ro. 11 Münster, den 15. März 1837. unterhaltungsblatt. ZUGABE ZUM WESTFELISCHEN MERKUR. MMilhelm Oberbeck. (Erzählung von Mathilde Feldern Rolf.) (Fortsetzung.) Am Rothenthurm standen 500 vom Scheitel dis zur Zehe in Eisen gehüllte Reiter aufgestellt. Der Pfalzgraf rin vor den muthigen Kürassieren mit dem Grafen Hardeck auf und ab. Der Cornet Cheistoph von Zediltz saß mit der Fahne im Arme heiter auf seinem schlanken, feurigen Rappen, und besänftigte sein sich bäumendes Roß durch freundliches Streicheln.— „Potz Wetter!“, rief Graf Hardeck, als er Wilhelm mit der Blechhaube sah,„nu warte, du sollst dein Füchslein haben.“ Er pfiff einem Troßduben und dieser brachte ein Pferd, wenn auch mager und nicht von stattlichem Aussehen, doch jung und feurig. Die Freude leuchtete Withelm aus den Augen. Flink schwang er sich auf und schwenkte geschickt sein Roß hinüber an die letzte Reihe an. Der Cornet ritt zu dem neuen Reiter hinzu, und sprach freundlich:„Nu, Camerad, bist eist ein neu angeworbener Soldat, verlaß die Fahne nicht, sie führt zum Sieg; wo diese Farden wehen, gilt es Ferdinand und Oesterreichs Ruhm.“ Da hob Oderdeck zwei Finger seiner rechten Hand, und sprach in einer Art Begeisterung:„So wie meine Seele Gott des Allmächtigen Antheit ist, so möge hinfüro mein Leid und Leben dem Fürsten und Vaterlände angehören.“ Das Zeichen zum Aufbruch wurde gegeben, gutmüthig nickte Christoph Zedlitz dem neuen zu, und flog mit der Fahne an die Spitze des Zuges. Doch Oberdeck legte die Hand auf's Herz und betete leise:„Wenn es dein Wille ist, allmächtiger Gott! so folle ich der erste durch Feindes Hand, doch wiüst du, Allvater, daß ich am heutigen Tage nicht der letzte sey hier in diesem Häuflein, so schütze mich, o Golt! Nicht der Eitelkeit willen flehe ich um deinen Schirm, denn wie könnte der schlechteste Reiter unter den ergrauten Kriegern Ruhm erwerben, sondern wie du weißt, um einen Theil meiner Schuld abzutragen, welche durch meines Vaters Verdrechen auf melnem Haupte ruhr.“ Leise, geräuschlos zog die Schaar gegen das Salzthor, alle übrigen waren verrammelt und vermauert, nur dieses dlieb zu Ausfällen offen; weit voran flatterten Oesterreichs Landesfarden, und Wilhelms Blicke hingen unadwenddar daran, während sein Herz an Maria dachte. Holla! wie die schweren Reiter aus dem Thore stürwen, wie die Fanfaren plötz. lich schmetternd durch die Morgenluft t5 nen, und wie sie fliegen die Geharnischten, als ob Roß und Reiter nur ein Wesen ware.— Drauf los! Dort schauen die Türken verwundert hinter den Branestät ten hervor— heisa! ein Kopf sammt Turban fliegt in alle Weite, der Hieb war gut; die Türken werfen sich auf die Pfer de, Oesterreichs Banner fliegt, zwei Roßschweife flattern in der Luft, und ein bunter Knaul tummelt sich rüstig dort in einer Staubwolke,— die Hardeck'schen Retter sprengen darauf los und hauen ein, der Knaut zerstiebt, sie fllehen— nein, die Muselmänner sammeln sich wieder. Im gestreckten Lauf kommen die Spahis auf ihren kleinen Pferden einher.— Heitiger SchutzparronI die Oesterreicher weichen? wo ist das Banner? dort in Rauch und Staud.— Die Türken jagen mit geschwungenem Saraß auf Einzelne les, die Roßschwelfe sind bald da bald dort, die Reiter welchen, es wird lichter in den Reihen. Ein großer Mann in blanker Rüstung mit roth und wrißem Helmbusch spiengt auf und nieder. Ist es nicht der Erbschenke? — Dort wirft er einen Türken vom Pferde, daß er im Staude sich wälzt, hier ruft er mit donnernder Stimme den Weichenden Halt zu, sie rotten sich wieder hinter ihm zusammen. Wo ist die Fahne?— mitten, dein unter den Türken— doch nicht in ihren Händen?