4.
Bonn, Freitag den 5 März 1875.
Nr. 64.
Abonuement: Bierteljährlich pränum. für Bonn incl. Traglohn 4 RMark(1 Thlr. 10 Sgr.); bei den deutschen Postämtern und für Luxemburg 4 RMark(1 Thlr. 10 Sgr.).
Grgan für das katholische deutsche Volk.
Die Deutsche Reichs=Zeitung erscheint täglich, an den Wochentagen Abends, an Sonn= und Festtagen Morgens. Insertionsgebühren für die Petitzeile oder deren Raum 15 RPf.(1 ½ Sgr.).
1. B. Socialistisches aus der neuesten schichte der Freimaurerei.
Wissen Sie auch, woran man einen liberalen Katholiken am sichersten erkennt? An einer gewissen Nachsicht oder auch Geringschätzung gegenüber der Freimaurerei. Die Päpste mögen den Geheimbund noch so oft verurtheilen, noch so eindringlich ihn zum allergrößten Theil als den Anstifter des heutigen Culturkampfes darstellen, der liberalisirende Katholik wird dennoch„zu denjenigen gehören, welche die Freimaurerwirthschaft nicht sehr hoch anschlagen“ Deßhalb schlägt die„Civilts cattolica“ vom 6. Februar 1875 für diese Sorte von Katholiken den Namen vor: zcattolica massoneggiantee(p. 345), d. h. maurerfreundliche Katholiken. Die„Deutsche Reichszeitung" bewährt ihren echtkirchlichen Charakter auch dadurch, daß sie den Ränken der nächtlichen Brüderschaft ehrlich und redlich nachgeht und dieselben an's Licht zieht.
Daß die Freimaurerei nun die eigentliche Mutter des Socialisaus und seiner cosmopolitischen Verschwörung ist, haben christliche Schriftsteller längst nachgewiesen. Wir verweisen auf den„Stillen Krieg der Freimaurerei gegen Thron und Altar“(Freiburg, Herder, 1873; Seite 134—165), und wollen heute unseren Lesern nur einiges Allerneueste über den freimaurerischen Socialismus vor Augen halten.
1. Bekanntlich hatten sich die belgischen Logen seit Ansang der vierziger Jahre in den abgründlichsten Radicalismus und wildesten Socialismus verlaufen. Darum hat der berüchtigte Freimaurer Eugen Sue bereits am 13. Januar 1845 an die Herren von der Loge=Perséverancec zu Antwerpen geschrieben, daß„die Maurerlogen an der Spitze der liberalsocialistischen Partei stehen". Beim Ordensfeste im nämlichen Antwerpen, 13. Februar 1845, hielt der Br... E. Grisar eine wüthende Rede für socialistische Thätigkeit und forderte Alle auf,„den gewaltigen Körper des Freimaurerthums, diesen Koloß mit tausend Köpfen und hunderttausend Armen, als Werkzeug der socialen Reformen zu gebrauchen". Darum mußten die deutschen Großlogen pro forma die Beziehungen mit der belgischen Brüderschaft wenigstens nach Außen abbrechen, um im eigenen Lande nicht beunruhigt zu werden. Was uber that der deutsche Großlogentag zu Berlin(24. Mai 1874)? Er erklärte officiell, daß„die Beziehungen zu der Großloge von Belgien(und von Italien) zeitweise von den deutschen Großlogen wegen Einmischung politischer Verhandlungen und Agiaationen in das Logenwesen abgebrochen gewesen seien; aber unter allgemeiner Freude wurde 1874 von den maurerischen Abgeord uten dafür gestimmt, die Beziehungen zu den Großlogen von Beigien und Italien wieder unzu
