4. Jahrgang.

Bonn, Mittwoch den 6. October 1875.

Nr. 276.

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Ergan für das kathorische brutschr Holk.

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I. R. Eintyrannischer Selbstherge1. undVertreter des

im Sinne derKöln.

Wir geben hier eine kurzgefaßte Uebersicht der Thä­zigkeit des ermordeten Präsidenten von Ecuador, Garcia Moreno's, während seiner Dictatur und während der zwei Perioden seiner Präsidentschaft, d. i. in einem Zeitraum von 11

Umgestaltung der Verfassung. Umänderung der Zolleinkünfte in National= nicht Provincialrevenuen. Nationalvertretung, ba­firend auf der Gesammtbevölkerung unter Beseitigung der Pri­pilegien der Städte. Errichtung eines Tribunals für Rech­nungsablagen. Organisation der Gerichtshöfe. Gründung einer polytechnischen Schule unter theilweiser Aufsicht der Jesuiten (augenblicklich zu groß, da das Land noch nicht Schüler genug liefert). Gründung eines astronomischen Observatoriums, einge­richtet und geleitet von den Jesuiten, eines der schönszen, und zeichsten der Welt. Garcia, der in den mathematischen Wissen­schaften sehr bewandert war, wollte es zum herrlichsten der Welt machen. Die meisten Instrumente hat er selbst beschafft. Communicationswege und Straßen. Fünf große Straßen hat Garcia begonnen und fast vollendet. Die Hauptstraße, von Guayaquil nach Quito, ist 80 Meilen lang. Sie ist gepflastert und zählt 120 Brücken; ein vortreffliches, bewunderungswürdi­

ges Werk, dessen Ausführung fast unmöglich schien. Errichtung vier neuer Diöcesen. Concordat mit dem römischen Stuhl. Reform des Regularklerus; Wiedereinführung des gemeinsamen, klösterlichen Lebens. Schöpfung der Armee. DieArmee war zuvor nur ein wilder Haufe, ohne Organisation, ohne Disci­plin, ohne Uniformen, ohne ordentliche Bekleidung. Umbildung des Militärwesens nach französischem Muster; Organisation, Armirung, Disciplin, musterhafte Ausrüstung. Errichtung von Leuchtthürmen zu Guayaquil: solche gab es zuvor auf der ganzen Küste nicht. Gymnasien in allen Städten; Schulen in den kleinsten Dörfern und unter Leitung der Schul­brüder. Mädchenschulen; Barmherzige Schwestern, Schwestern vom hh. Herzen Jesu, vom guten Hirten, von der Vorsehung, Armenschwestern. Hospitäler. Den ehemaligen Director des Hospitals zu Quito, der einem Armen die Aufnahme geweigert, überhaupt nachlässig war, setzte Garciu ab und ließ sich selbst zum Director ernennen. Täglich besichtigte er die Anstalt, refor­mirte die Verwaltung und machte sie zu einem Musterinstitut.

Er selbst verrichtete Thaten heroischer Nächstenliebe. Unterhaltung und Vermehrung der Congregationen; er selbst war actives Mitglied der Armencongregation. Errichtung von vier Museen. Das katholische Protectorat, große und herrliche Handwerker­schule nach dem Vorbilde von St. Michael zu Rom, unter Aufsicht und Leitung der Schulbrüder. Postverträge mit ver­schiedenen Staaten. Verschönerungswerke und Reinigungs=Ar­beiten in den Städten. Die Städte Guayaquil und Quito wur­den durchaus verändert und umgebaut.

