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Vielsseln
Freitag, 7. Juli 1933
und Handelsblatt
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Gassen um Kande
Bielefeld, 7. 6.
... nur noch Deutsche Das Geschehen dieser Woche ruft jenes Wort in Erinnerung, das Kaiser Wilhelm II. in den Augusttagen 1914 vom Balkon des Berliner Schlosses herab sprach. Aber es ist da doch ein tiefgehender Unterschied. Der Kaiser konnte nur sagen:„Ich kenne keine Parteien
mehr...“ Heute sind wirklich keine mehr da. Es ging wieder einmal Schlag auf Schlag. Am Montag die Deutsche Volkspartei, am Dienstag die Bayerische Volkspartei, am Donnerstag nach den letzten Zuckungen des Hinzögerns nun auch das Zentrum, der stärkste Turm des Parteiismus. Es gibt nun„nur noch Deutsche". Wenigstens wagt es niemand mehr, seinen Parteistandpunkt über sein Deutschtum zu stellen oder es gar zugunsten einer Internationale zu verleugnen. Aber nicht nur das. Die Kreise derer, die es nur nicht wagen, werden immer kleiner, und auch unter den ehemaligen Marxisten wächst die Zahl der sich ehrlich und freudig zu ihrem Deutschtum Bekennenden. Das scheidende Zentrum wiederum bemüht sich, durch ein lautes Erklingenlassen seiner deutschen Note die ultramontane in Vergessenheit zu bringen, und erst recht sein ehemaliges Bündnis mit der Linken. Peinlich allerdings, wenn es gleichzeitig mit dem„Heil Deutschland!“, womit seine Auflösungserklärung schließt, in manchen Blättern die fette Schlagzeile lesen muß:„Die letzte Stütze des Marxismus gefallen.“
Wir haben keine Parteien mehr, wir haben den totalen Staat, getragen von einer Bewegung, deren Parteiorganisation mit den Formen des Parteiismus nichts mehr zu tun hat. Auch damals, als Wilhelm lI. sein Wort von den Parteien sprach, war das Volk von einer Bewegung ergriffen. Einer großen heldischen, ohne die wir nicht vier Jahre der Welt widerstanden hätten. Aber die Parteien vermochte sie nicht auszulöschen. Dazu bedurfte es einer Bewegung, die nicht nur mitreißt, sondern eine Revolution bedeutet.
Weltwirtschafts. Die so groß aufgezogene Weltanarchie? wirtschaftskonferenz in Lon
don hat soeben nicht nur ihr vorzeitiges schnelles Ende gefunden— wenn auch dieses Ende noch verschleiert wird—, sondern auch das schon mehr groteske als nur betrübliche Ergebnis gezeitigt, daß es jetzt in gerade den Punkten, über die man sich hauptsächlich einigen wollte, schlimmer aussieht als zuvor. Wer immer noch glaubte, daß die Welt durch internationale Konferenzen wieder ins Lot gebracht werden kann und wird, der dürfte nun allmählich genug davon haben. In den arbeitenden Bevölkerungen jedenfalls wird man in Zukunft mit immer gemischteren Gefühlen von den prunkvollen Feierlichkeiten, vielverheißenden Reden und großartigen Festessen lesen, die bei solchen Gelegenheiten veranstaltet werden. Und wenn die Vertreter der 66 Nationen jetzt im Schlafwagen heimgerollt sind, so wird der Empfang in ihren Hauptstädten kaum sehr stürmisch sein.
Der Zweck der Konferenz war, die Weltwirtschaft neu zu organisieren, stabile Währungsverhältnisse und eine Basis des Vertrauens zu schaffen, Schuldenfragen zu lösen und Zollmauern abzubauen. Das Ganze scheiterte an dem Hauptpunkte, der Währungsfrage. Während man vorher noch die Hoffnung auf Einigung hatte, so hat man nun die Gewißheit, daß die Meinungen endgültig und restlos auseinanderklaffen. Statt Ordnung und Sicherheit haben wir in Zukunft vergrößerte Währungswirren und dazu Devisenzwangswirtschaft, Schutzzölle und Kontingente wie bisher oder schlimmer als bisher. Von einer Weltwirtschaftsanarchie sind wir nicht mehr weit entfernt. Man wird nicht so weit gehen dürfen, das Ende der Weltwirtschaft zu proklamieren und alles Heil in der Autarkie zu erblicken, denn diese bleibt doch nur ein Notzustand in Vorbereitung einer neuen Weltwirtschaft. Sicher aber ist, daß der Welt zunächst einmal nicht von den internationalen Vereinbarungen her, sondern vom Neuaufbau der Volkswirtschaften her geholfen werden muß. Hav.
