mit Bielefelder General-Anzeiger

DieWestfälischen Neuesten Nachrichten mit den Beilagen für Sport, Unter­haltung, Literatur, Frau und Kind. Haus, Hof und Garten, Ravensberger Blätter, Radio und Schach erscheinen wöchentlich 6mal und kosten monatlich .00 RM., im Postbezug.00 RM. einschließlich.48 RM Zeitungsgebühr, aber ohne Bestellgeld. Sie können bei allen Trägerinnen. Agenturen. Postanstalten. Briefträgern und in unseren Filialen und Geschäftsstellen bestellt werden Im Falle höberer Gewalt, oder infolge Störung des Betriebes hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung oder Nachlieferung oder auf Rückzahlung des Bezugspreises. Hauptgeschäftsstelle und Redaktion Bielefeld. Rohrteichstr. 9.

Vielsseln

Freitag, 7. Juli 1933

und Handelsblatt

Anzeigenpreis: Der Raum für die Anzeigenspalte(29 mm breit, 1 mm boch) 15 Pig., für die Reklamezeile(70 mm breit, 1 mm hoch) 60 Pig Rabatt nach besonderem Tarif. Bel verspätetem Eingang der Zahlung oder bei Zwangs­einziehung des Betrages kommt der gewährte Rabatt in Fortfall. Beilagen 15 Mark das Tausend, bei Teilauflagen 20 Mark. Annahmestellen für Bieleleld die Geschäftsstellen Rohrteichstr 9. Alter Markt 2. Herforler Str. 84, die Filialen Bahnhofstr. 34, Kreuzstr. 40. Arndtstr. 41, Bleichstr 125; für Brackwede: Hauptstr. 60; für Bielefeld-Schildesche: Talbrückenstr. 4 Fernruf Gundlach­Zentrale: 49704973. nach 19 Uhr Geschäftsstelle 4972. Redaktion 4970 u. 4973.

Gassen um Kande

Bielefeld, 7. 6.

... nur noch Deutsche Das Geschehen dieser Woche ruft jenes Wort in Erinnerung, das Kaiser Wilhelm II. in den Augusttagen 1914 vom Balkon des Berliner Schlosses herab sprach. Aber es ist da doch ein tiefgehender Unterschied. Der Kaiser konnte nur sagen:Ich kenne keine Parteien

mehr... Heute sind wirklich keine mehr da. Es ging wieder einmal Schlag auf Schlag. Am Montag die Deutsche Volkspartei, am Dienstag die Bayerische Volkspartei, am Donnerstag nach den letzten Zuckungen des Hinzögerns nun auch das Zentrum, der stärkste Turm des Parteiismus. Es gibt nunnur noch Deutsche". Wenigstens wagt es niemand mehr, seinen Parteistandpunkt über sein Deutschtum zu stellen oder es gar zugunsten einer Inter­nationale zu verleugnen. Aber nicht nur das. Die Kreise derer, die es nur nicht wagen, werden immer kleiner, und auch unter den ehe­maligen Marxisten wächst die Zahl der sich ehrlich und freudig zu ihrem Deutschtum Be­kennenden. Das scheidende Zentrum wieder­um bemüht sich, durch ein lautes Erklingen­lassen seiner deutschen Note die ultramontane in Vergessenheit zu bringen, und erst recht sein ehemaliges Bündnis mit der Linken. Peinlich allerdings, wenn es gleichzeitig mit demHeil Deutschland!, womit seine Auflösungserklä­rung schließt, in manchen Blättern die fette Schlagzeile lesen muß:Die letzte Stütze des Marxismus gefallen.

Wir haben keine Parteien mehr, wir haben den totalen Staat, getragen von einer Be­wegung, deren Parteiorganisation mit den Formen des Parteiismus nichts mehr zu tun hat. Auch damals, als Wilhelm lI. sein Wort von den Parteien sprach, war das Volk von einer Bewegung ergriffen. Einer großen hel­dischen, ohne die wir nicht vier Jahre der Welt widerstanden hätten. Aber die Parteien ver­mochte sie nicht auszulöschen. Dazu bedurfte es einer Bewegung, die nicht nur mitreißt, sondern eine Revolution bedeutet.

