47. Jahrgang

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Verantwortl für den redakttonellen Teil Andreas Müller, für den Reklame und Anzeigenteil Johannes Tinner, in Vonn.

Bonn, Samstag den 30. November

Nr. 332 1918

Geschäftsstelle: Bonn, Sürst Nr. 1

Postscheck=Konto Köln unter Nr. 1953 Verleger: C. Hauptmann. Vonn

Bonner Dolks=Jeitung Bonner Stadt=Anzeiger

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A Arsrurdr.

Von C. Hauptmann.

Die Hurrapatrioten von vorher sind jetzt die Miesnacher geworden. Es ist gewiß nicht erfreu­lich, daß Deutschland gezwungen ist, das linke Rheinufer von dem Verband besetzen zu kassen, aber noch weniger erfteulich wäre, wenn hier Zustände wie in Rußland eintreten, welche die Herren Haase, Hoffmann und andere hier verursachen werden. Deshalb besteht kein Grund dafür, daß die Miespatrioten jetzt im Unglück Deutschlands schwel­gen und mit viel Mühe und Arbeit französische Blätterstimmen zusammentragen, welche die härte­sten Friedensbedingungen verlangen. Das ist ge­rade so, als wenn die Franzosen die Ansichten der Tägl. Rundschau und derDeutschen Zeitung als die Ansichten Deutschlands darstellten. Man solle ich ruhig abwarten, bis daß die Besatzung kommt und uns die Friedensbedingungen bstannt gegeben werden, dann ist es immer noch Zeit, sich die Hi ire auszuraufen, wenn man solche besitzt. So jammert dieKöln. Ztg. darüber, daß die franzö­sische Heeresverwaltunghofft, daß die Bürger die französische Regimentsfahne durch Abnehmen des Hutes begrüßen, da dieses in Frankreich Sitte sei, und nennt dieses einenGeßlerhut". Wenn das das größte Unglück wäre, so könnte man zu­frieden sein. Man zieht auch vor jedem Leichenzug mit einer ganz unbekannten Leiche den Hut, ohne daß man deshalb von einerGeßlerleiche" sprechen könnte. Sie gibt aber den Rat, wenn eine solche Fahne herannaht, in das nächste Haus zu eilen, was zu einer hübschen Demonstration ausarten könnte, wenn beim Herannahen eines Regimentes alle Leute in die Häuser flüchten würden. Da­durch näre zur größten Freude des braven Blattes eine Reibungsfläche gefunden. In den 70er Jahren war sie einmal sehr erbost, als in Straßburg drei junge Damen zusammen über die Straße gingen, von denen die eine blau, die andere weiß, die dritte rot gekleidet uar. Die deutschen Behö den ließen sich durch solche Scherze reizen und malträtierten die Elsässer mit dem Erfolg, daß die Freude groß war, als die Franzosen wieder kamen. Ob die franz sischen Behörden von der gleichen Unklugheit sind, muß abgewartet werden.

Eines ist aber sicher: je mehr der Verband Deutschland vernichtet, desto mehr schadet er sich selbst, gerade so, wie wenn jemand seine besten Kunden zu Grunde richten würde. Welchen Ersatz könnte England, von dem Deutschland vor dem Krieg: jährlich für 1 Milliarde und 700 Millionen Warei bezog, für Deutschland finden?

Weichen Ersatz Frankreich und seine Kolonien für die 550 Millionen, die es von Deutschland im Jahre 1911 echielt, und diese Summe stieg von Jahr zu Jahr. Der Verband müßte also verrückt sein, wenn er Deutschland ruinieren wollte. In dem Artitel vom 28. November, Nr. 1108.Alse spricht Frankreich", stellt dieK.. die Stimmen französischer Chauvinisten zusammen, von welchen die Kriegsentschädigung auf 340 Milliarden be­rechnet wird. Im Jahre 1911 am 12. September verlangte der Geheime Oberfinanzrat Waldemar eMüller in derKreuzzeitung"(D..=3. v. 14..) von Frankreich allein 49 Milliarden Mark Ent­schädigung.Diese kann Frankreich, sagte er, meiner Schätzung nach in 10 Jahren abtragen, wenn es angesichts der Mißerfolge seiner Ententen darauf verzichtet, eine nochmalige Revancherüstung auf­zunehmen. Bis zur Tilgung müßte die Okkupation eines angemessenen Gebietes als Pfand dienen.

