4
—
*
11
ie sti0o
Karneval an der Riviera
Ein tolles Treiben erfüllt um diese Zeit Straßen und Plätze des schönen Rivieraortes Nizza, das alljährlich mit größter Pracht den Einzug des Prinzen Karneval feiert.
*
∆
Der Tag der Verlobungen
St. Valentin am 14. Februar
Von jeher gilt der 14. Februar als ein Tag ganz besonderer Bedeutung, der in verschiedenen Ländern auf verschiedene Art und Weise gefeiert wird. Am lebendigsten scheint sich seine Tradition noch in England erhalten zu haben, wo der 14. Februar als der Tag der Liebesleute gilt, die sich gegenseitig mit einem Liebesbriefchen, dem sogenannten valentin. erfreuen. Aus diesem Anlaß werden alljährlich große Mengen von Briefen durch die Post befördert, und die Londoner Briefträger erhalten als Entschädigung für ihre Mühe ein besonderes Trinkgeld als Ablösung des früher üblichen Festmahles, das aus Rostbraten und Bier bestand.
In manchen Gegenden Deutschlands galt allerdings der 14. Februar auch als Unglückstag; vorwiegend ist jedoch die Bedeutung, die liebeslustigen Menschenkindern Glück verheißt. So ist der Tag zu einem Verlobungstag geworden. Bereits am Vorabend versammeln sich die jungen Leute zu lustigem Spiel. Jeder schrieb dann den Namen eines ihm bekannten männlichen oder weiblichen Wesens auf einen Zettel, der alsbald in einen Behälter geworfen wurde, worauf sich jeder Anwesende einen der Zettel herausnehmen mußte. Der Träger und die Trägerin des Namens, den sie oder er aus der Urne gezogen hatte, blieb nun für ein volles Jahr der ihr bestimmte Herzensfreund oder die liebliche Festgefährtin. Valentin und Valentine hatten sich gefunden. Daß aus dieser scherzhaften Verlobung manchmal auch Ernst wurde, läßt sich denken. Auch zahlreiche Geschenke wurden bei dieser Gelegenheit versandt. Die Namen Valentin und Valentine kehren übrigens auch bei dem in Westfalen und im Rheinland als„Maibrautschaft" bekannten Brauch der Walpurgisnacht wieder, in der die jungen Leute unter Gesang und Peitschenknall aus den Dörfern heraus auf die Anhöhen zogen, wo die Mädchen mit dem Spruch Heute zum Lehen, übers Jahr zur Ehen“ an die Meistbietenden versteigert wurden.
Wie uralt der Brauch des Valentintages ist, geht daraus hervor, daß Herodot eine ganz ähnliche Sitte für die illyrischen Veneter bezeugt, bei denen das Auslosen oder die Versteigerung der jungen Mädchen gleichzeitig den Zweck verfolgte, eine Aussteuer für die Minderbemittelten oder auch Häßlichen zu beschaffen, damit diese doch wenigstens in einer Beziehung begehrenswert erscheinen konnten. Ein ähnlicher Volksbrauch herrschte ferner bei den alten Römern während ihrer Lupercalien, jenes am 15. Februar zu Ehren des Faunus oder Lupercus(Wolfsabwehrer) stattfindenden Festes, an dem die jungen Leute ebenfalls Namenstäfelchen in einen Behälter warfen und sich dann unter den Auspizien der Juno für ein Jahr in den Liebesdienst des Mädchens stellten, dessen Name als Los auf sie entfallen war. In Frankreich erwählte übrigens mancher junge Mann auch ohne jene feierliche Verlosung gleich das erste Mädchen, das ihm am Morgen des Valentintages begegnete, zu seiner Valentine, und sie durfte ihm die Gefolgschaft für ein Jahr nach ungeschriebenem Gesetz nur gegen Erlegung
N G 46.
eines Bußgeldes verweigern, das der Dorfjugend zufiel. Am Valentinstag wurden endlich auch sogenannte Blutreinigungskuren unternommen; im Mittelalter war dieser Tag zum Aderlassen bestimmt.
