ro. 11
Münster, den 15. März
1837.
unterhaltungsblatt.
ZUGABE ZUM WESTFELISCHEN MERKUR.
MMilhelm Oberbeck.
(Erzählung von Mathilde Feldern Rolf.) (Fortsetzung.)
Am Rothenthurm standen 500 vom Scheitel dis zur Zehe in Eisen gehüllte Reiter aufgestellt. Der Pfalzgraf rin vor den muthigen Kürassieren mit dem Grafen Hardeck auf und ab. Der Cornet Cheistoph von Zediltz saß mit der Fahne im Arme heiter auf seinem schlanken, feurigen Rappen, und besänftigte sein sich bäumendes Roß durch freundliches Streicheln.— „Potz Wetter!“, rief Graf Hardeck, als er Wilhelm mit der Blechhaube sah,„nu warte, du sollst dein Füchslein haben.“ Er pfiff einem Troßduben und dieser brachte ein Pferd, wenn auch mager und nicht von stattlichem Aussehen, doch jung und feurig. Die Freude leuchtete Withelm aus den Augen. Flink schwang er sich auf und schwenkte geschickt sein Roß hinüber an die letzte Reihe an. Der Cornet ritt zu dem neuen Reiter hinzu, und sprach freundlich:„Nu, Camerad, bist eist ein neu angeworbener Soldat, verlaß die Fahne nicht, sie führt zum Sieg; wo diese Farden wehen, gilt es Ferdinand und Oesterreichs Ruhm.“
Da hob Oderdeck zwei Finger seiner rechten Hand, und sprach in einer Art Begeisterung:„So wie meine Seele Gott des Allmächtigen Antheit ist, so möge hinfüro mein Leid und Leben dem Fürsten und Vaterlände angehören.“ Das Zeichen zum Aufbruch wurde gegeben, gutmüthig nickte Christoph Zedlitz dem neuen zu, und flog mit der Fahne an die Spitze des Zuges. Doch Oberdeck legte die Hand auf's Herz und betete leise:„Wenn es dein Wille ist, allmächtiger Gott! so folle ich der erste durch Feindes Hand, doch wiüst du, Allvater, daß ich am heutigen Tage nicht der letzte sey hier in diesem Häuflein, so schütze mich, o Golt! Nicht der Eitelkeit willen flehe ich um deinen Schirm, denn wie könnte der schlechteste Reiter unter den ergrauten Kriegern Ruhm erwerben, sondern wie du weißt, um einen Theil meiner Schuld abzutragen, welche durch meines Vaters Verdrechen auf melnem Haupte ruhr.“ Leise, geräuschlos zog die Schaar gegen das Salzthor, alle übrigen waren verrammelt und vermauert, nur
dieses dlieb zu Ausfällen offen; weit voran flatterten Oesterreichs Landesfarden, und Wilhelms Blicke hingen unadwenddar daran, während sein Herz an Maria dachte.
Holla! wie die schweren Reiter aus dem Thore stürwen, wie die Fanfaren plötz. lich schmetternd durch die Morgenluft t5 nen, und wie sie fliegen die Geharnischten, als ob Roß und Reiter nur ein Wesen ware.— Drauf los! Dort schauen die Türken verwundert hinter den Branestät ten hervor— heisa! ein Kopf sammt Turban fliegt in alle Weite, der Hieb war gut; die Türken werfen sich auf die Pfer de, Oesterreichs Banner fliegt, zwei Roßschweife flattern in der Luft, und ein bunter Knaul tummelt sich rüstig dort in einer Staubwolke,— die Hardeck'schen Retter sprengen darauf los und hauen ein, der Knaut zerstiebt, sie fllehen— nein, die Muselmänner sammeln sich wieder. Im gestreckten Lauf kommen die Spahis auf ihren kleinen Pferden einher.— Heitiger SchutzparronI die Oesterreicher weichen? wo ist das Banner? dort in Rauch und Staud.— Die Türken jagen mit geschwungenem Saraß auf Einzelne les, die Roßschwelfe sind bald da bald dort, die Reiter welchen, es wird lichter in den Reihen. Ein großer Mann in blanker Rüstung mit roth und wrißem Helmbusch spiengt auf und nieder. Ist es nicht der Erbschenke?
