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Nr. 186
Sonntagsbeilage die illust. Wochenendausgabe„Die Neue Woche
Dienstag, den 7. Juli 1936
Senatspräsident Greiser zum Thema
Danzig und der Völkerbund
Gegen bewußte Verdrehung der Zusammenhänge Festigung des deutsch-polnischen Verhältnisses
DNB Berlin, 6. Juli. Während des Rückfluges von Genf gewährte Senatspräsident Greiser dem Danziger Vertreter des Völkischen Beobachters, Zarske eine Unterredung, in der auf die wesentlichsten Fragen eingegangen wurde, die nach dem Verlauf der Genfer Ratstagung im Zusammenhang mit dem Auftreten Greisers ausgeworfen worden sind.
Frage: Ein Teil der Auslandspresse hat in bewußter Verkennung der Zusammenhänge Ihrer Rede in Genf Mutmaßungen vorgebracht, als ob zwecks Beseitigung des Danziger Statuts eine gewaltsame Aktion geplant sei. Sind Sie in der Lage, hierzu eine Erklärung abzugeben?
Antwort: Mir ist diese Stimmungsmache in Genf bekannt geworden. Ich bin sogar zu meiner Ueberraschung während meines dortigen Aufenthaltes mehrere Male von englischen Zeitungen aus London angerusen worden, welche von mir die Bestätigung haben wollten, daß 6000 reichsdeutsche Soldaten in der Nacht zum Sonntag in Danzig einmarschieren würden. Ich habe über diese Erfindungen gelacht, weil ich wußte, daß man in Genf aus Gründen der Ablenkung Sensationen gebrauchte.
Mein Auftreten in Genf entsprang dem Anlaß, auf Aufforderung des Völkerbundsrates Danzigs Interessen dort zu vertreten. Vor meiner Abreise wußte ich noch gar nicht, wie der Inhalt des Berichtes aussah, zu dem ich dann Stellung genommen habe.
grage: Werden Sie auf eine Revision des bisherigen Verhältnisses Danzigs zum Völkerbund bestehen?
Antwort: Nachdem durch die Tätigkeit des jetzigen Kommissars, welcher weiter nichts tat, als zu versuchen, sich in die innere Politik eines souveränen Staates einzumischen, sich ein unerträglicher Zustand entwickelt hat, werde ich mich dafür einsetzen, daß dieser nicht nur mit zeitlicher Begrenzung, sondern für alle Zeit überwunden wird.
Frage: Wird Danzig künftig an einer Diskussion im Völkerbund teilnehmen und auf Aufforderung erscheinen, wenn in Genf innerpolitische Danziger Vorgänge behandelt werden sollen?
Antwort: Sollten in Zukunft noch einmal rein innerpolitische Vorgänge vor dem Forum des Völkerbundes erörtert werden, so wird die Freie Stadt Danzig es ablehnen, an einer solchen Diskussion teilzunehmen. Bei allen anderen Angelegenheiten, die die Freie Stadt interessieren, wird sie jede Möglichkeit wahrnehmen, eingeschaltet zu werden.
Frage: Glauben Sie, daß ein abgeändertes Verhältnis Danzigs zum Völkerbund Störungsmomente für die deutsch=polnischen Beziehungen enthalten konnte?
Antwort: Ich befürchte das keineswegs, sondern bin im Gegenteil fest davon überzeugt, daß Danzig dann einen noch großeren Beitrag als bisher zu leisten imstande sein wird, das gute deutsch=polnische Verhältnis zu befestigen.
Unterhausanfragen
DNB London, 6 Juli. Auf verschiedene an Außenminister Eden wegen der Lage in Danzig im Unter
haus gestellte Fragen, die zum Teil wissen wollten, ob irgendwelche„revolutionäre Schritte“ von der Nationalsozialistischen Partei Danzigs ergriffen worden wären, beschränkte sich Eden auf die Feststellung, daß der Bericht des Danziger Oberkommissars vom 30. Juni am 4. Juli vom Völkerbund behandelt worden sei und daß der Berichterstatter zwei Gehilfen in Gestalt von Vertretern Frankreichs und Portugals zur Unterstützung seiner Aufgabe erhalten habe.
Der konservative Abgeordnete Bandys fragte den Außenminister, ob er es nicht für zweckmäßig halte, eine Volksabstimmung beim Völkerbund vorzuschlagen, um die Wünsche der Bevölkerung Danzigs in bezug auf ihren künftigen Status festzustellen. Eden erwiderte, daß die Angelegenheit vertragsmäßig geregelt sei und daß die beiden hauptbetroffenen Mächte Polen und Deutschland seien. Auf eine Frage Daltons bestätigte Eden sodann, daß er in enger Verbindung mit der polnischen Regierung in dieser Frage handle.
