Nr. 24
920
49. Jahrgang
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Bonner Dolks-Jeitung
Sstchstehele Kaonn Sichtenbtiche!
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Bouner Dolkswacht
Montag, 26. Januar
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Bonner Stadt=Anzeiger
Verfassungsgesetze für Reich und Preußen.
Das neue Reichswahlgesetz
Berlin 25. Jan. Um den Mängeln des gegenwärtigen Wahlsystems abzuhelfen, sind mehrere Abänderungsvorschläge gemacht worden. Der Versassungsausschuß hat am 24. November sein Einverständnis damit erklärt, daß auf Grund des badischen automatischen Systems mit besonderen Ergänzungen ein Vorentwurf in drei verschiedenen Abarten aufgestellt wird. Diese
drei Vorentwürfe
wurden am Samstag abend veröffentlicht.
Der Vorentwurs A ist das badische System in reiner Form. Jeder Wahlvorschlag erhält soviel
Abgeordnetensitze, als die Zahl der für ihn abgegebenen Stimmen sich durch 60000 teilen läßt. Nicht verbrauchte Stimmen oder Mengen von weniger als 6000 Stimmen werden für das Reichsgebirt zusammengczählt und einem von der Hauptleitung der Partei einzureichenden Reichswahlvorschlag zugerechnet. Jeder Reichswahlvorschlag erhält wiederum soviel Abgeordnetensitze, als die Summe der Reststimmen durch 60000 teilbar ist. Die Wahlkreise werden verkleinert, so daß nur sechs Abgeordnete zu wählen sind. Sollte die Wahlbsteiligung stärken werden, so würde natürlich auch die Zahl der Abgeordneten steigen müssen. Dieser Vorschlag entspricht zweifellos dem Verjassungsgrundsatz des gleichen Wahlrechts. Er macht die Listenverbindung entbehrlich, da auch kleinere Gruppen Berücksichtigung finden können. Man kann gegen diesen Entwurf A einwenden, daß ein Teil der Abgeordneten nicht vom Volke gewählt, sondern von der Parteileitung ernannt werde. Die Zahl dieser Abgeordneten wächst, je kleiner die Wahlkreise werden. Jo betrüchtlicher diese Zahl wird, desto mchr ist die Frage berechtigt, ob dem Verfassungsgrundsatz der freien, allgemeinen und unmittelbaren Wahl Rechnung getragen ist.
Der Entwurf B sucht diese Bedenken zu beseitigen, indem er mehrere örtlich zusammenhängende Wahlkreise zu einem Wahlverbande zusammen. schließt. Die Wahlkreisreststimmen werden zunächst innerhalb der Verbandswahlkreise zusammen, gestellt und auf die einzelnen Vorschläge verrechnet. Die aus dem Verbands=Pahlkreise sich ergebenden Reststimmen werden auf die Reichswahl=Vorschlags, listen verrechnet.
Der Entwurf C sieht Wahlkreise vor von der gleichen Größe wie der Entwurf B. wird es aber überlassen, Wahlkreis= oder Verbands=Wahlkreis=Vorschläge einzureichen. Man will damit erreichen, daß Wählergruppen, die nicht 60 000. Seimmen erreichen, sich mit Wählergruppen eines Nachbarkreises verbinden und einen gemein. schaftlichen Vorschlag einreichen können. Solche Parteien hätten die Möglichkeit, ihren örtlichen Kandidaten zum Erfolge zu verhelfen. Die Auslandsdeutschen erhalten das Recht zur Teilnahme an den Reichstagowahlen. Ferner würden Wahlscheine geplant, die für bestimmte Perfonen ausgestellt werden, die dann an einem belieb#en Orte ihr Wahlrecht ausüben können.
Berlino zagmist:ak.
Die Wahl des Reschspräsidenten.
Berlin 25. Jan. Gleichzeitig mit den vorgenannzen ist der öffentlichen Erörterung auch der Vorentwurf des Gesetzes über die
Landwirte, liefert ab!
Die großen landwirtschaftlichen Rörperschaften richten hiermit den nachstehenden
Aufruf an alle Landwirte:
Die Lage unserer Brotversorgung ist gegenwärtig äußerst gespannt. Die greifbaren Vorräte der Reichsgetreidestelle reichen nur bis zur zweiten Hälfte Februar und wenn di Lieserungen nicht ganz erheblich steigen, müßten schon im März oder Apcil Stockungen in der Brotversorgung der Städte eintreten. Das würde das Signal zu nenen Unruhen und damit zum Zusammenbruch unserer Volks
wirschelt geben.
