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Alie Kreis- und Lokalpolizeilichen Verordnungen für den Kreis Hörde erlangen gemäss Bekanntmachung der Königl. Regierung durch Ueröftentlichung in derSchwerter Zeitung rechts­verbincliche Kraft, o c o 0 0OO O OOO 0 0 Druck u. Verlag von Carl Braus, Schwerte. Fernsprech-Anschluss Nr. 62 Amt Schwerte. Telegr.-Adresse: Braus, Schwerte-Ruhr

Erstes und ältestes Tagesorgan des Kreises. O Haupt-Annoncenblatt.

Nr. 137.

Neueste.

(Letzte Fernsprech=Meldungen.)

Der Kronprinz traf gestern in Oels in Schlesien zur Pürsche ein.

Zur Tagung des Flottenvereins in Danzig sind gegen 200 Delegierte angemeldet. Gestern vormittag fand eine stellen­weise sehr bewegte Vorstandssitzung unter dem Vorsitze des Seheimrats Busley=Berlin statt, die streng vertraulich war.

Die Feier des Priesterjubiläums des Papstes ist auf den 5. Juli festgesetzt worden.

Professor Saschar Schneider tritt aus der Kunstschule zu Weimar aus und gedenkt sich in Nom niederzulassen.

Der Nevolverattentäter Gregory wurde in Paris Dreysus gegenübergestellt, erklärte aber, mit diesem nicht ein Wörtchen sprechen zu wollen, erst vor dem Richter werde er über seine Tat berichten.

In der Nähe von Chang in China entstand plötzlich ein meilenlanger Riß an einem Bergabhang, in dem mehrere hun­dert Wohnhäuser mit ihren Insassen, Vieh und Mobilar ver­schwanden. Die genaue Zahl der Opfer ist noch nicht bekannt.

Der deutsche Gesandte in Tanger, Dr. Rosen, hat den Raufmann Neuendorfer, den Vizekonsul von Rabat, als kauf­männischen Beirat der Entschädigungskommission zu Casablan= ca ernannt.

Unser

(Zur Gedächtnisfeier seines 20. Todestages am 15. Juni.)

Es war eine Viertelstunde nach elf Uhr vormittags etwa, als am 15. Juni vor zwanzig Jahren, einem Freitag, die Kaiser=Standarte auf dem Neuen Palais im Parke von Sans­souci bei Potsdam Halbmast sank; Kaiser Friedrich war ent­schlafen, er hatte die Erlösung von seinen Leiden gefunden. Zwei Jahrzehnte sind seitdem verstrichen, eine neue Generation ist seitdem herangewachsen, und auch in der Erinnerung der gereiften Zeitgenossen, die jenen Tag als denkende Menschen erlebten, sind die Ereignisse von damals in den langen Jahren verblaßt, aber wer sich so recht zurückversetzt in jene Tage, die uns heute beinahe schon als eine alte Zeit erscheinen wollen. der empfindet wieder jene tiefe Rührung, die damals Deutsch­land und ganz Europa durchzitterte. Die heldenhafte Gestalt des edlen und ritterlichen Frühlingskaisers steigt wieder vor uns auf und unwillkürlich wenden wir auf ihn die Verse an,

Sonnabend, den 13. Juni 1903.

die einst Kaiser Joseph dem Zweiten galten:Ich denk' so manchmal hin und her, wenn doch noch Kaiser Friedrich wär'; wenn einem der ins Auge sah, das war mein' Seel ein Gloria.