tnüpfen. Nun aber ist die belgische Brüderschaft von ihrem Socialismus nichts weniger als geheilt, ja darin wo möglich noch veiter sortgeschritten. Was folgt also aus der Wiederanknüpfung der Beziehungen zwischen der deutschen und der belgischen Freinaurerei
2. An die nämliche maurerische Tagsatzung zu Berlin vom 24. Mai 1874 trat als dritter und wichtigster Berathungspunkt beran„die maurerische Werkthätigkeit". Veranlaßt var dieser Punkt durch„vereinzelte“ Aufforderungen an die Logen, sich beim Kampfe gegen die Kirche und die Socialdemokratie zu betheiligen.*) Aber was beschloß man? Das Decret(unter litera c) lautet:„Jeder Freimaurer ist verpflichtet, die Grundsätze der Freimaurerei im Leden zu dethätigen und die sittlichen Grundlagen der Gesellschaft da, wo sie angegriffen werden, zu vertheidigen.“ Welch allerliebster Eiertanz zwischen Großcapital und Socialismus! Welche Klugheit! Wenn also die „Ungleichheit des Besitzes“ als eine unsittliche Grunblage der Gesellschaft angesehen wird, muß der Maurer Socialist sein;
vo man den liberalen Kapitalismus als Gesellschafts=Grundlage erkennt, muß man die Socialdemokratie bekämpfen. Warum wagte man keine offene, directe, männliche Verwerfung des Socialismus? Wer weiß, wohin die maurerische Brüderlichkeit und die atheisti
sche Humanität gravitirt? Vielleicht ist der Socialismus zu einer Inkunft derusen, dann läßt sich ja das Decret litr. c. von 1874 noch näher erklären. Und wer wollte überhaupt den socialistischen * Stier an den Hörnern sassen?
3. Aber es gibt ein Land, wo man weniger Rücksichten zu nehmen hat, wo man offener spricht, und im Culturkampfe um nehrere Pferdelängen vor Neudeutschland voraus ist. Wir meinen die Schweiz, das alte Brutnest der Revolutionen. Wie spricht bortzuland die Freimaurerei über den Socialismus?— Zur Zeit bs schweizerischen Großlogentages zu Neuenburg, 21. Juni 1874, sprach der Groß=Redner der Alpina,
": Karcher, die socialistische Erwartung aus, daß die„mauretische Arbeit“ immer weiter verbreitet werde,„bis sie die ganze zur Befreiung von ihren moralischen Leiden geführt vut, was natürlich auch die Befreiung vom physischen Elend nnach sich ziehen muß, und dis alle Creaturen eine Zuflucht gesfunden in unserem(Maurer=)Tempel, in der reinen Luft des FriePens, der Liebe und der Glückseligkeit“.(„'Union maconnique Puisse, Sept. 1874, S. 203.)
nämliche Groß=Redner spricht noch offener zu Gunsten der sellschafts=Stürmer mit den Worten:„Trotz aller Fortschritte sindet sich die Menschheit keineswegs sehr wohlgemuth in dem #otialen) Bau, der ihr zum Obdach bestimmt ist; denn KastenPest und Vorurtheile herrschen darin; der Eigennutz sitzt auf dem Rone, und überall erblickt man Herren und Sclaven,
es e eg! ###ten wagt, daß nicht alles Eigenthum gehei###, der heißt ein Communard und Brandstifter. Wer die cheit der Frauen verlangt, wird als hirnloser Thor ange
:“ Und wer die Ansicht ausspricht, der Arbeitslohn
.#ne unvollkommene Einrichtung, die nicht ## an der Zeit sei, der untergräbt die Grundlagen der clichen Gesellschaft.“— Wir haben hiemit das volle socia
irsete. 1 men die Einzelheiten aus:„Bauhütle, 6. Juni 1874; ei Bericht. 1874;„Freimaurer=Zeitung“, 13. Juni 1874.— Die
Whie scheinen aus derseiben(officiellen?) Feder zu stammen.