— nein. Der Jüngling kämpft wie ein Löwe. Warum wehet sie plötzlich so hoch? der Wind verfängt sich darein— hoch! hoch! Nun sieht man deutlich den weißen Querbalken im rothen Felde. Das Roß des Corneie bäumt sich, Zeolitz stärzt, die Fahne sinkt — nein, er hat einem Reiter das Banner zugeworsen, der biedere Jüngling, lustig flaggen die Farben— der Reiter trägt keinen Harnisch wie die andern, nur einen einfachen Lederkoller— die Türken setzen ihm hart zu, Gottes Schutz ist sein Panzer, schnell wie des Blitzes Strahl wettert es Streiche— der Reiter macht die Fahne frei, rasch wie auf Stuemesflügeln fliegt er auf seinem Rößlein zum Thore— dein ist er, die Fahne ist gerettet, Oberbeck pflanzt sie stolz auf den Wall. „Brav Junge!“ rief Graf Hardeck, welcher sich erschöpft vom Pferde schwang, dem Goldschmiedgesellen zu.„Hätten nur alle meine Leute so viel Muth gezeigt als du.— Armer Zedlitz! die verdammten geschornen Köpfe!“ murrte er finster in sich hinein. Wilhelm lehnte noch an der Fahnenstange und blickte träumerisch in den Graben hinad, als ihn Jemand sachte an der Schulter faßte; er blickte zurück, und ein hagerer Mann in seltsamer dunkter Kleidung stand hinter ihm.„Docter Gamp,“ entfuhr Wilhelms Lippen, doch der Genannte legie ihm mit verzeirtem Lächeln die knöcheinen Finger auf den Mund, und flisterte:„Schweige lieb' Söhnlein, sonst grüße ich dich laut und öffentlich als Johannes Schwarz, und dann möch te man deine That des blinden Glücks nicht mehr so hoch in unverdientes Lob erheben, sondern wohl deinem Mischgesicht für die Ewigkeit das Bartscheeren ersparen.— Erzürne dich nicht, mein Hänschen," fuhr Gamp höhnisch fort, als Wilhelms Zorn aufloderte, wenn du mich auch verräihst, so nützt es dich nichts, denn ich wurde nur auf drei Jahre des Landes verwiesen und freiwillig gab ich noch drei Jahre zu, ich din frei; doch dir, mein Herrlein, könnte die Nennung deines wahren Namens keine süßen Früchte tragen.“—„„Meine Aufopferung soll...““ sprach empört Oberbeck, doch Gamp fiel ihm in die Rede:„Wenn du zwanzig Leden hättest, und dich gleich jenem Römerjängling mit Roß und Panzer in den Schlund zur Sühnung stürzen würdest, so rufest du doch nicht die blutigen Leichen ins Leben zurück, trocknest doch nicht die Millionen vergossener Zähren, an welchen dein Vater, Kopin, Siebenbürger, der Eyzing, Puchaim und Rimer Schuld.“ „Und Ihr, Doctor, und Ihr!“ rief aufs Aeußerste gebracht Oberbeck;„ geht von dannen, oder ein Ruf von mir, und die Bürger führen Euch aufs Rathhaus.“ Gamp lachte laut auf.„Ei, du glorreicher Held, ja freilich, du bist nun hochansehnlich und mächtig.— Eitter Thor,“ murmelte der finstere Mann mit Ingrimm, „verhüte, daß sie den Wolf nicht im Schaffelle ertappen! Glück zu, glaube aber ja nicht, daß ich es dir vergesse, daß du in der Au mir das Schreiden des Pfalzgrafen geraubt. Merke es dir, Junge, verräthst du mich, verräthst du dich.“ Ein wildes Geschrei erhob sich in diesem Augendlick in der Nähe der Sprechen den üder ein schreckliches Schauspiel. Die Türken hatten aus Rache, weil nur drei von der Besatzung bei dem Ausfalle gebileben waren, von vierzehn Kranken aus dem Spitale zu St. Marx die Köpfe abgehauen, und die Gefangenen mußten dieselben dem eben von Bruck an der Leitha heranrückenden Sultan auf kanzen entgegentragen Schaudernd blickte Wilhelm hin, und als er sich wieder umwandte, war Gamp unter der gaffenden Menge verschwunden. Der Commandant von Wien, der jun ge kaum sechs und zwanzigjährige Pfalzgraf Philipp, saß in der Hofburg zu Wien zurückgelehnt in einem geldverschnörkelten Armstuhl, dessen hohe Lehne das Wappen Oesterreichs zierte, seine Augen hingen gedankenvoll an der Zimmerdecke, er hatte ein Bein über das andere geschlagen und der zu seinen Füßen liegende Jagdhund leckte die zarte weiße Hand seines Herern, welche dieser zerstreut ihm überließ. Die Thüre gegenüber öffnete sich, und Wolfgang Treu, der Bürgermeister, trat ein.