Italienische Blätterstimmen
DRB Rom, 6. Juli. Der Vorstoß des Danziger Senatspräsidenten im Völkerbundsrat steht weiterhin im Mittelpunkt der außenpolitischen Berichterstattung der italienischen Bätter. Wenn auch die tendenziöse:. Pari ser und Londoner Alarmmeldungen verzeichnet werden, so vermeioet es die römische Presse doch songfältig, sich diese politischen Tendenzen zu eigen zu machen. Anderseits kommt in den Berliner Berichten die feste Spraste der deutschen Presse zur Danziger Frage und die kritische Skepsis gegen die unter dem Deckmantel der Völkerbundsreform betriebenen politischen Manöver deutlich zum Ausdruck.
Der Berliner Berichterstatter der Tribuna schreibt u. .: Auch wenn Senatspräsident Greiser es nicht gesagt hätte, könne kein Zweisel darüber bestehen, daß er nicht nur im Namen der 400000 Danziger, sondern aller Deutschen gesprochen habe. Das Blatt verzeichnet in diesem Zusammenhang außerdem die deutsche Emporung über das Verhalten der Völkerbundsversammlung, die, ohne einzugreisen, es zugelassen habe, daß der Vertreter der Freien Stadt Danzig ausgepfiffen und beschimpft worden sei.
Der Pariser Berichterstatter des Lavoro Fascista spricht von Uebertreibungen der französischen Presse, die ohne jeden Beweis einen Handstreich Deutschlands auf Danzig für bevorstehend halte. Nach Ansicht des Korrespondenten leide man in Paris fast jeden Tag an einer anderen Halluzination. Wenn diese Gefahr wirklich bestünde, so ware sie nur ein Grund mehr, umn die europäische Lage von jedem afrikanischen Ueberbleibsel vollständig zu befreien. Statt dessen bleibe man jedoch trotz des Wunsches nach Mitarbeit Italiens bei seiner Verdächtigung, ein Verfahren, oas sich mit einer freien aufrichtigen und freundschaftlichen Zusammenarbeit schlecht vereinbaren lasse.
Am Samstag im Völkerbund
Dicses Bild zeigt: Greiser hat sich nach der Rede in den Wandelgang des Völkerbundspalastes zu einer kurzen Besprechung zurückgezogen. Von links nach rechts: Der Flug, kapitän der Danziger Delegation, Landgerichtsdirektor Wohler, Greiser, Dr. Großmann, Greisers Gattin, Staatsrat Dr. Boctcher, der Leiter der auswärtigen Abteilung des Senats
Aufgehoben...!
Das Ende der Sanktionen gegen Italien
DNB Genf. 6. Juli. Die Sanktionskonferenz, der mit Ausnahme von Italien und Abessinien alle Mitglieder des Völkerbundes angehören, ist Montagvormittag zusammengetreten, um auf Grund der grundsätzlichen Entscheidung der Völkerbundsversammlung vom vorigen Samstag die Aufhebung der Sanktionen gegen Italien zu beschließen. Auf Antrag der englischen Regierung hat die Konferenz beschlossen, daß die Sanktionen gegen Italien am 15. Juli von allen Staaten ausgehoben werden.
In der Aussprache naym eine Reihe von Vertretern, namentlich der lateinamerikanischen Staaten, kurz Stellung, um ihre grundsätzliche Auffassung zum Sanktionsproblem noch einmal darzulegen.
Der Vertreter Polens teilt mit, daß Polen aus eigener Machtvollkommenheit die Sanktionen bereits aufgehoben habe und daß Polen infolgedessen bei der Abstimmung sich der Stimme enthalten werde.
Der Vertreter Spaniens benutzte diese Gelegenheit, um in einer formalrechtlichen Erwiderung auf die Ausführungen des polnischen Vertreters den kollektiven und gleichzeitigen Charakter der Sanktionen zu betonen.
In der Aussprache schlossen sich die Vertreter Englands und Frankreichs diesen Ausführungen des spanischen Vertreters an. Der Vertreter Chinas betonte ausdrücklich, daß die Zustimmung der chinesischen Regierung zur Aufhebung der Sanktionen nicht auch eine Anerkennung der teritorialen Entscheidungen bedeute.