Also für noch nicht Monat Kriegskosten 40 Milliarden Mark, trotzdem daß Frankreich kaum etwas in deutschen Gebieten zerstört hat. Nach 50 Monaten de also Geheimrat Müller für ein siegreiches Deutschland 33 Mal so viel, gleich: 1320 Milliarden von Frankreich verlangt haben! Man sicht, welche reizende Hechte unsere Alldeutschen sind und wie sie uns in die Tinte geritten haben und noch weiter hineinreiten.

Von den französischen Blätterstimmen sagt die K.. sie seien die Stimmen des sinnlosen Hasses, was bedeutet da erst die Stimme des Geh. Finanz= rates Müller?! Und wie hübsch liest es sich, wenn sie in dem ArtikelUnsere Gegenrechnung in Nr. 1102 sagt:

Was uns an Lebenskraft und an Leben selbst verloren gegangen ist, haben wir erst vor einigen Tagen an amtlichem Material nachweisen können. Die Sterblichkeit und besonders die Kindersterblich­keit haben infolge der Hungerblockade entsetzliche Formen und Zahlen erreicht. Die ältere Generation ist einem verfrühten Siechtum anheimgefallen und der junge Nachwuchs ist infolge der Entbehrungen und der ungenügenden Zufuhr des Aufbaumate­zials im wichtigen Zeitalter des Wachstums für

alle kommenden Zeiten verkrüppelt worden, körper­lich nicht nur, sondern auch geistig.

Ob eine geistige Verkrüppelung eingetreten ist, kann sie wohl am besten bei sich selbst feststellen. Einen Monat vorher war sie doch noch der Ansicht, daß wir durchhalten müßten, was ganz unmöglich war. Und diese Kriegsheyer und Hurrapatrioten wollten damals das arme verhungernde deutsche Volk dazu überreden, den hoffnungslosen Krieg weiter fortzusetzen! Wer sind da die Henker Deutsch­lands, diese Gesellschaft oder die Amerikaner, die, wie gestern schon gemeldet wurde, mit einem Flug­zeug nach Bertin kamen, um die Größe der Hungers­not festzustellen und Hülfe versprachen? Oder die Franzosen, die bei ihrem Einmarsch in Deutschland sofort den Achtstundentag abschafften und alle roten Abzeichen entfernen ließen, oder die Leute, welche einen Adolf Hoffmann zum Kultusminister machten, die Gefäugnisse öffneten, die unsere ganze Armee vernichteten und die Industvie vergesellschaften wollen?

Schon jetzt will das Rheinland sich von Berlin trennen, wenn in der bisherigen Weise weiter­gearbeitet wird, wird es sogar aus dem Narren­reich ausscheiden wollen.

Und jetzt sagt dieK. Vollsztg. in Betreff der Einmarsches der Verbandstruppen in Köln:

Wahret eure Ehre! Kühl und gemessen sei ener Verhalten! Kein Wegwersen an den Feind! Kein Sklavensinn! Unsere Vereine sollten bei ihren Versammlungen nie ihre Mitglieder auseinander­gehen lassen, ohne eine entsprechende eindringliche Mahnung mit auf den Weg zu geben. Unsere Verrat an der Heimat. Unsere Jungmannen eine können nicht genug tun in der Ernahnung ihrer Mitglieder zur Treue gegen ihr unglückliches Vaterland; denn Liebäugeln mit dem Feinde ist Verrat an der Heimat. Unlisere Jungmannen haben sich im Kriege, ihren Vätern und Brüdern gleich, herrlich bewährt, mögen sie auch jetzt be­weisen, daß ihr Charakter gestählt und Deutschland­Ehre ihr höchstes, ihr Stolz ist. Unsere Mädchen haben Hervorragendes geleistet in 30 Monaten harter Kviegszeit. Sie haben geschafft wie die Männer und sich des Vaterlandes Dank erworben. Wollen sie jetzt ihr Ehrenkleid beflecken durch un­würdiges Verhalten gegen feindliche Besatzung? Nie und nimmer!