Nur neunundneunzig Tage hat die Regierung des zweiten Hohenzollernkaisers gedauert, dessen reckenhafte Kraft von der tückischen Krankheit zerstört wurde; aber viel Liebe ist Frie­drich dem Dritten in diesen kurzen Wochen entgegengebracht, und wir mögen im Zweifel sein, ob die Zuneigung für ihn im deutschen Norden oder im Süden größer war. Der einstige deutsche Kronprinz war seit 1870/71 südlich vom Main eine außerordentlich populäre Persönlichkeit, und niemand hat, wie er, dazu beigetragen, den festen Kitt zwischen hüben und drü­ben zu schaffen. Diese Tat wiegt fast noch schwerer, wie die vonunserm Fritz erfochtenen Siege; sie zeigt so recht den Menschen, der mitten im Volke wurzelte. Ob der Kaiser, wenn ihm ein längeres Leben beschieden gewesen wäre, es allen recht gemacht hätte, kann niemand sagen, aber darnach fragte auch das Volk nicht, das begeistert zu dieser Siegfriedsgestalt auf­schaute. Am Jahrestage der Völkerschlacht bei Leipzig 1831 geboren, sank er in den Ostertagen von 1888 in ein frühes Grab. Aus den Fenstern seines Lieblingsschlosses, das wäh­rend seiner Regierungszeit den NamenFriedrichskron" trug, blickte der arme Kaiser auf die blühende, leuchtende Frühlings­pracht um sich herohne eine Klage, mit den müden Augen die ihn umgebenden Seinen zum letzten Male grüßend, ist er dann verschieden. Das WortLerne leiden ohne zu klagen wird dem Kaiser zugeschrieben, aber wenn es auch nicht be­wiesen ist, soviel steht fest, daß seine Leidenszeit dem entsprach.

Dem jungen Kaiser, der dem toten Vater folgte, und der jetzt als gereifter Mann im fünfzigsten Lebensjahre steht, ward bei seiner Thronbesteigung mit nicht geringer Aufregung ent­gegengesehen. Niemand kannte ihn ja näher, so daß es nicht an fremden Zeitungen fehlte, die ausriefen:Wilhelm der Zweite, das ist der Krieg!". Aber wer es auch unternahm, die Persönlichkeit des dritten Hohenzollernkaisers zu zeichnen, kei­ner hat auch nur annähernd geahnt, welche Kraftnatur und Vielseitigkeit in dem jungen Herrscher verborgen liege. Es kann nicht unser Zweck sein, genau auf die Geschichte der ersten zwei Dezennien der Regierungszeit unsers Kaisers einzugehen, gewiß ist doch, daß Deutschland heute eine Höhe der geistigen und wirtschaftlichen Entwicklung erreicht hat, die in dieser doch verhältnismäßig kurzen Frist niemand selbst in kühnen Zu­kunfts=Hoffnungen ahnen konnte. Kaiser Wilhelm der Zweite

40. Jahrgang.

hat nicht allein diesen Zustand hervorgezaubert, Staatskunst und Nährstand bildeten mit dem Oberhaupt des Reiches einen Bund der Tatkraft; aber wer auf Deutschland schaut, blickt nun einmal zuerst auf den Kaiser, und seine Art hat uns ein er­staunliches Interesse erweckt, gewaltig genützt. Und daß der Monarch ein Friedensfürst ist, dagegen könnte nur Böswillig­keit die Stimme erheben,

Wir dürfen die verflossenen zwanzig Jahre mit Recht als eine neue Zeit bezeichnen, nicht nur, weil auf allen Gebieten menschlicher Arbeit so gewaltige Neuschöpfungen zu verzeichnen sind, weil sich das ganze Leben geändert hat, sondern auch, weil in dieser Periode die alten Mitarbeiter am Bau des Reiches geschieden sind, neue Männer an der Spitze stehen und das Staatsruder führen. Daß Deutschland seinen Weg macht, und machen kann, ist erwiesen, und fernerhin, daß diese Straße des Erfolges nicht von Gewehren und Geschützen umkränzt ist, son­dern von deni Palmen des Friedens. Wir brauchen nicht mit Trauer in die Vergangenheit zurückzublicken, wir dürfen mit Zuversicht an diesem Gedächtnistage in die Zukunft schauen. Wir wissen, Kaiser und Reich halten fest zu einander.

Politische Uebersicht.

Deutschland.

Begegnung des Zaren mit Kaiser Wilhelm? Wie derC. C. aus Hofkreisen mitgeteilt wird, traf in Potsdam ein Ku­rier des Zaren ein, welcher von seinem Auftraggeber ein per­sönliches Schreiben für den Kaiser zu überbringen hatte, um sofort wieder die Rückreise anzutreten. Es sei dieses Schreiben sicherlich mit einer Zusammenkunft der beiden Herrscher in Ver­bindung zu bringen. Da an hiesiger amtlicher Stelle von einem bevorstehenden Zusammentreffen der beiden Herrscher noch nichts bekannt ist, wird man gut tun, zuverlässige Meldungen abzuwarten.

