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Familienfreund.“
No. 278.
Schwerte. Mittwoch, 27. November 1901.
34. Jahrgang.
über die begründung.
Die Begründung, welche die Regierung dem Zolltarifgesetzentwurf mitgegeben hat, hat, wie alle Kompromisse, Enthusiasmus auf keiner Seite, auf Seiten der Freihändler aber große Verstimmung erregt. Mit unumwundener Anerkennung äußert sich nur die„Tägl. Rundschau": das Blatt schreibt nämlich, daß das in der Begründung Gesagte eine Zusammenstellung dessen sei, was schon zu wiederholten Malen auch von ihr als die Aufgabe des Staates bezeichnet worden sei. Kein Wunder, daß man auf der Redaktion in hohem Maße befriedigt und mit dem Inhalt des Schriftstückes einverstanden ist. Der„Berl. Börsen=Courier“ giebt sein Urteil dahin ab, daß aus dem Schriftstück eine besondere Belehrung nicht geschöpft werden könne, und daß es keinem Menschen etwas Neues sage. Die„Nationalztg. bezeichnet einige Abschnitte als hochst unsicher und widerspruchsvoll, und die„Freis. Ztg.“, sagt, die Begründung sei ein selten oberflächliches Machwerk. Das„Berl. Tgb. bezeichnet die Begründung als eine Nachbetung der Behauptungen der Organe des Bundes der Landwirte und— das alte Märchen!— als ein Zugeständnis an die wenigen Großgrundbesitzer auf Kosten des Volkes.
Der„Vorwärts“ faßt sein Urteil folgendermaßen zusammen:
„Nirgends ein eigener Gedanke! Ueberall ein Wiederholen jener Argumente, die schon zum Ueberdruß die agrarische und die hochschutzzöllnerische Presse des„Zen tral=Verbandes deutscher Industrieller" ausgespielt hat, nur mit dem Unterschied, daß, wenn dort eine gewisse Konsequenz zu finden ist, in der offiziellen Begründung durchweg dem Argument aus dem einen Argumentenfonds ein mehr oder weniger entgegengesetztes Argument aus dem andern Fonds folgt, welches das erstere aufhebt oder korrigiert. So gleicht die Begründung in etwas den beiden Löwen, die sich gegenseitig bis auf die beiden Schwänze auffressen.
Wie die„D Tagesztg. sehr richtig bemerkt, sind alle diese Urteile in etwas zutreffend. Jedes Kompromiß enthält in sich einen Widerspruch oder vielmehr die Ineinanderarbeitung zweier Widersprüche nach Art der„beiden Löwen, von denen der gefährliche Teil verschwindet.“ Und wenn ein Schriftstück auf wenigen Seiten duammenfaßt, was in hundert Leitartikeln und Dutzenden von Broschüren anscheinend noch immer nicht erschöpfend dargelegt ist, so kann es selbstverständlich nicht übermäßig gründlich und gelehrt sein. Daß die Begründung„selten oberflächlich“ sei,„findet nur die selten grobe„Freis. Ztg.
Die„Berl. Korr.“ begleitet die Begründung mit einigen beachtenswerden Ausführungen, die wir dem folgenden zu grunde legen.
Ein Verbrechen?
Original=Roman von Arthur Zapp.
15. Fortsetzung.
(Nachdruck verboten)
Der Rentmeister strich sich über die Stirn, die vor unerträglicher innerer Aufregung feucht geworden war. chch, Den Aufsichtsrat trifft gar keine Schuld," erwiderte er hastig.„Es ist mein selbständiger Entschluß und nur die Rücksicht auf mich selbst leitete mich bei meinem Entschluß.“
Der Prediger zuckte mit den Achseln.
„Die Leute glauben das nicht,“ erwiderte er.„Vielmehr sind sie der Ansicht, daß Sie triftigen Grund haben sich zu beklagen. Und da die Vereinsmitglieder befürchten, daß die Kasse zurückgehen wird, wenn Sie die Geschäfte nicht mehr führen, so will man Sie denn mit Gewalt festhalten.“ Und wieder zum Scherzton übergehend, fügte der Prediger hinzu:„Das haben Sie nun davon, Herr Rentmeister, daß Sie sich Ihrem Amte an der Kasse mit soviel Gewissenhaftigkeit gewidmet haben. Die Leute gestatten Ihnen nun die Ruhe nicht und glauben, ein förmliches Recht auf Ihre Dienste zu besitzen.“
Der Rentmeister erzitterte im Stillen. Jedes Wort drang ihm wie ein Stachel in die Seele und er zog sein Taschentuch, um die Röte zu verbergen, die brennend auf seinem Gesicht aufflammte.