Die deutsche Landwirtschaft wird und muß dieser Rot steuern, soweit es in ihren Kräften steht. Wo der Ausorusch nach im Rückstande ist, weil bisher Arbeitskräfte und Kohlen sehlten, muß alles daran gesetzt werden, jetzt in der kurzen Spanne bis zum Beginn der Frühjahrsbestellung den Ausdrusch zu Ende
Kapitän von Holtens letzte Jahrt.
Roman von Haus Possendorf.
24 Nochdruck verbeten.
Die abendliche Hauptmahlzeit wer längst beendet. Aber Herr und Frau Kuyper, Allda und Kapitänleutnant Doßmar satzen noch plaudernd zusammen um den runden Tisch.
„Ich fange jetzt wirklich an, ängstlich zu werden“, sagte Frau Charlotte,„Georg müßte doch schon längst hier sein.“
„Der Zug wird Verspätung gehabt haben, Mutter—“
Da schrillte die Klingel durchs Haus.
„Na also! Da hast du dich einmal wieder nem sonst geängstigt.“ Kuyper blies behaglich den Rauch seiner Zigarre von sich.
Draußen wurde die Korridortür geöffnet und krachend wieder zugeworfen. Eilige Schritte näherten sich. Im nächsten Augenblick stand, noch im Mantel und Hut, Ceorg auf der Schwelle, totenblaß und mit fliegendem Atem.
Frau Charlotte sprang mit einem Schrei empor: „Um Gottes willen, Junge! Was ist geschehen?“
„Wo ist Yami von Holten?!“ Georg rief es laut aus mit unbeherrschter Stimme. Er bebte am ganzen Körper; seine Augen leuchteten wie die eines Irren.
Run erhob sich auch Herr Kupper und trat auf
Wahl des Reichspräsidenten
übergeben worden. Nach diesem Entwurf foll die Wahl des Reichepräsidenten getätigt wenden von
allen Reichsangehörigen in unmittelbarer geheimer Wahl.
Sie kann mit einer Reichstagowahl oder mit einer Volksabstimmung verbunden werden.
Nach dem Entwurf soll die absolute Mehrheit entscheiden. Sollte sich eine solche Mehrheit nicht ergeben, so soll ein neuer Wahlgang stattfinden, bei dem die relative Mehrheit, bei Stimmengleichheit das Los, den Ausschlag gibt. Dieser Vorschlag
geht davon aus, daß, wenn der erste Wahlgang nicht zu einer endgültigen Wahl führt, auf Grund einer Resultate sich sehr leicht eine Verständigung zwischen den Wählergruppen in der Richtung erreichen lassen wird, daß aus dem zweiten Wahlgange zum mindesten ein Mann hervorgeht, der vom Vertrauen der großen Mehrheit des Volkes getragen ist. Eine Folge dieser Wahlart ist natürlich auch die, daß im zweiten Wahlakt Personen gewählt werden können, die zuerst nicht zur Wahl standen. Im übrigen lehnten sich die neuen Paragraphen den Vorschriften des Reichstagswahlgesehes 60.
Eine neue Verfassung für Preußen. Kein Staatspräsident.
Berlin 25. Jan. Die Vorarbeiten für die Versassungsvorlage sind nach dem Verl. Tageblatt soweit gediehen, daß man hofft, die Vorlage noch
End. der Woche vor die Landesversammlung zu bringen. Gestern nachmittag sand eine Sitzung des Staatsministeriums statt, die sich mit der Lage beschäftigen sollte. Gleichzeitig sollen die interfraktionellen Besprechungen über diesen Gegenstand
Die nene Vorlage enthilt 59 Artiel, de in 10 einzelne Abschnitte eingeteilt sind. Die Abschnitte behandeln: Die Rechte des Bürgers, die Stellung deo Parlamentes, das Wahlrecht, die Selbstverwal
tung der Provinzen und Kommunen, das preuß sche Bankrecht, die Stellung der Staatsbeamten, die Schulfrage, das Verhältnis zwischen Staat und Kirche und die Finanzierung des preußischen Staats.