Sozialdemokratie und Treueid. Zur Frage der Eides­leistung der sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten schreibt dieLeipziger Volkszeitung":

Daß die Sozialdemokratie den von den Volksvertretern verlangtenEiden keine Bedeutung beilegt, versteht sich von selbst... In den Verfassungseid können die Monar­chisten hineinschreiben, was sie wollen, und wenn sich die So­zialdemokratie an dergleichen Kindertrödel stoßen wollte, so

Puulie Hchollen.

Roman von Seta von Starkenstein. 34

Sage mir, hast Du schon jemals eine tiefere Neigung zu einem Manne empfunden?

Das junge Mädchen senkte vor dem fragenden Blick der Mut­ter die dunklen Wimpern.Nein,Mama, ich wüßte niemand von all den jungen Herren, die ich bei Großmama gelegentlich ken­nen lernte, den ich hätte lieben können, sie waren alle so fade und oberflächlich, daß ich immer lachen mußte, wenn sie mit ihren schöntuerischen Redensarten auf mich einschwatzten.

**Also ganz ungefährlich für Dein junges Herz, das nur Raum und Sinn für Deine Melodien hatte.

Das ist es, Mama!

Wenn Du die Empfindungen der Liebe noch nicht kennst, kann ich auch nicht ein rechtes Verständnis bei Dir voraussetzen. Was hast Du denn auf dem Herzen, Mama?

Es betrifft Agnes. Versetze Dich in ihre Lage, Pitta. Sie sieht in Erik ihr Ideal, hat sich ihm zu eigen gegeben, und wenn sie auch zu bescheiden ist, um solchen Wunsch zu äußern, so möchte sie ihn doch auch ganz besitzen, und ich empfinde das mit ihr. Folglich muß es ihr schmerzlich sein, Dich auf einem Fuß mit ihr zu sehen, gegen den man selbstverständlich nicht den Schatten eines Bedenkens erheben könnte, wenn er nicht in diesem Falle dazu angetan wäre, Agues' Unbedeutenheit allzu sehr ins Licht zu stellen. Du singst mit Erik, das ist sehr unter­haltend für Euch, sehr genußreich für uns, aber, in Agues Augen habe ich schon ein paarmal eine Träne gesehen, die von heim­licher Eisersucht sprach.

Mein Gott, Mama, rief Pitta, heiß erglühend und das Gesicht in dem Schoß der Mutter bergend,hätte ich das ge­wußt, unsere arme Agnes, warum sagte sie mir kein Wort da­von? Ich dachte, zwischen so nahen Verwandten seien derglei­chen kleine Freiheiten erlaubt.

Zweifellos, es ist eben nur Sache des Gefühls. Agnes leidet darunter, und deshalb möchte ich Dir vorschlagen, das Musi­zieren mit Erik aufzugeben, sie wird es Dir Dank wissen!"

Aber selbstverständlich, Mama, ohne Frage, nichts auf der Welt könnte mich veranlassen, es noch einmal zu tun, entgeg­nete Pitta voll Ungestüm.Von jetzt an begleite ich mich selbst,

Dder dage übechaunt ucht wechr wenn Gell da st dad vicd das Beste sein.

Das ist auch meine Meinung. Es wird Dir nicht schwer fallen eine Entschuldigung zu finden.

Ein seltsames Gefühl stellte sich bei Pitta ein. In ihre Ab­neigung gegen die Einsamkeit mischte sich bei dem Gedanken, El­gardsruh zu verlassen, eine leise Wehmut, ein heimwehartiges Bedauern und unerklärlicher Widerspruch; es war ihr gar nicht unlieb, daß der Zeitpunkt noch verschoben worden war.

Gegen Abend umwölkte sich der Himmel und ein kühler Sprühregen fiel herab, der die Landschaft ringsum mit grauem Schleier verhüllte. Ein dunkles, schwermutsvolles Licht lag über Elgardsruh.

Unter einem Kastanienbaum vor der Pforte, dessen dichtes Blätterdach sie vor dem Staubregen schützte, stand Agues und wartete auf Erik, der ihr gestern beim Abschied seinen Besuch in Aussicht gestellt hatte, Sie durchlebte noch einmal die Stun­den des gestrigen Tages, und wehe Gedanken bohrten sich in ihre Brust.

