Unterhaltungsblatt.

7 IIGARE ZUM WESTFELISCHEN MERKUR.

Das Torfschiff.

Aus den neuesten historischen

von E. Gehe. Leipzig bei C.

Ein kalter Februarmorgen

1590 färdte mit blaßröchlichem Scheine die Thärme und Wälle der brabantischen Stadt Breda. Auf den Ravelins bünkte

noch Schne und Eis. Tief in ihre Män­

tel gehüllt, verdrossen und halb erfroren, schritten die italienischen Wachen des Mar­chese Guasto auf und ab. Ihre

und hageren Züge, vom tragikomischen Frostleiden entstellt, stachen sehr gegen die runden und blühenden Gesichter des bra­bantischen Landvolks ab, das am großen Markttage nach Breda zog, und zwischen diesen Steindämmen und Candlen, diesen Morgennebeln und Wasserdünsten sich ganz behaglich und einheimisch fühlte. mige, breitschultrige Brabanter, den Pfei­fenstummel im Munde, den Hut mit drei­tem Rande auf dem Kopfe, scheitten rasch vorwärts. Ihre rohe, doch kräftige Natur machte sich von Zeit zu Zeit in einem

stigen Schreien geltend und in derden Worten, mit denen sie unverholen die Plage ihres Landes, die Spanier und Ita­ttener, durchhechelten.Seht, sprachen

sie,dte welschen Hungerleider dort an den Thoren. Wie sie über den Paar Schnee­

flocken hin und her trippeln! Thun sie nicht, als beiße die frische Morgenluft ih­

n die Nase ab! Aber rücken wir nur mit unsern Waaren nach der Stadt oder äuft eins unster Mädel an ihnen vorbei, Blitz! stürzen sie wie die Geier darauf Die Pest an den Hals dieser Prahl­hälse und Gauner! Aus allen Provinzen müssen wie sie noch Linauegelischen, wie die See die faulen Flsche auswirft, daß sie am Ufer llegen mit weißgrauem Bau­che. Während so auf dem Fußsteige die Brabanter Männer schalten, trabten schwere braune Rosse, mit ungeheuren, Hufen an

den elephantenartigen Füßen, die S dämme entlang der Stadt zu. Ihnen Seite tauchten aus den ziefer geleg Canälen die Mastdäume der Schupten

welche die Rosse zogen. Auf den

Schiffen stlbst aver neben vollen Frucht

Aeven, Täuden= und Hühnersteigen saßen Ad Sach ue viomn ue err ech rothem, schwarzem oder grünem Mieder, an Stmmschand un den Tasichigen mische

weißen Hals und schneeiges Linnenzeug straff über die volle Beust gezogen. Die Dirnen verhlelten sich nicht stumm, lachten­und sangen. Einige Püffe und kleine Faust schläge, die sie ganz im Scherze unter einander anstauschten, dürgten für

die fröhliche Kraft auch dieser Gesellschaft. Zugleich rasselten auf der Landstraße die kleinen, dort üblichen zweiräorigen Wagen, in Roth, Blau, Grün und Goldgelb ge­malt; denn der farbenlustige Niederländer pinselt Jahr aus Jahr ein und Tag für Tag an seinem Haus und Geräth. In den Wagen saßen die reicheren Landbesitzer, die Dächter und Pächterinnen, letztere schmuck und volldusig und sich mit einer Miene aus dem Fuhrwerk lehnend, als wollten sie sagen: dei mie ist Jäu' und Segen. Nimmt man dazu die Schaaren der an­dern Kaufs= und Verkaufslustigen, die Heerden des schönsten Viehs, welches Händ­er nach der Stadt trieben, Lastträger aller Art, zwei Bärenführer mit ihren brum­menden Thieren und Affen und den wan­delnden Kram eines marktschreierischen Doc­tors nebst Fahne, trommelndem Hanswurst und Todtenskelett so muß man gestehn, daß selbst aus dem Dunstkreise dieses Ne­del=Landes sich bunte Bilder entwickelten. Nach dem Hauptthore der Stadt, zu wel­chem die niedergelassene Zugbrücke führte, drängte das Volk jetzt an, und brach in nalve Bewunderung und lautes Hoho! dei

der seltsamen Steuer aus, welche die Will. kühr der Itallener und ihres Anführers Heldenmagen den Bradantern auflegte.