— „Endlich,“ rief Philipp, und sprang in jugendlicher Ungeduld auf,—„endlich kommt Ihr, was gidt es also?“ „Noch immer nichts Bestimmtes, Herr Pfalzgraf," sprach Treu ehrerdietig,„doch soll er sich innerhalb unserer Mauern annoch befinden; neulich war er es bestimmt, welcher bei dem unglücklichen Feuer, das so viele Häuser in Asche legte, Verwirrung zu verdreiten suchte, und gestern spät am Abend will man ihn in einer Schenke demerkt haben.“ „Ich bitte Euch, Herr Wolfgang, sucht dieses Gamp habhaft zu werden; Verrd therei innerhalb unserer Mauern, wäre das Betrübteste, so uns treffen könnte.“ „Fast scheint es unglaublich,“ nahm Treu zögernd das Wort,„jedoch muß er in geheimen Verbindungen mit dem Feinde stehen.“—„„Sollte er einen verborgenen Ausweg haben?"" fragte der Pfaizgraf, und blieb im Auf= und Adschreiten vor dem Bürgermeister stehen.„Das ist kaum möglich,“ antwortete Treu mit St cherheit,„denn alle Thore und Ausgänge sind mit verläßlichen Posten besetzt.“ „Das wohl,“ sprach nachdenklich der Commandant.„Aber es müßte ein uns unbekannter Ausgang seyn.“—„„Das verhüte Gott,““ entgegnete Treu. „Man muß sich dieses verdächtigen Mannes bemächtigen, vielleicht erzwingt man ein Geständniß. Ertheilt demzufolge Euern Befehl, lieder Treu.“ „Ich werde meine Pflicht erfällen, Euer pfalzgräflichen Gnaden, und selbst ein wachsames Auge haben," sprach, sich verneigend, der Bürgermeister. „Ist Bernfuß im Vorgemach?“ fragte Philipp. „Ja, Euer Gnaden,“ erwiederte Treu, und öffnete auf den Wink des Pfalzgrasen dem Stadtschreiber die Thüre.„Setzt Euch sogleich, und schreldt," sprach der Stellvertreter des Herzogs von Balern zu dem Eingetretenen, und schod ihm seinen eigenen Stuhl an den Schreibtisch. Bernfuß setzte sich, und Philipp dictirte mehreres, worunter eine Aufforderung an die Bürger war, sich in vier Haufen zu theilen, wovon sich zwei zum Schutz der Stadt in das Schottenviertel, die übrigen in Betreff einer besondern Achtsamkeit wegen dem Feuer in der Gegend des Elends vertheien sollten.„Habt Ihr Alles in Ordnung, lieder Bernfuß?“ sprach der Befehlshaber zu dem Stadtschreider, nahm die Schriften, welche dieser ihm überreichte, und übergab, nach Durchsicht, mehrere davon dem wackern Treu.— Da öffnete ein Kämmerling die Thüre, und Graf Hardeck trat rasch ein. „Ich wünsche Euch Glück zu dem Ausfalle!“ lautete Philipps Anrede an den Grafen, doch dieser entgegnete unmuthig: „„Wünscht mir lieber Glück, daß ich vor Uerger nicht des Todes din; die Kerls waren nicht zu halten; weniger Voreitigkeit, und der Vortheil war auf unserer Seite."“ „Der Cornet ist gefangen, hörte ich,“ fuhr Philipp fort. „Ja leider,“ murmelte Hardeck, und letzte seinen Helm nieder,„der arme Zedlitz! er war nicht zu retten.“ „Ader die Fahne doch? man meldete wir, ein Reiter habe sie zurückgebracht.“ „Der heitigen Jungfrau sey es Dank, ja,“ erwiederte der Graf. „Und. Euer schmucker Reiter?" fuhr Philipp lächelnd fort, um den mürrisch aussehenden Hardeck aufzuheitern,„was macht er, wurde er eines Bessern belehrt, daß ein Küraß eine Nothwendigkeit sey.“ „„ Scheltei seiner nicht, Herr Pfalzgraf, er ist der Retter des Banners."" Da leuchtete Freude aus des jungen Philipps Augen, und er rief aus:„Ei, so drav ist der Junge? Nun denn, so wollen wir ihm für einen Harnisch sorgen.