären. Alle Einzelheiten konnte ich hier doch nicht vorbringen. Auf mehrere Fragen des Rechtsanwalts Dr. Sack gibt Grothe teils unklare und unbestimmte Antworten.

Popoff erklärt, daß er Grothe niemalt gesehen habe, daß er nie auf der Roten Hilfe gewesen sei, nichts mit ihr zu tun habe und auch Kempner nicht kenne. Was der Zeuge Grothe erzähle, sei unwahr.

Nach der Mittagspause äußert sich zunächst Ober­reichsanwalt Dr. Werner zu einer großen Anzahl neuer Beweisanträge, die von dem Verteidiger Torg­lers, Dr. Sack, eingebracht worden sind. Das Gericht wird über die Beweisanträge am Samstag vormittag seinen Beschluß verkünden. Dann stellt Dimitroff eine größere Zahl von Fragen an den Zeugen Grothe, wobei er häufig sehr ausfällig wird, so daß der Vor­sitzende ihn energisch zurechtweist. Ueber neue Beweis­anträge Dimitroffe wird das Gericht gleichfalls am Samstag beschließen. gz6. hur Tin er..#.

Sodann wird der Kraftfahrer Singer aus der Untersuchungshaft vorgeführt, der in Agram geboren ist und später in Budapest die Handelshochschule besucht hat. Er ist 1925 nach Berlin gekommen und hat sich hier den Kommunisten angeschlossen. Singer bestreitet so gut wie alle Beschuldigungen des Zeugen Grothe. Er stellt sich selbst und die frühere KPD. als vollkom­mene Unschuldslämmer hin und behauptet, daß ihm vom individuellen Terror Am Wedding kein einziger Fall bekannt sei. Pi.g gaun.6 g.

Die Verhandlung wird dann auf Samstag vor­mittag vertagt.

Die Biaischaft dei IXB.eichiesen

Sensation auch im Maikowski=Prozeß Der Hauptangeklagte packt aus

Berlin, 17. November.

In der heutigen Sitzung des Maikowski=Prozesses kam es zu aufschlußreichen Ausführungen. Der Haupt angeklagte Schuckar erklärte, daß auch Moabiter Kommunisten an dem Ueberfall in der Walstraße, tgil. genommen haben. Nach der Schießerei hade ihm der Angeklagte Plessow gesagt, es wäre vielleicht besser gewesen, man hätte die Nationalsozialisten in der Gal­vanistraße überfallen.Dann wäre keiner mehr zurück­gekommen, denn aus allen Fenstern hätte man ge­schossen!

Sodann gab Schukar folgende Erklärung ab:

Es ist von Anfang an die Taktik der KPD. gewesen, bei irgendwelchen Zusammenstößen oder Ueberfällen die Schuld von der Führung der Partei auf irgend welche Spitzel abzu­wälzen. Zu diesen Spitzeln habe auch ich gehört. Der Angeklagte Wolf war Geheimkurier des zweiten Zuges des Rot=Frontkämpfer=Bundes und hat zu den

führenden Funktionären gehört. Wolf hat über alles genau Bescheid gewußt und in seiner Wohnung haben geheime Zusammenkünfte der kommunistischen Funktio­näre stattgefunden, an denen auch ich teilgenommen habe. In der Wohnung von Wolf wurden auch Waffen in großen Mengen aufbewahrt, die zu gegebener Zeit gebraucht wurden. Gewiß, ich habe mich des Land­friedensbruches schuldig gemacht. Ich bin nur durch meine Trunkenheit an dem Abend dazu mißbraucht worden.

Das gemeine Verbrechen in der Wall­straße ist aber von der kommunistischen Führung organisiert worden. Ich habe heute meinem Verteidiger Schriftstücke übergeben, die die Schuld der führenden kommunistischen Funktionäre nach­weisen. Ich habe meinen Verteidiger gebeten, davon Gebrauch zu machen, wie er es für richtig hält.

Der Verteidiger des Angeklagten Schuckar bestätigt diese Erklärungen.

Rot=Froi

Wieder diplomatische Beziehungen

zWischen Amlerna und Rußiant

shington. 17. November. 1dition fallen zu lassen. Die russische Regierung ver­

und der russische Außen= spricht, den ameritantsien Seuueobürgern in der Sowjet­

heute die normalen union entsprechend den Bestimmungen des Rapallo=Ver­den beute die vorwosen.4geg den normalen gesetzlichen Schutz sowie die Frei­

Washinston, 17. November. 1dition kaben Arzäanischen Staatsbürgern in der Sowiet­

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Firmen und Privatpersonen als auch gegen die Regie= untergegangen. Es konnte nur ein Mann der Besatzung rung der Vereinigten Staaten wegen der Sibirien=Expe= gerettet werden.

Führer und Volk

Von

Benito Mullolini, iialieniichem Minilterprälidenten

Copyright by King Features Syndicate. Newyork.

Nachdruck und Uebersetzung, auch auszugsweise, verboten!

Ein Staatsmann muß das Volk kennen. Kein Staatsmann kann sich in der heutigen Zeit von der Masse fernhalten. Im Gegenteil muß er ihr entgegen­kommen, ihr geistiges Niveau und ihren Lebensstandard heben. Er muß ihren Gesichtspunkt mit dem allge­meinen Wohlergehen des Landes in Einklang bringen. Durch die Nichterfüllung dieser Forderung ist noch in jüngster Zeit der Sturz vieler unserer mächtigsten Re­gierungschefs bewirkt worden. Die Masse zu kennen, ist vor allem in Krisenzeiten das A und O der Staatskunst. Ein wirklicher Staatsmann ist leicht ent­behrlich, wenn Sonne, Regen, Wärme und der Boden das Ihrige tun und eine Fülle von Produkten spenden, die ein aufnahmefähiger Markt abnimmt. Eine Puppe kann in guten Zeiten die Staats­geschäfte führen. Nur in harten und kri­tischen Zeiten erhebt sich der Ruf nach dem Führer.

