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178. Donnerstag den 24. Juli 1851.(Christina.) 18.

Düsseldorf.

Der Einsender des gestrigen Artikels, über die Schließung der Ladenlokale an Sonn= und Feiertagen, hat in seinem Aufsatz zwei Umstände übergangen, die den Erfolg einer Einzeichnung sehr in Frage stellen. Nämlich die überzählige Concurrenz und die verschie­denen Verhältnisse und Gesinnungen. Es haben nämlich sich die meisten Laden=Inhaber dahin ausge­sprochen, durch ein, mittelst der Behörde unterstütztes Gesuch,(welches einer allgemeinen Betheiligung gewiß ist) bei der Königlichen Regierung eine gesetzliche Schlie­ßung an diesen Tagen durch eine Polizeiverordnung zu erwirken, gestützt auf das Strafgesetzbuch, welches ausdrücklich jeden öffentlichen geschäftlichen Verkehr während des sonntäglichen Gottesdienstes verbietet; um dies baldigst zu erwirken, ladet der Einsender dieses, alle, die sich hierfür interessiren, zu einer Besprechung auf heute Donnerstag den 24., Nachmittags 2 Uhr, beim Wirthe Herrn Pesch, Burgplatz, ein. Es dürfte eine allgemeine Betheiligung um so er­wünschter sein, da ein derartiges Gesetz wie im gestrigen Artikel gesagt, ohnedem bevorsteht.(Einges.)

Lokal-Bericht.

Vom 23. Juli. Heute Vormittags 12½ Uhr traf Se. Excellenz der Herr Justizminister Simons von Elberfeld kommend hier ein, wurde auf dem Bahnhofe von dem Barreau des hiesigen Landgerichts empfangen und nahm dann bei dem Vorstande des Barreaus dem Herrn Justizrath Friderichs sein Ab­steigequartier, woselbst das Richter=Collegium des Landgerichts und das Parquet zur Begrüßung Sr. Excellenz versammelt waren.

Tagebuch.

Würtemberg. Auf dem Dachgiebel des Zucht­polizei=Neubaues in Rottenburg ereignete sich am 10. Juli, Mittags, folgende schauderhafte Scene. Um

diese Zeit kam ein Gefangener auf den Einfall, sich an dem Blitzableiter des Hauses zu erhängen, ging daher von einem Dachladen auf den First des Neu­

baues und befestigte sich mittelst mehrerer aus Klei­

dungsstücken zusammengeknüpften Schlingen an den Blitzableiter. So hing er, als die Officianten der Strafanstalt sogleich darauf aufmerksam gemacht wur­den. Diese wollten ihn nun losmachen, allein er

wehrte sich so sehr, daß es ein Glück ist, daß Niemand von ihm hinabgestürzt wurde. Endlich ergriff man ein anderes Mittel: man hieb ihm tüchtig von hinten auf, worauf er sich losmachte, so daß er von den Zuhülfeeilenden in das Dach gezogen werden konnte.

Lúbeck, 12. Juli. Vor etwa sechs bis sieben Tagen hat man dem Gerücht nach einen historisch­interessanten Fund im Hause des verstorbenen Ober­Appellationsraths Hach gemacht. Man entdeckte näm­lich unter altem, seit Menschengedenken nicht angerühr­tem Gerümpel eine verschlossene Kiste, bei deren Oeff­nung sich eine Summe von einigen hundert Mark baaren Geldes in althansischen Münzen nebst einem Convolut vergilbter Documente vorfand. Aus letzte­ren soll ersichtlich werden, daß man die alte hansische Kasse aufgefunden hat, und daß laut jenen Papieren die Stadt Lübeck von anderen Städten des früheren Hansebundes eine Summe von einigen 30,000 Mark zu fordern habe. Verhält sich die Sache so, was ich nicht verbürgen kann, so wird diese Schuldforderung doch schwerlich anerkannt werden, historisch interessant aber bleibt der Fund. Wie jene Kiste mit Geld und Papieren in das genannte Haus gekommen sein mag, bedarf wohl auch noch weiterer Aufklärung.

