59. Jahrgang

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Dienstag, 17. Mai

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Um Oberschlesien.

In der aufsehenerregenden Rede Lloyd Georges, deren Hauptstellen wir in unserer Pfingst=Ausgabe mitteilten, hat der englische Premier, nicht bloß den Polen ihr Unrecht vorzehalten, son­dern auch denverbündeten Franzosen gesagt, daß sie kein ehrliches Spiel treiben. Sogar Deutschlands Recht auf Selbstschutz erkennt er an. Das klingt so, als ob England entschlossen wäre, den Raub an Oberschlesien unter allen Um­ständen zu verhindern. Aber wir wissen aus bit­teren Entläuschungen, daß Lloyd George im Reden kräftiger ist, als im Handeln. Er fällt im entschei­denden Argenblick leicht um. Wenn von England uns Gerechtigkeit und ehrliches Spiel versprochen werden, so dürfen wir niemals vergessen, daß die Engländer sich nicht von Idealen und edlen Gefüh­len leiten lassen, sondern Weltpolitik gemäß ihrer eigenen Intcressen treiben.

Augenblicklich steht die englische Weltpolitik im Gegensatz zu der französischen Machtpolitik. Es fragt sich nur, ob der Ringkampf wirklich durchge­führt wird, oder ob die Herrschaften wieder ein Kompromiß schließen auf unsere Unkosten.

Die Lage ist dadurch verwickelt geworden, daß Nordamerika wieder seine starke Hand in das welt­politische Getriehe gesteckt hat. Trotzdem läßt sich über das Spiel der Kräfte ein klärender Ueberblick gewinnen.

Die französischen Machthaber rechnen darauf, daß Nordamenska den Wettstreit mit England wegen der Vorherrschaft im Welthandel und auf dem Welt­meere entschieden durchführen will und demgemäß die Hilfe der Franzosen braucht, also nichts dagegen hat, wenn Frankreich die Vorherrschaft in Europa an sich reißt und die Engländer vom Festland zu­rückdrängt.

Daraufhin haben die Pariser ihre Kontinental­politik mit voller Rücksichtslosigkeit auf die Spitze getrieben. Es gibt ja auch in Deutschland sogen. Kontinentalpolitiker, die von einem deutsch=franzö­sischen Bündnis gegen England träumen. Die Pa­riser sind keine Träumer und denken nicht an Freundschaft mit Deutschland, sondern vielmehr an Eroberung und Vernichtung. Der große Schlag war zu Anfang Mai geplant, und zwar derartig, daß Deutschland zu gleicher Zeit im Westen und im Osten vergewaltigt und beschnitten werden sollte. Die Franzosen wollten sich der beiden großen Koh­len= und Industriegebiete Deutschlands bemäch­tigen; an der Ruhr unmittelbar durch die Truppen Focho, an der Oder mittelbar durch die Banden Korfantys und die nachrückende Armee des ver­bündeten PPolenstaates. Das Einverständnis zwi­schen Franzosen und Polen liegt so klar zutage, daß Lloyd George es öffentlich brandmarken mußte. Die Gleichzeitigkeit der französischen Mobilmachung und der polntschen Schilderhebung ist kein Zufall, son­dern beruht auf sorgfältiger Berechnung. Auch für die Sicherung der Beute hatten die Franzosen schon vorgesorgt. Sie hatten sich die Leitung und Aus­beutung der oberschlesischen Gruben und Hütten­werbe ausbedungen und obendrein die Kontrolle über die Petroleumfelder im Osten, deren Verlust England sehr bitter empfinden muß, wenn Nord­amerika ihm das Petroleum sperrt.

Solchen Gefahren für England suchte Lloyd Ge­orge auf der letzten Konserenz zu London dadurch entgegenzutreten, daß er den Aufschub des Vormar­sches an die Ruhr durch das Ultimatum herbei­führte. Daher der lebhafte Wunsch der Engländer, daß Deutschland das Uktimatum annehmen möchte. Daher auch die Enttäuschung der französischen Machthaber, als Deutschland wirklich nachgab und sie so zum vorläufigen Rückzug hinter den Rhein nötigte. Aber die gleichzeitig vorbereitete Erobe­rung von Oherschlesien haben sie doch nicht aufge­geben. Das ist nun die peinliche Ueberraschung für Lloyd George, die ihn zu so scharfen Worten ver­anlaßte.

Aus dieser Betrachtung ergibt sich, daß es für Deutschland wirklich das größere Uebel gewesen wäre, wenn wir das Ultimatum abgelehnt und so gleichzeitig die beiden Lebensquellen unserer Volks­wirtschaft, das Nuhr= und das Odergebiet, den Er­oberern preisgegeben hätten.