“ Die Ratheherrn Mongolde, Schranz und Eyseler traten ein, In Kurzem darauf Freiherr von Roggendorf und Graf Nitlas von Salm, die beiden grauen Helden, ihnen folgte der aus Linz zurückgekehrte Johann von Revelles, und diesem ein langer Zug aus den tapfersten Häusern jener Zeit, Männer voll Heldenmuth, Bürgertugend und deutscher Treue; ein große Rathsversammlung wurde abermals gehalten. Im Vorgemache ging unruhig Wilhelm Oberdeck schon seit zwei Stunden auf und nieder. Nachdem Gamp ihn so plötzlich verlassen hatte, und er sich von seinem Posten entsernen durfte, war er zu Scheichmandel gegangen, um Erkundigungen einzuzlehen. Doch die Bude desselden war fest verschlossen, und kein Rufen nätz. te; es schien, daß der Jude wirklich abwesend sey. Wilhelm schlich um das Haus, wo Herr Ensen wohnte, doch konnte er nichts erspähen. Endlich flegte seine Guemüthigkeit über seinen, sich empörenden Stolz, und um Marien willen wollte er sich entschließen, selbst zu dem Oheim zu gehen; doch an der Thäre kam die alte Base des Meisters mit verweinten Augen entgegen, und erzählte ihm, daß Herr Ensen auf den Tod darniederliege. Sie verwehrte ihm strenge den Eintritt, und was auch für Fragen Oberbeck an die alte, ehrund tugendsame Jungfrau wegen seiner lieden Muhme stellte, so beantwortete sie dieselben nur kurz und ungenügend. Tief beträdt, und nun auch um Meister Georg besorgt, gegen welchen dei der Gefahr, in welcher er schwebte, jeder Grou Withelms schwand, hatte er das Haus am Salzthore verlassen, und sich, dem Besehl des Pfalzgrafen gemäß, in die Burg begeben. Ungeduldig ging Withelm der Kreuz und Quere den Saal entlang; die Rettung der Fahne hatte ihm den Neid der Hardeckischen Reiter zugezogen, und da er ohnehin nur eine Zugabe, und kein ordentlich angewordener Soldat war, so scheute sich keiner, seinen Unwillen an ihm auszulassen, obschon sie geflohen waren, während er des Tages Preis errang. Ihm war der bittere Spott der Retter nicht entgangen, und dazu kam gerade noch die Sorge für Maria; die theure Muhme schwedie ihm in allen Gefahren vor, welche Ihr nur immer drohen konnten, und mit Enisetzen erfällte ihn der Gedanke, od sie nicht vielleicht bei dem Feuer in der Vorstadt verunglückt sey. Auch Gamp's muthmaßlich döses Vorhaben beängstigte ihn sehr. Schon war es deinahe dunkel, als endlich der Rath sich trennte; in wenigen Minuten darauf blickte der Erdschenke aus der Thüre von des Pfalzgrafen Gemach, und derief Oderbeck zu dem Commandanten. „Oderbeck,“ sprach Philipp, welcher mit einem Packet in der Mitte des Zimmers stand, während neden ihm an dem Tische Graf Hardeck Schriften ordnete, und im Hintergrund am Fenster, wie in Gedanken versunken, Johann von Revelles sich befand, „Oberdeck, du hast dich heute wacker gehalten. Nimm diese Schreiden, sie enthalten Dinge von Wichtigreit für den König, und bringe dieselden nach Linz. Empfange diese ehrenvolle Sendung als Lohn für den heutigen Dienst, doch ist sie auch mit Gefahr verdunden, denn der Weg geht durch die Feinde. Sey klug, denn in deiner Hand ruht ein für Wien wichtiges Ereigniß. Gott schütze dich! Noch eins,“ rief er. nochmals zurückkehrend,„zögere keine Minute, gehe sogleich von Wien ab.“ „Maria!“ seufzte leise Withelm, doch sich tief verneigend, verbarg er seine Bewegung. Philipp reichte dem jungen Reiter die Briefschaften, und winkte entlassend. Nachdem die Thüre des Pfalzgrafen hinter Uhm zugefalle ge Zimmerrei# „ Krend zwischen ne über sein auf die letzte #ben ihm das des Königs Schwelle.„ #hann von N in das sich noch einen# „Quer b eefragte Nevellbei aufmerksa „Das l4 des königliche „Wenn eines der Sd muß.“ „Bischöfl # hen, aber „Gott see Johann von unterdrückter ## Nein, du v * Ich hätte die Sohn, aber * Herz zu beiri ## aber, übergeb ##chen Mojestät ster Gemahlir „Darf = mem Vorhabflehte Oberbec ##tig nieder.— Augendlicke, auf Wilhelmt gen Himmel, segne dich in sten, im Nag herzigsten, 1 □ Geistee, der möge!