Pitta hätte besser für ihn gepaßt. Dieser Gewißheit vermochte sie sich nicht länger zu erwehren.

Ob Erik das auch schon gedacht hatte, wenn er den be­strickenden Tönen der Schwester lauschte? Was hätte sie gegeben, den Weg seiner Gedanken in solchen Momenten zu erraten! Die Musik verklärte alles wunderbar, als sei die Heide und das Meer mit seiner Pracht in eine lichtere Sphäre gehoben, und da Pittas Musik es war, die alles beseelte, stand gewiß auch nur ihr Bild vor seinem Geiste

Wie lange er zögerte. Sie zog ihr Tascheufernrohr hervor, spähte von neuem und nicht vergebens, deutlich sah sie ihn jetzt auf seinem Pferde zwischen den vereinzelt auslaufenden Stäm­men des Gehölzes halten, die sich schwärzlich am Horizont ab­zeichneten. Unbeweglich hielt er dort. Schon waren zehn Mi­nuten auf diese Weise verflossen, dann eine Viertelstunde, was bedeutete das? Sah er nach Elgardsruh herüber, im Zweifel mit sich, ob er kommen solle oder nicht? Oder hatte er keine Zeit und wollte nur den Anblick des Hauses, wo seine Braut weilte, vorübergehend genießen? Agues lächelte schmerzlich. Nein, so romantischer Art war Eriks Liebe nicht, sondern ruhig, verständig, kühl und seit Pittas Ankunft hatten seine Liebkosun­gen einen brüderlichen Charakter angenommen.

Fürchtete er sich?

Sie lehnte die Stirn gegen den Baum und faltete die Hände über den Kopf zusammen, unter der Last eines schneidenden Wehs. Als sie nach einer Weile wieder aufblickte, war Erik verschwunden und kam an diesem Abend nicht. In der Nacht, die sie schlaflos verbrachte, regten sich die ersten Schatten eines großen Entschlusses, den klar zu überdenken sie zur Zeit noch nicht im stande war.

*"

Sommerliche Abendschwermut liegt über den Schatten vom Eichhofer Park, auf denen die letzten irrenden Sonnenlichter glimmen. Dann verblassen sie mehr und mehr, wie ersterbende Melodien. Die Natur ist sanft entschlafen. Nur die Nachtviolen duften noch berauschender, und durch die Zweige fährt von Zeit zu Zeit ein leises Atmen.

Der Baron von Verlath ist den Folgen des Jagdunfalls erlegen, und am folgenden Tage hat Herr von Hallör durch sei­nen Rechtsanwalt die gute Nachricht erhalten, daß der Pro­zeß vom Reichsgericht endgültig zu seinen Gunsten entschieden worden ist. Seit vorgestern befindet er sich zur Abrechnung mit dem Vertreter in Kiel.

Frau Professor weiß die günstige Wendung dieses Ereig­nisses zu schätzen und ihre Wachsamkeit gegenüber Isabella ist um diese Zeit derartig in Anspruch genommen, daß Eriks Ver­lobung und selbst Mathilde auf eine Weile in den Hintergrund getreten sind. Standen doch die Beziehungen der Tochter zu Sven Torbald noch immer auf demselben Fuße kameradschaft­lichen Verkehrs, während die Freundschaft mit Herrn von Kir­stein einen solchen Umfang angenommen hatte, daß dieses Ver­hältnis ihrem Schwiegersohn unmöglich länger entgehen konnte, und das versetzte sie in sehr erregte Stimmung.

Doch auch Isabella befand sich in wachsender Unruhe; die heimlichen Zusammenkünfte mit dem Verwalter hatten ange­fangen, ihren Reiz zu verlieren. Sie verlangte das entscheidende Wort: entweder Heirat oder Trennung. Zu einem entsagungs­vollen Hinziehen fühlte sie sich nicht geschaffen.

Erlaubten seine Verhältnisse, wie er kürzlich angedeutet hatte, noch nicht, an eine Verbindung zu denken, so wollte sie gern ein paar Jahre warten, aber die Verlobung sollte veröffent­licht werden. 150.20