Die Frage, ob für Preußen ein Staatsprasident vorgesehen ist, wird nach Presse=Informationen verneint. Möglicherweise würde der Präsident der verfassunggebenden Körperschaft gleichzeitig den Posten eines Staatspräsidenten versehen. *
Die Abfindung für die Hohenzollern.
Berlin 25. Jan. Die Vorlage über die Auseinandersetzung zwischen dem Staate Preußen und der Krone liegt dem Staatsministerium zur Beschlußfassung vor und dürfte schon in dieser Woche dem Parlament, zugehen. Er handelt sich bei der Vorlage um einen Vergleich zwischen dem Freistaat preußen und dem Hause Hohenzollern über das bewegliche und unbewegliche Eigentum der Krone. Der Vergleich hat der Beratung einer besonderen Kommission unterlegen und die Billigung der Vertrerers des früheren Raisers gefunden.
Nach dem Vergleich geht ein Teil der in Staatobesitz über, ein Teil bleibt beim Königshaus. Dao Königshaus behält volles Verfügungs. recht über sein Vermögen und erhält noch eine geldliche Abfindung für die von ihm übernomme. nen Pflichten zur Unterhaltung seiner früheren Beamten.
zu führen und so rasch als möglich abzuliesern.
Wir richten an alle Londwirte die deingende Aufforderung, durch
des Beotgetreides dazu beigetragen, die jetzige
Roklage zu überwinden. Es ist Vorsorge getroffen, daß die nötigen Druschkohlen und lonsthgen Beiriebsstaffe zupeilüet werden und der erforderliche elektrische Strom zur Verfügung gestellt wird. Soweit die snicht der Fall sein sollte, wende man sich telegraphisch an die Beichegereitostelle.
Deutscher Landwirtschaftsrat. Deutsche Londwirt. schaftsgesellschaft. Deutscher Milchwirtschaftlicher Reichsverband. Generalverband der deutschen Raiffeisengenossenschaft. Reichsverband der deutschen land= und forstwirtschaftlichen Arbeitzebervereinigungen. Reichsverband der deutschen landwirtschaftlichen Gnossenschaften. Verband deutscher Gartenbaubetriebe. Vereinigung der deutschen
Bovernvereine,
den Soha zu. Er war nicht so leicht aus der Fassung zu bringen.
„Vor allem verbitte ich mir diesen Ton! Du bist wohl nicht ganz bei Sinuen? Im übrigen habe ich dir gesagt, daß die Angelegenheit für mich erledigt ist.„Ich weiß nicht, uo die Dame ist.“
Georg wor seiner selbst kaum mehr mächtig:„Du weißt es nicht? Ihr alle wißt es wohl nicht? Hinterrücks geraubt habt ihr sie mir!“
Alida packte den Bender bei der Schuler: „Georg! Mäßige dich doch! Was ist denn geschehen? Wir wissen ja von nichts!“
„Nach Indien hat sie Vater geschickt! Heimlich weggenommen hat er sie mir, wie einem dummen Jungen ein verbotenes Spielzeng!“
„Schweiz!“ Mit Donnerstimme schrie es Kupper dem Sohne entgegen.„Oder ich verbiete dir mein Haus, wenn du noch einmal folche Worte wagst!" Da warf sich Frau Kupper aufschluchzend zwischen den Gatten und den Sohn. Auch Doßmar war auf Georg zugegangen und versuchte, ihn zu beruhigen, während sich Alida an den Arm der Vaters hing, den er wie zum Schlage erhohen hatte.
„Georg! Vater! Macht uns nicht unglücklich!“ bat sie.
Aber Kuyper schüttelte die Tochter ab:„Ach. Unsinn! Unglücklch! Dumme Kindereien! Ich habe keine Ahnung davon, daß Fräulein von Holten nach Indien gefahren ist. Nahegelegt habe ich es dem Kapitän allerdings, daß er sie von Hamburz wegnimmt. Das wird wohl mein gutes Nacht sein.
Eln Brief Kaiser Wilnelms?