Für die Gegenwart haben wir eine Erleichterung erreicht; aber wie steht es mit der Zukunft? Die hängt wesentlich davon ab, ob England jetzt tat­kräftig seine bedrohten Interessen geltend macht oder wieder ins Schwanken und Zaudern gerät.

England ist stark, wenn es Wagemut hat; aber es hat Mangel an zuverlässigen Freunden. Das ebenfalls staele Nordamerika sucht sich mit Frank­reich gegen England zu verbünden. Belgien ist ein Schleppenträger Frankreichs. Italien, dessen Ehre in Oberschlesien so empfindlich angetästet wurde,

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hat den ersten Entrüstungssturm schon wieder ab­blasen lassen, und der neu bestätigte Außenminister Graf Sforza setzt seine Polittk fort, die es mit Frank­reich nicht verderben will. England findet einen zuverlässigen Helfer nur in Japan, das im scharfen Macht= und Interessenkampf mit Nordamerika steht. Daher das aufgefrischte englisch=japanische Bünd­nis.

Bei dieser Sachlage kann man noch nicht prophe­zeien, ob Llod George nunmehr Ernst machen werde mit der Verteidigung der englischen Weltstellung, oder ob er noch weiter mit Halbheiten lavieren will auf die Gefahr hin, daß die Franzosen und ihre Helfer Deutschland vernichten und die Herrschaft über den ganzen Kontinent an sich reißen. Briands Empörung.

Der französische Ministerpräsident Briand hat nach dem Bekanntwerden der Rede Lloyd Georges die Vertreter der Pariser Presse empfangen und ihnen u. a. erklärt:

Die französische Regierung erhede ernstlichen Widerspruch dagegen, daß ihre Streitkräfte in Oberschlesien es an der nötigen Pflicht hätten fehlen lassen. Briand vertritt den Standpunkt, daß es bedauerlich sei, daß die Franzosen und Ita­liener allein für die Ordnung zu sorgen haben. Nach seiner Ansicht ist es falsch, wenn man den Deutschen von außerhalb zugestehen würde, das schlesische Problem durch Gewalt zu lösen, denn es sei doch ein Unterschied, ob ein Aufstand von innen heraus ersolge oder ob Streitkräfte, die im Bezirk nicht beheimatet seien, eingriffen. Der englische Erste Minister habe gesagt, Schlesien sei seit Jahr­hunderten ein deutsches Land. Das sei unrichtig. Schlesien habe dem Königreich Böhmen gehört, sei zusammengesetzt, aus slawischen und germanischen Elementen, könne also nicht als reindeutsch ange­sehen werden. Auch könne man den Gedanken der Nationalität, der sich auf Sprache und Abstammung begründe, als einen rein modernen Gedanken nicht annehmen. Vom 16. bis zum 18. Jahrhundert habe Schlesien zur Habsburger Monarchie gehört. 1740 sei es von Preußen annektiert worden. Die preußische Beherrschung sei also jüngeren Datums. In den Städten befinde sich eine deutsche Mehr­heit; aber wenn man den Andreschen Atlas von 1914 betrachte, finde man die Vorherrschaft der polnischen Sprache eingezeichnet und nur einige kleine Inselchen, auf denen die deutsche Sprache vorwiege. Aus diesen Gründen habe auch die Frie­denskommission Oberschlesien Polen zugeteilt, und erst auf deutsches Verlangen sei man zur Volks­abstimmung geschritten.

Englisch=französischer Notenwechsel.

D3B. London, 16. Mai. Havas wird versichert, daß die englische Regierung durch Vermittlnug ihres Botschafters Lord Hardinge Briand eine Note über die Ereignisse in Oberschlesien überreicht habe. Die Note soll die Argumente entwickeln, die denjenigen, die der englische Premierminister am gleichen Tage in seiner Rede vorbrachte, sehr ähnlich seien. In dieser Note bat Lloyd George Briand, so bald wie möglich mit ihm in Boulogne zusammenzukommen, um die Lage zu prüfen. Briand soll Lloyd Gcorge geantwortet haben, indem er den französischen Standpunkt so ausdrückte wie er bereits bekannt ist und wie er ihn übrigens durch die Erklärungen Vertretern der Presse gegenüber bekannt gab. Der französische Ministerpräsident drückte den Wunsch aus, Oberschlesien in Gemäßheit des Friedensver­trages und der Volksabstimmung zugesprochen zu sehen. Der englische Ministerpräsident wisse, daß er über diese Sache nicht mit ihm verhandelt könne, bevor er mit dem französischen Parlamente Fühlung genommen habe. Die Kammer soll am Donners­tag die Arbeit wieder aufnehmen.

An die Kulturnationen der Weit!