listische Symbolum: nicht alles Eigenthum ist geheiligt; natürlich denkt der Br.“. Redner himmelweit nicht an das Kirchengut, das ja seit einem Jahrhunderte vogelfrei ist, sondern an das Privateigenthum, über dessen Heiligkeit eventuell nicht die Besitzenden, sondern die Hungernden entscheiden müßten. Er dachte wohl an das socialistische Dogma, daß das Capital nicht=bezahlter Arbeitslohn sei. Er verlangt sodann politische Gleichstellung der Frauen mit den Männern, endlich Abschaffung des Lohnes, d. h. Gleichstellung des Gewinnes. Und weil man diesen gerechten Forderungen nicht entspreche, so fährt der Br. Karcher fort, daher„kommt es, daß die Massen, die vom moralischen oder materiellen Druck zu leiden haben, nachdem sie lange mit Gewalt im Zaume gehalten worden, zuletzt die Dämme durchbrechen, und sich in wildentfesselten Wogen weithin ergießen, um Alles auf ihrem Wege niederzuwerfen und unter sich gleich zu machen.“— Dann singt er das Lob der Internationale:„Haben wir es doch unlängst erlebt, wie Millionen von Menschen, von ihrem Leiden aufgestachelt,... sich die Hände reichten, und jenen großen Verein bildeten, der einen Augenblick die Welt erzittern machte, und jedenfalls eine der merkwürdigsten Erscheinungen unseres Jahrhunderts bleiben wird. Es hat dieser Verein das große Verdienst, die Frage des Arbeitslohnes hervorgerufen und in mancher Beziehung das Loos der arbeitenden Klassen verbessert zu haben.— Da sage man noch, daß die Loge und die Internationale nicht Mutter und Tochter seien!— Selbst für die Pariser Commune hat der„Bruder“ ein Blümchen übrig, indem er beschönigt:„Von der Macht berauscht, glaubte derselbe Verein(die Internationale), Alles mit roher Gewalt niederwerfen zu können, und theilte darin das Loos aller Gewaltthätigen, die sich nicht vom wahren Lichte leiten lassen, d. h. welche sich nicht vor allen Dingen die moralische Befreiung des Menschen anstreben durch die langsame, aber stetige Arbeit der Liebe.“ Mit anderen Worten: In der Sache hat die Commune Recht, nur waren ihre Mittel zu gewaltthätig. Daher die freundliche Aufnahme der Communards in der Schweiz. Man beachte nebenbei, wie auch hier bei gewissen anderen Leuten das Wort„Liebe“ eine Rolle spielen muß.
Der Redner erklärt(a. a.., S. 205), daß„nur eine auf gemeinsamen Gewinn und Verlust begründete Gesellschaft eine Versöhnung zwischen Arbeitenden und Genießenden erzielen“ könne, und gesteht:„Mit diesem großen Kampf haben sich mehrere Logen der Alpina beschäftigt, und ich bedauere nur, daß mir das Ergebniß ihrer Berathungen nicht genau bekannt ist." Natürlich! Wer hängt solche socialistische„Arbeiten“ an die große Glocke?
Und mit dieser schweizerischen Großloge„Alpina“ sind die sämmtlichen deutschen Großlogen innig verbunden. Was folgt daraus in Beziehung auf den Socialismus?
Während man den Socialdemokraten zu Leibe geht, verlebt die Freimaurerei ihre goldenen Tage von Aranjuez. Wissen Sie, wie mir das vorkommt? Gerade so, wie ein Mann, der seinen Keller dadurch entwässern will, daß er die Grundsuppe in die bel-étage hinauspumpt.
Deutschland.