Das ist sehr schön gebrüllt, aber dasKölner Ehrenkleid scheint uns jetzt schon reichlich verdieckt. Wo die starke Festung Köln, samt ihren staatlichen und städtischen Behörden von ungefähr 40 Mann in die Kwie gezwungen wurde! Garnison und Polizei, alles miteinander, wo dochDeutschlands Ehre ihr höchstes, ihr Stolz ist. Unter diesen Um­ständen sind solche Ermahnungen sehr bedenklich, da sie gerade von denen ausgehen, die eine schwere Mitschuld an dem Zusammenbruch tragen, die vor einigen Wochen noch brüllten:Lieber den Tod, lieber den Untergang, als Aufgabe der nationalen Ehre!

Einem Volke, das so denkt, wird Gott seine Hilfe nicht verlggen!

Aber das Blut aller derer, die seit dem 28. Sep­tember, wo noch in dieser Weise gegen den Frieden gewület wurde, ganz zwecklos gefallen sind, schreit zum Himmel gegen diee Apostel der Ehre, die alles, was sie konnten, getan haben, um diesen hoffnungs­losen Krieg zu verlängern, der durch diese Verläu­gerung den skandalösen Zusammenbruch des Reiches verschuldet haben. Diese Gesellschaft nimmt sich heraus, Belehrungen über das, was Ehre ist, zu erteilen!

Die dümmsten Minister

Freiherr v. Eckardstein erzählt in seinem Buch: Diplomadische Enthüllungen zum Ursprung der Weltkriegs von einer Auseinandersetzung zwischen dem Kaiser und dem englischen Botschafter Sir Frank Lascelles, die schließlich damit endete, daß der Kaiser seine Freundschaft für England be­teuerte. Auch schrieb er am nächsten Tage einen persönlichen Brief an König Eduard. Bald darauf wurde Eckardstein plötzlich telephonisch zu König Eduard beschieden. Der König saß an seinem Schreibtisch und vor ihm lagen zwei Dokummente. Das eine war ein Brief des Kaisers, das andere ein Bericht des englischen Botschafters in Berlin. In halb scherzhaftem, halb ernsthaftem Ton emp­fing der König Eckardstein mit den Worten:Na, was haben Sie denn da angerichtet?" Darauf kas er zunächst einige Stellen aus dem Bericht des Botschafters vor und dann den Brief des Kaisers. Bei einem Passus des Briefes, der Deutschland und Rußland betraj, warf er die Bemerkung einqui sexcuse,accuse". Bei Freundschaftsbeteuernagen des Kaisers für England bemerkte er sarkast'sch I hope that is so. Als er schließlich zu einem Passus des Brieser gelangte, in dem der Kaiser die

8JANPAUNE.

Roman von Heinrich Wildau. 17 Copyright 1912 by C. Duncker, Berlin. Nachdr. verd.

Nach einigen Zügen sagte er ganz unverwittelt:

Darf man wissen, was Ihne Eltern gewesen sind?

Anstelle von Schwester Martha sagde der alte Wendt:

Wissen Sie, Meder, Sie sind wirklich unver­schämt. Vielleicht wollen Sie von der Schwester auch noch wissen, ob sie noch Geschwister hat und ob die Ereßeltern noch leben, und was sonst noch ist.

Herrseh, regen Sie sich doch nicht auf. Ueber irgend was muß man doch reden, und das ist doch eine Frage, die man an jeden Menschen richten sann.

Selbsterständlich," der Rentier lächelte höhnisch, was waren denn Ihre Eltern?

Der alte Herr wußte genau, daß er damit Meders schwache Seite traf. Er schämte sich nämlich seiner Eltern. Er glaubte weit über deren Stand hinaus. gewachsen zu sein und sog verlegen an seiner Zigarte.

:Na, also, ich weiß es ja. Meder, mir brauchen Sie es nicht noch mal zu erzählen. Aber wenn Sie die Schwester nach ihren Eltern fragen, dann hann sie auch hören, was die Ihrigen gewesen sind. Sehen Sie, Schwester Martha, der Mann schämt sich, das will er Ihnen nicht erzählen, daß sein Vater man bloß ein Hausdiener gewesen, da drau­den in Wilmersdorf bei einem Gastwirt. Zwanzig Jahre durch. Da ist der Meder aufgewachsen.

Na ja, na ja, man kann doch nichts dafür, was die Eltern gewesen sind, die Hauptsache ist doch Pthhesich uns man feiben 1

Na, und nim, Schwester Martha, der alte Herr wandte sich an sie,nun erzählen Sie mal, was Ios Eütern guce

Sie errötete zuerst, zog dann die uugenbrauen zusammen, denn es war ihr unangenehm, daß man an das, was ihr als heilig galt, ihre Familie, in solcher Weise hier an sie herantrat.