Weltwirtschafts. Die so groß aufgezogene Welt­anarchie? wirtschaftskonferenz in Lon­

don hat soeben nicht nur ihr vorzeitiges schnelles Ende gefunden wenn auch dieses Ende noch verschleiert wird, sondern auch das schon mehr groteske als nur betrübliche Ergebnis gezeitigt, daß es jetzt in gerade den Punkten, über die man sich haupt­sächlich einigen wollte, schlimmer aussieht als zuvor. Wer immer noch glaubte, daß die Welt durch internationale Konferenzen wieder ins Lot gebracht werden kann und wird, der dürfte nun allmählich genug davon haben. In den arbeitenden Bevölkerungen jedenfalls wird man in Zukunft mit immer gemischteren Ge­fühlen von den prunkvollen Feierlichkeiten, vielverheißenden Reden und großartigen Fest­essen lesen, die bei solchen Gelegenheiten ver­anstaltet werden. Und wenn die Vertreter der 66 Nationen jetzt im Schlafwagen heimgerollt sind, so wird der Empfang in ihren Haupt­städten kaum sehr stürmisch sein.

Der Zweck der Konferenz war, die Welt­wirtschaft neu zu organisieren, stabile Wäh­rungsverhältnisse und eine Basis des Ver­trauens zu schaffen, Schuldenfragen zu lösen und Zollmauern abzubauen. Das Ganze scheiterte an dem Hauptpunkte, der Währungs­frage. Während man vorher noch die Hoff­nung auf Einigung hatte, so hat man nun die Gewißheit, daß die Meinungen endgültig und restlos auseinanderklaffen. Statt Ordnung und Sicherheit haben wir in Zukunft ver­größerte Währungswirren und dazu Devisen­zwangswirtschaft, Schutzzölle und Kontingente wie bisher oder schlimmer als bisher. Von einer Weltwirtschaftsanarchie sind wir nicht mehr weit entfernt. Man wird nicht so weit gehen dürfen, das Ende der Weltwirtschaft zu proklamieren und alles Heil in der Autarkie zu erblicken, denn diese bleibt doch nur ein Notzustand in Vorbereitung einer neuen Welt­wirtschaft. Sicher aber ist, daß der Welt zu­nächst einmal nicht von den internationalen Vereinbarungen her, sondern vom Neuaufbau der Volkswirtschaften her geholfen werden muß. Hav.

***.* f... seie tot

Das tatsächliche Ende wird noch bis nächste Woche verschleiert

London, 6. 7. Reuter erfährt, daß das Sekretariat der Weltwirtschaftskonferenz sich am 8. Juli nach Genf begeben wird. Diese Nachricht bestätigt, daß die Weltwirtschaftskonferenz sozusagen be­endet ist. Das Büro der Konferenz wird in anderer Form bestehen bleiben, um gegebenen­falls eine Wiederaufnahme der Konferenz zu erleichtern.

verschleierte Ende

Nach Schluß der entscheidenden Sitzung des Büros der Weltwirtschaftskonferenz wurde eine offizielle Erklärung abgegeben, in der es u. a. heißt:

Während die Goldstandardländer sich ver­pflichtet fühlen, zu erklären, daß es vorläufig für sie unmöglich ist, an irgendeiner Diskussion über monetäre Fragen teilzunehmen, ist das Büro einstimmig übereingekommen,

a) jede Unterkommission aufzufordern, so­bald wie möglich zusammenzutreten, um eine Liste der Fragen aufzustellen, die unter diesen Umständen von den Ausschüssen erfolgreich untersucht werden können;

b) sobald die Berichte der Unterkommission eingetroffen sind, zusammenzutreten, um Vor­schläge bezüglich der weiteren Arran­gements zu machen, die für die weitere

Arbeit der Konferenz unterbreitet werden sollen.

Das Büro wird Montag zusammen­treten, um die von den Unterkommissionen eingeforderten Berichte in Empfang zu nehmen.

Deutschland zwischen den Parteien

Berlin, 6. 7.

