Erscheint täglich außer Montags. Abonnementspreis: vierteljährlich 1 Thlr. Auswärts bei allen preuß. Posten 1 Thlr. 5 Sgr. und Kreis=Blatt. Einrückungsgebühren für die Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. Anzeigen werden bis 11 Uhr Vormittags angenommen. 178. Donnerstag den 24. Juli 1851.(Christina.) 18. Düsseldorf. Der Einsender des gestrigen Artikels, über die Schließung der Ladenlokale an Sonn= und Feiertagen, hat in seinem Aufsatz zwei Umstände übergangen, die den Erfolg einer Einzeichnung sehr in Frage stellen. Nämlich die überzählige Concurrenz und die verschiedenen Verhältnisse und Gesinnungen. Es haben nämlich sich die meisten Laden=Inhaber dahin ausgesprochen, durch ein, mittelst der Behörde unterstütztes Gesuch,(welches einer allgemeinen Betheiligung gewiß ist) bei der Königlichen Regierung eine gesetzliche Schließung an diesen Tagen durch eine Polizeiverordnung zu erwirken, gestützt auf das Strafgesetzbuch, welches ausdrücklich jeden öffentlichen geschäftlichen Verkehr während des sonntäglichen Gottesdienstes verbietet; um dies baldigst zu erwirken, ladet der Einsender dieses, alle, die sich hierfür interessiren, zu einer Besprechung auf heute Donnerstag den 24., Nachmittags 2 Uhr, beim Wirthe Herrn Pesch, Burgplatz, ein. Es dürfte eine allgemeine Betheiligung um so erwünschter sein, da ein derartiges Gesetz wie im gestrigen Artikel gesagt, ohnedem bevorsteht.(Einges.) Lokal-Bericht. Vom 23. Juli. Heute Vormittags 12½ Uhr traf Se. Excellenz der Herr Justizminister Simons von Elberfeld kommend hier ein, wurde auf dem Bahnhofe von dem Barreau des hiesigen Landgerichts empfangen und nahm dann bei dem Vorstande des Barreaus dem Herrn Justizrath Friderichs sein Absteigequartier, woselbst das Richter=Collegium des Landgerichts und das Parquet zur Begrüßung Sr. Excellenz versammelt waren. Tagebuch. Würtemberg. Auf dem Dachgiebel des Zuchtpolizei=Neubaues in Rottenburg ereignete sich am 10. Juli, Mittags, folgende schauderhafte Scene. Um diese Zeit kam ein Gefangener auf den Einfall, sich an dem Blitzableiter des Hauses zu erhängen, ging daher von einem Dachladen auf den First des Neubaues und befestigte sich mittelst mehrerer aus Kleidungsstücken zusammengeknüpften Schlingen an den Blitzableiter. So hing er, als die Officianten der Strafanstalt sogleich darauf aufmerksam gemacht wurden. Diese wollten ihn nun losmachen, allein er wehrte sich so sehr, daß es ein Glück ist, daß Niemand von ihm hinabgestürzt wurde. Endlich ergriff man ein anderes Mittel: man hieb ihm tüchtig von hinten auf, worauf er sich losmachte, so daß er von den Zuhülfeeilenden in das Dach gezogen werden konnte. Lúbeck, 12. Juli. Vor etwa sechs bis sieben Tagen hat man dem Gerücht nach einen historischinteressanten Fund im Hause des verstorbenen OberAppellationsraths Hach gemacht. Man entdeckte nämlich unter altem, seit Menschengedenken nicht angerührtem Gerümpel eine verschlossene Kiste, bei deren Oeffnung sich eine Summe von einigen hundert Mark baaren Geldes in althansischen Münzen nebst einem Convolut vergilbter Documente vorfand. Aus letzteren soll ersichtlich werden, daß man die alte hansische Kasse aufgefunden hat, und daß laut jenen Papieren die Stadt Lübeck von anderen Städten des früheren Hansebundes eine Summe von einigen 30,000 Mark zu fordern habe. Verhält sich die Sache so, was ich nicht verbürgen kann, so wird diese Schuldforderung doch schwerlich anerkannt werden, historisch interessant aber bleibt der Fund. Wie jene Kiste mit Geld und Papieren in das genannte Haus gekommen sein mag, bedarf wohl auch noch weiterer Aufklärung. Großbritanien. Auf die Fluth von Petitionen um Erhaltung des Krystallpalastes und Verwendung desselben zu einem Wintergarten folgen auch jetzt andere im entgegengesetztesten Sinn. So überreichte in der am 15. d. stattgehabten Sitzung des Oberhauses Lord Campbell eine mit sehr zahlreichen Unterschriften bedeckte Petition der Bewohner von Knighsbridge, eines in nächster Nähe des Krystallpalastes gegenüber dem südlichen Ende desselben befindlichen Stadttheils, welche auf die Entfernung des Gebäudes abzielt. Die Petition war unterzeichnet von Justice Croffwell, einem Rechtsgelehrten(who is an ornament to his profession and to his country, bemerkte der edle Lord), außerdem von mehreren Damen, Peers und andern distinguirten Personen. Unter den Damen— alle von Rang— hörten wir u. a. die Namen der Gräfin v. Clarendon und der Schwester von Bord Auckland. Lord Campbell glaubte versichern zu können, daß die Petition die einmüthige Meinung jenes Distriktes ausspreche, etwa einige Krämer und Bierwirthe ausgenommen, welche von dem Zudrang der Fremden Nutzen zogen. Die Petition war außerdem von sämmtlichen Geistlichen des Bezirks unterzeichnet, in Anbetracht der öffentlichen Moralität. Sie baten Ihre Lordschaften die Regierung und die königlichen Commissäre: doch ja nicht von ihrer feierlichen Verpflichtung, die sie den Petitionären gegeben, das Gebäude nach Ablauf einer bestimmten Zeit entfernen zu wollen, zu entbinden. Zur Widerlegung derer, welche einen öffentlichen Spaziergang aus dem Gebäude machen wollen, las Lord Campbell eine Stelle aus einem Artikel des„Quarterly Review" vor. Darin hieß es:„Wenn je der vielbewunderte Glaspalast ein prächtiger, aber erstickender (suffocating) jardin d’hiver werde, so werde er eine Haupterwerbs quelle für die Apotheker werden; er werde — so viel Schnupfen, Husten u. dgl. werde er erzeugen — der Spaziergang, wenn nicht der Tanzplatz des Todes werden." Der Redner gedachte dann noch der „visionären Prophetin des Mr. Paxton, welche davon sprachen, in dieses Gebäude das sonnige Klima des südlichen Italiens übertragen zu wollen. Er(Lord Campbell) meine: das nützlichste Objekt, in welches das Gebäude umgewandelt werden könne, sei das eines kolossalen Regenbades(enormous shower-bath); denn man finde schon jetzt, daß, wenn ein ordentlicher Platzoder Gewitterregen komme, die Besucher ihre Regenschirme aufspannen müßten(es ist dies allerdings faktisch, und bildet einen sehr komischen Contrast zu der projektirten italienischen Temperatur des Herrn Paxton). Handel und Gewerbe. Die Londoner Industrie-Ausstellung. (Fortsetzung.) 