***.*„„ f.„.. seie tot
Das tatsächliche Ende wird noch bis nächste Woche verschleiert
London, 6. 7. Reuter erfährt, daß das Sekretariat der Weltwirtschaftskonferenz sich am 8. Juli nach Genf begeben wird. Diese Nachricht bestätigt, daß die Weltwirtschaftskonferenz sozusagen beendet ist. Das Büro der Konferenz wird in anderer Form bestehen bleiben, um gegebenenfalls eine Wiederaufnahme der Konferenz zu erleichtern.
verschleierte Ende
Nach Schluß der entscheidenden Sitzung des Büros der Weltwirtschaftskonferenz wurde eine offizielle Erklärung abgegeben, in der es u. a. heißt:
„Während die Goldstandardländer sich verpflichtet fühlen, zu erklären, daß es vorläufig für sie unmöglich ist, an irgendeiner Diskussion über monetäre Fragen teilzunehmen, ist das Büro einstimmig übereingekommen,
a) jede Unterkommission aufzufordern, sobald wie möglich zusammenzutreten, um eine Liste der Fragen aufzustellen, die unter diesen Umständen von den Ausschüssen erfolgreich untersucht werden können;
b) sobald die Berichte der Unterkommission eingetroffen sind, zusammenzutreten, um Vorschläge bezüglich der weiteren Arrangements zu machen, die für die weitere
Arbeit der Konferenz unterbreitet werden sollen.“
Das Büro wird Montag zusammentreten, um die von den Unterkommissionen eingeforderten Berichte in Empfang zu nehmen.
Deutschland zwischen den Parteien
Berlin, 6. 7.
Der Beschluß des Büros der Londoner Konferenz, daß die Kommissionen selbst Vorschläge darüber ausarbeiten sollen, wie sie ihre Arbeit fortzusetzen gedächten, ist nicht geeignet, die Konferenz am Leben zu erhalten. Die Kommissionen werden voraussichtlich schon in wenigen Tagen feststellen, daß dieses Verfahren zu keinem Ergebnis führt.
Die Ursache der Versteifung der Lage in London ist bei den Goldländern zu suchen. Diese sind der Meinung, daß wenn die Erörterungen über die monetären Fragen in Gang kämen, ohne daß eine Stabilisierung erfolgt, die Spekulation gegen die stabilen Währungen erst recht losgehen würde.
Vom deutschen Standpunkt aus würde es als abwegig erscheinen, den Goldländern aus diesem Standpunkt einen Vorwurf zu machen. Deutschland kann es sich aber gleichfalls leisten,
Die Eintragung in die Erohoserdie
Ausführungsbestimmungen zum preußischen Erbhofrecht
Berlin, 6. 7.
Der Preußische Justizminister Kerrl und Reichslandwirtschaftsminister Darré hatten für Donnerstag abend in das Reichsjustizministerium zu einer Pressebesprechung geladen, auf der die Ausführungsbestimmungen zum preußischen Erbhofrecht erläutert wurden.
Ministerialrat Wagemann, der Bearbeiter des Erbhofrechtes im preußischen Justizministerium, machte folgende Ausführungen:
Zu dem Gesetz über das bäuerliche Erbhofrecht, das vom preußischen Kabinett bereits verabschiedet wurde, ist jetzt eine Ausführungsverordnung ergangen. Sie erläutert in ausführlicher Darstellung wie das neue bäuerliche Erbhofrecht in der Praxis durchgeführt werden soll. Es ist daraus hervorzuheben, daß beim Justizministerium ein Erbhofrat gebildet wird.
Jeder Bauer kann beantragen, daß für seinen Erbhof ein Erbhofbuch angelegt wird.
Auch der Großbetrieb, so heißt es weiter, erfülle seine besonderen notwendigen Aufgaben und sei im gesunden Verhältnis zum Mittel= und Kleinbetrieb berechtigt. Von diesem Gesichtspunkt aus werde bestimmt, daß Land= oder forstwirtschaftlicher Besitz von mehr als 700 ha Gesamtfläche mit Genehmigung des Landwirtschaftsministers in die Erbhöferolle eingetragen werden könne.
Die Eintragung in die Erbhöferolle kann auch ehrenhalber erfolgen, wenn der Eigentümer oder einer seiner Vorfahren sich in führender Stellung um Volk und Land hervorragend verdient gemacht hat.
Zur Landwirtschaft im Sinne des bäuerlichen Erbhofrechtes werden auch Weinbau= und Gartenbau=Betriebe gezählt, deren eigene Erzeugung zur Beschäftigung und zum Unterhalt einer Familie ausreicht.
In den einzelnen Bestimmungen wird
u. a. zum Ausdruck gebracht, daß ein zum Anerben Berufener, der mit einer Person jüdischer oder farbiger Herkunft die Ehe schließt, sich damit selbst von der Folge in den Erbhof ausschließt. Sogenannte Pachthöfe sind von der Eintragung in die Erbhöferolle ausgeschlossen.