Brach irgendwo, was nicht selten geschah unter der früheren Regierung, eine Revolution aus, so ahndete man dieselbe nach Willkür mit fast unerschwinglichen Contributionen. Garcia hat diese Sitte beseitigt. Während seiner Regierung legte er keine Contributionen auf; die Steuern wurden nicht erhöht. Tas sind die Hauptthaten des Präsidenten der Republik Ecuadors. Anderes, was er nicht mehr vollenden konnte, hatte er rühmlich begonnen und weit gefördert. Gar Manches, was er schuf, geschah auf eigene Kosten. Während seiner ersten Prä­sidentschaft behielt er nichts von seinem Gehalte für sich; in der folgenden wendete er einen großen Theil desselben dem öffentlichen Wohl zu. Höchst uneigennützig lebte er ohne Auf­wand in seiner bescheidenen Wohnung.

Das sind die glänzenden Segensspuren des edelsten und that­kräftigsten Helden, der ein großes und wildes Land civilisirte, aus politischem, socialem und sittlichem Elend mit dem edelsten Herzen und großartigstem Geiste zu hohem Wohlstande zu führen auf dem Wege war.

Liberale benachbarter Republiken haben ihn ermorden lassen, um denFortschritt" des Volkswohls nach ihren An­schauungen zu fördern.

Kein Wunder, daß, auf diese Nachricht hin, überall aus allen Höhlen des Abgrundes, wo die Corruption, die Fäulniß und die Diabolik der Zeit der christlichen Civilisation Verderben brütet, ein wahres Triumphgeschrei hervorbrüllt.

Seine Grabschrift ist ein Triumphgesang der Freiheit, sein Todestag ein Tag nationaler Feier schallt es aus der Köln. Zig(15. September), die das Wort einem amerikani­

S Eine Familienintrigue. 10

Original=Erzählung von**.

(Fortsetzung.)

Dir gönne ich die Lection, sagte Otto, um Madelon aber ist mir leid, sie ist so bescheiden und gefällig, und verdiente es nicht, auf diese Weise beleidigt zu werden.

Nun, vielleicht kannst Du gut machen, was ich an ihr verbrochen habe, erwiederte der Andere spottend, der Blick, mit eem sie Dir für den mir gütig ertheilten Verweis dankte, war lo füß und schmelzend, als jener wüthend und wild war, den sie mir zuwarf. Scheint es doch fast, als ob Du überall mein begünstigter Nebenbuhler sein solltest, fuhr er fort, als wir uns im vergangenen Winter Beide um Lilli Fronberg's Gunst be­barben, mußte ich ebenfalls vor Dir die Segel streichen und da war mir bei Weitem mehr daran gelegen, denn Lilli ist nicht kur viel schöner als diese einfache Mamsell, sondern auch eine reiche Erbin.

Die reizende Lilli ist jetzt unser Gast, erwiederte Otto, und venn Du Dich um ihre Neigung bewerben willft, werde ich Dir Jewiß nicht länger im Wege stehen, das Mädchen ist mir ganz gleichgiltig geworden.

Dann darf es meine Wenigkeit freilich wagen, spottete der Andere. Und was hat Dein Herz von ihr gewendet oder sandest Du sie verändert?

Rein, das nicht, ich lernte sie näher kennen, sagte Otto, und fand sie unbedeutend; sie ist ein Zierpüppchen, das nur für die Alltäglichkeiten des Lebens Sinn hat, ohne jeden höheren susschwung. Ihr Umgang langweilt mich und ihr hübsches karvchen kann für die innere Schaalheit keinen Ersatz bieten.

Eine charmante Charakteristik, sagte der Officier in ge­jeg Tone, sie könnte Dir wirklich dafür zu Dank verbunden .;;, Da ich aber keine so großen Anforderungen an das schöne Eeschlecht stelle, hoffe ich mich dennoch mit ihr ganz leidlich zu amüsiren.

Wozu ich Dir vom Herzen Glück wünsche, erwiederte Otto, n0 Dir im Voraus versichern kann, daß Du Lilli gewiß eine

schen Freimaurerblatte nachdruckt. Dem christlichen Gemüthe ist es kaum möglich, die ganze brutale und wüste Frivolität solcher Auslassungen zu fassen. Es ist schwer, mit unserer An­schauung in den infernalisch qualmenden, haß= und giftdurch­glühten Abgrund jener diabolischen Denkungsart sich zu ver­setzen, von der die christliche Anschauung, wie Dante im sechsten Kreise seiner Hölle, die Augen lieber wegwendet.

