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der Natio
Ausgabe s) 49. Jahrgange Jolge 63
Amtliches Blatt
Sozialistischen Deutschen Arbeiter-Partel
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Mittwoch, den 4. März 1936
Holland 1° Cents. Belglen 1.50 bire. Frankreich 1 Fr., Schweis 20 Rappen
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Friedensappell oder Altimatum?
Die Entschließung des Dreizehner=Ausschusses 7 Die Sanktionsberatungen gehen weiter„ Englisches Entweder— Oder
(Von unserem Vertreter)
Genf, 4. März.
Die Verhandlungen in Genf haben zu einem Appell des Dreizehner=Ausschusses an die kriegführenden Mächte geführt. Die Entschließung des Ausschusses hat folgenden Wortlaut:„Auf Grund des Auftrages, den ihm der Völkerbundsrat in seiner Entschließung vom 19. Dezember erteilt hat, richtet der DreizehnerAusschuß einen dringenden Appell an die beiden Kriegführenden, sofort Verhandlungen im Rahmen des Völkerbundes und im Geiste des Paktes zu eröffnen mit dem Ziel der baldigen Einstellung der Feindseligkeiten und der enogultigen Wiederherstellung des Friedens. Der DreizehnerAusschuß wird sich am 10. Marg wieder versammeln, um von den Antworten der beiden Regierungen Kenntnis zu nehmen.
Außerdem verlautet, daß sich die Sachverständigen auf ausdrücklichen Wunsch des englischen Außenministers in der Zwischenzeit auch mit der Art der Durchführung der Petroleum=Sanktionen beschäftigen werden, damit diese Maßnahme gegebenenfalls sofort beschlossen werden könne.“
Es sind zur Zeit noch verschiedene Versionen über die wirkliche Tragweite des Appells in Umlauf: in französischen Kreisen scheint man zu der Auffassung zu neigen, daß eine bedingte Zustimmung Italiens, die man an sich noch nicht für unwahrscheinlich hält, die Tür zu neuen Verhandlungen öffne, und daß damit eine akute Verschärfung der Lage vermieden werden könne. Hier spielt offenbar eine gewisse Mitteilung eine Rolle, die Mussolini angeblich Flandin habe zukommen lassen und in der nach drücklich darauf hingewiesen worden sei, daß Italien im Falle der Verhängung neuer Sanktionsmaßnahmen„Entscheidungen von großer Tagweite" treffen müsse.
Auf englischer Seite scheink#nan da gegen in dem Friedensappell des Dreizehner Ausschusses eine„letzte Aufforderung“ an Italien zu erblicken, seine Mindestforderun gen und ebenso seine grundsätzliche Bereitschaft zur sofortigen Einstellung der Feindseligkeiten bekanntzugeben. Für das letztere spricht vor allem der Umstand, daß auf englisches Betrei ben anfänglich eine Frist von 48 Stunden zur Beantwortung der Friedensaufforderung in Vorschlag gebracht worden ist, die dem ganzen „Friedensappell“ damit natürlich sofort einen ultimativen Charakter gegeben hätte.
Wie es heißt, ist es Flandin nur unter großen Anstrengungen und zuletzt mit dem Argument, daß der Negus, der sich zur nicht in Addis=Abeba befindet, in so kurzer Zeit„überhaupt nicht erreicht werden könne“, gelungen, eine Frist von sieben Tagen durchzusetzen. Tatsächlich ist aber, ganz abgesehen von diesen Einzelheiten, jetzt die Sachlage gegeben, daß Genf einen dürren und energischen Aufruf an die beiden kriegführenden Mächte erlassen hat,„sogleich im Rahmen und im Geiste des Völkerbundspaktes Verhand lungen im Hinblick auf eine baldige Einstel lung der Feindseligkeiten zu deginnen“.
