83. Jahrgang. Nummer 11

Ii Bieleleider dcheral-Anzeiger und Handeisblanl

DieWestf. Neuesten Nachrichten mit den Beilagen für Sport, Unterhaltung, Literatur, Frau und Kind, Haus, Hof und Garten, Ravensberger Blätter, Radio und Schach erscheinen wöchentl. 6mal und kosten monatl..00 RM., im Post­bezug.00 RM. einschließlich.48 RM. Zeitungsgebühr, aber ohne Bestellgeld. Sie können bei allen Trägerinnen, Agenturen, Postanstalten, Briefträgern und in unseren Filialen und Geschäftsstellen bestellt werden. Hauptgeschäfts­stelle und Redaktion Bielefeld, Rohrteichstr. 9, Fernruf durch die Gundlach­Zentrale: 49704978, nach 19 Uhr Geschäftsstelle 4972, Redaktion 4970 u. 4973.

Glertsern

Freitag, 13 Januar 1933

Anzeigenpreis. Der Raum für die Anzeigenspalte(29 mm breit, 1 um boch) 15 Pfg., für die Reklamezeile(70 mm breit, 1 mm hoch) 60 Pig Rahatt nach besonderem Tarif Bei verspätetem Eingang der Zahlung oder bei Zwangsemnziehung ies Betrages kommt der gewährte Rabatt in Fortfall. Bellagen 15 Mark las Tausend. bei Tellauflagen 20 Mark Annahmestellen für Bielefeld lie Geschäftsstellen Rohrteichstraße 9. Alter Markt 2, Herforder Str 84. die Filialen Bahnhofstr 84. Kreuzstr. 40, Arndtstr. 41, Bleichstr 125; für Brackwede: Hauptstr 60; für Bielefeld Schlldesche: Talbrückenstraße 4

Tine nede Aheuedereronung

Schleichers Antwork auf die Kampfansage des Landbundes

Berlin, 12. 1.

Der scharfe Konflikt, der zwischen Reichs­regierung und Landbund ausgebrochen ist und am Mittwoch zum Abbruch der Be­ziehungen zwischen Regierung und Land­bund geführt hat, findet seine Fortsetzung in gegenseitigen Erklärungen, in denen zu­nächst einmal die Frage eine Rolle spielt, wann die Landbundentschließung dem Reichs­präsidenten bekannt wurde.

Die Regierungserklärung teilt hierbei mit, daß am Mittwoch zwei Aus­sprachen stattgefunden haben, zuerst zwischen dem Reichspräsidenten allein mit den Land­bundführern und dann unter umgehender Hinzuziehung des Reichskanzler, des Ernäh­rungsministers und des Wirtschaftsministers am Abend. Erst nach der Rückkehr von dieser letzten Konferenz in sein Büro habe der Reichs­präsident von der verletzenden und schroffen Entschließung des Landbundvorstandes Kennt­nis erhalten.

Die Agrarpläne der Regierung

Außerdem enthält die Erklärung der Re­gierung gleichsam als Antwort auf die Kampf­ansage des Landbundes umfangreiche Mit­teilungen über die gegenwärtigen Arbeiten zur Landwirtschaftshilfe. Danach hat bei der ge­meinsamen Abendkonferenz

bereits der Entwurf einer neuen Agrar­verordnung vorgelegen, mit deren Heraus­gabe nach einigen Abschlußarbeiten in kürzester Frist zu rechnen sei.

Die Agrarhilfe der Regierung Schleicher richtet sich danach auf drei Fragenkreise. Zunächst einmal wird die Margarineverord­nung als sehr problematisch bezeichnet. Genau wie in anderen Ländern könne die Butter­beimischung nur vorsichtig gehandhabt werden, damit nicht etwa das Gegenteil einer Hilfe für die Landwirtschaft erreicht werde.

Die Regierung denke aber nicht daran, den nur mit aller Vorsicht beschrittenen Weg aufzugeben, und man hofft nach wie vor, daß trotz aller bisherigen Ablehnung die Margarineindustrie den Weg zur Re­gierung zurückfinde.

Regierung auf Grund früherer Erfahrung als nicht ausreichend und zu unverbindlich erklärt. Der Anspruch der Regierung auf Ver­trauen zu ihrerPolitik hinter verschlossenen Türen ließe sich nur durch Taten beweisen, die eine grundsätzliche Abkehr von der seit­herigen verhängnisvollen Wirtschaftspolitik er­kennen ließen.

Scharfe Kritik am Landbund

In der Presse wird an dem aggressiven Vorgehen des Reichslandbundes fast durchweg scharfe Kritik geübt. Man betont, daß sich der Landbund zu Unrecht zum Sprecher der Ge­samtlandwirtschaft mache und spricht seinen

Berlin, 12. 1.