Im Jahre 1869 urtheilte von der Person und Thätigkeit Garcia Moreno's der liberale Historiker Eduard Arnd:Moreno besaß eine nicht gewöhnliche wissenschaftliche Bildung, historische und mathematische Kenntnisse und sprach mehrere fremde Sprachen. Er wollte, woran vor ihm noch kein Machthaber in Ecuador ernstlich gedacht hatte, dasselbe durch administrative Reformen im Inneren regeneriren, es auf diese Art von der Neigung zu gewaltsamen politischen Veränderungen abziehen und dadurch auch den moralischen Charakter der Bevölkerung ver­bessern. In materieller Beziehung war fast Alles zu thun übrig geblieben. Ecuador lag zu gewissen Zeiten im Jahr von jeder Verbindung mit dem Auslande wie abgeschnitten und ganz isolirt da. Moreno wollte Handel und Verkehr beleben, Gesetze und Einrichtungen in diesem Sinne schaffen oder verbessern und

bereiste das Innere des Landes.

Bis 1865 verwaltete er in diesem Geiste die Präsidentschaft und dann zum zweiten Male von 1869 bis 1875. In diesem Jahr war er zum dritten Male zum Chef der Executive seines

Staates erwählt worden. Terwingn u.

Auch die sechs Jahre seines zweirenTermins" benutzte Garcia Moreno gleich jenen des ersten. So berichtete über ihn der nicht katholische Vereinigte Staaten=Consul zu Guayaquil, Charles Weile, im Laufe des vergungenen Jahres:Ich sage nicht zu viel, wenn ich Moreno den erleuchtetsten Staatsmann in Südamerika nenne. Seine Politik ist die des Fortschritts und der Civilisation, und selbst seine bittersten Feinde aner­kennen die Reinheit seiner Verwaltung. Er ist ein Mann von außerordentlichen Talenten von großer Energie und hoher wissenschaftlicher Bildung. Dabei ist er immerfort thätig, bringt ganze Tage im Sattel zu, um öffentliche Arbeiten zu beaufsich­tigen. Im Verkehr ist er freundlich und höflich. Seitdem er Präsident ist, herrscht in Ecuador Friede und Ordnung. Die Anarchie hat aufgehört. Industrie, materielle wie geistige Ent­wickelung und Wohlstand sind überall sichtbar.

Garcia Moreno war auf dem Wege, in Ecuador eine ebenso musterhafte Regierung durchzuführen, wie sie cinst in Pa unter den Jesuiten bestand. Das aber ertrug nicht der

der Vösen, der Feinde alles wahren Vollswohles.

Deutschland.

* Berlin, 4. Octbr. Der bleibende Ausschuß des deutschen Handelstages wird hier am 21. zusammentreten, um über die allgemeine Geschäftslage und das Eisenbahngesetz zu berathen. Mehreren Abendblättern zufolge ist der Termin für die mündlichen Verhandlungen über die Arnim'sche Sache beim Ober=Tribunal auf den 20. October d. J. anberaumt. Be­fassen wird sich mit dieser Sache die erste Abtheilung des Obertribunals=Senates für Strafsachen unter dem Vorsitz des Wirklichen Geh.=Raths Präsidenten v. Ingersleben; der Ange­klagte wird, so viel bis jetzt darüber feststeht, ausschließlich vom Geb. Justizrath Dorn vertreten sein. A uum gn 5 n

