und die umliegende

Nro. 102.

Freitag, den 14. April.

Jahrg. 1837.

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Geschichtskalender.

Vierzehnter April.

7813. Kaiser Alexander hebi in Kurland die Leib­Eigenschoft anf.

Eine französische Criminalgeschichte.

Die Ermordung der Frau de Savonniäres. (Fortsetzung.)

" Tags darauf, den 29., fand man unten an der geheimen Treppe ein neues Seil, welches an einen dreiarmigen eisernen Haken befestigt und in Zwischen­räumen mit Knoten, stark genug, um als Leiter zu dienen, versehen war. Auch fand man desselben Ta­ges auf dem Kornboden unter einigem Stroh ein Hemd, dessen Vordertheil und Aermel blutgefleckt wa­ren. Eine Beziehung zwischen diesem Stück Wäsche und derjenigen Lebrung war durchaus nicht vorhan­den. Das Hemd war nämlich viel zu kurz und zu eng für seine Corpulenz, und was die Halsbinde be­traf, so sagten die Kammerfrauen aus, daß Lebrun nie dergleichen ähnliche getragen habe; daß es ihnen jedoch vorschwebe, als hätten sie eben eine solche für einen Lakaien ihrer Gebieterin, Namens Berry, der vor 3 oder 4 Monaten wegen eines gestandenen Diebstahls von 1500 Livres fortgejagt worden, zu waschen gehabt.

Der Abbé Paulard klagte indeß laut Lebrun als Mörder seiner Wohlthäterin an, und den 14. Januar 1690 reichte auch Hr. de Savonnières, sowohl in eigenem, als seiner Brüder Namen, eine Klagschrift ein, dahin lautend:daß Lebrun die Dame Mazel, seine Gebieterin, ermordet, ihr alles Gold, was in ihrem Geldkasten befindlich, gestohlen zu haben, als nach aller Form Rechtens für angeklagt und überwiesen, und sonach des ihm von der genann­ken Dame in ihrem Testament gemachten Legats für

unwürdig und verlustig erklärt, auch verurtheilt wer­de u. s..

Es erhoben sich in der That schwere Verdachts­gründe wider den Angeklagten; das corpus delicti war außer allem Zweifel, und kein Fremder konnte das Verbrechen begangen haben; wie hätte wohl ein solcher die Klingelschnur beseitigen können, um alle Hülfsleistung von Außen abzuhalten? wie hätte er in der Dunkelheit den Schlüssel zum Schrank und den zum Geldkasten finden, wie das geheime Schloß öffnen können?-Noch tausend andere Umstände zeugten gegen die Dienerschaft, und alle Verdachtsgründe rich­teten sich dann insgesammt nur auf Lebrun.

Einer der berühmtesten Anwälde jener Zeit, Barbier'Aucourt, übernahm seine Vertheidi­gung, und stellte in zwei Vorträgen, die sich zugleich durch überzeugende Kraft, logische Ausführung, so­wie durch Eloquenz auszeichneten, die Unschuld Le­bruns und die Ungerechtigkeit der Anklage klar heraus.

Die Sache wurde nichtsdestoweniger weiter ver­folgt, und war am 22. Febr. 1690 spruchfertig. 22 Richter stimmten; nur 2 waren für die Todesstrafe, 4 wollten noch weitere Untersuchung, die 16 andern entschieden sich dahin, daß der Angektagte der ge­wöhnlichen und außergewöhnlichen Folter unterworfen werden solle, und diese Meinung ward dann zum Beschluß.

Am Donnerstag den 23., ließ nun Hr. Lenain, Referent in der Sache, begleitet von Hru. Fraguier,­Lebrun in die Folterkammer führen.

Der ganze Apparat dieser grausamen Gerechtig­keitspflege war darin zur Anschauung gebracht; der Verurtheilte erblich jedoch vor diesem Anblicke nicht. Darauf bemächtigte sich nun seiner der Henker, unter dem Beistande zweier Gehülfen und eines Wundarz= tes, entkleidete ihn, und streckte ihn auf einem Gestelle aus; seine Füße und Hände wurden an starke Ketten gebunden, welche dann, mittelst eines verborgenen Mechanismus sich spannten, und so in den Gelenken des Unglücklichen einen lebhaften, reißenden Schmerz verursachten.