TU. Berlin, 25. Jan. Die U. B. J. veröffentlicht den Wortlaut eines Briefes des Kaisers Wilhelm, den ein Stochholmer Blatt von seinem holländischen Vertreter(auf dem Wege eines Vertrauensbruchs?) erhalten hat. Der Bvief trägt das Datum des 2. Jan. 1920 und ist an einen Freund, vermutlich an den Fürsten von Fürstenberg, gerichtet. In dem Briefe heißt es u..:
Das sagen Sie zu der gewaltsamen widerrechtlichen Veröffentlichung meiner Briefe an Utkolaus? Diese Leute haben gar keinen Jetzen Anstand im Leibe, und ich muß froh sein, wenn es ohne Entstellungen abgeht. Ich habe übrigens an Löwenfeld schreiben lassen, er solle gegen die Deröffentlichung der Duwvatbriefe protestieren. Ich hege durchaus nicht den Wunsch, je nach Deutschland zurückzukehren. Der Anblick des Jusammenbruches durch eigene Schuld wäre mir schmerzlich, dazu das Gefühl, daß alle mich betrogen und ganz verlassen haben. Ich werde er nicht tun nach allem, was ich von dem famosen Untersuchungsausschuß sah. Das Gefühl, hinters Licht geführt zu sein, selbst von Männern wie Bethmann=Hollweg und Ludendorff. von Cirpitz ganz zu schweigen, berührt mich schmerzlich. Ich habe gesundheitlich wieder viel zu leiden. Es sind alte Schmerzen im rechten Bein und Arm, aber mehr seelische angesichts der ungewissen Jukunft. Was wird werden? Ich erhoffe nichts Günstiges, da das monarchische Gefühl aus der Welt gegangen ist.“
„Grundsätzlich
Hebels Mandatsniederlegung.
Domkapitular Hebel, Abgeordneter der Bayerischen Volkspartei für den Kreis Schwaben, hat sein Mandat zur Nationalversammlung niedergelegt. Er begründet diesen Schritt in einem Schreiben an den Kreisvorsitzenden damit, daß er sich zum Austritt aus der Zentrumspartei nicht entschließen könne, da er diese wegen ihrer Verdienste um die katholische Kirche, um die christliche Weltanschauung, um das deutsche und um das bayerische Vaterland zu hoch schätze. Nach seiner festen und innersten Ueberzeugung sei der Beschluß vom 9. Januar auch zum Schaden Bayerns selbst. Anderseits will Hebel auch nicht gegen die Parteidisziplin handeln, deshalb legt er sein Mandat nieder.
Specks Nachfolger. München, 25. Jan. An Stelle des von seinem Ministerposten zurüchgetretenen Abg. Speck ist Ulinistertalrat kofler zum bayerischen Finanzminister ernannt worden. Er ist im Finanzdienst von Anfang an tätig geweson und gilt als tüchtiger Fachmann, der in allen Gebieten der bayertschen Itanzverwaltung. insbesondere im Budgetwesen, reiche Ersahrungen besitzt. Polittsch ist er bisher nicht hervorgetreten, steht jedoch auf dem Boden der Bayerischen Beibspertet.
Der Achtstundentag der Beamten.
Essen 25. Jan. Nach einer beim Oberbürgermeister der Stadt Essen eingegangenen drahtlichen Mitteilung des Reichoministers des Innern haben laut Essener Zig. Verhandlungen mit dem Ziel, allgemein bei den Beamten die achtstündige Arbektozeit wieder einzuführen, beim Deutschon Beamtenbund zu einem grundsätzlichen Einverständnis geführt.
Helgoland von heute.
(Eigener Drahtbericht der D. Reschs=Zeitung.)
-: London, 26. Jan. Die Offtiere der Interalltierden Martnekommtssion haben nunmehr ihre Besichttgung helgolands brendigt. Nach ihrem Berichte siegen die Verteidigungswerhe völlig in Crümmer. Die Sgetigume fed wichleltt.
Das erste Opfer des Dölkerbundes.
Bern 25. Jan. Bundesrat Calonder ist zurückgetreten. Trotz der Begründung mit Gesundheitsrücksichten(einem Herzleiden) darf Calonoer als ein Opser betrachet werden, das der Bölkerbund gesordert hat. Dr. Cakonder, der seit dem Jahre 1913 dem Bundesrat angehört, 1918 Bundespräsident und bis Ende 1919 Leiter des politischen Departements war, hat sich mit Au bietung aller Kräfte für den Beitritt der Schweiz zum Völkerbund eingesetzt. Er und Bundesrat Ador haben aus Paris die von Wilson und Clemenceau gegebene Zusicherung über die Anerkennung der Neutrall= tät der Schweiz mit nach Hause gebracht und auf diese Versprechungen stützte sich der Beschluß der Bundesversammlung. Von diesen Zusagen will man in Paris heute nicht mehr viel wissen. Bundesrat Ador muß versuchen, in neren Besprechungen für den Standpunkt der Schweiz zu wirken.