Dann aber sagte sie sich, daß sie wahrscheinlich dem Meder ein für allemal eine tüchtige Abfuhr erteilen würde; seine Respektlosigkeit und der ver. trauliche Ton ihr gegenüber paßte ihr schon tange

Ste legte den Kopf keicht in den Nachen zurück. blickte auf den alten Wendt und sagte dann:

Meine Eltern leben nicht mehr. Mein Vater war Rittergutsbesitzer.

Meder hob sich vor Erstaunen ein wenig in seinem Seisel

Alle Wetter! Rittergutobesitzer? Nua, wie ist denn das möglich?

Erlauben Sie, ich habe mir ja auch keine Kritik über Ihren Vater erlaubt.

Na ja, na ja, aber Sie können es einem doch nicht übel nehmen, wenn man sich darüber wundert. Da sind Sie womöglich gar adlig? Rürtine der Rieder!

der Rentier machte ein erstauntes wesicht. Er hatte sich um den Namen der Schwester noch gar nicht gekümmert. Für ihn war sie eben, wie für viele Patienten, die sie gepflegt hatte, einsach

nur Schwester.

Mein Vater, fuhr sie fort, und soh Herrn Meder scharf in die Augen,wan der Erbherr Baron von Sudro auf Schloß Osterkron in West­graber

Eine tiefe Stille.

Meder hielt den Mund weit aufgesperrt und der alte Herr hatto sich in den Ledersessel weit zurück­

englischen Ministerunmitigated noodles" nannte, das=heißt etwa auf Deutsch:Erzschafsköpse, legte er den Brief wieder auf den Schreibtisch und fragte Eckardstein:Nun, was sagen Sie dazu?" Nach einigem Ueberlegen erwiderte Eckardstein:Wäre es nicht am besten, wenn Eure Majestät die ganze Affäre als einen Witz detrachteten?" Da lachte der König laut auf und sagte:Ja, Sie haben recht, ich werde die Sache als einen Witz betrachten, aber leider habe ich von seiten des Kaisers schon sehr viele und sicherlich noch viel schlimmere Witze erlebt und viele andere werden wohl noch folgen. Dann fuhr der König fort:Was würde der Kaiser wohl dazu sagen, wenn ich mir erlaube, seine Minister mit ähnlichen freundlichen Ausdrücken zu titulieren? Wie Sie seit Jahren wissen, habe ich stets die größ­ten Sympathien für Deutschland gehabt und tat­sächlich bin ich auch heute noch der Ansicht, daß England und Deutschland die natürlichsten Bundes genossen wären. Zusammen könnten sie die Welt polizei ausüben und den allgemeinen Weltfrieden dauernd erhalten. Gewiß braucht Deutschland Ko­lonien und wirtschaftliche Ausdehnung. Beides könnte es ja auch leicht zur Genüge haben, de in für England und Deutschland ist genug Platz in der Welt. Die fortwährendenBocksprünge" des Kaisers können wir aber nicht mitmachen. Außer­dem besteht auch, wie Sie selbst wissen, bei einigen meiner Minister das größte Mißtrauen gegen den Kaiser und Bülow, vor allem bei Lord Salisbury. Ich selbst war stets bemüht, dieses Mißtrauen zu zerstreuen, schließlich hat aber alles sein Ende. Aber auch die Beschimpfungen und Drohungen, mit denen uns der Deutsche Flottenverein und seine Organe fortgesetzt bedenken, tragen nicht gerade dazu bei, unser Mißtrauen zu beseitigen.

Daß die englischen MinisterErzschafsköpfe. waren, darf man bereitwillig zugeben. Aber welche Uebererzschafsköpfe müssen da erst die deutschen Minister gewesen sein, welche den Zusammenbruch des deutschen Reiches verschuldet haben.

Die gotbeul Hiitseltanle nate.

(Schluß).

Endlich am 3. Oktober fand das Reichsbankdirek­torium Zeit zur Antwort auf den Brief vom 13. August. Sie lautet:

Auf das an den Herrn Präsidenten des Reichs­bankdirektoriums gerichtete Schre ben vom 13. Aug. d. J. tellen wir ergebenst mit, daß wir die von Ihnen in den verschiedensten Artikeln der Deutschen Reichs=Zeitung vertretenen Ansichten nicht teilen können.