Genf hat Italien noch einmal vor die Alter native gestellt, entweder eine grundsätzliche Geneigtheit zum Einlenken zu zeigen, oder aber damit zu rechnen, daß die Sanktionsmaschinerie wieder in Gang gesetzt wird. Die ausdrückliche Mitteilung des Völkerbund büros, daß die Beratungen des Achtzehner (Sanktions)ausschusses inzwischen weitergehen und schon heute mit einer neuen Sitzung aufgenommen werden, verstärkt diesen Eindruck ebenfalls. In diesen Zusammenhang gehört außerdem, wie noch einmal hervorgehoben werden kann, der Umstand, daß der englische Außenminister, Sir Anthonn Eden. in der Montagssitzung des Achtzehnerausschusses die ausdrückliche Erklärung abgegeben hat, daß sich die britische Regierung im Falle eines Scheiterns der nochmaligen Friedensbemühungen zu einer Oelsperre bereiterklären und für sie eintreten werde.
Die Entscheidung ist also im Grunde genommen um sieben Tage vertagt. Kommt es bis dahin zu einer ernsthaften Erörterung neuer Friedensvorschläge, so würde die Lage beim Wiederzusammentritt des DreizehnerAusschusses am 10. März für Genf wesentlich
vereinfacht sein. Kommt es dazu nicht, so blieb für Genf selbst keine andere Möglichkeit, als zu handeln, oder aber den Dingen in Ostafrika unter dem Eindruck der italienischen Waffenerfolge eingestandenermaßen freien Lauf zu lassen.
Es ist natürlich im Augenblick unmöglich, ichere Prognosen zu stellen. Was die vermutliche italienische Haltung anbelangt, so verlautet in Konferenzkreisen gerüchtweise, daß Rom an jede Wiederaufnahme direkter Verhandlungen im Genfer Rahmen die Vorbedingungen knüpfen werde, daß Genf auf die weitere Aufrechterhaltung der Sanktionsmaßnahmen verzichtet. Eine gewisse Bestätigung scheinen diese Gerüchte darin zu finden, daß offenbar
in den ersten Vorbesprechungen über die Form des Friedensappells von Frankreich der Vorschlag gemacht wurde, den Appell mit einem Fallenlassen der Sanktionen zu verbinden, um so Rom„moralisch stärker unter Druck zu nehmen“.
Dieser Vorschlag soll jedoch auf den energischen Widerspruch Edens hin fallengelassen worden sein. Sollte sich Rom auf diesen Standpunkt stellen, so ist zweifellos anzunehmen, daß die Sanktionsfront am 10. März geschlossen dastehen wird und auch Frankreich wohl oder übel gezwungen sein wird, seine Zustimmung zu neuen Maßnahmen zu geben. Die Entwicklung würde dann zweifellos ein außerordentlich verschärftes Tempo anschlagen.
Mussolini vor dem Ministerrat
Dank an Badoglio7 Die Donaufrage 7 Italienisch=österreichisch=ungarische
Zusammenkunft in Rom
∆ Rom, 4. März.
In der Sitzung des Ministerrates am Dienstag, die zwei Stunden dauerte, hielt Mussolini eine Ansprache, in der er u. a. ausführte:
„Seit dem letzten Ministerrat haben unsere Eritreatruppen unter Führung des Marschalls Badoglio eine Reihe großartiger Siege errungen, die die abessinische Nordfront zusammenstürzen ließ. Die Besetzung des Amba Aladschi läßt das Herz der Italiener, die sich der Opfer von Toselli und seiner Getreuen erinnern, eines edlen Opfers, das heute voll gerächt ist, erzittern. Als Dolmetsch des Gefühles der Nation schickte der Ministerrat dem Kommandanten und den Truppen den lebhaften Ausdruck der Freunde und Dankbarkeit.“
„Während der Monat Februar", führte Mussolini weiter aus,„den Rhythmus unserer militärischen Operationen in Ostafrika beschleunigte, hat der amerikanische Kongreß nach schneller Erörterung mit überwältigender Mehrheit den einfachen und völligen Aufschub des gegenwärtigen Neutralitätsgesetzes bis zum 1. Mai 1937 beschlossen. Er hat sodann jeden Vorschlag, die Liste der
gegenwärtig dem Embargo ausgesetzten Waren zu erweitern, abgelehnt und hat nicht im geringsten den Völkerbundsmahnungen Rechnung getragen. Als Italiener können wir nur mit Befriediaung von diesen politischen Richtlinien der Vereinigten Staaten Kenntnis nehmen.