Daß er sie mit nach Indien nahm, konnte ich nicht
Seorg lehnte, ermatiet von der ungeheuren Aufregung, an der Tür.„Also doch!“ sagte er mit vor Erregung zitternder Stimme.„Du bist also daran schuld. Du hast sie hinausgerieben.“ Er wendete sich ab und verließ das Zimmer.
Frau Charlotte schluchgte fassungskos. Du legte ihr der Gatte den Arm um die Schulter.„Charlotte, Kind, beruhige dich doch! In dem Alder ist man eben etwas hastig. Ich rechne es seinem Temreegment zugute, das er wohl von dir geerdt hat. Sonst hätte ich ihm noch ganz anders gezeigt, wie man zu seinen Eltern spricht.“— Georg betrat sein Zimmer, schloß die Tür hinter sich ab und warf sich in den Sessel vor seinem Schreibtisch. Da fiel sein Blick auf einen Brief, der wohl in seiner Abwesenheit für ihn eingetrosfen
war.
Ein freudig=banger Schreck durchzu#te ihn. Das war Yamis Schrift! Mi bebenden Fingern riß er den Umschlog auf und durchflog hastig die hingeworsenen Zeilen:
„Wenn Du, Geließter, diesen Brief in den Händen hast, bin ich schon weit draußen auf dem Meeie. Als ich Papa an Bord begleitete, da ahnte ich nicht, daß ich die„Flores“ nicht wieder verlassen sollte, da man zu Hause meine Sachen heimlich zusammengepackt hatte, um sie unbemerkt auf das Schiff zu bringen.
Ich bin in einer namenlosen Verzweiflung, und doch: Ich kann meinem Vater nicht zürnen. Wenn Du ihn kennen würdest, so wie ich ihn kenne, wenn
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die sechsstündige Arbeitszeit.
Die Stellungnahme der großen Bergarbelterverbände.
Die christlichen Bergarbeiter.
(Eigener Drahrbericht der D. Reichs=Zeitung.)
= Essen, 26. Jan. Auf der gestrigen Konferenz der christlichen Vergarbeiter in Gelsenkirchen wurde eine Entschließung angenommen, in der es heißt, die Konferenz halte grundsätzlich an der Einführung der Sechsstundenschicht fest. Die Konserenz fordert von der Regierung und den Unternehmern, daß sie mit aller Entschiedenheit die notwendigen Dorberettungen trefsen, damit die Sechsstundenschicht möglichst bald international durchgeführt wird. Bis zur Durchführung der-Stundenschicht wird eine entsprechende bessere Bezahlung der Bengleute gefordert. Die Dolksgesamtheit müsse den Bergleuten für ihre gebrachten Opfer eine entsprechende Gegenleistung gewähren..e Konferenz fordert alle Bergleute auf, im Interesse der Dolka#prsamtheit jede Störung der kohlenförderung zu vermeiden und alle Kräfte einzusetzen, damit die Kohlennot bald beseitigt werde.
Abg. Steeger aus Oberhausen cwies auf die am 11. Februar in Brüssel stattfindende Konferenz hin, bei der die Forderung der Sechestundenschicht international geregelt werden müsse.
Eine aus der Versammlung eingelaufene Entschließung verlangt: Zahlung der siebten Stunde mit 50 Prozent Aufschlag, im Tarif festgelegt. Ferner Einführung der
Todes= und Prügelstrafe für Schieber und Wucherer
und eine gerechtere Verteilung der Lebensmittel. (Zurufe: Todesstrafe auch für die Kohlenschieber!) Mehrere Redner gaben der Revoln. tioneregierung vom November 1918 die Schuld an den gegenwärtigen wirren Verhältnissen. Sie habe schematisch für alle Berufe den kichtstundentag eingeführt, ohne die schwierige Lage der Bergarbeiter zu berücksichtigen. Andexe Redner forderten eine umfassende Vermehrung der Kohlenwagen in den Gruben. Dies ermögliche schon, die Kohlenförderung erheblich zu erhöhen.
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Die sozialdemokratischen Bergarbeiter.
Generalversammlung des Alten Vergarbeiterverbandes.