Artikel, wie dieIndianergeschichte" unddie Deckung sind namentlich in jetziger Zeit, wo die 9. Kriegsanleihe zur Zeichnung aufliegt dem

Reichsinteresse nachteilig, weil sie das Publikum von der Zeichnung abschrecken und Unruhe und Ver­wirrung in die Kreise der freiwilligen Helser tra­gen, deren Tätigkeit die Erfolge der seitherigen An. leihen zu danken sind. Wir müssen deshalb darauf bestehen, daß die Veröffentlichung weiterer, dieselbe Tendenz verfolgender Artikel zurzeit unterbleibt. Reichsbankdirektorium. gez. Schneider. Unleserlich. An Heren C. Hauptmann, Bonn a. Nh.

Was hier gesagt wird, ist jedoch keine Antioort, da es dem Anfrager zweifellos bekannt war, daß die Reichsbank seine Ansicht nicht teilte. Er hatte nach dem Grunde der Kriegsanleihen gefragt, da das Reich gar nicht nötig hat, diese Schulden zu machen, wenn es Banknoten ausgeben will. Letz­tere sind Gutscheine auf das Gesamtvermögen des Reiches und das Vermögen aller seiner Bürger. Durch die Ausgabe der Kriegsanleihen wird da­gegen das Gesamtvermögen des Reiches und das seiner Bürger vermindert und geschwächt, da es zur Zahlung der Zinsen dient, also aufgebiaucht wird. Ueberdies verteuren, die dazu nötigen Steuern alle Lebensbedürfnisse, die Konfiskation des Vermögen­stürzt Industrie und Landwirtschaft in Schulden, was einer Verteuerung ichrer Produkte gleichbedeu­tend ist. Da in den, dem Briese beiliegenden Druck­schriften schon im voraus, die hübschen Märchen von derInslation", von dernötigen Golddecke", widerlegt waren, so war deshalb die Reichsbank wohl nur in der Lage zu sagen, daß sie die Ansicht des Verfassers nicht teile.

Was die in dem RomanCassius" rot ange­strichenen Stellen angeht, so sei hier nur auf die von Seite 50 hingewiesen, wo Laktantius von den Steuereinnehmern des Diokletian sagt:Aber nicht einmal den Steuereinnehmern traute die Regierung. denn sie setzte neue über die bestehenden ein, da­mit diese mehr finden sollten, und da diese nichts sanden, so vermehrte man sie und diese erhöhten die

gelehnt. Das wollte ihm garnicht in den Kopf, daz diese einfache Krankenschwester, die da Tog aus, Tag ein alle seine Launen mit größter Geduld er­trug, eine Baronesse sein sollte.

Meder dagegen machte ein Gesicht, als habe er einen Fischhaken verschluckt. Er ähnelte jetzt noch mehr einem Hecht. Dann nahm er sich zusammen griff nach der halberloschenen Zigarre und strich die Asche ab.

Alle Wetter! Da dürfen Ste mirs nicht übel nehmen, wenn ich wie der Berliner sagt: das offene Geländer runter rutsche. Und Sie sind eine Krankenschwesten?

Wie Sie sehen.

Jetzt fragte der alt Wendt:

Wie kamen Sie denn dazu?

Sie müssen mir verzeihen, Herr Wendt, wenn ich darüber nicht spreche. Glauben Sie mir, daß er wohl schwerwiegende Gründe gewesen sein müssen, daß meine Familie nicht meho auf Schloß Oster­kron sitzt, meine Ektern tot sind und ich als Kran­kenschwester mir mein Beot verdiene. Und, wenn ich Sie bitten dürfte, so lassen wir jetzt das Ge­spräch, denn es ist mit nicht angenchm. Darf ich den Tee forträumen?

Ich bitte sehn" entgeguete der elte Hern, und sie nahm die Tasse und des übrige Geschirr auf dem Tablett fort.

Sie atmete ordentlich auf, als sie das Zimmer verlassen hatte und mit sich allein wor. Ohne daß sie dringend gewünscht wurde, wollte sie nicht mehr zurückkehren. Sie ging aus der Küche nach ihrem Zimmer im oberen Stockwerk und setzte sich dort an das Fenster.