Der Kaiser hat, mittels Allerhöchster Orore vom 27. d. M. bestimmt, daß die Stelle des vortragenden Raths im Ministerium für Lauenburg zum 1. Octbr. d. J. eingezogen, und der Stellen­Inhaber, Geheimer Ober=Regierungsrath Freiherr v. Landsberg, unter einstweiliger Belassung der Befugniß zur Vertretung des Ministers in Abwesenheits= und Behinderungsfällen auf Warte­

Der Entwurf zur Aenderung des Strafgesetzbuches ist erschie­nen, zwar in nur vier Artikeln, die ihre Last aber vollauf in sich tragen, denn der erste verwandelt nicht mehr und nicht we­niger als einundfünfzig Paragraphen, welche die alten Nummern beibehalten, dagegen sämmtlich Verkürzungen erfahren. Abgesehen von dem Duchesne=Paragraphen, finden wir Auf­hebung der Antragsvergehen, Verschärfung des Kan­zelparagraphen, Maßregeln gegen die noch nicht 12 Jahre alten Verbrecher, verschärfte Strafen gegen be­wußte Verbreitung erdichteter und entstellter Thatsachen(was sich die Presse ad notam zu nehmen hat), höhere Strafen auf Körperverletzungen, auf Verletzung der Wehrdienst=Pflicht und als neue Einführung Friedensbürgschafts"=Leistung gegen die Wieder­kehr von Vergehen und Verbrechen. Diese Leistung wird im

zweiten Artikel näher ausgeführt, der 11 Paragraphen neu ge­staltet und auch, im Rückblick auf den Arnim'schen Fall, fahr­lässige und dolose Beamte des auswärtigen Amtes unter beson­dere Strafen stellt. Wenn je, wird hier der Reichstag scharf zu­zusehen haben, ne quid detrimenti respublica capiat.

Wie demDziennik Poznanski aus Mogilno berichtet wird, hat der ehemalige Propst Suszczynski seinen Propsteipächter, Herrn Hirschberg, unter Berufung auf§ 3 des Altkatholikengesetzes aufgefordert, den fälligen vierteljährlichen Pachtzins im Betrage von 1050 M. an ihn einzusenden. Der Propsteipächter hat den Kirchenvorstand hiervon in Kenntniß gesetzt, und dieser hat beim königlichen Commissarius für die Verwaltung des Diöcesan­vermögens gegen die Forderung des Domherrn Suszczynski protestirt, bis jetzt aber noch keinen Bescheid erhalten. Der Kirchenvorstand ist übrigens entschlossen, nöthigenfalls gegen die Ansprüche des Domherrn Suszczynski den Weg Rechtens zu beschreiten. Die Propstei in Mogilno gehört zu den einträg­lichsten der Erzdiöcese Gnesen.