* Berlin, 3. März. Als in England der„Culturkampf“ mit Galgen, Rad und Scheiterhausen seine Triumphe feierte, waren die„liberalen" Culturkämpfer nicht damit zufrieden, daß ihre katholischen Mitbürger schweigend und gehorsam sich den ihnen auferlegten grausamen Gesetzen unterwarfen, sondern sie sorderten von ihnen auch ein feierliches Gelöbniß, welches die Autorität des hl. Vaters verleugnete und dem katholischen Glauben widersprach. In zwei Gestalten wurde dieser Schwur verlangt. Zuerst wurde er als„Eid der Treue“— oath of allegiance— im Jahre 1606 durch Beschluß des Parlaments befohlen und sollte von allen Katholiken geleistet werden. Er enthielt die Verwerfung der Ansprüche des Papstes auf Suprematie in weltlichen Dingen, worunter die unbedingte Anerkennung aller bürgerlichen Gesetze verstanden wurde, und das Versprechen, sich weder durch Gebote des heil. Stuhles noch durch Excommunication des Königs zur Untreue gegen diesen verführen zu lassen. Die Katholiken, welche diesen Eid ablegten, durften sich noch ferner in England, aber nicht in London aufhalten, auch nur mit besonderer Erlaubniß der Ortsbehörden im Lande reisen. Den Behörden stand es jederzeit frei, ihre Häuser zu durchsuchen. Jeder Katholik hatte monatlich zwunzig Pfund(Einhundert und vierzig Thaler) in die Staatskasse zu zahlen und für jeden katholischen Diensiboten hatte der protestantische Dienstherr außerdem monatlich zehn Pfund zu entrichten. Zu Beamtenstellen wurden die Katholiken, auch wenn sie den Eid leisteten, für unsähig erklärt. Wer den Schwur aber nicht leistete, ward für Lebenszeit in das Gefängniß gesperrt, und seine Güter wurden confikcirt; die katholischen Priester wurden hingerichtet.— Im Jahre 1673 kam auf Andrängen des Parlamentes ein zweiter Eid hinzu: der sogenannte Testeid, auferlegt durch die„Test=Acte“, welche verordneten, daß Niemand ein öffentliches Amt, sei es bürgerlich oder im Heere, bekleiden dürfte, der nicht den oben erwähnten Eid der Treue leistete und das Abendmahl nach dem Gebrauche der englischen Kirche empfing, wozu noch eine Erklärung gegen die Transsubstantiation gefügt wurde.— Man hat bisher, so bemerkt dazu die„Westfälische Volkszeitung“, diese Gesetze für Ergebnisse der äußersten Intoleranz gehalten und sie durch die hohe Erregung der Zeilen zu erklären gesucht. Die Engländer selbst gestehen ihre Ungerechtigkeit und Grausamkeit zu und blicken mit Beschämung auf eine Aera der Unduldsamkeit zurück, deren Sünden sie jetzt nach Kräften wieder gut zu machen suchen. Bis vor wenigen Jahren hätte man auch in Deutschland Den wohl als einen Thoren verlacht, der von der Einführung solcher Eide in Preußen oder einem anderen deutschen Staate zu sprechen gewagt hätte; und dennoch tritt das vor Kurzem noch für unglaublich Erachtete näher und näher, und man muß sich nach liberalen Blättern gefaßt machen, vielleicht sehr bald die Drohung zur Thuat werden zu sehen.
Officiös wird bestätigt, daß unter den Maßregeln, welche in Folge der päpstlichen Bulle vom 5. Februar und der Verschärfung des kirchlichen Streites in Erwägung gezogen werden, die Wiederherstellung des landesherrlichen Placets sich befindet, ferner
der Erlaß einer Bestimmung, welche den amtlichen Verkehr der Bischöfe mit Rom der Cognition der Staatsregierung unterwirft.