Schon die nachsten Tage bewiesen Grunow, daß Prediger Bruck nicht zu viel gesagt hatte. Drei Herren — zwei angesehene Geschäftsleute und ein höherer Subalternbeamter— sprachen auf dem Bureau der Spar= und Vorschußkasse vor und erklärten, daß sie von einer Anzahl von Vereins=Mitgliedern als Deputation entsandt worden seien mit der Bitte, Herr Grunow möchte doch seine Kündigung zurücknehmen und seine wertvolle Thätigkeit wie bisher der Kasse widmen. Der Sprecher der
In der freihändlerischen Presse liebt man es, den Kampf um die Agrarzölle, welcher sich bei uns abspielt, mit den Kämpfen um Abschaffung der englischen Getreidezölle zu vergleichen. Aber zwischen diesen beiden wirtschaftlichen Kämpfen besteht ein grundlegender Unterschied. Als England die Kornzölle abgeschafft, war es der einzige Industriestaat der Welt.
Deshalb konnte es das Experiment wagen, die eigene Landwirtschaft fallen zu lassen u. sein Korn vom Auslande zu beziehen, bezw. sich in Egypten und den Kolonien neue Kornkammern eigenen Besitzes zu schaffen. Deutschland, das mit der industriellen Konkurrenz von England, Amerika und den übrigen Kulturstaaten zu rechnen hat, darf heute ein solches Experiment nicht mehr wagen, wie es England selbst heute schwerlich noch wagen würde.
Die Erhaltung der Landwirtschaft ist für das Deutsche Reich eine Notwendigkeit, und erhalten kann die Landwirtschaft nur werden, wenn durch ausreichende Zölle gegen die wilde Konkurrenz des Auslandes geschützt wird. Diese Wahrheit wird von allen Parteien anerkannt. Denn warum werden die Agrarzölle von der Sozialdemokratie bekämpft? weil sie staatszerstörend wirken? Doch offenbar, weil sie staatserhaltend wirken.
Die Sozialdemokratie bekämpft diese Zölle wesentlich mit in der Absicht, die Proletarisierung der Landbevölkerung herbeizuführen und so den festen Schutzwall, den die Bauernschaft gegen ihre Bestrebungen bildet, zu untergraben. Von gleichen Gründen wird der radikale großstädtische Liberalismus in seinem Kampf gegen die Kornzölle geleitet. Er ist sich ebenfalls wohl bewußt, daß das konservative Element wesentlich durch den Schutz der Landwirtschaft gestärkt wird; deshalb sucht er mit allen Mitteln dem politischen Gegger die wirtschaftliche Lebensader zu unterbinden, um ihn zu schwächen. Der Streit um die Zölle ist ein Streit um die Macht, und dieser Streit, und die Art, wie er geführt wird, ist der beste Beweis dafür, daß alle Parteien anerkennen, daß die Agrarzölle segensreich d. h. staatserhaltend wirken. Für fast 20 Millionen Menschen— soviel Köpfe zählen die deutschen Bauernfamilien— bedeuten sie eine wirtschaftliche Stärkung.
Die Agrarzölle— und deshalb werden sie von den radikalen Parteien bekämpft— stärken die konservative Partei. Das Deutschland des neuen Jahrhunderts aber muß konservativ sein oder es wird, wie Berlin an sich erfährt, sozialdemokratisch sein. Die Wahrheit scheint noch nicht allen aufgedämmert zu sein, daß Bismarck der Schöpfer des konservativen Deutschland ist, d. h. daß er das neu begründete Reich mit dem Maß politischer Freiheit— in Frage kommt vor allem das allgemeine Wahlrecht— ausgestattet hat, daß die Hauptaufgabe der
Deputation führte in einer langatmigen Rede aus, wie
die Vereinsmitglieder von seinem eventuellen Rücktritt die
bedenklichsten Folgen für die Kasse befürchteten. Seit 10 Jahren, von der Gründung des Vorschußvereins an, habe Grunow die Geschäfte in einer Weise geführt, die allseitig die größte Anerkennung und das größte Vertrauen erweckt habe. Unter ihm sei die Kasse aufgeblüht und unter seiner ferneren Leitung werde sie sich kräftig weiterentwickeln.. In der ganzen Stadt wüßte man keine Persönlichkeit von gleicher Vertrauenswurdigkeit und von gleicher Befähigung, die Kasse zu leiten. Es seieben kein Anderer in der Stadt in den Kassengeschäften so erfahren. Man müßte sich, beharre er bei seinem Rücktrittsgedanken, eine geeignete Persönlichkeit von außerhalb holen, der es wieder an der nötigen Platzkenntnis fehle. Der Redner erklärte ferner, daß er Namens eines großen Teiles der Vereinsmitglieder zu dem Versprechen ermächtigt sei, in der nächsten Generalversammlung