“ Mi u emporgerichtet m s e n k e n d, f u h r seide Mann, deinem Vate Milde und „Ewiger stürzte auf Bischofs Sch „Fasse d # sterte Nevelle Beden auf, n eine Thräne danke es abder aus Leu trauen ich vo terrichtet wur glück widerfa auf deiner H Sprachlot Mannes Han minder ergrif 1 weiche sich h Ihm zugefallen war, eilte er durch die lanZimmerreihe, mit einem Gefühl, schwansend zwischen Sorge um Maria und Wonine über seinen Auftrag. Schon trat er auf die letzte Thüre zu, da öffnete sich ne ben ihm das Holzgetäfel der Wand, und des Königs Almosenier stand auf der Schwelle.„Junger Freund!“ sprach Johann von Nevelles ernst, und winkte ihm in das sich geöffnete Gemach,„gebt mir noch einen Augendlick das Packer.“ „Euer dischöflichen Gnaden," stotterte Oberdeck,„ich glaube...“—„„Was?“ fragte Nevelles scharf, und blickte ihn dabei aufmerksam an. „Daß ich diese Briefschaften nur in des königlichen Herrn Hände ablegen darf.“ „Wenn ich dir aber sage, daß ich eines der Schreiden noch einmal durchlesen muß.“ „Bischöfliche Gnaden werden verzeihen, aber..“ „Gott segne dich, mein Sohn!" sprach Johann von Nevelles plötzlich mit kaum unterdrückter Freude.„Gott segne dich. Nein, du verräthst deine Sendung nicht. Ich hätte dir auch Geld bieten sollen, mein Sohn, oder es wäre Frevel, dein treues Herz zu detrüben.— Eines diete ich dich aber, übergede dieses Blatt Ihrer königlichen Mojestät, upsers Herrn durchlauchtig ster Gemahlin, und somit Gott besohlen!" „Durf ich um Euren Segen zu mei mem Vorhaben bitten, bochwürdiger Heer?"“ slehte Oberdeck gerührt, und kniete andächtig nieder.— Der Bischof schwieg einig Augenblicke, dann legte er beide Hände auf Wilhelms Haupt, wendete die Augegen Himmel, und sprach feierlich:„Ich segne dich im Namen Gottes, des Höch sten, im Namen des Sohnes, des Alldarm herzigsten, und im Namen des heitigen Geistee, der dich stärken und erleuchten möge!“ Mit undeschreidlicher Milde den emporgerichteten Blick auf den Knsenden senkend, fuhr er fort:„Es segnete dich derseide Mann, Johannes Schwarz, welcher deinem Vater zu Neustadt des Himmele Milde und Erdarmen über seine Thaten hoffen ließ.“ „Ewiger Golt!“ rief Johannes und stärzte auf das Angesicht, indem er des Bischofs Schuhe küßte. „Fasse dich, mein armes Kind!“ fli. sterte Nevelles, und hob den Jüngling vom Beden auf, indem er seldst nur mühsam eine Thräne verbarg;„gehe mit Gott! danke es aber dem würdigen Doctor Fader aus keutkirchen, durch dessen Anvertrauen ich von deinem wahren Namen unterrichtet wurde, leicht hätte dir ein Unglück widerfahren können. Johannes, sey auf deiner Hut!": Sprachlos küßte Oberdeck des würdigen Mannes Hand, welcher ihn, seinerseits nicht minder ergriffen, zu Thüre hinausschod, welche sich hinter Withelm wieder schloß. Weithin dehnten sich die Gezelte der türkischen Sultane. 500 Trabanten, mit Lanzen bewaffnet, wachten über die Gschütze, und 12,000 Janitscharen lagerten im Hintergrunde. Unabsehbar waren die Reihen prachtvoller Zeite und Pabilione. deren Inneres in eden dem Grade von der höchsten Ueppigkeit, wie ihr Aeußeres von der höchsten Verschwendung zeugien; mehr gegen die Stadt war das kager der Paschae von Natollen und Rumelten. Adwärte der Donau war der Platz für die Kameele und Pferde, in der Nähe von Simmerling lag der Defterdar mit seinem Gefolge und der Großvezier Ibreim. So weit das Auge reichte, glänzte der Halbmond, und die Roßschweife standen auf hohen Stangen aufgepflangt ver den Zeiten der Paschas von Belgrad, Romanien, Semendrla, Naßtarsky und Mostarsky. Der Abend nach jenem Hardeck'schen Ausfalle war schön und heiter. Die Vorderseite des hoch über alle anderen ragenden Gezeltes des Sultans, welches gerade vor dem des Pascha von Natolien sland, war aufgezogen, und ein zweiter, leichterer Vorhang, mit goldenen Haldmonden gestickt und mit schweren, goldenen Fransen und Troodeln dehangen, verbarg Seine Hohelt den Blicken der außen stehenden Wachen. In der Ferne ertönte ein schwaches Tcommeln, welches langsam näher kam, dis endlich ein kleiner Zug Tradantin heranrückte, in deren Mitte mehrere G.fangene der Besatzung waren. Der erste darunter schritt mit sorgenloser Miene Christoph von Zeolitz, der Cornet der Hardeck'schen Reiter.