Wittener Volkswacht
BESTANDHALTENDE INSTITUTIONEN
Stadtarchiv Witten, Stadtarchiv Herne
BESCHREIBUNG VERFASST VON
Katharina Leoni Krause (2025), Westfälische Hochschule Gelsenkirchen
Wittener Volkswacht (1929-1933)
GESCHICHTE UND ENTWICKLUNG
Verlag und Druck: E. Graf und Co.
Die „Wittener Volkswacht“ wurde 1929 als eigenständiges sozialdemokratisches Presseorgan gegründet und war das Mitteilungsblatt der freien Gewerkschaften sowie der Arbeiter-, Sport- und Kulturvereine. Die erste Ausgabe erschien am 31. August 1929 und die letzte am 27. Februar 1933, da die sozialdemokratische Presse von den Nationalsozialisten verboten wurde. Die Presse wurde in den Dienst der NS-Ideologie gestellt, und oppositionelle Medien wurden verboten oder „gleichgeschaltet“. Die Reichstagsbrandverordnung vom 28. Februar 1933 führte zu Verboten von sozialdemokratischen und kommunistischen Publikationen. Das Büro der „Wittener Volkswacht“ wurde von dem Sozialdemokraten und Schriftsteller Adolf Fuchs geleitet. Fuchs wurde 1878 in Dornfeld geboren, kam 1910 nach Witten, war dort Vorsitzender des SPD-Ortsvereins, floh 1933 nach Frankreich und wurde 1942 in Auschwitz ermordet.
Herausgegeben wurde die Zeitung mit der Unterstützung der SPD sowie der freien Gewerkschaften, zu einer Zeit, in der die politische und soziale Polarisierung in Deutschland zunehmend eskalierte.
Die „Wittener Volkswacht“ fungierte als sogenanntes Kopfblatt des „Volksblatts“ aus Bochum, in deren Druckerei auch die Volkswacht hergestellt wurde. Es handelte sich um eine regionale Ausgabe mit weitgehend übereinstimmendem Mantelteil (z.B. Politik, Feuilleton), während lokale Beiträge separat für das Wittener Publikum ergänzt wurden.
Ihr Ziel war es, die Interessen der Arbeiterschaft in Witten und Umgebung zu vertreten. Sowohl politisch als auch kulturell und gesellschaftlich. In einer Stadt wie Witten, die von Industriearbeit geprägt war, hatte eine solche Zeitung eine wichtige Bedeutung als Sprachrohr der Arbeiterbewegung. Der Staat und alle Organisationen und Vereine sollten von Nationalsozialisten kontrolliert werden.
Inhalte und politische Ausrichtung
Die Zeitung war ein Organ der Sozialdemokratischen Partei und setzte sich für die Interessen der Arbeiterklasse ein, wie der Untertitel „Organ der werktätigen Bevölkerung für den Stadtkreis Witten – Mitteilungsblatt der freien Gewerkschaften sowie der Arbeiter-, Sport- und Kulturvereine“ zeigte, und führt das Symbol der Eisernen Front im Titelkopf. Zu ihren Hauptthemen gehörten die Arbeiterrechte und die Gewerkschaftsarbeit. Es wurden Berichte über Arbeitsbedingungen, Tarifverhandlungen und gewerkschaftliche Tätigkeiten veröffentlicht. Weitere Themen waren die Kultur- und Sportberichterstattung. Die „Wittener Volkswacht“ berichtete über Arbeiter-, Sport- und Kulturvereine. Die Zeitung positionierte sich deutlich gegen den aufkommenden Nationalsozialismus und warnte vor dessen Gefahren. Die „Wittener Volkswacht“ hatte einen klaren regionalen Fokus auf Witten und das nähere Ruhrgebiet.