56. Seinen alten Ruf in der Kunsttischlerei hat Wien auch in der Weltindustrie=Ausstellung behauptet und in der 26. Klasse: Möbeln u. s. w., ist den Wiener Fabrikanten Carl Leistler und Sohn die Palme des Sieges sicher. Die vier von ihnen ausgestellten Zimmer erregen die Bewunderung aller Besucher des Krystallpalastes, hauptsächlich aber ist es die vom östreichischen Kaiser für die Königin Victoria zum Geschenk bestimmte Bibliothek, die in der Klasse der Möbel als unerreichtes Prachtwerk dasteht. Der Hauptentwurf derselben rührt von Herrn Bernardo di Bernardis, Architekt der Leistler'schen Fabrik, her, nach dessen Zeichnung überhaupt die vier Zimmer ausgeführt wurden. Das ganze 14 Fuß lange Möbel von Eichenholz ist eine Vereinigung von Tisch und Schrank im altdeutschen Style. Von dem mit vielen Schubladen versehenen Untersatz aus erheben sich fünf untereinander verbundene Aufsätze, deren mittelster eine Nische bildet, und neben Allerlei, was zum Zubehör eines Schreibtisches gehört, einen Spiegel enthält, welchen oberhalb die Wappen von England, Hannover und Sachsen=Coburg schmücken. Zwei sechsseitige und sich um ihre Achsen drehende und mit Glas geschlossene Kasten schließen sich zunächst an die beiden Seiten dieses Nischenaufsatzes, und erleichtern ihrer beweglichen Construction nach das Herausnehmen der verschiedenen in ihnen aufgestellten Portefeuilles, ein zweites Paar feststehender Bücherkasten reiht sich den beweglichen an. Auf den an beiden Seiten des Schrankes angebrachten Postamenten erheben sich zwei 50 Zoll hohe Bronzegruppen; die zur Linken modelirt von Johann Gesser in Wien, stellt Kunst und Industrie vor, die zur Rech ten von Johann Pilz, ebenfalls in Wien, Wissenschaft und Handel. Die verschiedenen Aufsätze sind mit einer Menge kleinerer aus Eichenholz geschnittenen Figuren verziert, bei deren Auf= sowohl, als Vorstellung den Beschauer die sinnige Beziehung zu dem ganzen Möbel, wie zu den Einzelheiten überrascht. Die mannigfachen Verzierungen dieser Aufsätze geben eine Höhe bis zu 16 Fuß ab, und gleichwohl ist das Ganze so zweckmäßig angeordnet, daß selbst die am höchsten befindlichen Gegenstände ohne Stufe zu erreichen sind. Ele ganz und Reinheit der Arbeiten ist bei allen Theilen dieses Meisterwerks gleich groß, und man weiß nicht, ob man mehr den Meister bewundern soll, dem jener künstlerische Gedanke gehört, oder die Meister, deren Hände jenen Gedanken ausführten. Mehr als eine Industrie hat bei Ausstattung dieses wahrhaft kaiserlichen Geschenkes miteinander gewetteifert. Die erwähnten beweglichen Aufsätze, welche zunächst an den mittlern nischenförmigen Aufsatz stoßen, enthalten acht prachtvoll geärbeitete Portefeuilles, von denen 2 der Musik, die 6 andern den bildenden Künsten gewidmet sind. Das erste Portefeuille umfaßt die NationalMusik und enthält die gesammelten Volksweisen aller in Oestreich lebenden Volksstämme, mit Begleitung des Textes in der Nationalsprache und deutscher Uebersetzung; ebenso die Volkstänze der verschiedenen Stämme, deren Schluß eine Auswahl der gelungensten Walzerpartieen von Lanner und Strauß bilden. Der Einband ist überaus prachtvoll, der dunkelblaue Sammetgrund mit reichvergoldetem Silber= und feinstem Elfenbeinschnitzwerk eingefaßt; in der Mitte erhebt sich der k. k. Adler, umgeben mit Nationalkostümen der Hauptstämme Oestreich's, ausgeführt in kleinen Oelbildern von Alois Schön. Der Einband des 2. Portefeuilles ist von hellblauem Sammet, in der Mitte ist die ernste und heitere Musik nach einer Modellirung von Rodnitzki Sohn in Silber gegossen dargestellt; die Namen der besonders berühmt gewordenen östreichischen Componisten sind mit schwarzen Lettern auf Goldgrund geschrieben und von einem Perlenkranze umgeben. Ihnen reihen sich an in Goldlettern die Namen der Componisten zweiten Ranges, Virtuosen und Gelehrten des Kaiserreichs, wozu Professor Fischhoff eine historische Gedächtnißtafel der Geburtsorte geliefert hat. Den Inhalt dieses Portefeuilles bilden mehrere weniger bekannt gewordene Compositionen großer Meister, und eine vom Custos der Hofbibliothek, Anton Schmidt, verfaßte geschichtliche Abhandlung über die östreichischen, englischen, französischen und russischen Volkshymnen nebst beliebten deutschen Rundgesängen mit Noten. In den sechs weitern Portefeuilles sind die bildenden Künste in die sechs Categorieen: Lebensbilder, welthistorische, romantisch=poetische, religiöse architektonische Darstellungen und Landschaften, geschieden. Der Einband des Portefeuilles der Lebensbilder ist von grüner Grundfarbe und zeigt die Hauptmomente des Schiller'schen Gedichtes:„Ehret die Frauen, sie flechten und weben" ec., in von Hasselwandor zierlich gemalten Bildern, mit Anführung der darauf bezüglichen Textstellen; das Ganze umschlungen von mit Golddruck angepreßten zierlich gezeichneten Ornamenten. Das Portefeuille der welthistorischen Darstellungen ist von fein gegerbtem Leder mit reichen Elfenbein= und Bronze=Mosaik Verzierungen, welche sich mit sinnreich erdachten Ornamenten verschlingen, in deren Mitte die„Weltgeschichte" in sitzender Stellung und als Stanze