Der in letzter Zeit wieder auflebende Versuch, die sogenannte Donaufrage ohne und daher gegen Italien zu lösen, wie er in Paris, aber nicht von der französischen Regierung und auch nicht von ihr gebilligt, begonnen wurde, ist bereits gescheitert, wie es nicht anders sein konnte. Es ist fast überflüssig, zu wiederholen, daß eine kollektive Regelung des Donaubeckens weder unsere Anwesenheit beiseite lassen, noch die Interessen Italiens und der mit uns verbündeten Staaten übergehen kann.“
Mussolini erklärte dann, daß am 18., 19. und 20. März in Rom eine italienisch-österreichisch-ungarische Zusammenkunft unter Beteiligung des österreichischen Bundeskanzlers Dr. Schuschnigg, des österreichischen Außenministers Berger-Waldenegg, des ungarischen Ministerpräsidenten Göm
bös und des ungarischen Außenministers Tanya stattfinden wird.
Das Zusammentreffen finde auf der Linie der römischen Protokolle statt, die in den ersten zwei Jahren ihres Bestehens eine unleugbare Wirksamkeit zur Stärkung der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Budapest, Wien und Rom gehabt haben.
„Bezüglich der Flottenkonferenz, kann", so sagte Mussolini zum Schluß,„nichts diejenigen überraschen, die sich der Erklärungen unseres Delegationsführers in der Eröffnungssitzung entsinnen. Eine politische Vereinbarung kann von Italien nicht unterzeichnet werden, wenn mit einer Verschärfung der Sanktionen gedroht wird oder sie begünstigt werden.“
Feier des Heldengedenktages
Uebertragung des Staatsakts auf alle deutschen Sender
X Berlin, 4. März.
Am Heldengedenktag 1936, Sonntag, dem 8. März, findet um 12 Uhr mittags in der Berliner Staatsoper ein feierlicher Staatsakt statt, für den folgendes Programm vorgesehen ist: 1. Trauermarsch aus der dritten Sinfonie (Eroica) von Beethoven; 2. Gedenkrede des Reichskriegsministers; 3. Lied„Sch hatt' einen Kameraden“; 4. Deutschlandlied, Horst-WesselLied. Es dirigiert der Präsident der Reichsmusikkammer Generalmusikdirektor Prof. Peter Raabe.
Der Staatsakt wird über alle deutschen Sen der und auf die Straße Unter den Linden übertragen. Im Anschluß an den Staatsakt findet die Kranzniederlegung im Ehrenmal und der Vorbeimarsch von vier Ehrenkompanien am Ehrenmal statt, von denen zwei das Heer, eine die Marine und eine die Luftwaffe stellen Dem Vorbeimarsch werden 64 in Berlin anwesende Kriegsblinde aus ganz Deutschland und aus Danzig sowie eine Anzahl von Schwerkriegsverletzten aus Berlin beiwohnen Unter den Kriegsblinden befinden sich auch der Vorsitzende der Kriegsblinden Englands, der Führer der französischen Kriegsblinden und der Führer der italienischen Kriegsblinden und Schwerverletzten sowie der Führer der pol nischen Kriegsblinden, die sämtlich selbst kriegs blind sind.
Auch Ras Imru geschlagen
Weiterer italienischer Sieg im Tembien=Gebiet 7 Das Endziel:„Abessinien muß vernichtet werden!“
(Funkbericht des Kriegsberichterstattersdes DNB.)
A Asmara, 4. März.
Nach den im Hauptquartier der Nordfront vorliegenden Meldungen ist die letzte abessinische Stellung an der Nordfront am Dienstag zusammengebrochen. Die italienischen Truppen haben die Armee von Ras Imru in der Stärke von rund 30 000 Mann am linken abessinischen Flügel nach dreitägigen blutigen Kämpfen im Schire-Gebiet westlich von Aksum vernichtend geschlagen. Die Abessinier gehen diesen Meldungen zufolge, von italienischen Bombengeschwadern verfolgt, in wilder Flucht über
den Takazze-Fluß zurück. Die abessinischen Verluste sollen sehr schwer sein. Auf italienischer Seite waren an den Kampfhandlungen das II. und IV Armeekorps beteiligt.