O München, 3. Octbr. Die gestrige Sitzung der Kammer der Abgeordneten verlief ziemlich glatt und ruhig, obwohl zwei Gegenstände von großer Wichtigkeit die Tagesordnung bildeten. Es handelte sich in erster Linie um Erlaß einer Adresse an Se. Maj. den König. Der II. Präsident Oberappellrath Dr. Kurz begründete den Antrag kurz und gut. Stauffenberg, der der liberalen Partei sprach dagegen. Er fand keinen Grund zum Erlaß einer Adresse, nachdem die Thronrede unterblieben sei. Es war nicht nothwendig, solche Ansichten zu widerlegen. Jedermann fühlt die Wichtigkeit des gegenwärtigen Momentes für Bayern's Zukunft, und speciell für die Majorität des bayer. Volkes ist es dringendes Bedürfniß, die Wünsche und Bitten des Landes gegen die liberale, antibayerische Mißwirthschaft an den Stufen des Thrones niederzulegen. Es wurde deshalb auch nicht debattirt, sondern einfach abgestimmt. Es ergaben sich 79(gegen 77) Stimmen für Erlaß einer Adresse. Ein zweiter wichtiger Gegenstand war der Antrag des Advokaten Dr. Horn, die Reihenfolge der Wahlprüfungen betreffend. Der Antrag be­zweckt, daß in derselben Reihenfolge, welche das Regierungs­ausschreiben befolgte, die Prüfung der Wahlreclamationen vor­genommen werden solle. Der Antrag hat die Tendenz, liberalen Ueberrumpelungsversuchen einen Riegel vorzuschieben. Da nach den Bestimmungen des Antrages München I zuerst an die Reihe kommt, die Liberalen aber fürchten, daß gerade dieser Wahlkreis sofort kassirt werden könnte, so bäumten sie sich gegen den An­trag mächtig auf. Crämer, bekannt durch das Diktum, man solle den Ultramontanen den Schädel einschlagen, hielt eine ebenso boshafte, als insultirende Rede, während Freiherr von Stauffenberg in etwas feinerer Form gegen den Antrag sich aussprach, aber auch nichts vorzubringen wußte, als den Aus­druck der Furcht, es mochte München I sofort kassirt werden. Treffend entgegnete darauf der Abg. Hauck. Er wies die Vor­theile einer geordneten Reihenfolge der Wahlprüfungen nach und sprach die Ansicht aus, die Liberalen müßten viel Grund haben zu glauben, daß in München I große Unregelmäßigkeiten und Ungesetzlichkeiten vorkamen, weil ihre Angst vor dieser Wahl­prüfung gar so groß sei. Es wurde hierauf sofort abgestimmt, und von der Majorität der 79 Ultramontanen der Antrag an­genommen. Es folgte darauf die Wahl eines besonderen Aus­schusses für Erlaß einer Adresse. Es wurden 15 Mitglieder gewählt(8 Ultramontane und 7 Liberale) und zwar aus dem Plenum, wie durch eine Deklaration der Geschäftsordnung be­stimmt wurde. Bei Constituirung des Adreßausschusses zeigte sich die große Mißstimmung der liberalen Partei über ihre bisherigen Mißerfolge, Die liberalen Mitglieder des Ausschusses lehnten die ihnen angebotene Wahl eines II. Vorsitzenden und II. Schriftführers ab, so daß 4 Ultramontane genommen wurden (Dr. Freytag und Bezirksgerichtsdirektor Kopp als I. und II. Vorsitzender, Dr. Ratzinger und Domkapitular Dr.

I. und II. Schriftführer). Die Adresse wird vor Dienstag Abend nicht zur Berathung im Ausschusse kommen, so daß die nächste öffentliche Sitzung vor Donnerstag kaum anberaumt werden kann. Der nächste Gegenstand der Tagesordnung wird nämlich die Adreßdebatte sein, welche heiße Tage bringen dürfte.

* München, 4. Octbr. Die ultramontane Majorität des Adreßausschusses hat den Deputirten Jörg zum Referenten ge­wählt, welcher den von ihm verfaßten Adreßentwurf morgen

Abend dem Ausschusse vorlegen wird.

* München, 4. October. Die von der Kammer der Abge­ordneten vorgenommene Wahl und Constituirung der ständigen Ausschüsse ergab folgendes Ergebniß: 1) Geschäftsordnungs-Aus­schuß: Alois v. Hafenbrädl(1. Vorst.), v. Hörman(2. Vorst.),

willkommene Erscheinung sein wirst, denn das arme Kind lang­

weilt sich nicht wenig bei uns. e e

Bei Frau von Eichenkron war Besuch, wie der Diener meldete, welcher bald darauf das Souper bei den Herren servirte, und der Rittmeister widerstand nicht der Aufforderung Otto's, den Damen seine Gesellschaft nicht länger zu entziehen, sondern ver­fügte sich hinab in den Salon, wo er bald in einer lebhaften Conversation mit der schönen Erbin sich von der kleinen Nieder­lage, die er erlitten, erholte.

VI.

Arme Madelon!