Nachdem ein Berliner Blatt der Sache auf die Spur gekommen ist, wird nun von unter­richteter Seite bestätigt, daß

Gregor Strasser vom Reichspräsidenten in der vorigen Woche empfangen worden ist. Wie jedoch gleichzeitig erklärt wird, hatte der Empfang nur den Zweck, daß der Reichspräsi­dent sich über die Persönlichkeit Gregor Strassers orientieren wollte, weil sein Name in der Politik letzthin sehr häufig genannt wird. Der Reichspräsident hat bei dem Empfang auch davon abgesehen, sich zu dem zu äußern, was Strafser vorge­tragen hat.

*

Ganz so belanglos, wie es diese Bestäti­gung darstellt, ist ja nun die politische Bedeu­tung des Empfanges nicht. Immerhin kann der Besuch Strassers bei Hindenburg von ge­wisser Seite als ein sanfter Druck auf Adolf Hitler aufgefaßt werden. Beachtlich ist dabei Hindenburgs ritterliche Geste gegenüber Hitler, daß er sich jeder Stellungnahme zu Strassers Darlegungen enthalten hat.

Führern teilweise sogar die persönlichen und sachlichen Qualitäten zur Rettung der Land­wirtschaft ab. Auch der Reichsverband der Deutschen Industrie hat in einer scharfen Er­klärung gegen das Vorgehen des Reichsland­bundes Stellung genommen, ebenso der Reichs­verband des Groß= und Ueberseehandels.

Wie im Zusammenhang mit dem Land­bundkonflikt und den neuen Agrarplänen aber­mals betont wird, decken sich die Ansichten des Reichsernährungsministers von Braun voll­kommen mit denen der gesamten Reichs­regierung.

Hitler Schleicher wird nach wie vor ab­gestritten. Auch Gerüchte, wonach Hitler eine Zusammenkunft mit Gregor Strasser ge­habt haben soll, werden von der Reichspresse­stelle der RSDAP. als völlig aus der Luft gegrifsen bezeichnet.

Strasser sprach auch mit Brüning

Gregor Strasser, der sich in den Weihnachts­feiertagen auch bei dem nationalsozialistischen Reichstagsabgeordneten Fabrikant Kiehn in Trossingen(Württemberg) aufhielt, ist, wie die Vossische Zeitung wissen will, von dort aus auch mit dem früheren Reichskanzler Brüning zusammengekommen, der während der Weih­nachtsferien in Freudenstadt weilte. Die Unterredung fand in dem nahegelegenen Trossingen statt.

Posizei stürmt ein Haus

20 Tote bei Zusammenstößen mit Anarchisten in Spanien

Madrid, 12. 1.

In dem kleinen spanischen Dorf Casas­viejas(Provinz Cadiz) ist es zu blutigen Zu­sammenstößzen zwischen Polizei und auar­chistischen Elementen gekommen, die sich in einem Gebäude verschanzt und, um die Po­lizei abzuschrecken, an der Fassade des Hauses den Leichnam eines Polizisten befestigt hatten. Die Polizei stürmte das Gebäude mit Maschinengewehren und Bomben. Die Zahl der Toten wird mit 20 angegeben.

Nach dem Bombardement wurde das Ge­bäude in Brand gesteckt. Sämtliche Insassen kamen ums Leben. Man hat 19 verkohlte Leichen geborgen. Auf seiten der Polizei sollen drei bis vier Mann gefallen sein. Bei der Säuberung der Ortschaft wurde aus ein­zelnen Häusern geschossen.

Waffenruhe in China?

England vermittelt Waffenstillstands­Verhandlungen

Peping, 12. 1.

In Gegenwart eines englischen Marine­offiziers soll am Donnerstag in Tschingwang­tau eine Zusammenkunft chinesischer und japanischer Vertreter stattgefunden haben, deren Ziel es war, die Form zu beraten, unter der

offizielle Verhandlungen über einen Wassen­stillstand für die Zone von Schauhaikwan

eingeleitet werden könnten.

Die chinesische Regierung hat in einer an die Signatarmächte des Boxer=Protokolls vom Jahre 1901 gerichteten Note von der Be­setzung Schanhaikwans durch japanische Trup­pen offiziell Mitteilung gemacht und darauf verwiesen, daß sie keine Verantwor­tung für Schäden übernehmen könnte, die etwa durch die legitime Gegenwehr chinestscher Verteidigungskräfte entstehen könnten.

Mensch und Maschinle

Das Für und Wider einer Arbeitszeilverkürzung

Krasser der hindendurg und dei Beantng

Kombinationen um Strasser aber nicht mehr aktuell, da Fühlung­nahme der Regierung mit Hiller zustandegekommen

In der Zollfrage werden verstärkte Schutzmaßnahmen in Aussicht gestellt, wobei die besonderen Interessen des Klein­bauern gewahrt werden sollen. Einzelheiten können jedoch noch nicht bekanntgegeben werden.