Bochum, 24. Jan. Nach einem 1½ündigen Dortrag Otto hues, des sozialdemokratischen Abgeordneten und Vergarbeiterführers, über die allgemeine Lage und die Regelung der Schichtzeit wurde der hauptversammlung des Alten Bergarbeiterverdandes folgender Beschlußantrag des Gesamtvorstandes vorgelegt:
„Die außerordentliche Generalversammlung des Verbander der Vergarbetter Deutschlands spricht sich grundsätzlich für die Verkürzung der regelmäßigen unterirdischen Arbeitszeit bis auf sechs Stunden aus. Sie ist jedoch der Ansicht, daß mit Rücksicht auf die lage, in der sich schon Uüillionen deutscher Arbeitsbrüder infolge mangender Kohlenversorgung befinden, in der sofortigen Einführung der-stündigen Arbeitszeit für die Untertagarbeiter hein geeignetes Utttel zur Linderung des großen Uotstandes erblicht werden kann. Daher stellt sich die außerordentliche hauptversammlung mit der Seneralversammlung in Bielefeld vom Juni 1919 und der Vertreterbonferenz der Betriedsräte des Ruhrreviers vom 27. Dez. 1919 aus den Standpunkt, daß die Verwirklichung der genannten Schichtzeit gleichmätzig durch inter. nationale Dereiubarungen erfelgen mut und begrüßt es, daß bereits inden nächsten Lagen eine internationale
Vergarbeiterkeuferenz ptattfindet,
die sich mit der Schichtzeitfrage beschäftigen soll. Dagegen fordert die Ceneralversammlung uun in der Lohnfrage und der Urlaubsgewährung solche Jngeständnisse, die es den Vergarbettern ermöglichen, die außerordentliche Ceuerung zu überstehen und die sehr gesunhene Arbeitshraft wieder zu heben. In diesem Sinne haben unsere Vertreter bei allen Carifverhandlungen energisch zu wirhen. Die Seueralversammlung fordert die Verbandsmitglieder in allen Revieren auf,sich hinter den Beschluß der Seueralversammlung zu stellen und mit fester Entschlossenheit allen Veruchen, diesen Beschluß zu durchzen, gen
Gegen die Sechsstundenschicht.
Die Haltung des Reichsarbeitsministero. Berlin 25. Jan. Wie aus Borlin mirgeteilt wird, ist das Reichsarheitsministerium im Einverständnis mit der gesamten Reichsregierung und nach eingehender Erwägung aller in Betracht kommenden Verhältnisse zu dem Ergebnis gelangt, daß die Einführung der Sechostundenschicht im Kohlenbergbau mit den Gesamtinteressen unster Volkswirtschaft vollständig unvereinbar ist. Die wirtschaftliche Notlage, mit der wir zu kämpfen haben, macht es zur unbedingten Notwendigkett, daß mindestens an der Siebenstundenschicht unbedingt festgehalten und, wenn möglich, noch länger als sieben Stunden täglich gearbeitet wird, um die Kohlenförderung wieder in die Höhe zu bringen.
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Die Erdrosselung der Industrie.
Berlin, 25. Januar. Im Vorwärts nennt der Reichswirtschaftsminister Schmidt die Sechsstundenschicht der Bergleute die Erdrosselung der Industrie. Er sagt, wer die Sechsstundenschicht durchführen wolle, schädige nicht die Regierung und die Kapitalisten, sondern lasse seinen Arbeitsbruder in den städtischen Gewerben im buchstäblichen Sinne des Wortes verhungern.
Schließung von Elsenbahnwerkstätten.
Berlin, 24. Januar. Der Eisenbahnminster hat sich im Einvernehmen mit der Reichs= und Staatsregierung dazu entschlossen, morgen früh insgesamt dreizehn EisenHahnwerkstätten zu schließen und den darin beschäftigten Arbeitern zu kündigen. Der Zweck dieser Matznahme ist der, den ganz unhaltbaren Zuständen, die in den Eisenbahnwerkstätten herrschen, ein zu machen, und die Leistungen der Werkstätten durch Einführung der Akkordarbeit wieder in die Höhe zu bringen.
Geschlossen werden die Werkstätten Breolau 2 und 4, Berlin 1 und 2, Stargard, Sebaldobrück(Beziel Hannover), Darmstadt 1 und 2, Salbte(Bezirk Magdeburg), Franksurt a.., Königoberg(Pr.), Jena Gotha, deren Arbeitsleistungen ganz besonders schlecht und absolut unwirtschaftlich sind. Es ist beabsichtigt, die Werkstätten wieder zu eröffnen, sobald die Veraussetzungen für ihren wirtschaftlichen Betrieb vorhanden sind.