von Graveur Cesar ausgeführt dargestellt erscheint. Für die Außenseite des Portefeuilles der romantisch=poetischen Darstellungen wurde das Nibelungen=Lied zum Thema genommen, in Elfenbein feingeschnittene Basreliefsbilder, ebenfalls von Cesar ausgeführt, stellen Scenen aus diesem Gedichte dar und sind durch reichvergoldete Bronzegußverzierungen zu einem herrlichen Ganzen verbunden, das sich von dem dunkelvioletten mit breiter Elfenbeinrahmung versehenen Sammetgrund wie loszuringen strebt; das Portefeuille der religiösen Darstellungen zeigt auf blauem Sammetgrunde ein aus Ornamenten gebildetes silbernes Kreuz; Christus mit den symbolischen Zeichen, die vier Evangelisten, Moses und Johannes der Täufer nehmen die Mitte ein, über welche die Worte zu lesen sind:„Eines ist noth." Die in Silber getriebenen Arbeiten an diesem Einbande rühren vom Graveur Müller her. Die architektonischen Darstellungen liegen in einem Portefeuille, dessen Außenseite von Schildpatt ist, auf dem sich eine mit reichen Ornamenten gezierte dreifache Bogenstellung erhebt, in deren Mitte die Baukunst, zu beiden Seiten die Maler= und Bilhauerkunst steht. Figuren und Ornamente sind in feiner Bronze getrieben und bald vergoldet und bald versilbert und ebenfalls von Müller ausgeführt; das Ganze ist von einer reichen Bullearbeit umgeben, und unten liest man den Satz der alten Gesetze aus der Bauhütte zu York: „Die erste Pflicht ist die, daß du ein treuer Mann seist gegen Gott, den glorreichen Baumeister Himmels und der Erde." Das Portefeuille der Landschaften ist von grünem Sammet mit einer Einrahmung von den feinsten Elfenbeinschnitzereien. Der Inhalt sämmtlicher 6 Portefeuilles für die bildenden Künste besteyt aus Handzeichnungen, welche von den bedeutensten Künstlern aus allen Theilen des Kaiserstaates ausgeführt wurden. Die Zeichnungen zu sämmtlichen Portefeuilles wurden von den Professoren Carl Rosner, van der Nüll und Joseph Führich entworfen, die Ausführungen, welche den bildenden Künsten gewidmet sind, erfolgten von August Haberich, die beiden andern gingen aus dem Atelier von Carl Giradot hervor. Der Inhalt der beiden äußersten Aufsätze der feststehenden Bücherkasten ist nicht weniger interessant, als der der beweglichen. Eine Sammlung von ungefähr 270 poetischen Werken in prachtvollen Einbänden von Giradot ist hier nach historischer Reihenfolge aufgestellt. Sie umfaßt alle bedeutenden Erscheinungen der lyrischen und dramatischen Literatur Deutschlands von den Zeiten Heinrichs von Ofterdingen bis auf unsere Tage, wozu noch die werthvolleren poetischen Werke der ungarischen, slavischen und italienischen Literatur kommen. Das ganze Möbel ist der würdige Reprasentant eines bis zur Kunst gesteigerten Handwerks, das, wenn auch keine Industrie im großartigeren Sinne des Wortes und deshalb nicht als Maaßstab für die allgemeinen Leistungen der nationalen Industrie zu nehmen, immerhin einen wichtigen Zweig der Produktion bildet, um die constatirte Unübertrefflichkeit seiner Erzeugnisse hoch genug anschlagen zu lassen. (Fortsetzung folgt.) Wissenschaften und Künste. Berlin. Als nach der unglücklichen Schlacht von Jena unsere Königsfamilie sich zeitweilig in Östpreußen aufhielt, nahm der damalige Kronprinz auch einen jungen Engländer, Birch, in den Kreis seiner Gespielen auf, nahm ihn, den Unbemittelten, spater nach Berlin, wo er unter Gunst und Munificenz seines königlichen Freundes schriftstellerisch Vermittler zwischen der deutschen und englischen Literatur ward, und namentlich eine geachtete Uebersetzung der Nibelungen herausgab. Der jetzt 17 Jahre alte Sohn des vor einigen Jahren verstorbenen Birch zeigte während seines Gymnasialbesuches entschiedene Neigung und Talente für die bildende Kunst, und man beschloß, da seine autodidaktischen Schöpfungen Großes versprachen, ihn von der Laufbahn der Wissenschaft auf die der Kunst überzuführen. Professor Wichmann ward sein Lehrer, und Graf Westmoreland sein warmer Beschützer. Er hat nun vor einigen Wochen das Modell des Grafen vollendet, und dieser Erstling seiner Künstlerhand wird von Kennern so sehr bewundert, daß der junge Mann von vielen Seiten Theilnahme, Aufmunterung und Huldigung empfängt. Zu den Kennern gehört Friedrich Wilhelm IV., bekanntlich ein gewandter Zeichner, und von dessen königlicher Hand empfing Charles Birch, neben dem Auftrag, die Büste des Grafen für die königliche Privatsammlung in Marmor auszuarbeiten, eine Urkunde, Anerkennung seiner Leistung und Fähigkeit enthaltend, die für den in die Welt tretenden Künstler wichtiger, wenigstens folgenreicher sein mag, als manches Diplom von akademischer Seite. Birch ist vor einigen Tagen nach London gereist um sein Modell auf der Ausstellung prangen zu lassen, und wahrscheinlich werden die Engländer nicht verfehlen, ihn als einen der ihrigen zu begrüßen, obwohl er ein geborner Deutscher und in Berlin gebildet ist. Feuilleton. Lyonel Harlington. Novelle von H. Zschokke. (Fortsetzung.) Es kam die Reihe an Herrn Barnabas Trolle, der tiefgebückt dasaß, die Hände krampfhaft zwischen beiden Knieen gefaltet. Er war nicht nur falscher Anklage, und sogar falschen Eides, gegen Herrn Lyonel Harlington von Tuscaloosa im Staat Alabama förmlich überwiesen, sondern auch ans Licht gekommener Betrügereien, in Verwaltungs=Angelegenheiten von Gütern Sr. Excellenz des Herrn Ministers Baron Casimir von Urming. So ward ihm, außer Ersatz von Kosten und Schaden, die Strafe dreijährigen Aufenthalts im Zuchthause zuerkannt. Endlich vernahm auch Lyonel sein Loos. Er ward von aller Anklage losgesprochen und der Freiheit zurückgegeben. Jedoch, dieweil er, während seines Aufenthaltes in den