Die fortschrittliche„Vossische Ztg.“ schreibt:„Mag jeder Uebertreter des Gesetzes nach der Strenge desselben bestraft werden; mit der Forderung, daß jeder Bischof oder gar jeder Katholik noch eine besondere Erklärung abgeben solle, ob er sich durch diese oder jene Gesetze im Gewissen verpflichtet fühle, können wir uns ebensowenig einverstanden erklären, wie mit dem neulich erwähnten Gedanken, für die Mitglieder des Centrums eine neue Formel des Verfassungseides einzuführen.“ Und die freiconservative „Schles. Ztg. bemerkt zu der Nachricht, daß der Kultusminister die Beamten seines Ressorts zu einer Erklärung pro oder contra Papstbulle bereits aufgefordert habe:„Bis zur Stunde glauben wir dieser Mittheilung noch einen gewissen Skepticismus entgegen
stellen zu bürfen, da alle Beamten des Staates schon durch * Diensteid zu unbedingtem Gehorsam gegen den Monarchen und damit auch gegen das Staatsgesetz verpflichtet sind. Gewiß würde ein Theil der Beamten es schmerzlich empfinden, wenn ihm durch eine Anfrage in dem angegebenen Sinne ein Mißtrauen gegen seine Eidestreue ausgedrückt würde. Der Staat muß in die Ehre des Beamtenstandes das Vertrauen setzen, daß jedes Glied desselben aus dem Dienste scheiden werde, wenn es religiöser Scrupel halber mit der Erfüllung seiner Eidespflicht in Conflict kommen
sollte. Ueberdies erscheint uns eine Unterscheidung zwischen katholischen und nichtkatholischen Beamten— ganz abgesehen von gewissen Verfassungsbedenken— um so weniger zulässig, als schon das Allgemeine Landrecht Jeden, der nicht etwa in einem speciellen Berufsverhältniß zur Kirche oder zur Schule steht, der Verpflichtung enthebt, über sein religiöses Bekenntniß Aufschluß zu geben.“ Wenn jene Nachricht, was man vermuthen darf, nur ein Fühler sein sollte, so wird eine solche Uebereinstimmung der Urtheile dem Minister wohl begreiflich machen, daß auf diesem Wege keine Lorbeern zu pflücken sein werden.
Wieder einmal ein Exempel von der Logik der„Köln. Ztg.“ und ihrer Consorten! dieselben bringen heute gleichzeitig folgenden Waschzettel:
„Offiziös wird angekündigt, daß man die Bischöse und auch die Beamten zu einer unzweideutigen Erk.ärung über ihre Stellung zu der Encyelica nöthigen werde; nach der„Germania“ hätte sogar der Cultus=Minister Betreffs der Lehrer und überhaupt der katholischen Beamten seines Ressorts bereits die Initiative ergriffen. Das ultramontane Blatt knüpft daran den Klageruf:„So werden bei uns die Erinnerungen an die englischen Katholikenverfolgungen unter einem Heinrich VIII., einer Elisabeth, einem Cromwell wieder erweckt!“ Die Lächerlichkeit seic!] dieser historischen Parallele illustrirt die„Germania“ selbst, wenn sie in derselben Nummer an einer anderen Stelle sagt:„In England gab es einst sauf verfassungsmäßige Weise zu Stande gekommene Staatsgesetze=, welche jeden katholischen Priester wegen einer einzigen h. Messe mit dem Tode treffen konnten, welche den Besuch einer h. Messe Seitens der Gläubigen mit schweren Geldstrafen ahndeten.“ Haben denn mit diesen Gesetzen unsere kirchenpolitischen Gesetze irgendwelche Aehnlichkeit?[Ja wohl, die „Köln. Ztg.“ darf blos die Gesetze zusammenstellen.] Einen mehr oder weniger gehässigen Beigeschmack hat ein Inquisitorial= verfahren, wie das oben erwähnte, freilich immer; es ist aber festzuhalten, daß nicht die Regierung, sondern der Papst dasselbe provocirt hat.(Ahal) Der Papst hat gewisse preuß. Staatsgesetze für ungültig erklätt und den Gehorsam g gen dieselben mit der großen Excommunication bedroht.