In ihren Augen lag ein sinnender Glanz, als sie jetzt auf die bereits im Halbdunkel liegende Hu­beriusallee hinaus sah. Dort hasteten glückliche Menschen, gestärkt von doo prächtigen Frühlings­

Steuer nach Belieben, damit es nicht aussah, als

ob sie vergebens angestellt worden seien.

Und neden diese Stelle war mit Bleistift geschrie­den: Ganz wie in Bonn der Steuerkommissan Schmidt angestellt wurde, weil man der vorher­gehenden Steuerkommission nicht traute und mehr herauspressen wollte. Man brachte dieses, wie die Bürgerschaft sich noch erinnert, dadurch zum Teil fertig, daß Ladenhüter zu Fakturapreis eingesetzt werden mußten, ganz wie Laktantius sagt, daß die römischen Stouerzahler gegen sich selbst aussagten und sich ein Vermögen zuschreiben mußten, welches sie nicht besaßen.(Einschätzung nach dem gemeinen Wert.)

ImCassius spiegelt sich nämlich die vergangene Regierung in der Regierung des Diokletians ab.

Im nächsten Monat wird in ähnlicher Weise die jetzige in dem geschichtlichen RomanTheodotus geschildert, der im Feuilleton dieser Zeitung er­scheinen wird.

Die Exkaiserin in Holland.

Amsterdam 28. Noo. Die Kaiserin Auguste Vit­toria ist heute im kaiserlichen Sonderzug über Ze­venaar in Maarn eingetroffen und im Kraftwagen nach Schloß Amerongen gefahren. Der deutsche sandte Dr. Rosen und Frau sowie mehrere andre Personen von der Gesandtschuft waren ihr an die Orenge

Die verwickelte Srage des Schadenersatzes.

Amsterdam 27. Nov. Der Erste Lord der###miralität Sir Eric Geddes sagte nach einem Be­richt Reuters in einer Rede in Cambridge, die Frage des Schadenersatzes, den Deutschland zu lei­sten habe, strotze von Schwierigkeiten. Die Summe betrüge wahrscheinlich gegen 5 Milliarden Pfund Sterling(100 Milliarden Mark) und könnte nur in Gold oder Waren oder durch Arbeit bezahlt werden. Gold habe Deutschland keins. Ließe man die Entschädigung in Waren zahlen, so würde das eine Stockung in der englischen Produktion und auf dem Arbeitsmarkt hervorrufen. England, dessen Be­völkerung zunehme, könne auch nicht gut Millionen deutscher Sklaven herüberholen, um sie mit Arbeit zahlen zu lassen. Die Bezahlung könne ebensowenig dadurch geschehen, daß der Schiffsraum Tonne für Tonne ersetzt werde, weil Deutschland, wenn man es winge, für England Schiffe zu bauen, zu einer schiffbauenden Nation werden könnte. Darum müßten die Engländer die Frage der Entschädigun­gen genau prüfen und zusehen, wie sie Geld aus Deutschland bekommen könnten, ohne sich selbst zu schaden, namentlich der Arbeiterklasse.

Ostafrikakämpfer.

Berlin 28. Nov. Auf die Anfrage der deutschen Waffenstillstandskommission über die weitere Be­handlung der deutschen Truppen in Ostafrita, die gemäß Art. 17 der Waffenstillstandsbedingungen das Schutzgebiet zu räumen haben, hat das englische Kriegsmimisterium genntwortet, daß die deutschen Truppen in Stärke von 155 Europäern, 1165 Gs­kart, und etwa 3099 soastigen Farbigen, darnnter 282 Häuptlingen, die Waffen gestreckt hätten. Ver­anlassung hierzu sei die Mitteilung des feindliche Oberbesehlshabers an den General v. Lettow=Vor­beck über den Abschluß des Wafenstillstandes in Europa gewesen. Die Truppen würden in Abercorn am Südende des Tanganjika=Sees gesammelt. Den weitern Abtransport veranlasse sodann die englische Regierung. Ob der Seetransport auf deutschen Schiffen erfolgen weide, sei noch nicht entschieden. Die Namen der Europäer, die bei General v. Lettow=Vorbeck bis zuletzt ausgeharrt haben, sind noch nicht bekannt geworden, ebenso ist die Frage der Postverbindung mit ihnen noch nicht geklärt. Veröffentlichungen hierüber werden baldmöglichst erfolgen.

Deutsche Wajfenstillstandskommission.