herzoglichen Landen, oftermalen unbesonnene, anstößige, sogar revolutionäre Ansichten und Meinungen kund gethan habe, ward ihm die erlittene, milde Haft, sammt entstandenen Kosten, zur Strafe angerechnet, und dabei angedeutet, daß ihm, gemäß höherm Befehl, einstweilen seine und seines Dieners Reisepässe vorenthalten werden sollen. Auch ward ihm ernstlich untersagt, bis nach ausdrücklich bewilligter Erlaubniß, die Residenz zu verlassen. Hier preßte der treue Arnold seinem neben ihm stehenden Herrn vor Freude so kräftig die Hand, daß dieser vor Schmerzen hätte laut aufschreien mögen. Noch folgten andere scharfe, richterliche Verweise gegen verschiedene Zeugen, wegen unbedachtsamer Aussagen; ebenso Erklärungen der Verurtheilten, daß sie die höhern Gerichte anzurufen gesonnen seien. Dann war die Sitzung geschlossen. Der Saal leerte sich von seiner Bevölkerung; und leichtern Herzens entfernte sich einer der Ersten von Allen der freigesprochene Lyonel. Arm in Arm, begleiteten ihn der mosaische und der christliche Baron in das Hôtel du monde. Beide schritten mit freudigem Stolz neben ihm her, als führten sie den geretteten Freund im Triumph. Arnold hinwieder war geschäftig zurückgeblieben, die Habseligkeiten des Freigesprochenen aus dessen bisherigem verhaßtem Aufenthalt an sich zu nehmen und in Sicherheit bringen zu lassen. Herr von Goldast indessen beurlaubte sich bald. So herzlich er seinem amerikanischen Liebling zugethan war: so eiskalt und trocken stand er dem Geheimenrath gegenüber. Ich überlasse Sie heut dem Herrn von Urming, sagte er: dringendes Geschäft ruft mich. Es ist ohnedem jedes Gespräch zwischen Dreien ein zerhacktes und zerstäckeltes, wo Jeder fragen, oder antworten will, immer ein Anderer dazwischen fällt und Keiner an dem genug hat, was er gibt oder empfängt. Morgen aber gönnen Sie mir ein Stündchen unter vier Augen. Sie entrinnen mir nicht. Der Polizeiminister hat schon weislich dafür gesorgt. So empfahl er sich und ließ Beide allein. 39. Vermuthungen. Gottlob! rief Lyonel, und athmete tief auf, als er im Hôtel du monde wieder sein Zimmer betrat. Kleidungsstücke, Bücher, Landkarten, Zeichnungen, die da zerstreut umher lagen, schienen ihm wie verlassene, liebe Verwandte noch, wegen seiner langen Entfernung, zu trauern. Er hätte eins ums andere zur Hand nehmen mögen, um zu trösten und zu sagen: Gottlob, wir sind ja wieder beisammen! Auch ich sage: Gottlob! stimmte der Geheimerath an, und schloß gerührt den jungen Mann in die Arme: Sie haben viel Unwürdiges dulden müssen. Seit Ihrer Verhaftung gab mir keine Nacht ruhigen Schlaf; kein Tag eine Freude. Ja, glauben Sie mir, ich quälte mich selbst zuweilen mit Vorwürfen, daß sogar meine Freundschaft für Sie eine mittelbare Veranlassung von so vielen Unannehmlichkeiten hat werden müssen. Ihre Freundschaft?— fragte Lyonel etwas ungläubig: Nicht doch, wie käme die dabei in mein Unglücksspiel? War ich's nicht, der Sie mit seinen Bitten an Fortsetzung Ihrer Reise hinderte? Der Sie nach Lichtenheim zog? Noch jetzt herrscht deswegen eine gewisse Spannung zwischen mir und meinem Vater, die mir weh tbut. Er fühlt jetzt sein Unrecht und will doch nicht geirrt haben. Sie waren ihm nun einmal ein verdächtiger Mann geworden. Öhne Zweifel schrieb er im unverlangten Pflichteifer, bald nach Ihrer Abreise in die Residenz, an das Polizeiministerium, man solle Sie sorgfältig beobachten. Kaum hatten wir erfahren, daß Sie in die Binsenberger Händel verflochten und ebenfalls verhaftet wären, ward auch mein Vater an den Hof berufen. Vermuthlich hatte Ihnen dort auch der Erbprinz böse Karten gemischt. Sie begreifen wohl, Ihr Gönner war er gleich anfangs nicht, und er ward es immer weniger, je beharrlicher, trotz Leoniens klugen Warnungen, Prinzessin Gabriele Ihre Vertheidigung zu führen wagte. Aber, vergessen wir das! Ich befürchtete schlimmern Ausgang. Vor wenigen Tagen noch ließen mich die vertraulichen Mittheilungen des Gerichtspräsidenten das Böseste vermuthen. Ich erfuhr, der Herzog selbst habe die Prozeßakten, insofern sie Ihre Person betreffen, ins Schloß bringen lassen, um davon mit eigenen Augen Einsicht zu nehmen. Wahrhaftig? Meiner geringen Person willen? bemerkte Lyonel lächelnd. Ganz zuversichtlich, versetzte der Herr von Urming: eben auf Sie war es besonders abgesehen. Ich hatte beim Herzog Audienz verlangt und erhalten, um ihm über Ihre Verhältnisse bestimmtere Aufklärung zu geben und für Sie, im Fall ungünstigen Richterspruchs, zu bitten. Davon hab' ich früher nichts sagen mögen, um Ihnen durch den dürftigen Erfolg meines Versuchs nicht den letzten Muth zu rauben. Der Herzog hörte mich mit frostiger Miene; that Nebenfragen, aus denen ich schloß, er halte Sie für den Emissär eines kommunistischen Klubbs oder für einen aus Deutschland nach Amerika übergegangenen und unter falschem Namen zurückgekehrten politischen Flüchtling. Er entließ mich endlich ziemlich trocken mit den Worten: Ich werde den Gang der Justiz nicht hemmen. Ihr erfahrungsreicher Vater hegt etwas andere Ansichten, als Sie. Es thut mir leid, Vater und Sohn im Widerspruch zu finden. Lyonel schwieg, mit verächtlichem oder bedauerndem Achselzucken, still. Noch mehr! fuhr der Geheimerath fort: Sie werden, ja müssen doch nun Alles erfahren. Es ward Ihr alter Diener noch spät in dunkler Abendstunde zum Schloß abgeholt und dem Herzog selbst vorgeführt. Wie ich berichtet bin, bestand der arme Schelm ein zwei Stunden langes Verhör. Ich habe Ihnen schon davon, glaub' ich, gesagt. Vielleicht vernehmen Sie nun leichter von ihm selber, als ich, was dabei vorging. Lyonel lachte laut auf: Die Geschichte wird romantisch. Der eheliche Arnold Jackson und ein europäischer Fürst beisammen! Ich kann mir den guten Mann lebhaft vorstellen, wie er gegenüber der Majestät oder Durchlaucht gestanden sein mag. Das gibt uns noch in Maryhall vollauf zu lachen. Doch allen Scherz zur Seite! Ich bin schuldlos, ich bin straflos.