Ein Buch in der Hand, lehnte Otto in einer Causeuse auf der Veranda; aber entweder war die Lectüre nicht fesselnd, oder er war des Lesens müde, genug, seine Blicke schweiften über das Buch hinaus in den Garten, um der zarten Mädchengestalt, die unter den schattigen Laubgängen auf= und niederwandelte, zu folgen. Madelon hatte ihn erst gefragt, ob sie ihm heute vor­lesen solle, und nachdem er ihr dafür gedankt, war sie mit Ella in den Garten gegangen. So einfach und gewöhnlich das Be­nehmen des Mädchens gewesen, so schmucklos und bescheiden ihr ganzes Auftreten war, er konnte seine Gedanken nicht von ihr losreißen, sie nicht seiner Lectüre zuwenden.

Als sie in stolzem Unwillen des Officiers beleidigende Kühn­heit zurückwies, war es Otto zum ersten Male aufgefallen, daß Madelon ungewöhnlich hübsch sei, und er begriff selbst nicht, daß er dies nicht schon früher bemerkt hatte. Ihre Physiognomie zählte zu jenen, die auf den ersten, oberflächlichen Blick unbe­deutend erscheinen und die erst, wenn eine lebhafte Empfindung sie erregt, uns ihren geheimen, fesselnden Reiz offenbaren.

War sie auch seit jenem Abend ein Gegenstand seines In­teresses geworden, so hatte er doch kaum mehr als sonst mit ihr gesprochen. Allerdings hatte sich auch nicht leicht eine Gelegen­heit dazu geboten, denn Madelon beschränkte sich darauf, nur so lange sie eben mußte, in seiner Nähe zu weilen, und da sein Kopfleiden besser war, konnte er sie nicht als Vorleserin an

Gedankenvoll blickte er ihr nach und sann über das Problem

ihres Charakters, das er zu ergründen wünschte. Die schrille

Stimme seines hoffnungsvollen Neffen weckte ihn aus seinen

i Geben Sie mir den Brief, ich werde ihn selbst der Made. moiselle bringen, hörte man ihn rufen und gleich darauf ward auch Robert, vom Hofe kommend, in dem Garten sichtbar. Er schwang triumphirend einen Brief in der Hand und rief ein über das andere Mal immer lauter: Mademoiselle! Made­

und als nun Madelon mit Ella herbeikam, um zu fragen, was er von ihr wünsche, hielt er ihr mit höhnischer Geberde

2. Ein Schreiben an michl rief Madelon und wollte hastig

damach greifen.

Robert aber entschlüpfte ihr.

Den Brief sollen Sie nicht kriegen, rief er neckend, ich habe gestern Ihres dummen Pensums wegen eine Strafe be­kommen, jetzt werde ich mich dafür rächen.

Madelon eilte dem Davonlaufenden nach und suchte ihm das Schreiben zu entwinden; Robert aber wehrte sie mit einem hef­tigen Schlag ab, und in demselben Augenblick, in welchem sie mehr noch vor Unwillen als vor Schmerz erbleichend, einige Schritte zurückwankte, fühlte sich der ungezogene Junge von

den Wart, Bursche, das solft Du mir büßen! donnerte ihm Otto zu und entriß ihm mit einer unsanften Bewegung den Brief. Ich schäme mich, fügte er dann in weicherem Tone, sich zu Madelon wendend, hinzu, indem er ihr das Schreigen über­reichte, daß ich zum zweiten Male Zeuge einer Beiewoigung sein

mußte, die Ihnen in unserem Hause widerfuhr.

So degagirt Otto sich sonst zu benehmen wußte, so selten er in seinem Leben erfahren, was es heißt, verlegen zu sein, vor diesem blassen, mißhandelten Mädchen stand er verwirrt und senkte den Blick, als sie das thränenfeuchte Auge jetzt zu ihm

3ch dank. Iinen, sagte fe Sie Fnd berghuitg fegek, lich

gewesen.