— Wachen theilten die Vorhänge aus einander, und die Gefangenen traten ein. Kaiser Sotiman ruhte auf einem Divan von Goldstoff, um ihn in ehrerdietiger Ferne standen die Pascha's von Rumelien und Natolien, Bosnsen, Semendra, Naßtareky und Mostarsky, und der Pascha von Belgrad mit seinen vier Söhnen.— Dem Zedlitz wurden die Fesseln abgenommen und Sotiman sah lange auf ihn, bevor er dem Dolmetsch, welcher ihm zur Seite stand, einen Wink zu der Frage gab, wie stark die Besatzung Wiens sey. Zediitz nannte 20,000 Mann. Der Dolmetsch, ein Mann von seltener Größe, mit einem langen, schwarzen Bart und einem dunkel violetten Talar, wendete sich von dem Großheern wieder an den Cornet mit der Frage, ob die Stadt es wagen würde, durch Widerstand des Sultans Zorn zu reizen. Zedlitz erglühte in edlem Stolz und sprach heftig:„Gtaubt der Großherr, daß wir Memmen sind, und daß ein Oester reicher seig zurückweicht, wo es des Vater lands Heil und Wohlfahrt gilt? Ich bin gefangen," fuhr er fert,„und din des Glücks beraubt, aus dem Walle das Banner in der Luft wehen zu sehen, doch mag der Sultan meinen Worten treu glauben, daß, sollten selbst die Pallisaden sinken, die Mauern stürzen, daß er hinter diesen ein Bollwerk finden wird, welches kein Türke lebend übersteigt. Und fragt Ihr, welchee Art das Bollwerk sev,“ fiel er dem Dolmetsch in das Wort,„es sind keine hinterlistigen Minen, sind keine Falkonette, kein Geschütz, denn so lange wir einen Karren Pulver, eine Kugel haben, besteigt Ihr nicht den Wall,— das Bollwerk sind 20,000 Brustschilde, und unter diesen eben so viele Herzen, welche Ihr durchbohren müsset, dis Ihr Wien, das treue Wien, betretet.“— Der Dolmetsch konnte kaum der schnellen Rede folgen; der Sultan stand rasch auf und fragte:„Wo ist König Ferdinand?“—„„Heil uns,“ rief der Cornet,„ Heil uns, daß wie die Sorge um den theuren Herrn nicht auf dem Herzen tragen! Ferdinand ist wohlgeborgen zu Linz, und sorget dort für seiner Völker Wohl, denn ehe Ihr es Euch versehen werdet, Muselmänner, stürmt eine gewaltige Schaar einher.““—„Diese Mübe- wollen wie ihm ersparen!“ schrie Soliman trotzig.— „„Ja wohl, Majestät.““ fügte der Großvezier dey,„wir wollen ihn aufsuchen, wo er sich auch verbirgt.“"—„Verdirgt?“ wiederholte Zedlitz.„Bei Gott, die Schande fällt auf Euch zurück, daß Ihr nur glauben könnt, ein großer Mann, wie Ferdinand, verberge sich!— Wohl bekomme es Euch, ehrenwerthe Pascha's, was der König im Verborgenen für Euch drauet! Ihr möchtet's schwerlich so gut verdauen können als Euern Reis!— Fragt mich nicht weiter, ich antworte nichts mehr, und solltet Ihr vielleicht Lust haben, Euch an meine Leute zu wenden, so werdet Ihr nicht viel erfahren, Ihr müßtet der böhmischen, spanischen und Gott weiß wie vieler Sprachen kundig seon. Dieser hier, mit der Schmarre über dem Gesicht, ist aus Budweis, Jener mit dem gewaltigen Bart ist ein Wallone, Jenes zerquetschte Pickelhaube mag Euch Zeugenschaft geben, daß er einen harten Kopf hat, und wenn er auch so gut deutsch spricht wie Ihr und ich, er Euch dennoch nichts gestehen wird.“ „Man bringe jenes Mädchen!