Stantosekretär Erzberger.

Beilegung des Streiks in Schlesien.

Berlin 28. Nov. Ueber die Lage im oberschte­sischen Kohlenrevier hört dieB. Z. am Mittag aus bester Quelle, daß die Lage seit gestern nach mittag beinahe wieder regelmäßig sei. Von mehr als einer halden Million Grubenarbeitenn hätten sich zu der erwähnten Zeit nur noch 1100 im Aus­stand beunden, also ein verschwindend kletner Bruchteil. Es werde mit Sicherheit erwartet, daß auch diese im Laufe des heutigen oder morgigen Tages zur Arbeit zurückkehren würden.

Verlangen nach Einmarsch der Verbandstruppen in Lemberg.

Wien 28. Nov. Den Blättern zufolge fanden gestern vier vom jüdischen Nationalrat einberufene

luft, nach Haus, die Kinder jauchzten und lachten, Lieder wurden von Erwachsrnen gefungen, helle Mädcherstimmen jubelten, eine Phantasie glücklicher Zufriedenheit.

So einsam kam ihr plötzlich die Welt vor. Da saß sie in einem fremden Hause, fvemden Menschen gegenüber, nun schon seit langen Jahren ganz auf sich allein angewiesen. Da war niemand, der sich um sie kümmerte, kein Mensch, der wohl irgend ein Interesse an ihrer Person hatte. Ihr Unglück war es, daß sie die letzte ihres Namens war, und die Freundinnen ihrer Jugend, denen war sie durch ihren Beruf weit aus dem Gesichtskreis gerückt.

Ihr wurde plötzlich leichter ums Herz. Sie dachte daran, daß sie ja doch nicht ganz allein auf der Welt war, daß sie ja köstliches besaß, nämlich ihren Beruf. Die Arbeit, welche so viele Menschen mit Widerwillen betrachtrten, und die doch schließlich die einzige, zuverlässigste Freundin ist, die sie auf der Welt besitzen.

Unten tönte die Glocke.

Sie stand langsam aus, ordnere vor dem Spiezel ihr Haar und kühlte die Schläsen etwas mit

Wasser.

Als sie die Treppe hinabging, läutete es zum zweitenang!

Sie lächekte. Der alte Herr konnte nicht eine Minute mehr ohne sie sein. Früher hatte er, so viel sie gehört, mit seinem Kumpan stundenlang zusammen gesessen und da war ihm der der liebste gewesen. J.7

Jetzt hatte sich das geandert. Jen wollie er statt dessen Person immer Schwester Martha, um sich haben. Als sie das Zimmer betrat, stand Meder bereits mit Hut und Mantel in der Hand und rief:

Ich will Ihnen noch Adien sagen, Schwester Martha. Mit dem alten Herrn ist heute nicht viel los. Also aus Wiedersehen. Herr Wendt.

Einspruchsversammlungen gegen Pogrome statt. Flüchtlinge, die vor wenigen Tagen Lemberg ver­lassen hatten fanden sich den Versammlungen ein und bestätigten die gemeldeten Greueltaten. Die Redner verurteilten das aller Manschlichkeit hohnsprechende Verhalten der Volen und forderten zur Verhinderung weitern Unheils den schleunigsten Einmarsch der Verbandstrupver: Ostgalizien Wie das Neue Wiener Tagblatt erfährt hat sich gestern eine aus mehrern Verbindsoffiziere bestehend­Kommission aus Budapest nachemperg begeben un an Ort und Stelle Erhebunger über die Judenpogrome anzusteller und den Regierungen der Verbandsmächte einen ausführlichen Bericht zu erstatten.

Eine blutdürstige Witwe.

London 27. Nov. Reuter In Destrikt East­Fise wird Asquith als Gegenlanoidat die Witwe des 1917 an der Front gefallenen Obersten Hope

gegenübergestellt werder. Sie sordert die Hinrich­tung des Kaisers.

Protest des Hercenhauses.

Berlin 28. Nov. Nach Zeitungsnachrichten hat

die revolutionäre preußische Regierung in Uebe: einstimmung mit dem Beschluß des Vollzugsrates

des.= und.=Nates von Berlin vom 15. Nov. die Beseitigung des Herrenhauses verordnet

Dei Regierung wie dem Vollzugsrat steht eine gesetzgebende Gewalt, die das geltende Verfassungs recht für den preußischen Staat zu ändern ver­mochte, nicht zu. Namens des Gesamtvorstanden des Herrenhauses lege ich gegen die geplante Maß­regel hierdurch Verwahrung ein.