Großbritanien. Auf die Fluth von Petitionen um Erhaltung des Krystallpalastes und Verwendung desselben zu einem Wintergarten folgen auch jetzt andere im entgegengesetztesten Sinn. So überreichte in der am 15. d. stattgehabten Sitzung des Oberhauses Lord Campbell eine mit sehr zahlreichen Unterschriften bedeckte Petition der Bewohner von Knighsbridge, eines in nächster Nähe des Krystallpalastes gegenüber dem südlichen Ende desselben befindlichen Stadttheils, welche auf die Entfernung des Gebäudes abzielt. Die Petition war unterzeichnet von Justice Croffwell, einem Rechtsgelehrten(who is an ornament to his profession and to his country, bemerkte der edle Lord), außerdem von mehreren Damen, Peers und andern distinguirten Personen. Unter den Damen alle von Rang hörten wir u. a. die Namen der Gräfin v. Clarendon und der Schwester von Bord Auckland. Lord Campbell glaubte versichern zu können, daß die Petition die einmüthige Meinung jenes Distriktes aus­spreche, etwa einige Krämer und Bierwirthe ausge­nommen, welche von dem Zudrang der Fremden Nutzen zogen. Die Petition war außerdem von sämmtlichen Geistlichen des Bezirks unterzeichnet, in Anbetracht der öffentlichen Moralität. Sie baten Ihre Lordschaften die Regierung und die königlichen Commissäre: doch ja nicht von ihrer feierlichen Verpflichtung, die sie den Petitionären gegeben, das Gebäude nach Ablauf einer bestimmten Zeit entfernen zu wollen, zu entbinden. Zur Widerlegung derer, welche einen öffentlichen Spa­ziergang aus dem Gebäude machen wollen, las Lord Campbell eine Stelle aus einem Artikel desQuarterly Review" vor. Darin hieß es:Wenn je der viel­bewunderte Glaspalast ein prächtiger, aber erstickender (suffocating) jardin dhiver werde, so werde er eine Haupterwerbs quelle für die Apotheker werden; er werde so viel Schnupfen, Husten u. dgl. werde er erzeugen der Spaziergang, wenn nicht der Tanzplatz des Todes werden." Der Redner gedachte dann noch der visionären Prophetin des Mr. Paxton, welche davon sprachen, in dieses Gebäude das sonnige Klima des südlichen Italiens übertragen zu wollen. Er(Lord Campbell) meine: das nützlichste Objekt, in welches das Gebäude umgewandelt werden könne, sei das eines kolossalen Regenbades(enormous shower-bath); denn man finde schon jetzt, daß, wenn ein ordentlicher Platz­oder Gewitterregen komme, die Besucher ihre Regen­schirme aufspannen müßten(es ist dies allerdings faktisch, und bildet einen sehr komischen Contrast zu der projektirten italienischen Temperatur des Herrn Paxton).

Handel und Gewerbe.

Die Londoner Industrie-Ausstellung.

(Fortsetzung.)

56.

Seinen alten Ruf in der Kunsttischlerei hat Wien auch in der Weltindustrie=Ausstellung behauptet und in der 26. Klasse: Möbeln u. s. w., ist den Wiener Fabrikanten Carl Leistler und Sohn die Palme des Sieges sicher. Die vier von ihnen ausgestellten Zim­mer erregen die Bewunderung aller Besucher des Krystallpalastes, hauptsächlich aber ist es die vom östreichischen Kaiser für die Königin Victoria zum Geschenk bestimmte Bibliothek, die in der Klasse der Möbel als unerreichtes Prachtwerk dasteht. Der Hauptentwurf derselben rührt von Herrn Bernardo di Bernardis, Architekt der Leistler'schen Fabrik, her, nach dessen Zeichnung überhaupt die vier Zimmer aus­geführt wurden. Das ganze 14 Fuß lange Möbel von Eichenholz ist eine Vereinigung von Tisch und Schrank im altdeutschen Style. Von dem mit vielen Schubladen versehenen Untersatz aus erheben sich fünf untereinander verbundene Aufsätze, deren mittelster eine