“ herrschte Soliman ausgebracht den Offieleren der Wache zu, und in wenigen Augenblicken traten zwey Janitscharen mit Maria En sen in das Zelt. (Fortsetzung folgt.) Die Katakomben in Rom und Palermi 9. Es giebt keinen Fremden und viellete be auch keinen Bürger in Paris, der ni che zuwellen, des Tumultes dieser ungeher gen Hauptstadt überdrässig, in seinem Hei einen schwermüchigen Hang zur Ruhe und zur Einsamkeit fühlte. Alsdann verich#t#r den Aufenthalt der Lebenden, um die letzte Behausung der Todten zu besuchen, und betritt den ungeheuern Kirchhof des M oter Lachaise, jene imposante Nekropole, die hier wie ein trauriger Gedanke mitten im Judel der Freude erscheint, wie eine 2# Barnungsstimme beim Festgelag, die und zu. ruft, daß unser Leben vergänglich sey, und daß die Trauer der Fröhlichkeit auf dem Fuße nachfolgt. Aklein diese Pariser Nekropole erlnnert nur an den Tod; sie malt ihn nicht, stellt ihn nicht leidhaftig vor unsere Augen, wie die Nekrodemen von Rom und Palermo; in diesen Städten sieht man nicht bloß die Wohnungen der Abgeschiedenen und ihre Gradschriften, sondern die Todten selbst. Wenn es jemals einem Fremden, der in Italien weilt, begegnete, daß er, getäuscht von dem Ueberfluß an Lebenskraft, welchen das südliche Klima in ihm erzeugt, und gefesselt von dem Zauder des ewig heiteren Himmels und der üppigen lachenden Natur, die ihn umgiedt, sich unsterdlich wähnen sollte: so lenke er seine Schritte in die Kloster=Kiachen der Kapuziner zu Rem und zu Palermo; er steige hinab in die unterirdischen Räume derselben, und ein ganzes Volk von Todten wird ihn daran erinnern, daß er selbst sterdlich sey. Es giedt mehrere unterirdische Kammern, wo die Römischen Kapuziner die Leichname ihrer Ordensbrüder bei setzen. Menschen= Gebeine jeglicher Art schmücken die Wände derselben, und in den gleichfalls mit Todten=Gebein ausgelegten Nischen liegen symmetrisch geordnete Skelette von Kapuzinern in ihrer Ordenstracht. Oden an der gewöldten Decke des ersten Gemaches ist das Skelett eines Kindes angebracht, welches in der einen Hand eine Wage und in der anderen eine Sichel hält. Selbst die Lampen, welche diese Kammern erhellen, und die drei Ketten, an denen jede Lampe hängt, sind aus Menschenknochen zusammengesetzt. Menschliche Zähne, musivisch eingefugt, schmücken die Altäre, welche auf einem Boden stehen, dessen Erde aus Palästina hierher gebracht ist. Diese Erde hatte sonst die Krafe, in Zeit von 24 Stunden jeden menschlichen Leichnam, den man ihr anvertraute, bis auf das Steleit zu verzehren. Jetzt, nachdem die Zeit ihr viel von ihrer Kraft genommen, äußert sie diese Wirkung langsamer. Hat der Körper eines Kapuziners so lange in der Erde gelegen, bis er zum Gerippe geworden ist, so wird er ausgegraben und an eine Wand des Gemaches gehängt. Diese traurigen Räume sind übrigens nicht bloß von Leichen bewohnt; ein lebender Kapuziner verwellt hier bei Tage und schläft hier zur Nachtzeit. Die Körper in dem Todten=Gewölde von Palermo, welches unter der Kapuziner= Kirche in den Felsen gehauen ist, sind nicht Skelette, sondern wahre Mumien. Wie sie zu Mumien werden, ist ein noch ungelöstes Räthsel. Diese Katakomben bestehen aus mehreren sehr langen und geräumigen Gallerieen, an beiden Seiten mit Nischen versehen. Hier sieht man Mumien von Männern und Frauen, von Geistlichen und Lalen jedes Alters und Standes aufgestellt. Ein kleiner Eisen draht, der ihnen mitten um den Körper geht, und ein kleiner eiserner Haken halten sie an der Mauer fest. Da übrigens nichts als die Kleldung ihre Gliedmaßen zusammenhält, so sind diese Körper allen möglichen Contractionen des Zellgewedes unterworfen. Der Eine steht so steif da, wie eine Schildwache; der Andere krümmt sich, wie eine Person, die eine tiese Verbeugung macht; bei einem Dritten ist der Kopf zurückgefallen, und sein Körper bildet einen Bogen, der die konvexe Seite nach Außen kehrt; ein Vierter erscheint fast wie ein Knäuel zusammengeballt, während sein Nachbar das Haupt emporhebt, die Arme hervorstreckt und die Hände ausbreitet. Nicht weniger mannigfach ist die Beklei dung dieser Körper, denn Jeder trägt ein Gewand, wie es ihm bei seinen Ledzeiten zukam; so erblickt man die grobe Kutte#elnes Mönches neden der