Der Beschluß des Büros der Londoner Konferenz, daß die Kommissionen selbst Vor­schläge darüber ausarbeiten sollen, wie sie ihre Arbeit fortzusetzen gedächten, ist nicht geeignet, die Konferenz am Leben zu erhalten. Die Kommissionen werden voraussichtlich schon in wenigen Tagen feststellen, daß dieses Verfah­ren zu keinem Ergebnis führt.

Die Ursache der Versteifung der Lage in London ist bei den Goldländern zu suchen. Diese sind der Meinung, daß wenn die Er­örterungen über die monetären Fragen in Gang kämen, ohne daß eine Stabilisierung erfolgt, die Spekulation gegen die stabilen Währungen erst recht losgehen würde.

Vom deutschen Standpunkt aus würde es als abwegig erscheinen, den Goldländern aus diesem Standpunkt einen Vorwurf zu machen. Deutschland kann es sich aber gleichfalls leisten,

Die Eintragung in die Erohoserdie

Ausführungsbestimmungen zum preußischen Erbhofrecht

Berlin, 6. 7.

Der Preußische Justizminister Kerrl und Reichslandwirtschaftsminister Darré hatten für Donnerstag abend in das Reichsjustiz­ministerium zu einer Pressebesprechung ge­laden, auf der die Ausführungsbestimmungen zum preußischen Erbhofrecht erläutert wurden.

Ministerialrat Wagemann, der Be­arbeiter des Erbhofrechtes im preußischen Justizministerium, machte folgende Aus­führungen:

Zu dem Gesetz über das bäuerliche Erb­hofrecht, das vom preußischen Kabinett bereits verabschiedet wurde, ist jetzt eine Aus­führungsverordnung ergangen. Sie erläutert in ausführlicher Darstellung wie das neue bäuerliche Erbhofrecht in der Praxis durchgeführt werden soll. Es ist daraus her­vorzuheben, daß beim Justizministerium ein Erbhofrat gebildet wird.

Jeder Bauer kann beantragen, daß für seinen Erbhof ein Erbhofbuch angelegt wird.

Auch der Großbetrieb, so heißt es weiter, erfülle seine besonderen notwendigen Aufgaben und sei im gesunden Verhältnis zum Mittel= und Kleinbetrieb berechtigt. Von diesem Gesichtspunkt aus werde bestimmt, daß Land= oder forstwirtschaftlicher Besitz von mehr als 700 ha Gesamtfläche mit Genehmi­gung des Landwirtschaftsministers in die Erb­höferolle eingetragen werden könne.

Die Eintragung in die Erbhöferolle kann auch ehrenhalber erfolgen, wenn der Eigentümer oder einer seiner Vorfahren sich in führender Stellung um Volk und Land hervorragend verdient gemacht hat.

Zur Landwirtschaft im Sinne des bäuerlichen Erbhofrechtes werden auch Weinbau= und Gartenbau=Betriebe gezählt, deren eigene Er­zeugung zur Beschäftigung und zum Unter­halt einer Familie ausreicht.

In den einzelnen Bestimmungen wird

u. a. zum Ausdruck gebracht, daß ein zum An­erben Berufener, der mit einer Person jüdi­scher oder farbiger Herkunft die Ehe schließt, sich damit selbst von der Folge in den Erbhof ausschließt. Sogenannte Pachthöfe sind von der Eintragung in die Erbhöferolle aus­geschlossen.

Die Versorgung der weichenden Erben fällt dem Anerben zur Last, der den an­gefallenen Hof übernommen hat.

Das Recht auf Unterhalt, Berufsausbildung und Heimatzuflucht für die weichenden Erben besteht nur in den Fällen, in denen der Erb­fall nach dem 1. Juni 1933 eingetreten und in denen die Erbregelung auf Grund des bäuer­lichen Erbhofrechts erfolgt ist. Bei Töchtern gehört zu der Ausstattung, die das Gesetz vor­sieht, die Aussteuer. Die Bestimmungen des bäuerlichen Hofrechtes finden auf Fami­lienfideikommisse, Erbstammgüter, Lehen und Hausvermögen bis zu deren Auflösung keine Anwendung.