— Was will man noch von mir? Warum noch Stadtarrest? So bleib' ich noch immer verdächtig, Hohen und Niedern, von der Wirthsstube aufwärts bis zum Thronsaal. Wer bin ich denn? Oder ist meine Physiognomie so unglůckweissajend, daß man mich schlechterdings für einen politischen Kobold, für einen Weltumwälzer, einen rumorenden Mephistopheles oder Faust, und meinen armen Arnold sogar für den seligen Famulus Wagner halten muß? Ihr hochweises Tribunal war offenbar erpichter darauf, an mir eine Schuld zu entdecken, als an meine Unschuld zu glauben. Sie müssen den Richtern verzeihen, lieber Harlington; denn Sie wissen selber, welche Zeugnisse und Umstände anfangs übeln Schein auf Sie warfen. Lyonel erwiederte ruhiger: Ich weiß es. Die menschliche Gerechtigkeit ist von Haus aus eine kurzsichtige, schwache Dame, zumal wenn sie an Krücken ungehobelter Gesetze hinkt. Ich weiß es, sie muß sich viel gefallen lassen. Man stellt sie öffentlich mit verbundenen Augen zur Schau; doch, damit sie sehe, nicht um was, sondern um wen es sich handelt, nimmt man ihr in geheimen Sitzungen die Binde ab. Uebrigens ehr' ich Ihr Gericht, nicht weil es mich freisprach, sondern Muth genug besaß, mich im Angesicht des Hofes, gegen den Sinn des Landesherrn, schuldlos zu erklären. Denn Ihr Herzog, was will er von mir? Ihnen hatte er das rechte, ächte Fürstenwort gesprochen: er wolle den Rechtsgang nicht hemmen. Das Gericht sagt mich von aller Anklage los, stellt mir die Freiheit zurück: und er sperrt mich, trotz dem, abermals in seine Stadt ein. Warum darf ich die Residenz nicht verlassen? Warum horcht er höchstselbstsogar meinen eigenen Diener aus? Der Geheimerath rieb sich verdrießlich die Stirn und entgegnete: Reden Sie nicht so laut. Man kann nicht wissen, wer von den Leuten draußen horcht. Wir könnten in frische Ungelegenheiten gerathen. Treten Sie überall, so lange Sie in unsern Ringmauern bleiben müssen, sehr leise und behutsam auf. Das Verfahren des Herzogs gegen Sie, ich gesteh' es, ist mir selber räthselhaft. Dergleichen liegt ganz außer seinem Charakter. Ich weiß nicht, ob er vielleicht irgend vom Ausland Sie betreffende Anzeigen oder Anfragen erhalten haben mag. Mein Gewissen weiß wenigstens nichts, was der Mühe werth wäre, auf diplomatischem Wege, in Ihr Departement der auswärtigen Angelegenheiten getragen zu werden. Ich vermuthe vielmehr, Sie hatten vorhin das Richtige errathen. Und was? Daß er an der politischen Gespensterfurcht krank liege. Ist dies nicht der Fall, so leidet er am alltäglichsten Regentenübel. Er regiert zu wenig, oder zu viel. Beides ist öffentliches Unglück. Beim„Zuwenig" ist er nur zur Schau gestelltes Spielzeug seiner gewaltigen Allesmacher, seiner Minister, Staatsräthe, Günstlinge, nur die Drahtpuppe, in Krone und Hermelinmantel gekleidete Marionette. Beim„Zuviel" weiß er nicht Großes vom Kleinen zu unterscheiden. Alles ist ihm von gleicher Wichtigkeit. Er mengt sich in Alles; verbessert Schreibfehler seiner Kanzlisten, und behält keine Zeit, um Sinn und Wirkungen seiner Dekrete zu würdigen. Er bemerkt Spinnweben im Winkel seines Palastes, und vergißt Mauerrisse, die Einsturz drohen. Sie irren gewaltig, mein argwöhnischer Republikaner! widersprach der Geheimerath: Er ist Fürst im herrlichsten Sinn des Worts; wachsam, nachhelfend überall; unerbittlich gerecht, wie gegen Andere, gegen sich selbst; dabei ist er ziemlich Kenner vom wechselnden Zustand und Bedürfniß des Volks, wie von Fähigkeit, Charakter, Schwäche und Kraft derer, die er an die Spitze der Verwaltungen stellt. Sie sollten seine Geschichte kennen. Seine Erzieher waren nicht, wie gewöhnlich solche, die es durch Hofcharge, oder Protektion geworden; waren nicht Kammerdamen oder Schulfüchse gewesen, die ihm das Herz mit Schmeicheleien, oder den Kopf mit ehrgeizigen Träumen verwirren konnten; nein, seine Erzieher waren ernste, ja schwere Schicksale, die ihn schon in der Jugend zum welterfahrenen Mann kräftigten. Er gehört nicht zu Thron=Herren, die sich im Leben gern und leichtgläubig vergöttern lassen, wenn man sie auch bald nach dem Tode vergißt, oder bespöttelt oder verwünscht; nicht zu denen, die aus Ruhmdurst oder Glanzsucht Künstler und Putzmacher gebrauchen, wie etwa Charlatane ihre Trompeter und Pulcinello's. Ereifern Sie sich nicht, bester Baron. Ich glaube Ihnen. Aber, ich komme auf meine Frage zurück: was hat er wider mich? Warum bleib' ich Gefangener, trotz dem Urtheil des Tribunals? Wie gesagt, lieber Harlington, ich weiß keine Antwort. Es muß noch von irgend woher Verdacht gegen Sie bestehen; oder auch, Sie haben sich einen unbekannten, mächtigen Feind geschaffen. Sollte der Erbprinz... sollte vielleicht der unglückselige Kuß in Lichtenheim... Es ist nicht möglich, und doch!... Freund, wenden Sie sich unmittelbar in Bittschrift an den Herzog... Verlangen Sie Audienz; klären Sie ihm jedes Mißverständniß auf. Er ist gerecht! Das Gespräch währte in dieser Art noch lange. Sie riethen her und hin und tappten immerdar im Dunkeln. Aber bei Nennung des Erbprinzen ging es in Lyonel wie Licht auf. Und obwohl er sich anfangs, bei dem Einfall des Geheimenraths, nicht eines leichten Lächelns hatte erwehren können, ward ihm dennoch bei der Treppengeschichte, und bei dem Gedanken an die Eifersucht des künftigen herzoglichen Eidams und an den Leichtsinn Gabrielens, beinahe unheimlich zu Muthe. Herr von Urming hatte