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Ne. 188.
Die heutige Nr. umfaßt mit dem illustr. Sonntagsblatt 20 Seiten.
Die Finanzlage im Reiche.
Eine unangenehme Weihnachts=Ueberraschung wird uns eben zu teil. Es wird nicht nur der neue Reichshaushalt einen Fehlbetrag von vielen Millionen aufweisen, es sind für das Jahr 1901 auch Voranschlags=Ueberschreitungen in Höhe von 67½ Millionen Mark zu verzeichnen. Aus der dem Reichstag zugegangenen Uebersicht entnehmen wir im einzelnen: Die Steigerung der Kohlen= und Petroleumpreise hat in allen Ministerien wesentliche Ueberschreitungen veranlaßt; sie beziffern sich heispielsweise allein im preußischen Heer auf beinahe 900 000 Mr. Die Manöverkosten sind im preußischen Heere um über 1 Million Mark überschritten. Als Grund wird die durch schlechtes Wetter veranlaßte Verzögerung der Ernte, die eine Steigerung der Flurschäden im Gefolge hatte, angegeben. Die Reise= und Tagegelder in der preußischen Heeresverwaltung sind um rund 1 130000 Mark höher gewesen, eine Folge der„fortgesetzt erweiterten Ausbildung der Armee“. Aus Anlaß der Abänderung des Militärpensionsgesetzes wurde der für Pensionen für Soldaten vom Feldwebel abwärts ausgeworfene Betrag um fast 5,5 Mill. Mk. überschritten. Wesentliche Ueberschreitungen sind auch aus Anlaß der Expedition nach China nötig geworden, 3¾4 Mill. Mk., ferner 1,5 Mill. Mk. zu Einrichtungen für Tsingtau(Kiautschau). Die eigentlichen Verwaltungs=Ausgabeüberschreitungen betragen 24350000 Mark oder 1,2 vom Hundert des Voranschlags. Zu dem Fehlbetrage aus dem Haushalt des Jahres 1901 haben die Bundesstaaten 48,5 Mill. Mark beigetragen, andererseits sind sie mit 32,7 Mill. Mk. an dem Ueberschusse des Jahres 1899 beteiligt.
Die Achillesferse derz amerikanischen Marine.
Was der amerikanischen Marine vor allem mangelt, das sind die Offiziere. Die Klage über den Offiziersmangel ist seit dem spanischen Kriege der Hauptgegenstand der Jahresberichte der Marinesekretäre gewesen, doch mehr als je ist dies der Fall in dem soeben dem Präsidenten zugegangenen Jahresbericht des Marinesekretärs Moddy. Die gegenwärtige Lage ist, den Ausführungen desselben nach, sehr schlimm und sie würde, wenn nicht Abhilfe geschaffen wird, eine verzweifelte werden, sobald die noch im Bau begriffenen neuen Schiffe fertig sind. Der Bestand der amerikanischen Flotte am 1. Oktober d. Is. erheischt zum mindesten alles in allem unter Annahme eines niedrigeren Maßstabes als bei allen anderen Flotten 1600 Offiziere, einschließlich der Kadetten. Die Flotte verfügt aber nur über 1023, sodaß 577 zu wenig vorhanden sind. Innerhalb der nächsten vier Jahre werden nach Fertigstellung der neuen Schiffe 623 Offiziere mehr für den aktiven Dienst nöitg sein. Dazu kommt eine durch Rücktritt, Pensionierung und Tod zu erwartende Verminderung der gegenwärtigen Zahl um 160. Demzufolge würden im Oktober 1906 nicht weniger als 1360 Offiziere an der bis dahin notwendigen Zahl von 2960 fehlen. Wie man diesem Mangel unter den gegebenen Umständen abhelfen könnte, ist schwer ersichtlich. Die Marineakademie kann in den nächsten vier Jahren bestenfalls nur 355 Offiziere und Kadetten liefern. Die einzige außerdem noch offene Ersatzquelle besteht in der Beförderung von Unteroffizieren zu Offizieren. Das bestehende Gesetz erlaubt aber nicht mehr als jährlich 6 solcher Erhöhungen aus den Reihen der Bootsleute, Geschützführer und Maschinisten, sodaß aus dieser Quelle in vier Jahren nicht mehr als höchstens 24 Offiziere kommen könnten. Der Marinesekretär empfiehlt, der Kongreß möge die Zahl von 6 auf 12 jährlich erhöhen. In früheren Zeiten war es statthaft, Marineoffizierstellen mit Zivilisten zu besetzen. Auf diese längst verpönte Praxis zurückzugreifen, ist natürlich ausgeschlossen. Die Kriegsflotte kann heute nur noch Offiziere gebrauchen, welche die strengste Facherziehung genossen haben. Eine solche Erziehung ermöglicht in vorzüglicher Weise die Marine=Akademie in Annapolis. Der Marinesekretär weiß daher kein anderes und besseres Mittel zur Abhilfe des Offiziersmangels zu em pfehlen, als daß der Kongreß die Zahl der jährlich in die Marine=Akademie aufzunehmenden Zöglinge bedeutend vermehrt.