Im Mittelpunkt des Schleicherschen Agrar­programms steht der Vollstreckungsschutz, der voraussichtlich das ganze Reichsgebiet umfassen soll, ohne allerdings, wie es heißt, die Gläubigerinteressen außer acht zu lassen. Zwangsversteigerungen sollen bei der Land­wirtschaft möglichst vermieden werden.

Im Zusammenhang mit diesen Agrar­maßnahmen weist die Regierung darauf hin, daß entgegen anderen Meldungen genügend Siedlungsland zur Verfügung stehe. In nächster Zeit werde außerdem noch sehr viel weiteres Land anfallen, und zwar schon bei der Entschuldung der größeren Güter(an die man also wohl jetzt energischer herangehen will).

neue Landbunderklärung

Der Landbund seinerseits hat eine neuerliche Erklärung herausgegeben, die an Schärfe des Tones der vorherigen Kampf­ansage kaum nachsteht. Man spricht in bezug auf die Regierungserklärung vom Mittwoch vonwesentlichen Lücken und Unrichtigkeiten, die geeignet seien, den wahren Tatbestand zu verdunkeln". Gemeint ist hierbei insbesondere die erst nachträgliche Bekanntgabe der Tat­sache, daß erst auf Grund der ernsthaften land­wirtschaftlichen Vorstellungen die erweiterte Konferenz mit dem Reichskanzler und den Ministern einberufen worden sei. Im übrigen unterstreicht die Landbunderklärung nochmals die

äußerst zugespitzte Verzweiflungsstimmung

in der Landwirtschaft,

während man die bisherigen Hilfszusagen der

Beachtlich ist hierbei noch eine Meldung, wonach die politischen Kombinationen, in denen Gregor Strasser eine große Rolle spielte, gegenwärtig etwas mehr in den Hintergrund getreten zu sein scheinen, weil

es der Reichsregierung gelungen ist, mit dem Führer der nationalsozialistischen Partei Hitler selbst in Fühlung zu kommen. Ueber die Art dieser Fühlungnahme ver­lautet jedoch nichts. Eine direkte Aussprache

Die Führer der

Graf Kalckreuth,

der Präsident des Reichslandbundes, dessen Rücktritt jedoch bevorstehen soll.

Genf, 12. 1.

Auf der internationalen Konferenz für die Einführung der 40=Stunden=Woche wurde die allgemeine Aussprache fortgesetzt. Sie ergab keine wesentlich neuen Gesichtspunkte. Die Vertreter der Arbeitgeber sprachen sich gegen den Abschluß einer Konvention aus. Die Ar­beitnehmervertreter forderten sie mit größter Entschiedenheit, und die Regierungsvertreter verhielten sich teils zustimmend, teils zurück­haltend.

Der deutsche Arbeitnehmervertreter

geatlen

von Sybel,

Vorstandsmitglied und Wortführer des Reichslandbundes.

Spliedt sprach die Erwartung aus, daß wenigstens eine Teillösung erzielt werde. Im Gegensatz zu dem dänischen Arbeit­gebervertreter, der die Zuverlässigkeit der Statistiken über die technologische Arbeits­losigkeit bezweifelt hatte, stellte der Redner fest, daß

in Deutschland in den Jahren 1925 bis 1931 eine Million Arbeiter durch die Ma­schinen verdrängt

worden seien. Selbst die Krise habe die Ratio­nalisierung nicht aufgehalten.

Die technischen Schwierigkeiten einer Ver­kürzung der Arbeitszeit würden von den Ar­beitgebern stark übertrieben. In Deutschland arbeiteten heute schon ein Drittel der Arbeiter durchschnittlich nur 34 Stunden. Trotzdem blieben die betreffenden Betriebe konkurrenz­fähig.

Eine geringe Zunahme der Produktions­kosten sei nicht so schlimm, wie die Fort­dauer der ungeheuren Arbeitslosigkeit.

Bemerkenswert war die Stellungnahme des italienischen Arbeitgebervertreters Oli­vetti, der sich bisher der Ablehnung der Ar­beitgebergruppe nicht angeschlossen hatte, und zwar wohl, weil die Aktion für die Ein­führung der 40stündigen Arbeitswoche von der italienischen Regierung ausgegangen ist. Oli­vetti suchte in einer mehr als einstündigen Rede die Bedenken der italienischen Arbeit­geber gegen die allgemeine Einführung der 40stündigen Arbeitswoche zu begründen. Er ging sehr in Einzelheiten, um die praktische Undurchführbarkeit einer allgemeinen inter­nationalen Regelung nachzuweisen. Er be­stritt nicht, daß durch die Verkürzung der Ar­beitszeit die Arbeitslosigkeit bekämpft werden könne, meinte aber, daß man dieses Ziel auch mit dem System der Kurzarbeit er­