Auch ein Grund
„Geben Sie sich keine Mühe— ich trete in ihre Lebensversicherung nicht ein. Mein Nachvar war auch drin und ist doch vor vierzehn Tagen gestorben.“
A
Sturm
am
Erzählung aus dem kurkölnischen Linz— Von P. Sinzig
Khein
Copyright Butzon& Bercker G. m. b. H. Kevelaer XVIII. In Sturmesnacht
Das hatte die alte treue Richmod nicht erwartet, daß ihre Rachel im Turm sich so erregen würde, als sie ihr etwas von ihrem Vater erzählte, was harmlos verlaufen war. Der Bürgermeister Schomecher war ins Haus gekommen und hatte wissen wollen, wo der Jausepp in jener Nacht war, als die Strohgarben in der Ratskapelle angezündet wurden. Der Jausepp hatte erklärt, trotz der Brandrufe des Torwächters der Neuporz im Bett geblieben zu sein, da er übermüdet war.
Rachels Augen hatten sich geweitet, als sie Richmod erzählen hörte. Sie stierte in die Ferne. Mein Gott, war schon ein Verdacht auf den Vater gefallen? War ihr Schweigen zwecklos:
Noch nie hatte Richmod sie im Gefängnis anscheinend so teilnahmslos und unaufmerksam gesehen, noch nie war sie auf liebevolle Fragen so oft ohne Antwort geblieben oder hatte ganz falsche Antworten bekommen! War das die Gefängnisluft, die auf ihre Rachel so einwirkte: Was ihr Pflegekind hoffnungslos geworden? Richmod verabschiedete sich in gedrückter Stimmung und fand diesmal sogar den Kuß iyrer Rachel lau und gewohnheitsmäßig, ohne das dankbare Aufblicken ihrer Augen, das sie so gerne
Als die treue Besucherin weg war, bedeckte Rachel mit beiden Händen ihr Antlitz und schluchzte fassungslos. War denn alles vergeblich? Sollte ihr Vater doch angeklagt werden?... Das wäre seine sichere Verurteilung.„
Auf der anderen Seite winkte ihr die Freiheit, die goldene, die wie der Sonnenstrahl leuchtet, und die nur der kennt, dem sie unerreichbar ist.
42. Fortsetzung.
Und mit der Freiheit winkten ihr ein paar Jünglingsaugen, so strahlend und tief und lieb, wie sie noch nie welche gesehen.
Aber da schaute sie auch die Gegenseite: ihr Vater gefangen, mehr noch: gefoltert! Sie vermochte die Vorstellung nicht auszudenken. Gefoltert!... Entsetzlich! Zu oft hatte sie von den Schreckenswerkzeugen im Turmverlies gehört und von den hartherzigen Henkern, die keine Träne rührt, keine Bitte, keine Qual, kein Todesschrei eines Gemarterten...“ Und nach der Folter der Tod am Galgen... Ein Fraß der Raben, die seinen Leichnam auf dem Kaiserberge umflatterten und zerstückelten... Ein Schaustück allen Rheinfahrern, die flußauf= und=abwärts zogen... Ihr Vater!...
Er war ihr nicht allzu viel gewesen, aber ihre Mutter hatte ihn lieb gehabt. Würde die ihr verzeihen, wenn sie ihn in den Kerker, auf die Folterbank und an den Galgen brächte?
Aber die Befreiung des Vaters bedeutete ihren Kerker...
Nur Kerker? Wie ein Schauder überrieselte sie plötzlich die Vorstellung der Folter. Aber nein, tausendmal nein! Könnte man sich an ihr vergreifen? sie dorthin schleppen? sich an ihrer Qual weiden?
Laut stöhnte sie auf, warf sich aufs Lager und schluchzte angstvoll:„Nur das nicht, o Gott, Mutter Jesu, hab' Erbarmen mit einer Unglücklichen aus deinem Stamme!“
Stunden vergingen. Es war dunkel geworden. Draußen zuckten Blitze. Der Regen klatschte wider die Basaltmauern des hohen Turmes. Der Sturm blies durch das kleine mit drei starken Eisenstäben versehene Fenster und strich ihr um den Kopf, zerzauste ihr Haar und Kleid und
ließ nicht einmal die Bettdecke in Ruh. Da zwischen plötzliche Stille, Atempausen des Sturmes, der immer wieder empört am Gemäuer rüttelte und Mörtelstücke abbröckelte.
Rachel ängstigte sich. Sie hätte gerne ihr Kerzlein angezündet; aber das würde der Sturmwind doch im nächsten Augenblick ausgelöscht haben. Nun bedrohten sie im Dunkel Schreckgestalten aus der Folterkammer, rauhe Büttel mit glühenden Eisen, Stacheln und Peitschen, Zangen und Rädern. War das Stöhnen, was sie da hörte? Konnte der Sturm so täuschen? Da wiederum plötzliche Stille, die sie den Atem anhalten und etwas Furchtbares erwarten ließ.