eine Gehaltserhöhung für Grunow zu beantragen. Zum Schluß appellierte der Redner an das Pflichtgefühl und den Gemeinsinn des Rentmeisters und schloß mit denemphatischen Worten:„Ein Mann, der so durch das Vertrauen und die Verehrung seiner Mitbürger ausgezeichnet wird, wie Sie, verehrter Herr Rentmeister, hat nicht das Recht, so frühzeitig zu feiern, wie irgend ein Anderer, an dem das Gemeinwohl nichts verliert. Ein Mann, wie Sie, hat die Ehrenpflicht, auf seinem Posten auszuhalten und den Interessen seiner Mitbürger seine unersetzliche wertvolle Thätigkeit zu widmen, so lange noch ein Funke von Kraft in ihm lebt.“
Grunow stand wie auf Kohlen und heiße und kalte Schauer durchrieselten ihn. Er wußte nicht, wo er seine Blicke lassen sollte. Er sah, wie im Hintergrunde Küpper höhnische Grimassen schnitt und ihm finstere, ja drohende, Blicke zuwarf und der Gedanke packte ihn wie eine fixe Idee, der Buchhalter werde plötzlich hervortreten und die
Nachfahren ist, es zu erhalten. Es ist nicht zufällig, daß
die Freisinnige Partei nur noch eine kümmerliche Existenz fristet, noch ist es zufällig, daß der politische Gegensatz zwischen konservativ, nationalliberal und Zentrum abgeschwächt und verblaßt ist. Politisch giebt es nur noch zwei Parteien, die konservative und die demokratische, die über Bismarck hinausgehen und auch noch die feste, heilsame Schranke der Monarchie beseitigen will.
Die Agrarzölle wirken staatserhaltend, darum stimmt die gesamte konservative Partei für diese Zölle. Diese Einigkeit wie die feste Haltung der Regierung läßt uns hoffen, daß der Ansturm der Demokratie gegen dieselben siegreich abgeschlagen wird.
Zum Ministerwechsel in
Minister
Die Uebersetzung des Neuen Testamentes aus dem Altgriechischen in das Neugriechische, welche von der Königin von Griechenland veranlaßt war, da sie mit Schmerz gesehen hatte, daß im türkischen Kriege die Soldaten die Bibel nicht lesen konnten, da sie den Text in der klassischen griechischen Sprache nicht verstanden— diese Neuerung hat in Athen einen Aufruhr erregt, dem das Ministerium zum Opfer gefallen ist. Der Ministerpräsident Theotokis, der in der Kammersitzung Thränen vergoß— nach dem berühmten Muster des Perikles— hat seine Demission eingereicht. Sein Nachfolger ist Zaimis.
Lobpreisungen des Redners mit höhnischem Gelächter unterbrechen und ausrufen:„Ihr täuscht Euch! Der, den Ihr da als einen ehrenhaften, gewissenhaften Beamten feiert, ist ein Heuchler, ein Dieb, der Euer Vertrauen schnöde gemißbraucht, der sich an Eurem Gelde vergriffen hat!“
Als der Redner geendet hatte, erwiderte Grunow. ohne auch nur mit einer Silbe auf die ehrenden Worte einzugehen u. für die ihm gespendete Anerkennung zu danken, mit einer fast brüsken, rauhen Hast, daß sein Entschluß unabänderlich sei, daß er seine Stellung definitiv aufgebe, weil er sich nicht mehr im Stande fühle, seinen Pllichten in der wünschenswerten Weise zu genügen.„
Betreten und verletzt zog sich die Deputation zurück. Grunow aber atmete auf, wie von einer quälenden Last befreit, als der letzte der Vereinsmitglieder das Bureau verlassen hatte. Am andern Tage ereignete sich ein neuer Vorfall, der den unglücklichen Mann seelisch weit tiefer erregte, als der Besuch der Deputation. Es war mitten im Vormittag, als Küpper plötzlich von seinem Drehschemel herabstieg und die Verbindungsthür zwischen Bureau und dem Komptoir des Schreibers und des Kassenboten klinkte.
Als Grunow erstaunt aufblickte, sagte der Buchhalter, während er zu seinem Platz zurückkehrte:„Ich möchte ein paar Worte unter vier Augen mit Ihnen sprechen, Herr Rentmeister. Es handelt sich um Ihre Stellung, die ja immer noch nicht besetzt ist und zu der der Aufsichtsrat, wie man sich erzählt, von außerhalb Jemand verschreiben will. Ihnen muß ja doch selber daran liegen, daß Sie so bald als möglich hier herauskommen und da wollte ich mir denn erlauben, Sie an ein Wort zu erinnern, das Sie mir einmal gesagt haben.“ Die Augen des Spre chenden funkelten boshaft und erlegte auf die folgenden Worte eine besondere höhnische Betonung:„Das war kurz vor der Kassenrevision, Herr Rentmeister, die ja wohl