sich endlich kaum verabschiedet, trat Arnold Jackson mit freudeleuchtendem Antlitz ins Zimmer. Er schloß inbrünstig seinen Herrn in die Arme; stammelte mit gebrochener Stimme: Endlich! endlich! ging dann plötzlich, mit abgewandtem Gesicht, nach der Seite, zog das Taschentuch und drückte sich damit die Augen. Lyonel, gerührt, ging ihm nach; ergriff dessen Hand und preßte sie dankbar an sein Herz. Cospetto di diavolo! woher kömmt mir alten Narren so viel Wasser in die Augen? rief Arnold halb ärgerlich: Aber, ich habe Sie ja auf diesen meinen Armen getragen, wie sollte mir's nicht wehe thun, um das, was Ihnen, armer, lieber Herr, Leides widerfahren ist? Das Gesindel lebt nur vom guten Geld und guten Namen ehrlicher Menschen. Die Schelmen die! die Jean Foutre's, die Scoundrels, die Cagliones, die Carduzuado's, die! Che vi venga la rabbia! 40. Arnolds Bericht. Nachdem der Alte, und dazu war nicht geringe Zeit vonnöthen, seinem Zorn und seiner Freude Luft gemacht hatte und das Gespräch allmälig auf Angelegenheiten der Gegenwart und nächsten Zukunft einlenkt war, brach Lyonel von allem Andern plötzlich ab und that die Frage: Cäcilie Engel, du kennst sie ja, die Nichte des Husaren,— rede!— Befindet sie sich noch hier? Ganz wohl und zwar bei der muntern Wittwe Kunigunde Ruß, wie gemeldet. Wohnt also innerhalb der Stadt, nicht so? In der Kälbergasse Nr. 73, wie gemeldet. Noch diesen Abend, Arnold, müssen wir sie aufsuchen. Bin dabei! Wittwe Ruß. ist nach meinem Geschmack. Noch eins, lieber Arnold! Setz dich her. Der Herzog hat dich zu sich holen lassen, sagt man. Du sprachst ihn. Was begehrte er zu wissen? Wie benahm er sich? Was hältst du von ihm? Erzähle; aber umständlich; jedes Wort, das er sprach und wie er es betonte, Alles ist mir von Wichtigkeit. Komm! Setz dich zu mir. Ich will dich nie mit Fragen unterbrechen. Er hat dir befohlen, hör' ich, nichts auszuplaudern. Ich kann aber das ganze Staatsgeheimniß schon halb und halb errathen. Staatsgeheimniß? sagte Arnold mit spöttisch verzogenem Gesicht und setzte sich gemächlich zu seinem Herrn aufs Sopha: Nein, wahrhaftig! Ich war auf scharfes Verhör gefaßt; statt dessen, was gab's? Larifari, die gleichgültigsten Dinge von der Welt. Den alten Herrn mußte Langeweile martern. Er fing sogar Familiengeschichten an. Dacht' ich's doch! fiel Lyonel ein: Es wird in seiner Familie kleine Zwiste gegeben haben. Er forschte ohne Zweifel nach gewissen Vorfällen, von denen du zum Glück nichts wußtest. Ich nichts wüßte? Warum nichts wissen? Wohl mehr, mein lieber Herr, als Sie selber von der Familie wissen. Du? rief Lyonel und sah ihn mit großen Augen an: So rede endlich. Wir haben wenig Zeit zu verlieren. Schon wird's dunkel draußen. Ich will Alles wissen, eh' wir uns auf den Weg zur Wittwe machen. Arnold rausperte sich und sprach: So sei's denn: Sie werden sehen: Lumpereien und abermals Lumpereien, wie Frau Basen und Gevatterinnen zu besprechen pflegen. Also von vorn an:— Ich saß vorgestern Abends drunten zum Nachtessen; saß allein da. Salm, westphälischer Schinken, weißer Burgunder, nichts schmeckte. Es war schon um zehn Uhr. Kömmt da noch der Allerweltswirth angestiegen und führt mir einen langen, stocksteifen Herrn in seidenen Strümpfen zu, mit Tressenhut, Tressenrock, Goldtressen auf allen Nähten, sogar um die Hosen am Knie. Der sagt: solle mit ihm auf der Stelle hinüber ins Schloß wandern. Ich, kurz angebunden, antworte: Habe mir niemand zu befehlen. Es sei spät; wolle ins Bett. Er erwiedert: Es ist Sr. Durchlaucht, des Herzogs Befehl!— Hollah, das klingt anders! dacht' ich und war in Gedanken schon im Gefängniß bei Ihnen. Mit Durchlauchtigkeiten ist hierorts nicht gut spröde thun. Also kleid' ich mich gebührlich um; verschließe die Zimmer; folge dem Goldfinken in das unheimliche Mausoleum mit den hohen Gängen und Mauern. Da hast du klúglich jehandelt, Arnold! Mein Wegweiser meldet mich einem Weißstrumpf an, wie er selber ist; der ruft einen Jäger mit Achselbändern; der wieder einen Herrn in Schwarz gekleidet. Werde endlich in ein weites Zimmer geführt, tagshell von spiegelnden Wand= und Kronleuchtern. Bin lange, wie geblendet; reibe mir die Augen. Vor mir, neben einem Tischchen mit vier brennenden Wachskerzen, sitzt auf seinem Leynstuhl ein alter, dicker Herr, in blauer Soldaten=Uniform mit dem Stern auf der Brust. Fürsten wollen lieber Søldaten sein, denn Bürger. Also, dacht' ich: der Herzog selbst! und verbeugte mich ehrerbietig. Er winkt mit dem Finger, naher zu treten. Ich trete gehorsam näher. Öhne ein Wort zu sagen, schaut er mir lange Zeit unverwandten Auges ins Gesicht. Meinerseits schau ich ihn ebenfalls an. Zur Sache! zur Sache!— rief Lyonel ungeduldig. Du heißest Arnold Jackson, sagt' er endlich; und stehst im Dienst des gefangenen Lyonel Harlington? — Das konnt' ich nicht läugnen.— Zweite Frage: Wie alt bist du?— Antwort: Sechsundfünfzig Jahr. — Dritte Frage: Weß Landes eigentlich bist du in Amerika? Dritte Antwort: Gebürtig von Lexinton, County Fayette, Staat Kentucky in den Vereinstaaten; dann zu Baltimore im Dienst, wie man's nennt, bei der achtbaren Familie Morrison, nachher Harlington; dann mit ihr nach Maryhall, County Tuscaloosa, Staat Alabama jezogen, wo ich noch heut, seit fast dreißig Jahren, ansäßig bin und wo ich gern wieder sein möchte. Nun Er: Meines Wissens gab's vor dreißig Jahren in der Welt keinen Alabama=Staat. Lüge nicht! Dann Ich: Nein, Durchlaucht, aber seit 1820, mit eignem Gouverneur, Ober= und Unterhaus, verfassungsmäßig seit 1819, wie jeder andere Staat in und außer Amerika. Er: Wie kommst du, Kentucker, zu deiner Geläufigkeit in deutscher Sprache? Ich: Ganz einfach! Jede Art Welt, in der man leben muß und von welcherlei Farbe sie sei, färbt sich an uns immer unvermerkt etwas ab. So verdeutscht' ich mich in Baltimore, weiß nicht, wie? weil ich fast nur unter Deutschen lebte; nämlich weil Mistreß Morrison, geborne Reichard, und ihre Tochter Miß Morrison, eigentglich Miß Reichard, Deutsche waren und deutsche Dienerschaft hatten. Dabei blieb's auch, als Miß Reichard, oder Morrison, oder Mary, wie wir sie am liebsten nannten, sich mit dem reichen Sir Francis Harlington von Mobile vermählt hatte und uns allesammt mit sich nach Maryhall nahm. (Fortsetzung folgt) Wilhelm Cleir. Düsseldorf den 22. Juli 1851. in grössern Abschnitten: Cöln D.