Großfeuer in Schweden
5 Millionen Kronen Schaden
DNB Stockholm, 6. Juli. In den späten Nachmittagsstunden des Samstag wurden die Fabrikgebäude des Elektrolux=Konzerns in Lilla Essingen in den Stock
ilmer Schären von einem Großfeuer heimgesucht Obwohl alle Stockholmer Wehren zur Stelle waren, gelang es nicht mehr, die Flammen auf ihren Enttehungsherd zu beschränken. Große Teile des Fabrikbetriebes wurden eingeaschert und auch das Gebäude der kaufmännrchen Betriebsleitung stark i Mitleidenschaft gezogen. Der Schaden dürfte sich nach vorläufigen Schätzungen au 5 bis 6 Millionen Schwedenkronen belaufen. Man mmmt an, daß das Feuer durch Selbstentzündung entstanden ist.
Da sich in einem Teil des Betriebes die Mehrzahl der Arbeiter in einem 14tägigen Urlaub besand, waren zur Zeit des Unglücks nur wenige Betriebe besetzt, so daß glücklicherweise keine Menschenieben gefährdet waren. Der starke Sturm, der zur Zeit des Brandes herrschte, machte die Situation allerdings bedenklich, da man ein Ueberspringen der Flammen auch auf einige Wohnhauser befürchten mußte. Den Bemühungen der Feuerwehr gelang es jedoch, ein Uebergreisen der Flammen zu verhindern.
Die Leitung des Konzerns hat beschlossen, die zerstörten Gebäude innerhalb kürzester Zeit wieder aufzurichten, so daß bereits in einem Monat die Arbeit wieder voll ausgenommen werden kann.
Prossephotos
Dieses Bild zeigt: Nach der Rede Greisers hat sich gleichfalls der polnische Außenminister Beck mit seinen Beratern in eine Ecke zurückgczogen, um die Antwort auszuarbeiten
Haile Selassie wieder in England
DNB London. 6. Juli. Der Negus ist am Montag wieder nach London zurückgekehrt.
Die„Danziger Frage“
Die Weltöffentlichkeit beschäftigt sich immer noch mit der erfrischenden Rede, die der Präsident des Danziger Senats vor dem Völkerbundsrat hielt. Wie groß der Mangel an„Verständnis“ ist, mit dem die Zusammenhänge gewertet werden, geht aus mancherlei Stimmen des Auslandes hervor. Der Präsident selbst hat in einem Flugzeuginterview, das er dem Danziger Vertreter des Völkischen Beobachters gab, auf die Stimmungsmache hingewiesen, die von einem Teil der Auslandspresse betrieben wurde. In den wenigen Stunden, die er in Genf weilte, wurde er zu seiner nicht geringen Ueberraschung mehrmals von englischen Zeitungen aus London angerufen, die sich allen Ernstes danach erkundigten, ob es denn stimme, daß in der Nacht zum Sonntag 6000 reichsdeutsche Soldaten in Danzig einrücken würden... Auch im Unterhaus haben etliche besorgte Abgeordnete an den Außenminister Eden die Frage gestellt, ob irgendwelche
„revolutionäre Schritte von der Danziger NSDAP ergriffen“ worden seien.
Die Gründe, auf die all diese Mutmaßungen und Schrecschüsse zurückgehen, liegen so klar auf der Hand, daß man in der Tat nichts Besseres tun kann, als darüber— lachen. Anderseits aber muß immer wieder, und zwar mit allem nur möglichen Ernst, darauf hingewiesen werden, daß die friedliche Klärung der Fragen, die sich um Danzig erheben, am besten zwischen Deutschland und Polen vonstatten geht, zwischen den Mächten, die an der„Danziger Frage“ allein interessiert sind. Daß die Einmischung des Völkerbundes bzw. seines Hohen Kommissars als Quelle ständiger Beunruhigung anzusehen ist, haben die letzten Ereignisse schlagend bewiesen. Die Tätigkeit des Kommissars stellt, wie Präsident Greiser nochmals betonte, eine Einmischung in die innere Politik eines fremden Staates dar; es ist nur selbstverständlch, daß Danzig deshalb in Zukunft jegliche Teilnahme an Völkerbundsdiskussionen ablehnt, die innenpolitische Vorgange zum Gegenstand haben.
Im übrigen zeigt sich immer mehr, wie stark Greiser als Sprecher der Danziger Bevölkerung fungierte: er
hat ganz und gar die Stimmung gespiegelt, die Dan