(Ist ja nicht wahr!] Dadurch wird der Staat, Angesichts der bekannten absoluten Stellung des Papstes in der römischkatholischen Kirche, in die zwingende Nothwendigkeit versetzt, sich zu vergewissern, ob seine Beamten, auf deren unbedingte Ergebenheit er bei Ausführung der versassungsmäßig erlassenen Gesetze rechnen können muß, nicht etwa zum Theil dem Papste das also beanspruchte Recht der Annullirung preußischer Staatsgesetze wirklich zuerkennen. Und die gleiche Klarheit ist den Bischöfen gegenüber unerläßlich. Die Antwort der Staatsdiener auf die Anfrage wird ihre Folgen lediglich auf sie persönlich sich erstrecken, die Antwort der Bischöse aber muß nothwendiger Weise maßgebend werden für die Stellung der katholischen Kirche in Preußen überhaupt. Schließen sie sich dem Standpunkte des Papstes an, so dürfen von Seiten des Staates wohl noch erheblich ernstere Maßregeln ergriffen werden, als die in auswärtigen Blättern angekündigte Wiedereinführung des Placet.“
Die„Köln. Ztg. schreibt:
„Behufs Beaussichtigung der Prec=ssionen und anberer kirchlichen Aufzüge sind erst vor wenigen Wochen Regierungs=Verfügungen an die Polizei=Organe ergangen. Auch sollen, wo es erforderlich ist, die Ortsbehörden anzeigen, welche von den Processionen u. s. w. zweifellos zu den schon 1840 in althergebrachter Weise bestandenen gehören. Bekanntlich ist bei der hier in Betracht kommerden Ministerial=Anordnung auf das Vereinsgesetz vom 11. März 1850 zurückgegangen worden.
Wir lesen in der„Nationalztg.“:
„Unter der von uns mitgetheilten Erklärung katholischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses gegen die päpstliche Encyclica ist durch ein Versehen der Name des Dr. Lucius(Erfurt) fortgelassen worden.“
Die Budget=Commission erledigte den Unterrichts=Etat und bewilligte darin die von der Regierung zur Aufbesserung der Seminarlehrergehälter geforderten drei Millionen Mark Zuschuß.—
Die„National=Zeitung“ meldet, es beabsichtigten die vereinigten Kabelgesellschaften(für Deutschland die vereinigte deutsche Telegraphen=Gesellschaft), die Kabelgebühren für Depeschen nach den vereinigten Staaten von Nordamerica vom 1. Mai an auf die Hälfte des bisherigen Tarifs von der europäischen Küste ab— auf 2 Mark per Wort— herabzusetzen. In wie weit schon vor Abänderung der bisherigen Bestimmungen der internationalen Convention in Petersburg die Berechnung nach Einzelworten auf Depeschen unter 10 Worten statt der bisherigen Einheit von 10 Worten zu gestatten ist, unterliegt zur Zeit der Prüfung und. Entscheidung der General=Direction der Telegraphen.
Von den heutigen Commissionsarbeiten des Abgeordnetenhauses ist Folgendes von Wichtigkeit. Die Dotations=Commission beschloß nach längerer Debatte, dem Gesetz folgenden Paragraphen hinzuzufügen:„Die Verwaltung der durch dieses Gesetz den ProvinzialVerbänden von Westfalen und der Rheinprovinz überwiesenen Jahresrenten, Fonds, Institute und Straßen wird bis zum Inkrafttreten der neuen Provinzialordnung für diese Provinzen durch den Staat auf Kosten der Verbände mit der Maßgabe fortgeführt, daß diejenigen Beträge, welche von den gedachten Summen im Interesse der Verbände für die Zwecke dieses Gesetzes nicht zur Verwendung gelangen, für Rechnung der Verbände zinsbar anzulegen sind. Man wollte die Organisation der neuen Ordnung nicht in die Hände der alten Provinzialstände legen, in denen die Majorität eine Vertretung der Provinz nicht erkannte, und glaubt durch diese Bestimmung einen Druck auf die Staatsregierung zur Einbringung der Provinzial=, Kreis= und Gemeindeordnung in den