—- G. 4% Elberfeld, Crefeld, Düsseldorf„— 4„, New-York k. S. pr. Dollar 1 Thlr. 11½ Sgr. Fruchtpreise zu am 22. Juli 1851. Thl. Sgr. Waizen pr. berl. Sch. 1. Qualiiai 2 11— „„„„ 2.„ 2 6— Roggen„„„ 1. Qualltat 1 26— „„„„ 2.„ 1 25— „„„„ 3.„.„ 1 24— Wintergerste„„„. 1 10— Sommergerste„„„ 1 6— Buchwaizen„„„. 1 27— Hafer„„„— 29— Erbsen„„„——— Rübsaamen„„„ 3 5— Kartoffeln„„„— 25— Heu pr. Ctr. zu 110 Pfund— 22— Stroh pr. Schock zu 1200 Pfund. 6—— Kleiner Saamen 3 2— Rüböl pr. Ohm zu 282 Pfund ohne Faß 30—— dito pr. Mai 32—— dito pr. Oktober 31—— Leinöl pr. Öhm 31—— Rübkuchen pr. 1000 St Stampf. 30—— Preßkuchen pr. 2000 Pfund 25—— Branntwein pr. Öhm zu 123 Quart zu 47% (ohne Maklergeld) 11 5— Gereinigtes Oel 31—— Sessamkuchen——— Brodtaxe zu Neuß. Ein Schwarzbrod von 13 Pfund.— 8— Ein Franzbrödchen von 6½ Loth.—— 4 Nachricht für Reisende. Verzeichniß der von Düsseldorf abgehenden Posten. 1. Nach Aachen über Neuß, Fürth, Jülich: 10¾ Uhr Vorm. und 8½ Uhr Abends. 2. Nach Cleve über Uerdingen, Meurs, Rheinberg, Xanten, Calcar: 6½ Uhr früh. 3. Nach Crefeld über Österath: 8 Uhr Vorm., 10½ Uhr Vorm., 11½ Uhr Vorm., 5½ Uhr Nachm. und 9½ Uhr Abends; außerdem mit der Post ad 8. Die Posten um 10½ Uhr Vorm. und 9½ Uhr Abends haben Anschluß an die Cöln=Geldern=Clever Post 4. Nach Essen über Ratingen, Kettwig und Werden 5¾ Uhr Nachm. 5. Nach Gladbach über Neuß und Corschenbroich: 8 Uhr Morgens. 6. Nach Gladbach über Neuß, Glehn, Giesenkirchen und Rheydt: 6 Uhr früh, 11½ Uhr Vorm. und 5 Uhr Nachmittags. 7. Nach Rheydt über Neuß, Korschenbroich und Gladbach 8 Uhr Abends. 8. Nach Kaldenkirchen über Kempen, Crefeld, Lobberich, Breyell 3¼ Uhr Nachm 9. Nach Kaiserswerth: 7 Uhr Abends. 10. Nach Meurs über Latum und Uerdingen: 5½ Uhr Nachm. 11. Nach Mettmann über Gerresheim: 6 Uhr Abends 12 Nach Neuß: 9 Uhr Morgens, 12¼ Uhr Mittags 4¼ Uhr und 6½ Nachm. und 9½ Uhr Abends; außerdem mit den Posten ad 1., 5, 6 und 7. 13. Nach Ratingen: 7 Uhr Abends; außerdem mit der Post ad 4. Schifffahrts=Anzeige. Düsseldorf, den 23. Juli 1851. Angekommen: W. Klingenburg von Gernsheim mit 3314 Crr.— Windolf(Frankf. Nr. 14) von Straßburg mit 800 Ctr. In Ladung von der niederrh. DampfschleppschifffahrtsGesellschaft bis zum 30 Juli: 1 Schleppkahn nach Amsterdam, 1 dito nach Rotterdam Kunst=Verein für die Rheinlande und Westphalen. Die seit dem 29. Juni d. I in den Sälen der Königl. Kunst= Akademie eroffnete Kunst=Ausstellung ist in diesen Tagen durch mehrere neuangekommene Bilder bereichert worden, darunter namentlich: Graf Egmont am Morgen vor seiner Hinrichtung von Louis Gallait in Brüssel; — der Rattenfänger von Hameln von Ad. Schrödter; — Columbus vor dem Collegium zu Salamanca von Röting;— Genrebild von Siegert, Wieschebrink, Frau Jerichau=Baumann;— Landschaften von Schirmer, Scheuren, Gude, Michelis, O. Achenbach. Düsseldorf den 21. Juli 1851. Der Verwaltungsrath. Anzeigen. Heute Mittwoch: Brod von neuem Roggen bei Wilh. Lauffs, Carlsplatz. Heute Mittwoch: Brod von neuem Roggen bei Jos. Dübbers, Mühlenstraße. Gallerie=Verein. Die zur hiesigen städtischen Gallerie gehörenden werden vom 20. d. M. an jeden Sonntag Morgen von 11 bis 1 Uhr im Stände=Saale des neuen Schloßflügels gegen Entree von 2½ Sgr. pr. Person zur Ansicht des Publikums ausgestellt. Die Mitglieder des Vereins sind durch Vorzeigung der Quittung über den gezahlten Jahresbeitrag für 1850 zum unentgeltlichen Besuche der Ausstellung legitimirt. Gleichzeitig ist in den untern Räumen des Schloßflügels die Ramboux'sche Sammlung unentgeltlich geöffnet. Der Eingang zur Ausstellung findet vom tale am Schloßthurme in der Krämerstraße statt. Düsseldorf den 17. Juli 1851. Der Verwaltungsrath des Gemälde=Gallerie=Vereins. Donnerstag den 24. d. Mts., Vormittags 11 Uhr, soll auf meiner Amtsstube die in der Elisabethstraße belegene Baustelle Nr. 32 mit einer Fronte von 28 Fuß und einer Tiefe von 132 Fuß öffentlich an den Meistbietenden verkauft werden. Plan und Bedingungen sind bei mir einzusehen. Düsseldorf den 16. Juli 1851. Der Bürgermeister Hammers. Bekanntmachung. Am Montag den 28. d. M. nehmen die diesjährigen Weidviehmärkte hierselbst ihren Anfang. Indem ich die Herren Viehhändler und Metzgermeister hiervon benachrichtige, bemerke ich, daß die bequemen und schnellen Verbindungswege der Stadt mit der untern Rheingegend einerseits und mit dem bergischen Lande und dem Oberrhein andererseits, sowohl dem Verkäufer als dem Ankäufer gleiche Erleichterungen und Vortheile gewähren und daß, was den Markt selbst anbetrifft, diesseits auf das Beste dafür gesorgt ist, den Besuch desselben möglichst bequem und billig zu machen. Dusseldorf den 18 Juli 1851. Der Bürgermeister Hammers. Bekanntmachung. Es wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß der Tagelohner Franz Michels auf der Ritterstraße Dato zum stadtischen Sackträger ernannt worden ist. Düsseldorf den 21. Juli 1851. Der Königl. Polizei=Direktor: v. Falbert Limonade gazeuse au Citron und alle Sorten künstl. Mineralwasser aus der künstl. Mineralwasser und Bade=Anstalt nach Dr. Struve in Cöln, Maximinstraße Nro. 41, neben dem Garten, ist stets in frischer Füllung und zu denselben Preisen, wie in der Anstalt selbst, vorräthig und empsiehlt zur gef. Abnahme F. J. Greiß, Kasernen= u. Haroldstr.