*
Arbeiter, von Euch häugt es ab
Die erbärmlich geringe Arbeitsleistung.
Berlin 25. Jan. Wie der Rejerent de: preußischen Eisenbahnministeriums mitteilte, hat die Eisenbahnverwaltung seit der Demobilisierung die Zahl ihrer Arbeitnehmer in den Werkstätten auf 168 603, d. h. um mehr als das Doppelte vermehrt. Trotzdem die Eisenbahnverwaltung außerdem von der Friedensleistung jeder Werkstätte 69 v. H. in Abzug brachte, blieb der große Durchschnitt aller Arbeitskeistungen hinter dieser Anforderung noch um 33 v. H. zurück. Eine Anzahl Werkstätten leistete nur ein Viertel, ja ein Sechstel bzw. ein Aichtel dieser Solleistung Die Verdienstmöglichkeit der Arbeiter soll durch das Akkordsystem nach oben nicht begrenzt werden, es soll lediglich von dem Willen und der Geschicklichleit des Arbeiters abhnägen, wie hoch sich sein Einkommen belausen wird.
Siebentägige Arbeitowoce und zwölfstündiger Aebeitstag— bei den Bolschewiten.
(Eigener Drahtbericht der D. Reichs=Zeitung.) -.- haag, 26. Jon. Datly Celegraph meldet aus Kopenhagen, daß die Bokschewiben die fünftägige Krbeitswoche und den sechestündigen Arbeitstag wieder abgeschafft haben. Sie haben jetzt die siebentägigArbeitswoche und den zwölfstündigen Arbeitstag ueber eingefürt
Du wüßtest, wie er mich liebt, wie ihn jede Mißachtung meiner Person bis ins Innerste trifft; wie leicht verletzlich dieser Euch so rauh erscheinende Mann ist— dann würdest auch Du. mein Storg, ihm nicht zürnen! Auch schreiben sollte nicht mehr. Als wir aber Kurhaven passiert hatten und die Lichter des Festlandes, des Landes, wo Du min Einziger, weilst, immer mehr entschwanden, da war ich am Rande meiner Kräfte, und ich weiß nicht, was geschehen wäre, hätte sich Papa nicht meiner erbarmt und mir wenigstens erlaubt, diese wenigen Zeilen an Dich zu richten. Was nun werden soll?— Ich weiß es nicht! Ich kann überhaupt nicht mehr denken. Nur das eine weiß ich: Daß ich ewig die Deine sein werde in heißer Liebe und Treue. Und wenn auch Du so heiß lieben kannst wie ich, dann werden sich arch Mittel und Wege finden, alle Widerstände zu brechen, die uns jetzt so grausam trennen.— Unser Schlepper, der diesen Brief besorgen soll, will uns jetzt verlassen und nach Hamburg zurückkehren. Ich muß schließen. Schreib' mir nach Kalkutta post office.
Yami von Holten.
Noch eine Weile saß Georg Kuyper regungslos vor sich hinstarrend, das inhaltschwere Schreiben in seinen eisig kalten Händen haltend. Dann sprang er auf: Nun wußte er, was er zu tun hatte.
Als Georg am anderen Morgen nicht zum Frühstück erschien, gin, Alida hinauf und klopfte an sein Zimmer. Als niemand antwortete, drückte sie auf die Klinke und trat ein. Das Bett war unberührt, überall lagen Kleidungsstücke umher, und die Schubladen der Möbel waren halb herausgezogen.
Bestürzt blickte Altda um sich. Da sah sie ein Blatt Papier auf dem Tische liegen, und darauf stand geschrieben:„Ich hole mir Yami von Holten, und wenn Ihr sie bis aus Ende der Welt schickt!“ Ein lähmender Schreck kam über Alioa: Georg war fort! Heimlich, über Nacht hatte er das Haus verlassen!— Waswü rde die Mutter sagen? Wie sollte man ihr das beibringen?— Aber vielleicht konnte man ihn noch erreichen. Es hieß. schnell handeln.
Sie lief hinunter zum Vater und reichte ihm wortlos das beschriebene Blatt.
„Was heißt das? Was soll das?“
„Georg ist fort! Auf dem Wege nach Indien wahrscheinlich!“
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