Auf der Hochebene von Tembien haben das III. italienische und das EingeborenenArmeekorps nach dem Sieg über Ras Kassa die Säuberungsaktion fortgesetzt. Verschiedene Stellungen, wie der Monte Andino und Enda Mariam Quoram, wurden besetzt. Auf dem von den Abessiniern geräumten Gelände wurden Tausende von abessinischen Leichen und eine große Zahl von Verwundeten gefunden. Von den flüchtenden abessinischen Truppen wurden zahlreiche Waffen und Muni tion zurückgelassen. Unter der in die Hand der Italiener gefallenen Kriegsbeute befindet sich auch die Kriegskasse des abessinischen Heerführers mit vielen tausend Talern. Die italienischen Flieger berichten, daß von der abessini
schen Nordarmee nur noch demoralisierte Trümmer übriggeblieben seien.
italienische Endziel
(Von unserem römischen Vertreter)
v. I. Rom, 4. März.
Die offiziöse italienische Presse läßt es gar nicht erst zu einem Rätselraten kommen, ob Italien jetzt nach begonnener Siegeskette in Friedensverhandlungen eintreten oder unentwegt weiter auf das Ziel. die Besetzung ganz Abessiniens losmarschieren wird.„Giornale d'Italia“ versichert heute die Vernichtung der noch bestehenden abessinischen Heeresverbände innerhalb der nächsten Wochen, was italienische Großoffensiven gegen die Armeen des Ras Imru und des Ras Nasibu bedeuten würden. Darüber hinaus gibt das Organ des Außenministeriums die italienischen Ziele folgendermaßen an:„Die italienische Aktion betrachtet als Hauptziel nicht nur die Eroberung der Gebiete, die eine nützliche Basis für den Vormarsch in das Herz des abessinischen Reiches bedeuten, sondern vor allem sämtliche feindlichen Offensiv- und Defensiv-Streitkräfte zu vernichten.“
In der Tat sind die Nachrichten über die innere Lage in Abessinien solcher Art, daß Italien sich für die nächste Zeit auf keinen Fall durch irgendwelche Verhandlungen vorzeiti binden lassen wird. Inwieweit es zutrifft, da
die Uebergabe des abessinischen Reiches inner halb von zwei Wochen aus militärischen Grün den erfolgen muß, ob der Negus tatsächlich mit dem Gedanken des Rücktritts umgeht, ob die in Schire stationierten abessinischen Trup pen bereits ohne Befehl ihre Stellungen zu räumen beginnen, ist zur Stunde noch reichlich unklar. Jedenfalls wird Italien auf derart schwankende Nachrichten nicht seinen Friedens willen aufbauen, sondern nach dem Motto „Si va avanti!“(man stürmt vorwarrs! Solange angreifen, bis der Zusammenbruch Abessiniens tatsächlich erreicht oder eine bessere Grundlage für Friedensverhandlungen nicht mehr zu erreichen möglich ist.„Siornal d'Italia" versichert in diesem Zusammen hang ausdrücklich:„Italien wird sich mit a diesen günstigen Gerüchten ebensowenig auf halten lassen, wie es das mit den ungünstigen zu Zeiten der Verhängung der Sanktionen tat".
Mit überstarkem Interesse, aber ohne jedes Zeichen der Beunruhigung erwartet Italien den Beschluß der in Genf zusammengetretenen „Achtzehn". Der allgemeinen Stimmung zu folge wird der Völkerbund jedes Embargo— auch das etwaige Verbot des Anlaufens italie nischer Schiffe in die Häfen der an den San' tionen teilhabenden Staaten— in einem Unterkomitee einsargen und den weiteren Ver lauf der Dinge in Abessinien und vor allem in Europa abwarten.
darf das französische Volk nicht?