=Ecke. Heute Donnerstag den 24. Juli: oncert auf vom Musikcorps des Königlichen ladet hierzu ergebenst ein Hof=Conditor. Verein„Genügsamkeit.“ Donnerstag den 24. d. M.: Berathung. Der Vorstand. Entfernten Verwandten und Freunden zeige ich statt besonderer Meldung hierdurch an, daß meine liebe Frau, Sophie, geb. Eichhorn, heute morgen gegen 8 Uhr von einem gesunden Töchterchen glücklich entbunden wurde. Düsseldorf den 22. Juli 1851. Friedr. Wilh. Hütz. (473) Ein zuverlässiger, starker, verheiratheter, junger Mann, mit den besten Zeugnissen versehen sucht Beschäftigung. Welcher, sagt die Exped. d. Bl. (483) Ein ordentliches Küchenmädchen, welches in allen häuslichen Arbeiten erfahren ist, wird gesucht. Wo, saat die Exp. d Bl. (485) Eine gesunde Amme wird gesucht. Von wem, sagt die Exp. d. Bl. (488) Wo ein junger Mann Kost und Logis haben kann, sagt die Exp. d. Bl. (487) Ein geräumiges Haus von 16— 18 Theilen, mit wenigstens 4 großen Zimmern, wird zu kaufen oder zu miethen gesucht Schriftliche Offerten mit Beschreibung, Angabe des Preises, der Straße und Nummer— unter den Buchstaben W. H.— nimmt die Exp. d. Bl. an. (482) Es wird eine freundlich gelegene Wohnung oder Etage von 10 bis 12 Zimmern mit Garten gegen April oder früher von einer stillen Familie zu miethen gesucht. Die Exp. d. Bl. sagt von wem. Mittelstraße 1060 sind auf der ersten Etage drei durcheinandergehende Zimmer mit oder ohne Möbeln an eine stille Familie zu vermiethen. Bei Gastwirth Kraus sind auf der 1. Etage zwei möblirte Zimmer nach der Allee zu vermiethen. Dem Hofgartenhause gegenüber Nro. 169 sind zwei möblirte Zimmer zu vermiethen. (413) Eine erste Etage, in der angenehmsten Lage vor der Stadt gelegen, ist mit oder ohne Möbeln zu vermiethen. Wo, sagt die Exp. d. Bl. Ein Unterhaus zu vermiethen, Hohestraße 918. Wasserstand. 23. Juli, Mora. 6 Uhr: 10' 6½". Wind: N.=O. „„ 9„ 10' 7½"„ N.-O. Fremdenblatt. Im Breidenbacher Hof bei Disch. Diehl, Kfm a Cöln. Stovey, Rent a Amerika. King, Rent. a Amerika. Leavitte m. Frau u. Bed., Rent. a Belgien. Heidenheimer, Kfm a Offenbach. Dollfuß, Rent. a Mühlhausen. Worfbam, Rent. a London Jaques m. Fam. und Bedienung, Rent. aus Hamburg. Johanny m. Tochter, Fabrik. a Hückeswagen. In den drei Reichskronen bei Beeking. Eygers m. Fam. und Bedienung, Dr. med. a Amsterdam. Willemer m. Fam., Part. a Bielefeld. Saßberg m. Fam., Kfm a Göttingen Waldmeyer m. Gem., Part a Hamburg Germain m Gem., Part. a d. Haag Dejen m. Jem, Part. a Newyork. Perriet m. Sohn, Rent. a Amsterdam. Batzendyk m. Gem., Part. a Zutphen. de Rueck m. Gem., Part. a Arnheim. Frau Dreun m. Fam., a England. Frau Ziegler m Fam., a England. van der Koelen, Part. a Arnheim. Krusser, Kfm a Amsterdam Helmig, Pfarrer a Odenthal. Castein, Kfm a Nymwegen. Kremnitz, Hofrath a Berlin. Kremnitz, Justiz=Rath a Berlin. Lerrean, Part. a Montrouil. Baron von Poland m. Fam. u. Dienersch., a Holland Beelaerts, Part. a Uetrecht. Rechma, Advocat a Rotterdam. Kloos, Kfm a Rotterdam. Joger, Part. a London. Caste m. Fam., Kfm a Uetrecht. Bergunion, Part. a Paris. Zum Prinzen von Preuszen bei Wittwe E. Schleger. v. Randow m. Bed., Oberst u. Comm. des 5. Ul.=Reg. a Düsseldorf. v. Kusserow m. Bed., Oberst u. Comm. der 14. Inf.=Brig. a Düsseldorf. v. Arnim m. Bedienung, Oberst u. Comm. a Berlin. v. Tronchin m. Bedienung, Hof=Marschall a Düsseldorf Michelhaus m Tochter, a Elberfeld. Engels, Kfm a Barmen. Fräul. Bockelmann, a Bremen. Salm m. Fam., Rent. a Amsterdam. Schlumberger, Part. a Middelberg. Pfeiffer m. Gem., Kfm a Berncastel, Weiße m Fam., a Bamberg. Lange, Kfm a Detmold. Im Cölnischen Hof bei Juppen. Meyer, Kfm a Brüssel. Nickau, Apotheker a Bockum. Hertz, Kfm a Frankfurt. Picard, Kfm a Frankfurt. Hilliger, Kfm a Cöln. Huffer, Kfm a Frankfurt. Berger, Kfm a Coln. Kollmann, Kfm a Stuttgart. Bredt, Priv. a Barmen. Saufer m. Fam., Part. a Amsterdam. Romme, Kfm a Paris. Dicus m. Fam., Part. a Frankfurt. Boon, Rent. a Groningen. Backer, Rent. a Groningen. Bernstein, Kfm a Cöln. Im Römischen Kaiser bei Engels. Goldschmid, Kfm a Frankfurt. Vogts, Kfm a Elberfeld. Valentin, Kfm a Bordeaux. Aßmann, Kfm a Iserlohn. Kesler m. Fam., Zeichen=Lehrer a Filsick. Freitag, Kfm a Hamburg. Schallenberg, Kfm a Barmen. Hüsteger m. Fam., Kfm a Wesel. Danemann, Kfm a Elberfeld. Wolf, Kfm a Crefeld. Sassenwett, Gutsb. a Kempen. Müller, Kfm a Grefrath. Birschel, Gutsb. a Grefrath. Im alten Kasfeehaus bei Heuser. Wolfs, Kfm a Cöln. v. Stop, Priv. a Triest. Kaiser, Kfm a St. Georg. Noelle, Kfm a Brüssel. Schulze m. Fam., Apotheker a Eitorf. Ditgens, Ksm a Dülken. Werner, Kfm a Siegen. Böding, Kfm a Emmerich. Becker, Kfm a Arnsberg. Mürmann, Kfm a Münster. Wilmsen, Kfm a Arnheim. Im Bergischen Hof bei Bender. Theobald, Kfm a Elberfeld. Härter, Kfm a Brohl. Stinnes, Kfm a Mülheim. Fuchs, Kfm a Neuwied. Georgens, Priv. a Frankfurt. Im neuen Krahnen bei B. Rüsgen. Fräul. Gerolstein, a Hachenburg. Urner, Kfm a Burtscheidt. Faßbender, Handelsm. a Gutsdorf. Cremer, Kfm a Harxheim. Dugon, Schiffer a Hildesheim. Pickhardt, Kfm a Gummersbach. Schleuter, Ackersm. a Trarheidt. Lennarz, Kfm a Goch. Schmitz, Fruchthändler a Mainz. Schlueter, Ackersm. a Trarbach. Schmid, Kfm a Worms. Alban, Kfm a Hattenroth. Gardy, Stellmacher a Vierßen. Redakteur: W. Kaulen in Düsseldorf.— Drus und Verlag der Stahl'schen Buchhandlung(W. Kaulen), Carlsplatz Nr. 1043.