Ich habe mich nie der schweren Handarbeit geschämt, die mir während meiner Kindheit und Jugend auferlegt war. Gar manchen Tag habe ich mich im Schweiße meines Angesichts gequält, aber das hat mir die not­wendige solide Grundlage gegeben, um aus der Tiefe her das gesamte Wirken der Menschheit zu betrachten. Ich bin wohlvertraut mit dem Hunger und der Not innerhalb der Familie. Ich habe den Lebenskampf in all seiner Schwere kennengelernt und die Ebbe und Flut der Mühsal, die zur vollkommenen Abstumpfung führen kann. Die Betreuung der Masse gehört zu meinen hauptsächlichen Regierungsaufgaben. Um ihrer stets zu gedenken, lasse ich nicht eine Woche vergehen, ohne eine Domäne oder eine Fabrik zu besichtigen und dort an der Quelle zu meiner eigenen Befriedigung die Verhältnisse zu untersuchen, unter denen die Männer und Frauen, die Familien Italiens leben und arbeiten.

Für diese Inspektionsreisen werden keine besonderen Vorbereitungen getroffen, welche dem Chef der ita­lienischen Regierung ein zu rosiges Bild geben könnten. Ich tauche plötzlich in Orten auf, in denen ich am we­nigsten erwartet werde. Bei meinem kürzlichen Besuch der pontinischen Sümpfe verbrachte ich einen ganzen Tag bei der Arbeit und im Gespräch mit den Bauern, um zu hören und zu sehen, was dort vorgeht. Es war ein offizielles Programm festgelegt, aber dies mußte hinter meinem Wunsche zurückgestellt werden, die Wohnungen der Landarbeiter zu besichtigen und anzuhören, was sie zu sagen hatten. Ich sah mir nicht nur an, was die Arbeiter taten, sondern beobachtete außerdem, wie die Aufseher mit ihnen umgingen. Einen ganzen Morgen schüttete ich Getreide in die Dreschmaschinen. Das ist die Arbeit eines gewandten Landwirtschaftsgehilfen, und ich hatte noch Uebung darin aus meiner Jugendzeit in der heimatlichen Romagna, wo mein Vater die ersten Dreschmaschinen einführte, die jemals in dieser Gegend benutzt wurden. Meine Morgenarbeit es war vor reichlich einem Monat brachte mir 5 Lire 85 ein, und ich trug mich ordnungsmäßig zwischen den Landarbei­tern in die Lohnliste ein. An jenem Tage besichtigte ich auch die Bauernhäuser von unten bis oben. Ich sah zu, wie gekocht wurde. Die Landarbeiter luden mich in ihre= und Wohnzimmer ein. Sie zeigten mir ihre Schlafzimmer, und ich fragte sie, wie es ihnen ginge. Es mußten natürlich einige Klagen kommen, und wenn diese berechtigt waren, veranlaßte ich die Be­seitigung der Mißstände. Wenn sie unberechtigt waren, sagte ich es ganz offen..

Fabriken besichtige ich genau so gründlich wie land­wirtschaftliche Betriebe. Ich inspiziere die Sicherheits­vorrichtungen, die sanitären Verhältnisse, halte auf an­gemessene Arbeitszeit und angemessene Bezahlung. Die Häuser der Fabrikarbeiter gehören zu dem Bau­programm aller Industriestädte. Die ausgearbeiteten Pläne umfassen alles und sorgen nicht nur für die sanitären Verhältnisse des Hauses selbst, sondern auch für das Wohlergehen der gesamten Familie: für Spiel­plätze für die Kinder, Sportplätze für die Jugend und Zerstreuungsmöglichkeiten für alle Schichten. Ich zweifle daran, daß es vor der Herrschaft der Faschisten Spielplätze in ganz Italien gegeben hat. Es gab fast kein Stadion für Leichtathletik, während jetzt jedes Dorf und jede Stadt ein solches Stadion besitzt. Ich zweifle daran, ob in der ganzen Welt bei gleichen wirtschaft­lichen Verhältnissen eine so vollkommen organisierte Ar­beiterwohlfahrt existiert, wie wir sie hier eingerichtet haben. Ich zweifle daran, daß unter gleichen Verhält­nissen bessere Leistungen im Häuser= und Städtebau, der Förderung der Volkserholung und Hygiene erzielt wor­den sind.

Das ist die Folge davon, daß wir die Bedürfnisse der arbeitenden Klassen kennen. Ich glaube, daß die meisten Regierungen die Arbeiterprobleme von einem ganz einseitigen Gesichtspunkt zu lösen versucht haben. Zunächst begegnen sich Kapital und Arbeit gegenseitig mit Mißtrauen, und außerdem mißtrauen beide der Regierung. Aus diesem Grunde ist es so wesentlich, daß der Regierungschef weiß, wie er an diese Probleme herangehen muß. Ich weiß, daß meine langen Jahre der Plackerei als Handarbeiter mich die Bedürfnisse, Gefühle und Bestrebungen der Arbeiterklasse kennen ge­lehrt haben. Gleichzeitig habe ich als Besitzer einer Zeitung die Kluft empfunden, welche die beiden wider­streitenden Kräfte trennt. 12. L, 8

Es muß eine Instanz geben, welche die Ansprüche der beiden Interessentengruppen beurteilt, und diese Instanz kann niemand anders als der Staat sein. Die