Sie schrie auf. Es war wirklich etwas hart neben ihr auf die Steinfliesen des Gefängnisses gefallen. Bewegte es sich? kam es auf sie zu? kletterte es an ihr herauf?
Sie schalt sich ihrer Angst, preßte die Zähne aufeinander und suchte nach Licht. Aber der Sturm hatte wieder eingesetzt und vereitelte ihr Bemühen. Ohne sich zu rühren, aber mit dem Zunder in der Hand, wartete sie auf eine neue Atempause. Jetzt!... Sie schlug Feuer. Da lag neben ihr, wie damals, ein kleiner Bolzen mit einem Stückchen Papier. Im Augenblick überflog sie es:„Zieht langsam. Jost.“
Noch ging ihr der Sinn der Worte nicht auf Das Unerwartete, die Schrift, der Name, all das ließ sie stärker zittern. Nun tastete sie im Dunkel nach dem Bolzen. Der hing an einem Faden. Sie suchte ihn aufzuwickeln; vielleicht. daß Jost ihr eine weitere Nachricht zukommen lassen wollte oder irgend einen kleinen Gegenstand.
Sie zog und zog und hatte bald den Boden vor sich mit Fäden bedeckt. Da stockte das Zeichen. Es mußte wohl ein Knoten sein, der sich am Eisengitter gefangen hatte. Vorsichtig versuchte sie den Faden seitwärts zu halten. Es ging. Aber als sie nun den Knoten in den Händen fühlte, fühlte sie auf einmal, daß der einen leichten Strick mit dem Faden verband. Was doch dem Jüngling einfiel. Hatte der etwas so Schweres heraufzuschicken?
Sie zog weiter, weiter. Immer mehr häufte sich auf dem Boden der gewundene Hans. Da,
Unmöglich
„Sagen Sie mal, Männeken, sind denn da auch keine Trichinen drin?“
„Quatsch, is ja an beiden Enden zugebunden!“
wieder ein Knoten. Sie fühlte es deutlich, aber nach wenigen Versuchen war auch dieses Hindernis beseitigt und gleich darauf hatte sie ein starkes Seil in den Händen, das am leichten Strick befestigt war.
Da stutzte sie. Was wollte Jost? Aber ehe sie sich noch selbst Anwort gab, knisterte ein Pavier in ihren Händen, das am Seil befestigt war.
Wieder machte sie Licht und las:„Schlingt es um die Eisenstangen. Ich komme.“
Da pochte ihr Herz, daß sie die Hand darauf legte, damit es ihr die Brust nicht sprenge. Er kam?... Er?... Ein Glücksgefühl über
kam sie. Aber da sanken die Hände schlaff herab. Durfte sie es tun? Was wollte der junge Mann? Doch nein! Fort mit jedem Argwohn! Der war nicht fähig, etwas Unehrenhaftes zu versuchen! Der kam, ihr zu raten, ihr zu helfen. Er konnte ja auch nur bis ans Fenster. Das Eisengitter hinderte den Eintritt.
Nun suchte sie das Seil zu befestigen. Unmöglich. Sie kam nicht bis an die Stangen. Da band sie es schnell am Bettende fest, zog das ganze Bettgestell bis zur Fensterwand, faltete die Decke, daß sie einige Zentimeter höher zu stehen kam und mühte sich nun, den Strick und dann das Seil um die Eisenstäbe zu schlingen und festzumachen. Es glückte nicht leicht. Die Höhe erlaubte ihr nur mit den Fingerspitzen zu arbeiten; aber so viel sie auch keuchte, und so schwer es ihr würde, es mußte gehen. Jost wartete. In Sturm und Regen! Durchnäßt bis auf die Haut! Ihretwegen!
Nun saß das Seil fest. Sie betastete es mit den Fingerspitzen und fühlte deutlich, wie Kastenholz von unten vorsichtig zog, um seine Widerstandskraft und Festigkeit zu erproben. Da zog sich der Knoten straff. Jost mußte am Klettern sein... Er kam...!
Rachel sank auf die Knie. Zur Jungfrau in der Ratskapelle betete sie, jetzt wo er zwischen Himmel und Erde schwebte, daß er nicht die Kraft verliere, daß ihn keine Wächter erblickte, daß ihm nichts Böses geschähe, mochte für sie kommen, was da wollte.
(Fortsetzung folgt.)