Von Dr. Karl Megerle
Das französische Presseecho auf die Worte des Führers über das deutsch=französische Verhältnis bestätigt die bedauerliche Tatsache, daß jewisse Kreise, die für die öffentliche Meinung ind ihre politische Auswertung verantwortlich ind, eine Verbesserung des deutsch=französischen Verhältnisses offenbar nicht wünchen. Sie betrachten es als ihre Aufgabe, zu verhindern, daß jene Massen des franzöischen Volkes, die noch immer ihre Haut zu Markte tragen mußten, wenn das politische Spiel ihrer Diplomatie in Ernst ausartete, die ausgestreckte Hand des deutschen Volkes und einer Führung ergreifen. So wurden seiner Zeit die Versuche deutscher und französischer Frontsoldaten, in Erinnerung an das auf den gemeinsamen Schlachtfeldern vergosene Blut, zu einem ehrenvollen Verständnis zu kommen, von denselben Kreisen Frankreichs avgedreht, die jetzt das Stichwort für die mitunter nahezu hämische Beantwortung des Führerinterviews ausgegeben haben. Der Russenpakt trägt seine ersten Früchte: das Bewußtsein, über die Roten Armeen verfügen zu können, erzeugt nicht erhöhte Friedensbereitschaft und guten Willen, sondern eher Uebermut und eine zynische Haltung, die Europa spüren läßt, daß man es durch das nahezu lückenlose Netz der Bündnisse in der Hand zu haben glaubt.
In jedem deutsch=französischen Gespräch tauchte bisher der Hinweis auf das auf, was in„Mein Kampf“ über das deutsch=französische Verhältnis steht. Diese Worte schienen ein nahezu unüberwindliches Hindernis des Zusammenkommens zu bilden. In seinem Interview hat der Führer eine Korrektur vorgenommen, die in ihrer Einfachheit edel und in ihrer Vornehmheit groß ist. Wem es wirklich um die Herstellung ehrlicher Nachbarschaft geht, dem muß die praktische Korrektur in der Außenpolitik wichtiger als die im Manuskript, der Eintrag ins Buch der Geschichte beweiskräftiger als der in vergängliches Papier sein. Die offiziöse französische Nachrichtenagentur hat auf die vornehme Geste mit kleinlicher Texttüftelei und philologischen Haarspaltereien geantwortet. Der Buchstabe ist ihnen lieber als der Geist und nicht nur das: man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß man in jenen französischen Kreisen auf das Agitationsmittel, das man in jenen Buchstellen gefunden zu haben glaubt, nicht verzichten möchte, dem Shylock gleich, der nicht Gerechtigkeit, sondernseinen Schein wollte. Ein großer Teil der französischen Presse ist willig auf diese kleinliche Sprachregelung eingegangen und hat damit unseren Respekt vor der in Frankreich angeblich herrschenden Denkfreiheit wesentlich verringert.
Der Eifer, mit dem die gute Wirkung der Unterredung vernichtet werden soll, beweist freilich, daß diese Wirkung vorhanden ist, beweist aber auch, daß man sie nicht wünscht. Deshalb beantwortet man den Appell an die Vernunft und an den gesunden Menschenverstand mit einer Haltung, die aus dem Ressentiment kommt und tut so, als seien Interviews da, um ein Verhandlungsprogramm bekanntzugeben, oder diplomatische Vorschläge zu machen. Die Aufnahme, die deutsche Vorschläge bisher in Paris gefunden haben, von den zahlreichen Anregungen während der Abrüstungs= konferenz bis zu den 13 Punkten der Mairede, ist zugleich die Geschichte der von Frankreich versäumten Gelegenheiten, ein besseres deutsch=französisches Verhältnis anzubahnen. Die deutschen Vorschläge setzten Gleichberechtigung der Verhandlungspartner, gemeinsame Ausarbeitung und Festlegung der Texte und gemeinnützige Ziele voraus. Die französischen Vorschläge, auf die man uns hinweist, gehören zu jenen, die ohne unser Zutun entworfen, gegen Deutschland gerichtet sind und unter Verweigerung der moralischen Gleichberechtigung auf Erpressung der Unterschrift ausgehen und demnach von keiner Großmacht angenommen werden können. Die Forderung nach„positiven Vorschlägen“ ist daher eine Ausrede, um dem friedlichen Geist und