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WRTENEN

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5. Jahrgang

ORGAN DER WERKTXTIGEN BEVSLKERUNG FUR DEN STADTKREIS WITTEN

Mittellungsblatt der freien Gewerkschaften und der Arbeiter-Sport- und Kultur-Vereine

Geschäftsstelle: Witten, Johanniestraße 87, Fernsprecher 8627 Verantwortlich für den Anzeigenteil: Heinrich Walther, Bochum. Druck und Verlag: E. Graf& Co., Bochum

Die Pehtensom MRant!

Riesendemonstration in Bochum- Gewaltige Massenkundgebung in Hagen

Ein Zug von 9000 bis 10000 Demonstranten in Bochum

Bochum, 12. Februar.

Die in der Harzburger Front geeinte Reaktion hat das Volk zum Erwachen gebracht. Die Stadt Bochum sah am gestrigen Sonntag einen Massenaufmarsch der werktätigen Bevölkerung, der sein Gegenstück nur noch in den ungeheuren Massenbewegun­gen von 1918 und 1920 zu verzeichnen hat. Die große Demon­stration am 27. September 1931 wurde bei weitem übertroffen. Der Moltkeplatz war auch diesmal der Treffpunkt der Eiser­nen Front. Bochums größter Platz war gefüllt. Das war bisher noch nirgends der Fall. Es war ein nie vergeßliches Bild. Zwischen dem gewaltigen Häuserrechteck des Griesenbruchs standen die Menschen förmlich zusammengeballt. Ueber ihren Häuptern, leuchtend rot und schwarz=rot=gold, ein bunter Fah­nenwald. Schmetternde Musik und Trommelwirbel in den Straßen künden den Aufbruch des sich in seinen Rechten und Freiheiten bedroht fühlenden Volkes. Die Eiserne Front Groß­Bochums zeigte der Reaktion und dem Faschismus ihren unbeug­ samen Kampfeswillen. Schon dreiviertel Stunden vor 15 Uhr 4 begann der Zumarsch zum Versammlungsplatz. Nach einem I streng eingehaltenen Aufstellungsplan marschierten sie heran, die Kameraden der Eisernen Front, Gewerkschaftler, das Reichs­banner, die Arbeiterturner und=sportler, die Sozialistische Ar­beiterjugend und die Mitglieder der Partei. Kurz vor 15 Uhr war der große Platz bestellt und in den Nebenstraßen standen noch weitere Formationen, um sich dem nachfolgenden Demon­strationszuge anzuschließen. Die alten Sozialisten= und republi­kanischen Lieder, die man so lange nicht mehr gehört hatte, wurden laut und endlich war es soweit, um der gesamten Bevölkerung Bochums diesen Aufmarsch miterleben zu lassen.

Nach einer kurzen Ansprache des Kameraden Franz Vogt,

die den Zweck der Kundgebung darlegte und darin gipfelte, daß die republikanische Bevölkerung nie und nimmer gewillt ist, sich ihre Freiheitsrechte nehmen zu lassen, begann der gewaltige De­monstrationszug durch die Stadt.

Wer je geglaubt hat, daß die klassenbewußte Arbeiterschaft auch nur im entferntesten sich durch Provokationen der faschisti­schen Reaktion einschüchtern ließe, wurde beim Anblick dieser Massendemonstration schnell eines anderen belehrt. Gewaltig groß war die Riesenschlange, die sich durch die Straßen der Stadt sortbewegte. Was waren die Aufmärsche dernationalen Kon­zentration in den letzten Tagen gegen diese Massen der Frei­heitskämpfer! Diese unübersehbare Menge der Eisernen=Front­Kameraden war nur zu schätzen, es mögen 9= bis 10000 gewesen sein; etwa 55 Minuten dauerte der Vorbeimarsch. Frauen marschierten diesmal nicht mit.

Vorbei an der dichtgedrängten Menschenmauer auf den Bür­gersteigen, die auf dem ganzen Wege ihre Sympathien durch be­geisterte Freiheitsrufe bezeugte, ging der Zug. Die übrigen Straßen lagen tot und leer da, alles, was republikanisch dachte, wollte diese Demonstration miterleben. Hier und da, im

Am Sonntagnachmittag drückte die Eiserne Front den Straßen der Stadt Hagen ihr Gepräge auf. Schon nachmittags gegen 2 Uhr sammelten sich in allen Stadtteilen die Formatio­nen, um in geschlossenem Zuge unter Vorantritt von Musik­kapellen zum Republikplatz zu ziehen. Gegen ½4 Uhr nach­mittags war der Republikplatz Kopf an Kopf besetzt, um zu

Stadtteil Ehrenfeld und am Schwanenmarkt, zeigten sich einige neugierige Salzsteuersoldaten, die ihren Mißmut über den ge­waltigen Ausmarsch kaum verbergen konnten und überall, wo man ihrer gewahr ward, reckten die Zugteilnehmer die Faust und riefen ihnenFreiheit in die verärgerten Gesichter.