Politische Uebersicht.
Deutschland.
Vom Kaiserhofe. Der Kaiser erledigte am Frei tag Regierungsgeschäfte.— Den kaiserlichen Weihnachts
Alle Kreis= und Lokalpolizeilichen Verordnungen für den Kreis Hörde erlangen gemäß Bekanntmachung der Königl. Regierung durch Veröffentlichung in der„Schwerter Zeitung verbindliche Kraft.
Schwerte, Samstag, 13. Dezember 1902
tisch werden auch in diesem Jahre wieder Tannen aus der Rominter Forst(Ostpreußen) schmücken, und zwar neun an der Zahl, je einen für den Kaiser, die Kaiserin und die kaiserlichen Kinder. Während im Vorjahre Prinz Adalbert, der junge Seemann, abwesend war, wird diesmal die gesamte kaiserliche Familie zum Weihnachtsfeste ver
— Ein neuer Antrag zum Zolltarif. Im Reichstag wurde zur dritten Lesung des Zolltarifs ein Antrag He
zeichnet von 187 Mitgliedern des Zentrums, der Nationalliberalen, Reichspartei und Deutsch=Konservativen.
— Der„Reichsanzeiger“ meldet gestern abend amtlich, daß der Wiener Botschafter Fürst Eulenburg unter Verleihung des Großkreuzes des Roten Adlerordens mit Eichenlaub in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden ist.
— Der Bestand des preußischen Abgeordnetenhauses, das in wenigen Wochen wieder zusammentreten wird, ist gegenwärtig folgender: Konservative 143 Mitglieder, Zentrum 99, Nationalliberale 75, Freikonservative 56, freisinnige Volkspartei 24, Vereinigung 10, Polen 13. Er
ledigt sind 6 Sitze.
— Die Unterzeichnung von Dant= und ErgevenheitsAdressen von Berliner Arbeitern an den Kaiser soll verhindert werden. Da man vermutet, daß in anderer Form auch hier in allen größeren Betrieben derartige Adressen in Umlauf gesetzt werden, so ist seitens der sozialdemokratischen Geschäftsführer an die Arbeiterschaft die Parole ausgegeben, die Unterschriften für solche Adressen zu verweigern, selbst auf die Gefahr hin, daß es daraufhin zu Ausständen kommen kann. Die wegen Verweigerung der Unterschriften etwa entlassenen Arbeiter sollen die gewöhnliche Streikunterstützung erhalten.
— Die Reichstagsersatzwahl in Liegnitz für den verstorbenen Abgeordneten Kauffmann, den unglückseligen zweiten Berliner Bürgermeister, macht eine Stichwahl erforderlich, in der der Kandidat der freisinnigen Volkspartei Pohl mit dem sozialdemokratischen Kandidaten Bruns um die Palme zu ringen haben wird.
Italien.