Die Versorgung der weichenden Erben fällt dem Anerben zur Last, der den angefallenen Hof übernommen hat.
Das Recht auf Unterhalt, Berufsausbildung und Heimatzuflucht für die weichenden Erben besteht nur in den Fällen, in denen der Erbfall nach dem 1. Juni 1933 eingetreten und in denen die Erbregelung auf Grund des bäuerlichen Erbhofrechts erfolgt ist. Bei Töchtern gehört zu der Ausstattung, die das Gesetz vorsieht, die Aussteuer. Die Bestimmungen des bäuerlichen Hofrechtes finden auf Familienfideikommisse, Erbstammgüter, Lehen und Hausvermögen bis zu deren Auflösung keine Anwendung.
Der Verkauf des Hofes ist nur mit Genehmigung des Anerbengerichts möglich. Ausnahmen sind nur dann zulässig, wenn die Veräußerung zugunsten von Siedlungszwecken von Staat und Reich verfolgt. Heide und Oedland können ohne Genehmigung zur Siedlung an Söhne oder andere Befähigte abgegeben werden.
Bei dem Presseempfang hob Minister Darré hervor, daß er das Erbhofrecht nicht nur intellektuell bejahe, sondern sich aus grundsätzlicher weltanschaulicher Auffassung zu diesem Gesetz bekenne.
Es gebe keine deutsche Zukunft, wenn es unserem Geschlecht nicht gelinge, die Nomadisierung unseres Grundes und Bodens zu überwinden,
und wenn wir es nicht verhindern könnten, daß der Boden weiterhin Ware bleibe. Vielmehr müßten wir gesetzlich den Boden wieder stabilisieren und mit dem Blut verbinden.
sich jeder Einmischung in die grundsätzliche Haltung Amerikas zu enthalten.
Deutschland ist am Goldstandard nicht unmittelbar interessiert, weil unsere deutsche Währung ohne Gold stabil ist. Die Stabilität der deutschen Währung beruht auf ganz anderen Dingen als auf dem Vorhandensein von großen Goldmengen. Auf der anderen Seite sind wir allerdings an den stabilen Währungen der anderen Länder aus handelspolitischen Gründen interessiert.
Im ganzen betrachtet rechnet man damit, daß die Londoner Weltwirtschaftskonserenz am Ende der nächsten Woche ihren absoluten Abschluß finden wird.
Die Schuld der Goldblockländer
Bei Betrachtung des Scheiterns der Londoner Weltwirtschaftskonferenz darf nicht übersehen werden, daß der Block der Goldwährungsländer einen wesentlichen Teil der Schuld trägt
Deutschland ist zu diesen Verhandlungen, die außerhalb der eigentlichen Konferenz stattfanden, nicht zugezogen worden. Gerade deshalb können wir in aller Objektivität feststellen, daß Frankreich, die Schweiz und Holland in der Kernfrage mindestens eine henso starre Haltung gezeigt haben wie die Vereinigten Staaten.
Die Kernfrage ist für Roosevelt und die Vereinigten Staaten nicht die Stabilisierung des Dollars gewesen, sondern vielmehr die Ordnung der Schuldenverhältnisse, die durch den allgemeinen Niedergang des Preisniveaus in Unordnung geraten sind.
In diesem Zustande sieht Roosevelt den wirklichen Grund für die Stagnation des internationalen Güteraustausches, für den Niedergang der Gütererzeugung und für die Arbeitslosigkeit. Bei all seinen Maßnahmen hat Roosevelt das einzige Ziel im Ange, diesem Zustande Rechnung zu tragen und ihn zu besei
Repräsenkanken des Einheitsstaates
Die Reichsstatthalter beim Kanzler
Berlin, 6. 6.
In der Reichskanzlei sand unter dem Vorsitz des Reichskanzlers eine Besprechung der Reichsstatthalter in Gegenwart des Reichsinnenministers und des preußischen Ministerpräsidenten statt. Der Reichskanzler nahm in eingehenden Darlegungen zu den grundsätzlichen Fragen der Innen=, Außenund Wirtschaftspolitik Stellung, wobei er grundlegende Ausführungen über den staatlichen Aufbau und das Gefüge des Reiches in der Zukunft machte. Die Reichsstatthalter sollen die Repräsentanten des nationalen Einheitsgefüges und die absoluten Statthalter einer autoritären Reichsgewalt sein. Der Reichskanzler verurteilte ferner scharf gewisse Methoden der wirtschaftlichen Gleichschaltung und betonte die Bedeutung der praktischen Erfahrung in der Wirtschaft gegenüber unproduktiven Konstruktionen und Ideen.
Bereidigung von Darré und Schmitt
Berlin, 6. 6.
Am Freitag werden sich die neuernannten Reichsminister Darré und Schmitt zu ihrer Vereidigung nach Neudeck zum Reichspräsidenten begeben.