seidenen Robe ei nes Fräuleins, und dann wieder das sammeine, mit Gold und Silder gestickte Kleid des Herzogs oder des Marchese, oder eine militairische Uniform. Mehrere dieser Mumien sind schon seit ungefähr drei Jahrhunderten Bewohner der Katakomben; den noch halten Geripp und Zellgewede so fest zusammen, daß sie nicht einmal mit Gewalt sich trennen lassen. Die Bewohner Palermo's statten diesen unterirdischen Gallerieen häufige Besuche ab und schätzen sich glücklich, nach ihrem Tode hier wohnen zu können. Jeder sucht sich seider seine Nische aus und prüft das größere oder geringere Verdienst der Personen, die eines Tages seine Nachbarn seyn werden. Hat er endlich eine Wahl getroffen, so kehrt er von Zeit zu Zeit wie. der und stellt sich eine Weile stumm und regungslos in die Nische hinein, als gehörte er schon nicht meyr zu den Lebenden. Aber selbst diese melancholische Behausung hat ihren Festtag. An dem Allerseelen=Feste sieht man hier unzählige Fackein leuchten und ein lärmendes Volk durch einander wogen, das den Leichen seiner Angehörigen Kränze aufsetzt und Blumensträuße in die Hände steckt. Und wie es bei Festlichkeiten Brauch ist, daß die Lebenden ihre beste und neueste Kleidung anlegen, so werden auch die hingeschiedenen Bewohner der Katakomden von Palermo an jenem Tage neu bekleidet. Wir begreifen nicht, wie Herr Carlo Botta(in seiner Französisch geschriebenen Reise) zu der Behauptung gekommen ist, daß keinem weidlichen Wesen— sey es nun lebend oder todt— der Eingang-in die Katakomben von Palermo verstattet sep! Um diese Behauptung zu widerlegen, genägt schon die Bemerkung, daß wir am 12. Juli 1832 in Begleitung einer Spanischen Dame, der Herzogin Luisa von Montemar, die Katakomben besucht haben. Viele andere Damen unserer Bekanntschaft haben ohne alle Schwierigkeit und vorgängige Erlaubniß diesen Ort betreten; und was die Beisetzung von Frauen an diesem Orte betrifft, so ist uns noch eine weidliche Mumie in frischem Andenken, die ganz steif in ihrer Rische stand und deren Gesicht noch Spuren von Schönheit trug. Ihre Arme lagen kreuzweise über der Brust, und ihr Anzug bestand aus einem Kleide von schwarzem Tuche, weißen Strümpfen, schwarzen Schuhen und Schuhdändern von derselben Farde, die gleich den Bändern der antiken Kothurne zusammengeschürzt waren. (Foglie Ital.) Miscelle. (Deutsches Leden.) Unter dieser Ueberschrift thellt das Londoner Athenaeum Auszüge aus„Berlin wie es ist und — teinkt," aus„Leipzig wie es gehe und steht" und aus„München wie es trinkt und ist“ mit, drei Schriften, die bekanntsich das niedere Volksleben in den genannten Städten darstellen. Unsere„Eckensteder“ müssen doch eine ganz besondere Anziehungskraft haben, denn nachdem sie in der Person des„Nante“ die Wanderung über alle Deutsche Bühnen gemacht haben, werden sie nun auch in die Englische Gesellschaft eingeführt und hier als eine der originelsten Menschenklassen präsentirt.„Diejenigen,“ sagt unser Engländer,„die In der Preußischen Hauptstadt noch nicht gewesen sind, werden nicht wenig überrascht seyn, zu hören, daß das kalte Klma des intelligenten Nordens eine Art von Lazzaroni hervorbringt, die es in der Grobheie und sonstigen nur unter freiem Himmel ädlichen Sitten mit ihren Neapolitanischen Kollegen aufzunehmen vermögen.“ (M. d. A.) Mein Wörtchen hat der Zeichen zehn Und nennt ein doppelt Reiseziel. Zu Schiffe muß der Wandrer geh'n, Der nach den ersten dreien will. Doch locken wohl die andern mehr, Giebt's auch viel Dieb' und Bettler dort. D'rum sei'n die Taschen zwar nicht leer, Doch auch nicht voll vom ganzen Wort. Auflösung der Logogryphs in N. 10. Freund.(Fund— Reue— Freuden— Feuer— Erde— rund— Ufer— Ferne— Rede— neu— Ende.) Münster. Druck und Verlag der Coppenrathschen Buch= und Kunsthandlung.