Durch die Straßen der Stadt, durch die flaggengeschmückte Oskar=Hoffmann=Straße gings, vorbei am Straßenbahn=Depot, durch die Wittener Straße zum Schützenhof.

Kaum den dritten Teil der Zugteilnehmer faßte der ge­räumige Schützenhofsaal, in dem die eigentliche Kundgebung vor sich ging. Kamerad König sprach die Einleitungsworte und erwähnte zu Beginn das furchtbare Unglück, das die Stadt Neun­kirchen im Saargebiet getroffen hat. Stehend und entblößten Hauptes hörten sich die Versammelten die feierlichen Worte an; sie gedachten der Opfer der Arbeit und der Freiheit.

Darauf nahm

Kamerad Fritz Hulemann

das Wort zu einer zündenden und begeistert aufgenommenen Rede. Er führte den Zuhörern eindringlich vor die Augen,

demonstrieren gegen die neueste politische Entwicklung im Reiche. Genosse Steinhoff, der die Kundgebung mit dem Kampfruf der Eisernen FrontFreiheit eröffnete, erntete stürmischen Bei­fall, als er darauf hinwies, daß die immer wieder totgesagte Eiserne Front in Hagen noch lebe und am heutigen Tage der Oeffentlichkeit zeige, daß sie gewillt sei, die Interessen der Ar­beiterklasse zu vertreten. Tausende die Fäuste streckten zum Himmel, um in brausende Freiheitsruse auszubrechen. Land­tagsabgeordneter

Walter Freytag

sprach dann in packenden Worten zu den Massen. Oft von stürmischem Beifall unterbrochen, wies er auf

As Beurschirunds Eanunzt

Deeitausend im Demonstrationszug in Ragen

Entsetzliches Weh und Unglück ist über die Bevölkerung von Neunkirchen und das Saargebiet hereingebrochen. In dieser Stunde liegen bereits 54 Tote stumm auf der Bahre und stündlich vermehrt und verlängert sich diese stumme Reihe. 54 tote Arbeiter und Angestellte, Väter, Mütter, Söhne und Töchter. Ganze Familien sind erschlagen, zersetzt und verkohlt. Kinder irren zwischen Trümmern und suchen die Eltern; Eltern graben nach den Kindern; eine Frau jagt irrsinnig auf der Straße nach ihrem Mann und trägt in den Armen einen toten

Sängling 2.41437 Fimmee 65.

In den Häusern und Hospitälern wimmern die Schwer­verletzten. Unter den Trümmern erstickt langsam das Röcheln der Sterbenden. Wieviel Tote, wieviel Verstümmelte, wieviel * Leid und Weh? Niemand hat sie bis jetzt gezählt, niemand ver­mag das Maß des Unglücks zu erfassen und zu erschöpfen. Es ist über das Saargebiet hereingebrochen, über die Stadt Neun­kirchen und ihre Bewohner; es ist vor allem über die Armen und Beladenen, über die Arbeiterschaft gekommen.

: Im Arbeiterviertel sind die Häuser und Wohnungen zerstört, Arbeiter sind es in der übergroßen Mehrzahl, die am Arbeits­platz und während des Schichtwechsels einen jähen, frühen und entsetzlichen Tod erlitten haben. Es war um die Zeit, da der Reichskanzler Adolf Hitler im Berliner Sportpalast seine Wahlrede hielt, und neben so vielem anderen den Satz gelassen aussprach: Die Marxisten mögen es mir glauben, solange der Allmächtige mich am Leben läßt, wird mein Entschluß und mein Wille, sie zu vernichten, ein unbändiger sein!

Die in der Arbeiterstadt Neunkirchen auf der Bahre liegen, oder unter den Trümmern, die Hunderte von Verletzten und Verstümmelten: sie sind zum großen Teil organisierteMar­xisten, sie haben in der übergroßen Mehrheit eine jenerNo­vemberparteien gewählt, von denen Hitler sagte, sie hätten Deutschland zugrunde gerichtet, sie wären schuld an der Nieder­lage von 1918, an der Inflation, an der Arbeitslosigkeit und allem wirtschaftlichen, politischen und sozialen Elend unserer Tage. Und dieseMarxisten zu vernichten, dazu flehte der neue Reichskanzler den Segen des Himmels herbei.

Diese Zeilen sind den Toten und dem Unglück der Prole­1 tarierstadt des Saargebietes gewidmet. Sie dienen nicht der Pokemik. Das physische und materielle Leid, das sie getroffen

hat und das die Arbeiterschaft und Marxisten ganz Deutschlands trauernd mitfühlen, veranlaßt uns zu der Feststellung, daß keine moralische Diffamierung weder die Toten noch die Lebenden treffen kann, noch ihre Arbeit und ihr Ziel!