Der Verkauf des Hofes ist nur mit Ge­nehmigung des Anerbengerichts möglich. Aus­nahmen sind nur dann zulässig, wenn die Ver­äußerung zugunsten von Siedlungszwecken von Staat und Reich verfolgt. Heide und Oed­land können ohne Genehmigung zur Siedlung an Söhne oder andere Befähigte abgegeben werden.

Bei dem Presseempfang hob Minister Darré hervor, daß er das Erbhofrecht nicht nur intellektuell bejahe, sondern sich aus grundsätzlicher weltanschaulicher Auffassung zu diesem Gesetz bekenne.

Es gebe keine deutsche Zukunft, wenn es unserem Geschlecht nicht gelinge, die No­madisierung unseres Grundes und Bodens zu überwinden,

und wenn wir es nicht verhindern könnten, daß der Boden weiterhin Ware bleibe. Viel­mehr müßten wir gesetzlich den Boden wieder stabilisieren und mit dem Blut ver­binden.

sich jeder Einmischung in die grundsätzliche Haltung Amerikas zu enthalten.

Deutschland ist am Goldstandard nicht un­mittelbar interessiert, weil unsere deutsche Währung ohne Gold stabil ist. Die Stabilität der deutschen Währung beruht auf ganz ande­ren Dingen als auf dem Vorhandensein von großen Goldmengen. Auf der anderen Seite sind wir allerdings an den stabilen Währun­gen der anderen Länder aus handelspolitischen Gründen interessiert.

Im ganzen betrachtet rechnet man damit, daß die Londoner Weltwirtschaftskonserenz am Ende der nächsten Woche ihren absoluten Ab­schluß finden wird.

Die Schuld der Goldblockländer

Bei Betrachtung des Scheiterns der Lon­doner Weltwirtschaftskonferenz darf nicht über­sehen werden, daß der Block der Goldwäh­rungsländer einen wesentlichen Teil der Schuld trägt

Deutschland ist zu diesen Verhand­lungen, die außerhalb der eigentlichen Konfe­renz stattfanden, nicht zugezogen worden. Ge­rade deshalb können wir in aller Objektivität feststellen, daß Frankreich, die Schweiz und Holland in der Kernfrage mindestens eine henso starre Haltung gezeigt haben wie die Vereinigten Staaten.

Die Kernfrage ist für Roosevelt und die Vereinigten Staaten nicht die Stabilisie­rung des Dollars gewesen, sondern viel­mehr die Ordnung der Schuldenverhält­nisse, die durch den allgemeinen Niedergang des Preisniveaus in Unordnung geraten sind.

In diesem Zustande sieht Roosevelt den wirk­lichen Grund für die Stagnation des inter­nationalen Güteraustausches, für den Nieder­gang der Gütererzeugung und für die Arbeits­losigkeit. Bei all seinen Maßnahmen hat Roose­velt das einzige Ziel im Ange, diesem Zu­stande Rechnung zu tragen und ihn zu besei­

Repräsenkanken des Einheits­staates

Die Reichsstatthalter beim Kanzler

Berlin, 6. 6.

In der Reichskanzlei sand unter dem Vor­sitz des Reichskanzlers eine Besprechung der Reichsstatthalter in Gegenwart des Reichsinnenministers und des preußischen Ministerpräsidenten statt. Der Reichskanzler nahm in eingehenden Darlegungen zu den grundsätzlichen Fragen der Innen=, Außen­und Wirtschaftspolitik Stellung, wobei er grundlegende Ausführungen über den staat­lichen Aufbau und das Gefüge des Reiches in der Zukunft machte. Die Reichsstatthalter sollen die Repräsentanten des nationalen Ein­heitsgefüges und die absoluten Statthalter einer autoritären Reichsgewalt sein. Der Reichskanzler verurteilte ferner scharf gewisse Methoden der wirtschaftlichen Gleichschaltung und betonte die Bedeutung der praktischen Er­fahrung in der Wirtschaft gegenüber un­produktiven Konstruktionen und Ideen.

Bereidigung von Darré und Schmitt

Berlin, 6. 6.

Am Freitag werden sich die neuernannten Reichsminister Darré und Schmitt zu ihrer Vereidigung nach Neudeck zum Reichs­präsidenten begeben.