Graf Arnim=Boitzenburg, Präs. d. Herrenhauses.

Ein Erlaß Hindenburgs.

Berlin 27. Nov. Generalfeldmarschall v Hinden­burg hat folgenden Aufruf zn das Feldheer ge­

richtet:

Soldaten, die ihr mehr als vier Jahre lang treu in Feindesland ausgehalten habt, denkt daran, wie unendlich wichtig es für Heer und Heimat ist, daß die Zurückführung der Armee, und die Entlassung ihrer Verbände in voller Ruhe und Ordnung sich

vollziehen. Nur, wenn jeder einzelne von uch treu auf seinem Posten bleibt, bis die Stunde der Ent­lassung aus den Reihen des Heeres für ihn gekom­men ist, wird es gelingen, mannizfache Reibungen zu überwinden, welche die Zurückführung solcher ge­waltigen Heeresmassen mit sich bringt. Die ihr se oft in Zeiten des Kampfes selbstlos euer eignes

dem Wohl des Ganzen untergeordnet habt, ver­geßt auch jetzt nicht, daß die Heimat in letzter Stunde von euch Opfer fordert. Sie sind gering gegenüber all dem, was ihr in den vier tangen Jahren des Krieges geleistet habt.

Alles außer den Jahrgängen 1896 bis 1899, die zunächst bei den Fuhnen bleiben, soll so schnell wie möglich entlassen werden. Laßt euch nicht ver­führen, vorzeitig und eigenmächtig euern Truppen­teil zu verlassen. Vergegenwärtigt euch stels, zu welchen Schwierigkeiten bei Unterbringung und Verpflegung sowie beim Abtrausport es kommen muß, wenn jeder einzelne von euch regellos nach Hause strebt. Ordnung und Zusammenhalten## jetzt wichtiger denn je.

Nur so wird glatte Jurückführung des Feldhecte## nach den östlich des Rheins zunächst gelegenen Un­terbringungsräumer möglich sein, von dort ist Lei­tung der Verbände mit Eisenbahn oder durch

marsch zu den Ersatztruppenteilen vorgesehen. Mit

Rücksicht auf die große Anhäufung von Truppen und die beschränkten Transportmöglichkeiten, kann dies nur allmählich erfolgen. Längere oder kürzere Wartezeiten mit oft beschränkter Unterkunft werden sich für Formationen nicht vermeiden lassen. Auch hier habt Geduld und Vertrauen. Es wird jed. von euch so frühzeitig zu seinem Ersatztruppentei! befördert werden, wie es die Umstände gestatten. Keiner von euch wird vergessen! Seid versichert, daß die Oberste Heeresleitung in Verbindung mit den Heimatstellen alies aufbietet, um euch so bald wie möglich enern Angehörigen zuzuführen. Doch eins tut not hierbei: Ruhe und Ordnung!

Beginn des Terrors in Berlin.

In Berlin scheinen sich die Revolutionäre immer mehr russisizieren zu wollen und scheuen sich gar nicht, terroristische Akte ohne jede Bemäntelung vorzunehmen. So werden jetzt von der freiwilligen Hilfe des Soldatenrats schriftliche Aufforderungen zu Geldspenden versandt, die von dem Stadtkom­mandanten Wels und von den Volksbeauftragten Hirsch und Breitscheidt, sowie von Volkbeer unter­zeichnet sind. Die Absendung eines Geldbeitagen wird darin als das einzige Mittel bezeichnet, um gewaltsame Haussuchungen nach Lebensmitteln zu vermeiden. Auf diese echt russische Weise glauben sich die Herren einen Fonds verschaffen zu können,

Sie reichten sich flüchtig die Hände, dann machte Meder eine förmliche Verbeugung, so gut er es vermochte, zu Schwester Martha, und als sie ihm beim Mantelanziehen behilflich sein wollte, wehrte er ab.

Rein. nein, nicht zu machen, das wäre

ja noch schöner. Dann noch eine Verbeugzung

und er ging.

Als eo die Haustür hinter sich geschlossen, sagte der alte Herr:

Mir wäre es augenehmer, wenn er nicht mehn so oft käme.

Im stillen dachte sie:Mir auch.

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