= Nach einer Meldung aus Rom teilte gestern der Bürgermeister von Rom, Fürst Colonna, mit, Zar Nikolaus und Kaiser Wilhelm würden im kommenden Mai kurz hinter einander in Rom anwesend sein. In Gegenwart Kaiser Wilhelms werde dann die festliche Enthüllung des von ihm geschenkten Goethedenkmals auf dem Monte Pincio stattfinden.
England.
= Schlimme englische Heeresverhältnisse kommen in einem Artikel der Londoner Daily Mail zum Ausdruck. Danach beträgt die Zahl der seit der erst unlängst erfolgten Bildung des Dragonerregiments Desertierten bereits mehrere Hundert. Zahlreiche Regimentsmitglieder wurden vor das Kriegsgericht gestellt, so neulich an einem einzigen Tage 24, die verschiedener Vergehen beschuldigt. wurden. Im Durchschnitt ist jeder Soldat des Regiments bereits zweimal bestraft.
Afrika.
= Der Mullah tot? Nach einer Meldung aus Garrero soll der Mullah, gegen den die Engländer eine Expedition ausrüsten, ermordet worden sein. Es heißt, daß ihm während des Gebets ein Speer in den Unterleib gestoßen wurde. Die Richtigkeit der Meldung ließ sich noch nicht feststellen.
Der Dank an die Obstruktion.
Eugen Richter hat sich der Obstruktion nicht angeschlossen, denn er war der Ueberzeugung, daß ohne die Obstruktion der Tarif abgelehnt oder doch verschleppt werden würde. Jetzt wird ihm die große Minorität(136 gegen 184 Stimmen), die gegen den Antrag v. Kardorff gestimmt hat, zum Anlaß, noch einmal auf die Schwierigkeiten hinzuweisen, die der Zolltarif gefnden haben würde, wenn die Obstruktion nicht den Kampf auf einganz anderes Gebiet: das der Aufrechterhaltung des Reichstags und des Widerstandes aller bürgerlichen Elemente gegen den Uebermut der Sozialdemokratie hinübergespielt hätte. Wir können zwar nicht so fest wie Eugen Richter daran glauben, daß ohne Obstruktion der Tarif gefallen wäre. Aber es sind sehr berechtigte Vorhaltungen, die der alte Parlamentarier der Minderheit macht, wenn er im Rückblick auf die bewegte Zeit, die hinter uns liegt, folgendes Sündenregister der Obstruktion aufstellt:
Die starke Minorität, die sich auch jetzt noch ergeben hat, beweist für jeden Unbefangenen, daß ohne die kopflose und täppische Obstruktion die Voraussicht der Frei
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35. Jahrgans
sinnigen Volkspartei sicher zugetroffen hätte, und die Tarifvorlage entweder gescheitert oder stecken geblieben wäre.
hätten nur 24 Stimmen, die jetzt für den Antrag Kardorff abgegeben worden sind, in entgegengesetzter Richtung abgegeben zu werden brauchen. Mehr als diese 24 Stimmen aber würden sich ohne Obstruktion gefunden haben in den konservativen Parteien und auf dem rechten Flügel des Zentrums. Dies wird heute nicht nur im Reichstag, sondern auch in Regierungskreisen offen zugegeben. Die ganze Situation war, bis die Obstruktion die Gegner einigte, für die Regierung völlig aussichtslos geworden. Da verkündigte Abg. Gothein am Schluß seiner ersten Rede am 16. Okt., die Vorlage dürfe in dieser Wahlperiode nicht zustande kommen. Es folgte alsdann eine Häufung ungerechtfertigter namentlicher Abstimmungen, die Ankündigung von weiteren 700 namentlichen Abstimmungen derart durch Bebel in Hamburg und die bramarbasierende Kriegserklärung von Bebel an die Mehrheit am 13. November vor Annahme der Lex Aichbichler:„Wollen Sie den Krieg, dann sollen Sie den Krieg haben, wer aber in diesem Kriege siegt, das wird die Minorität und nicht die Majorität sein. Das schlug vollends dem Faß den Boden aus und brachte die schon schwebenden Verständigungsversuche zum Abschluß. Nun ironisierte die Majorität die Häufung der namentlichen Abstimmungen, indem sie bei der 101. namentlichen Abstimmung, derjenigen über den Antrag v. Kardorff, zur Feier derselben einen Blumenstrauß vor die Schriftführer stellen ließ. Was hat nun die Obstruktion bewirkt? Die Regierungsvorlage ist durch die in der Kommission erhöhten Zollsätze verschlechtert und mehrere Bestimmungen der Geschäftsordnung und der bisherigen Geschäftspraxis sind zu Ungunsten aller Minoritäten auch für künftige Verhandlungen abgeändert worden. Für alles dies tragen die Obstruktionsparteien in erster Reihe die Verantwortlichkeit.— So Eugen Richter!