Die Arbeit und das Mühen der Opfer von Neunkirchen: das war das Ringen und Mühen und Kämpfen bei kärglichstem Brot um eine bessere und hellere Zukunft für sich, ihre Familie und ihre Klassengefährten. Ein Ringen um eine bessere Wirt­schaftsordnung, in Frieden, Freiheit und sozialer Gleichberechti­gung. Das war und ist der Kampf und das Ziel der in diesen Tagen mit und ohne amtliche Mittel so viel geschmähtenMar­xisten". Als einen Teil dieses Kampfes haben die Neunkirchener Opfer die Freiheit, die Gleichberechtigung der Nation und des gesamten deutschen Volkes erkannt, für sie gestritten und gelitten. Im Kampf des Saargebietes waren es dieseMarxisten jeder Schattierung, denen es Deutschland verdankt, im Gegensatz zu so vielen Kapitalisten, daß die Saar deutsch geblieben ist und bleiben wird. Und im gleichen Sinn werden wirMarxisten ganz Deutschlands das Lebenswerk der Toten von Neunkirchen fortsetzen und geloben: so wenig ein fremder Kapitalismus und Imperialismus die Freiheit jener Erde in Fesseln schlagen wird, in die wir unsere Brüder, Mütter und Söhne bestatten, so wenig wird die deutsche Arbeiterklasse gestatten, daß ein Faschismus dieMarxisten" ausrottet, daß er den leidenden und darbenden Massen des Volkes die politische Freiheit raubt und die wirtschaftliche Gleichberechtigung vorenthält.

Wir geloben es zu Ehren derschwarzen und roten Mar­xisten von Neunkirchen!

Neunkirchen, 12. Februar. Unter den 54 Opfern der Ex­plosionskatastrophe befinden sich, der amtlichen Liste zufolge, 24 männliche und 22 weibliche Personen, sowie acht Kinder. Von den 24 Männern sind 21 Werksangehörige, während drei an­deren Berufen angehören. Einer von diesen ist der Kunstmaler Dietring aus Dortmund, der gerade in Neunkirchen zu Besuch weilte. Von den weiblichen Toten sind 13 Ehefrauen von Werksangehörigen, sechs underheiratet, zwei sind Ehefrauen vonl Beamten, die in der Nähe des Werkes wohnten, eine weibliche Leiche ist noch nicht identisiziert.

die neue ArtPolitik zu machen hin, diejenige nämlich, die den lieben Gott beschwört, damit er nur ja helfe, die Marxisten zu vernichten. Wenn auch die neueste Ope­retteMorgen gehts uns gut heiße, so beweisen doch die Taten der Regierung Hitler von Papen, daß es uns wahrscheinlich morgen schlechter als je gehen werde. Die Regierung der Schmalzverteuerung solle jetzt und in Zu­kunft sehen, daß sie auf den erbitterten Widerstand der breiten Massen der Bevölkerung zu rechnen habe,

die nicht gewillt sei, widerstandslos alle Drangsalierungen über sich ergehen zu lassen. Genosse Freytag erntete ebenfalls für seine kurzen Ausführungen den stürmischen Beifall der Tau­sende, die den Republikplatz Kopf an Kopf bis in die angrenzen­den Straßen hinein umsäumten.

Nach dieser kurzen Kundgebung setzte sich die Masse der Teil­nehmer in Marsch. Voran das disziplinierte Reichsbanner, das überall bei seinem Auftreten Beifall errang. Auch die Arbeiter­jugend war wieder mit dabei. In ihrer kleidsamen blauen und roten Tracht brachten sie in die Masse der marschierenden Ge­werkschaftler und Parteigenossen bunte Abwechslung, ihre Fan­faren schmetterten in den Tag hinein und ihre Trommeln wir­belten. Erfreulich war auch die überaus starke Beteiligung der Frauen, der Turn= und Sportorganisationen und aller anderen Verbände der Eisernen Front.

Der Marschtritt der Dreitausend durchdröhnte die Straßen der Proletarierviertel. Ueberall, an allen Straßenecken, an denen sich die sympathisierenden Volksgenossen in achtbaren Staffeln aufhielten, brandete aufrichtige Begeisterung, daß die Eiserne Front in der Oeffentlichkeit zeige, daß sie den Kampf gegen den faschistischen Gegner machtvoll führt. Der Zug, der sich in Altenhagen an der Dewog auflöste, verlief ohne jeden Zwischenfall und hat der Oeffentlichkeit gezeigt, daß die sozial­demokratische Arbeiterschaft versteht, Disziplin zu halten und daß sie gewillt ist, diese Disziplin auch restlos einzusetzen, um den Faschismus zu schlagen. Die Stadt Hagen hat gesehen, daß die Eiserne Front lebt und sie wird es noch öfter sehen, denn auf ihr und nur auf ihr allein ruht heute die Verantwortung für Deutschlands Zukunft.