Die letzten Ausgaben vor dem Verbot der „Wittener Volkswacht“ illustrieren deutlich die Haltung gegen den Nationalsozialismus. Die Schlagzeile der letzten regulären Ausgabe vom 27. Februar 1933 lautet „Westfalen antwortet Hitler“: der Bericht handelte von einer anti-nationalsozialistischen Demonstration in Dortmund mit 35.000 TeilnehmerInnen. Die Zeitung informiert darüber, wie die Nationalsozialisten ihren Wahlkampf führten, sie berichten über weitere Demonstrationen und Kundgebungen der Sozialdemokraten und der Eisernen Front in vielen Städten Westfalen und über Zeitungsverbote und dass die Zeitung selbst bis auf Weiteres verboten wurde.
Die „Wittener Volkswacht“ gliedert sich grob in sechs Bereiche. Die Titelseite zeigt Leitartikel zu aktuellen politischen Ereignissen, insbesondere aus sozialdemokratischer Perspektive. Themen wie Arbeiterrechte, Gewerkschaftsbewegungen und Kritik am aufkommenden Nationalsozialismus finden sich am häufigsten. Ein weiterer Bereich umfasst Politik und Gesellschaft. Berichte über lokale und überregionale politische Entwicklungen und Analysen zu sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen der Arbeiterklasse werden hier thematisiert. Aber auch Gewerkschafts- und Vereinsnachrichten, sowie Kultur und Bildung oder Leserbriefe und Meinungen sind Teil der „Wittener Volkswacht“.
Periodizität, Auflage und Format
Die Wittener Volkswacht war eine Tageszeitung. Sie erschien immer von Montag bis Samstag und hatte 1931 eine Auflage von 5.500 Exemplaren (Zeitungskatalog, ALA-Aktiengesellschaft).
Beilagen
Die sozialistische Jugendzeitschrift „Der junge Kämpfer“, erschien ab 1929 und richtete sich speziell an die arbeitende Jugend. Sie erschien zweimal im Monat und trug den Untertitel „Halbmonatsschrift für die arbeitende Jugend“. Sie wurde von der Gesellschaft zur Förderung des Studiums der Arbeiterbewegung herausgegeben. Es existierte auch eine Ausgabe von „Der junge Kämpfer“ als Beilage zur sozialdemokratischen „Wittener Volkswacht“, die regelmäßig der Hauptzeitung der beigelegt wurde.
„Volk und Zeit. Ausgabe R: Illustrierte Wochenschrift der Wittener Volkswacht“ war eine weitere Beilage der „Wittener Volkswacht“. Sie erschien regelmäßig als illustrierte Wochenschrift und richtete sich gezielt an die politisch interessierte arbeitende Bevölkerung im Stadtkreis Witten. „Volk und Zeit“ war Teil einer Strategie der sozialdemokratischen Presse, über das tagesaktuelle Geschehen hinaus politische Bildung, Kultur und Arbeiteridentität zu fördern. Die Ausgabe R war lokal auf Witten zugeschnitten.
Nachfolger
Die „Wittener Volkswacht“ hatte keinen direkten publizistischen Nachfolger im Sinne einer sozialdemokratischen Arbeiterzeitung in Witten. Nach 1945 etablierte sich eine neue Presselandschaft, in der sozialdemokratische Positionen höchstens noch in überregionalen Blättern vertreten wurden, jedoch nicht als lokale Tageszeitung in Witten.
Literatur und Quellen
- Dahlmann, H. (2007). ‚Arisierung‘ und Gesellschaft in Witten.
- Krohn, K. (2001). Jüdische Emigration zwischen Assimilation und Verfolgung, Akkulturation und Jüdischer Identität.
- Ahren, Y. (1998). Katrin Diehl: Die jüdische Presse im Dritten Reich. Zwischen Selbstbehauptung und Fremdbestimmung.
- Eisfeld, G. & Koszyk, K. (1980). Die Presse der deutschen Sozialdemokratie: eine Bibliographie.
- Mosse, R. (1930). Zeitungskatalog.