Lokales.
Schwerte, 13. Dezember 1902. (Drei Wetterpropheten von höchstem, höheren und hohen Ruf) lassen wir nachstehend in ihren Auslassungen über diesen netten Winter 1902 aufmarschieren, der mit kurzen Pausen immer wieder zu seiner ersten Liebe, dem Frost, und zwar dem tüchtig packenden, zurückkehrt. Haben wir doch in Deutschland seit der Mitte des Augustmonats schon Woche für Woche irgendwo Nachtfrost gehabt, der im September schon die Umgegend großer Städte heimsuchte, sodaß man diese Temperatur wirklich als eine bezeichnende charakteristische betrachten konnte. Also zunächst der Meteorologe vom höchsten Ruf, Herr Dr. Rudolf Falb in Berlin, der nicht nur einen regnerischen Dezember, sondern überhaupt einen milden, feuchten Winter prophezeite. Aus dem verregneten Dezember ist ja bisher nichts geworden, aber der milde Januar wird ihm möglicherweise folgen. Dann kommt der österreichische Hauptmann von Ledochowski, ein militärischer Wetterkundiger von erstem Wesen, der zu der Auffassung gelangt ist, dieser Winter werde der stärkste seit bald zwei Menschenaltern werden. Dieser Herr kündigte also ganz entgegengesetzt von Falb an, was uns bevorstehe. Der dritte ist Herr Habenicht in Gotha, der namentlich in seiner Heimat Thüringen durch die Begründung seiner Voraussagungen ein hohes Nenomee erwarb und nicht selten besser ins Schwarze traf, als Herr Falb. Dieser Herr hatte das vorige Sommer=Wetter richtig taxiert, und es ist daher nicht ausgeschlossen, daß er auch mit dem Winter Recht haben wird. Er kündigt ununterbrochenen Frost bis zum Februar 1903 an. Das klingt auch nicht reizvoll, immerhin schon liebevoller, als die Wiener Schreckens=Prophezeiung; er giebt den Hausvätern, die mit Schrecken die Abnahme des Inhaltes des Kohlen=Raumes betrachten, wenigstens einige Hoffnung, wenn es auch bis zum Februar noch lange genug ist. Von prinzipieller Bedeutung scheint das zu sein, daß zwei renommierte Herren sich für einen vorwiegend kalten Winter aussprechen, und daß der Winter=Charakter ihnen bisher, also doch schon ziemlich geraume Zeit, Recht gegeben hat. Freilich, alle Weisheit ist nur Stückwerk, und der berühmte Berliner Gelehrte und Meteorologe von Bezold sagt darum auch gerade heraus, die ganze Wetterprophezeihung tauge nichts, es sei unmöglich, das Wetter wissenschaftlich über mehr als ein paar Tage voraus zu berechnen. Warten wir also ab, wer am Ende Recht behält, der Regenmann Falb oder die Eismänner von Ledochowski und Habenicht, oder, wie die Wissenschaft meint, gar keiner von allen!
**(Infolge der Glätte) ist gestern abend eine Frau von hier so unglücklich zur Erde gestürzt, daß sie besinnungslos aufgehoben werden mußte. Die Gestürzte hat sich eine schwere Kopfverletzung zugezogen. Diese Mitteilung möge denen, die zum Streuen von Asche usw. bei der Glätte verpflichtet sind, zur Mahnung gereichen, wo