Für unsern Herrn Marchese zum Morgenbrod! rief einer der welschen Schwarzbärte und nahm einer Brabanterin Eierkord, Truthühner und Zicklein weg. Zu diesem Frühstücke des Helden gesellte sich nach und nach, so wie die Reihe der Verkäufer und Verkäuferinnen deraubt zum Thore einschelit, die süßeste Milch, die

besten Feld= und Gartenfrüchte, die größ­ten Kälder. Das Morgenbrod des Mar chese Guasto, rechts am Thore aufgethürmt, alich bald einem Berge.

Vater Wilhelm von Oranien war doch auch ein Held, sagte lachend ein Braban­ter,ader in solchen Schlachten thut Eue­Marchese es ihm zuvar!

Schweiat von Oranien, dem Rezer, dessen Seele im Fegseuer brenne," donner ten, durch die haldstverstandene Rede ge

reizt, die Italiener. Aber sie weckten nur dadurch des Löwen Kraft. Schulter an Schulter gedrängt, die entgegengehaltenen Partisanen der Söldlinge für nichts ach­tend, rückten die Bauern auf sie ein.

Hört, ihr Weischen, riefen sie,der Niederländer läßt sich manchmal, um nicht aus seiner Ruhe zu kommen, so zu sagen: etwas schinden, auch bleibt uns, Gott und unserm fetten Lande sey's gedankt, immer noch genug, um die gebratnen Ochsen, die täglich in Eure Mäuler spazieren, nicht allzusehr zu vermissen. Aber den Vater Wilhelm und sein Grab zu Dest laßt uns unangetastet. Sein, von den Nassauern her, war Stadt und Baronie Breda. Hier hat er geledt, für uns gesorgt, ge­litten, und jetzt, wo Eure Jesuiten'hn erschlugen, dittet sein Geist im Himmer für uns, sein unterdräcktes Volk. Den laßt uns also ungekränkt. Habt Ihr's verstanden, he? oder sollen wir Euch Fort­lästernden die Zähne einschlagen?

Die Wache, so bedrängt, schrie durch das Thor um Beistand. Zulauf und Ge­töse wuchs, das Morgenbrod des Marchese Guasto, in so weit es aus zwei= und vier­beinigen Geschöpfen bestand, lief und flog davon, die zwei Bären, sich auf die Hin­tertatzen thürmend, mit ihren Ketten ras­selnd, heutten aus weltaufgerissenem Ra­chen über den ganzen Halloh hinweg und der Wunderdoctor, dessen Kram bei dieser Gelegenheit auch ins Gedränge kam, scheie mit seinem Harlekine Zeter.

Während dieses Lärms war ein Ein­zeiner ganz undemerkt durch das Thor in die Stadt geschritten. Der Mann, eine hohe, jugendliche, kräftige Gestalt, trug ein stattliches Gewehr und ein einfach Jagdkleid, das sich leicht an seine gewand­ten nervigen Glieder schmiegte. Auf der Stirn des Rüstigen lag kecker Muth. Der kräftige Schnauzbart üder der vollen Lippe ließ dem Manne wohl. Seine gebräunte Wange blühte dunkel. Eine Narde, hald verdorgen durch schwarzes Lockenhaar, das in reicher Fülle unter dem etwas schief ge­setzten Jägerhute hervordrang, erhöhte den männlichen Ausdruck dieses Antlitzes, in welchem zwei kiuge Augen blitzten. Wo sich eine Aussicht nach den Festungswerken zeigte, warf der Jäger nur verstohine, aber scharfe Blicke dahin. Die Häuser an der Katzhan, die Straßen Sanct Anna und