Nische bildet, und neben Allerlei, was zum Zubehör eines Schreibtisches gehört, einen Spiegel enthält, wel­chen oberhalb die Wappen von England, Hannover und Sachsen=Coburg schmücken. Zwei sechsseitige und sich um ihre Achsen drehende und mit Glas geschlossene Kasten schließen sich zunächst an die beiden Seiten dieses Nischenaufsatzes, und erleichtern ihrer beweglichen Construction nach das Herausnehmen der verschiedenen in ihnen aufgestellten Portefeuilles, ein zweites Paar feststehender Bücherkasten reiht sich den beweglichen an. Auf den an beiden Seiten des Schrankes angebrachten Postamenten erheben sich zwei 50 Zoll hohe Bronze­gruppen; die zur Linken modelirt von Johann Gesser in Wien, stellt Kunst und Industrie vor, die zur Rech ten von Johann Pilz, ebenfalls in Wien, Wissenschaft und Handel. Die verschiedenen Aufsätze sind mit einer Menge kleinerer aus Eichenholz geschnittenen Figuren verziert, bei deren Auf= sowohl, als Vorstellung den Beschauer die sinnige Beziehung zu dem ganzen Möbel, wie zu den Einzelheiten überrascht. Die mannigfachen Verzierungen dieser Aufsätze geben eine Höhe bis zu 16 Fuß ab, und gleichwohl ist das Ganze so zweck­mäßig angeordnet, daß selbst die am höchsten befindli­chen Gegenstände ohne Stufe zu erreichen sind. Ele ganz und Reinheit der Arbeiten ist bei allen Theilen dieses Meisterwerks gleich groß, und man weiß nicht, ob man mehr den Meister bewundern soll, dem jener künstlerische Gedanke gehört, oder die Meister, deren Hände jenen Gedanken ausführten. Mehr als eine Industrie hat bei Ausstattung dieses wahrhaft kaiserli­chen Geschenkes miteinander gewetteifert. Die er­wähnten beweglichen Aufsätze, welche zunächst an den mittlern nischenförmigen Aufsatz stoßen, enthalten acht prachtvoll geärbeitete Portefeuilles, von denen 2 der Musik, die 6 andern den bildenden Künsten gewidmet sind. Das erste Portefeuille umfaßt die National­Musik und enthält die gesammelten Volksweisen aller in Oestreich lebenden Volksstämme, mit Begleitung des Textes in der Nationalsprache und deutscher Ueber­setzung; ebenso die Volkstänze der verschiedenen Stämme, deren Schluß eine Auswahl der gelungensten Walzer­partieen von Lanner und Strauß bilden. Der Ein­band ist überaus prachtvoll, der dunkelblaue Sammet­grund mit reichvergoldetem Silber= und feinstem Elfen­beinschnitzwerk eingefaßt; in der Mitte erhebt sich der k. k. Adler, umgeben mit Nationalkostümen der Haupt­stämme Oestreich's, ausgeführt in kleinen Oelbildern von Alois Schön. Der Einband des 2. Portefeuilles ist von hellblauem Sammet, in der Mitte ist die ernste und heitere Musik nach einer Modellirung von Rod­nitzki Sohn in Silber gegossen dargestellt; die Namen der besonders berühmt gewordenen östreichischen Com­ponisten sind mit schwarzen Lettern auf Goldgrund ge­schrieben und von einem Perlenkranze umgeben. Ihnen reihen sich an in Goldlettern die Namen der Compo­nisten zweiten Ranges, Virtuosen und Gelehrten des Kaiserreichs, wozu Professor Fischhoff eine historische Gedächtnißtafel der Geburtsorte geliefert hat. Den Inhalt dieses Portefeuilles bilden mehrere weniger bekannt gewordene Compositionen großer Meister, und eine vom Custos der Hofbibliothek, Anton Schmidt, verfaßte geschichtliche Abhandlung über die östreichischen, englischen, französischen und russischen Volkshymnen nebst beliebten deutschen Rundgesängen mit Noten.

In den sechs weitern Portefeuilles sind die bil­denden Künste in die sechs Categorieen: Lebensbilder, welthistorische, romantisch=poetische, religiöse architek­tonische Darstellungen und Landschaften, geschieden. Der Einband des Portefeuilles der Lebensbilder ist von grüner Grundfarbe und zeigt die Hauptmomente des Schiller'schen Gedichtes:Ehret die Frauen, sie flechten und weben" ec., in von Hasselwandor zierlich gemalten Bildern, mit Anführung der darauf bezügli­chen Textstellen; das Ganze umschlungen von mit Golddruck angepreßten zierlich gezeichneten Ornamenten.