— Dort wirft er einen Türken vom Pferde, daß er im Staude sich wälzt, hier ruft er mit donnernder Stimme den Weichenden Halt zu, sie rotten sich wieder hinter ihm zusammen. Wo ist die Fahne?— mitten, dein unter den Türken— doch nicht in ihren Händen?— nein. Der Jüngling kämpft wie ein Löwe. Warum wehet sie plötzlich so hoch? der Wind verfängt sich darein— hoch! hoch! Nun sieht man deutlich den weißen Querbalken im rothen Felde. Das Roß des Corneie bäumt sich, Zeolitz stärzt, die Fahne sinkt
— nein, er hat einem Reiter das Banner zugeworsen, der biedere Jüngling, lustig flaggen die Farben— der Reiter trägt keinen Harnisch wie die andern, nur einen einfachen Lederkoller— die Türken setzen ihm hart zu, Gottes Schutz ist sein Panzer, schnell wie des Blitzes Strahl wettert es Streiche— der Reiter macht die Fahne frei, rasch wie auf Stuemesflügeln fliegt er auf seinem Rößlein zum Thore— dein
ist er, die Fahne ist gerettet, Oberbeck pflanzt sie stolz auf den Wall.
„Brav Junge!“ rief Graf Hardeck, welcher sich erschöpft vom Pferde schwang, dem Goldschmiedgesellen zu.„Hätten nur alle meine Leute so viel Muth gezeigt als du.— Armer Zedlitz! die verdammten geschornen Köpfe!“ murrte er finster in sich hinein.
Wilhelm lehnte noch an der Fahnenstange und blickte träumerisch in den Graben hinad, als ihn Jemand sachte an der Schulter faßte; er blickte zurück, und ein hagerer Mann in seltsamer dunkter Kleidung stand hinter ihm.„Docter Gamp,“ entfuhr Wilhelms Lippen, doch der Genannte legie ihm mit verzeirtem Lächeln die knöcheinen Finger auf den Mund, und flisterte:„Schweige lieb' Söhnlein, sonst grüße ich dich laut und öffentlich als Johannes Schwarz, und dann möch te man deine That des blinden Glücks nicht mehr so hoch in unverdientes Lob erheben, sondern wohl deinem Mischgesicht für die Ewigkeit das Bartscheeren ersparen.— Erzürne dich nicht, mein Hänschen," fuhr Gamp höhnisch fort, als Wilhelms Zorn aufloderte, wenn du mich auch verräihst, so nützt es dich nichts, denn ich wurde nur auf drei Jahre des Landes verwiesen und freiwillig gab ich noch drei Jahre zu, ich din frei; doch dir, mein Herrlein, könnte die Nennung deines wahren Namens keine süßen Früchte tragen.“—„„Meine Aufopferung soll...““ sprach empört Oberbeck, doch Gamp fiel ihm in die Rede:„Wenn du zwanzig Leden hättest, und dich gleich jenem Römerjängling mit Roß und Panzer in den Schlund zur Sühnung stürzen würdest, so rufest du doch nicht die blutigen Leichen ins Leben zurück, trocknest doch nicht die Millionen vergossener Zähren, an welchen dein Vater, Kopin, Siebenbürger, der Eyzing, Puchaim und Rimer Schuld.“
„Und Ihr, Doctor, und Ihr!“ rief aufs Aeußerste gebracht Oberbeck;„ geht von dannen, oder ein Ruf von mir, und die Bürger führen Euch aufs Rathhaus.“ Gamp lachte laut auf.„Ei, du glorreicher Held, ja freilich, du bist nun hochansehnlich und mächtig.— Eitter Thor,“ murmelte der finstere Mann mit Ingrimm, „verhüte, daß sie den Wolf nicht im Schaffelle ertappen! Glück zu, glaube aber ja nicht, daß ich es dir vergesse, daß du in