WTB Kattowitz, 15. Mai. Die deutschen Par­teien und Gewerkschaften richten an die Kultur­nationen der Welt folgenden Funkspruch:

Am 20. März 1921 hat die überwältigende Mehrheit des oberschlesischen Volkes sich für den Verbleib bei Deutschland entschieden. Diese Mehr­heit sah mit vollem Vertrauen der Entscheidung des Obersten Nates entgegen. Am 3. Mai 1921 hat ein Teil der polntschen Minderheit, unterstützt durch landfremde Scharen, zu den Waffen gegrif­fen, um durch Gewalt der Entscheidung über das Schicksal Oberschlesiens vorzugreisen. Seit diesem Tage ist die friedliche Bevölkerung Oberschlesiens allen Schrecken und Grausamkeiten des bis auss kleinste vorbereiteten bewaffneten Aufruhrs ausge­setzt, der durch Mord, Raub, Plünderung und Ver­schleppungen gekennzeichnet ist. Die Interalliierte Kommission hat stets Mittel gefunden, die freie Willensäußerung der deutschgesinnten Bevölkerung Oberschlesiens zu zügeln, den bewaffneten Rebel­len gegenüber findet sie nur papierne Bekannt­machungen. Während Italiener und Engländer in treuer Pflichterfüllung ihr Leben eingesetzt ha­ben, steht die starke französische Truppe tatenlos dem Aufstand gegenüber. Französische Soldaten verbrüdern sich offen mit den Rebellen; unter den Augen des französischen Militärs werden Deutsche verschleppt, getötet, mißhandelt, beraubt und aus­geplündert. Die deutsche Presse wird mit schärfster Zensur an wahrheitstreuer Berichterstattung ver­hindert, die polnische Presse hetzt unter derselben Zensur tagtäglich gegen alles Deutsche, brinzt täglich neue blutrünstige Aufrufe und darf unge­hindert die der Autorität der Interalliierten Kom­mission hohnsprechenden Verordnungen der Auf­ständigen veröffentlichen. Obwohl das Stand­recht verhängt ist, plündern bewaffnete Aufstän­dische unter Gebrauch von Schußwaffen und Hand­granaten. Trotzdem versuchen französische maßge­bende Stellen in Kattowitz, dieses verbrecherische Treiben der polnischen Rebellen den Deutschen zu­zuschieben. Der französische Ministerpräsident fälscht die Wahrheit, indem er die von der Oberschlesi­schen Grenzzeitung, dem offiziellen Organ des Re­dellenführers Korfanty veröffentlichten aufreizen­den Nachrichten als aus deutscher Quelle stam­mend bezeichnet. Französischer und polnischer Chau­vinismus und Imperialismus haben sich in Ober­schlesien vereinigt, um das Recht zu beugen. Nie ist eine hohe Mission schnöder mißbraucht worden,

nie ist stärker der Versuch in Erscheinung getreten, der Gewalt zum Sieg über das Recht zu verhelfen. Wiederholt haben wir die Hilfe der Interalliter= ten Kommission angerufen. Am 3. Mai hat sie öffentlich feierlich versichert, sie werde vor keinem Mittel zurückschreckendie gesetzmäßigen Zustände wiederherzustellen. Von dieser Zusage ist nichts eingelöst worden. Der Aufstand hat weiter bis dahin unberührt gebliebene Gebiete erfaßt; ohne jeden Schutz sind wir von der durch den Friedens­vertrag damit beauftragten Interalliierten Kom­mission der Gewalt der Nebellen ausgeliefert. In dieser höchsten Stunde der Not und Verzweiflung wenden wir uns mit dem ganzen sittlichen Ernst eines vergewaltigten Volkes an die Kulturnatio­nen des Erdballes mit dem Ruse: Tretet ein für unsern sofortigen Schutz; helft uns zu unserm Rechte!

Die deutsche Antwort auf die Briand=Note.

WTB. Berlin 14. Mai. In Beantwortung der Rote Briands über den Aufruhe in Oberschlesien

ist der französischen Regierung heute folgende Note übergeben worden:

Der Herr Ministerpräsident glaubt in seiner Note vom 7. d. M. den Ursprung des Aufstandes einer salschen deutschen Zeitungsmeldung zuschie­ben zu sollen. Demgegenüber muß festgestellt wer­den aaß es sich um die Oberschlesische Grenzzeitung, das Organ des bisherigen: politischen Plebiszit­kommissars Korfanty, handelt. Diese absichtlich gefälschte Veröffentlichung sollte offenbar als Alarmsignal für die seit langem vorbereitete vol­nische Aufstandsbewegung dienen. Die Note geht mithin von einer salschen Voraussetzung aus, was übrigens auch Herr General Le Rond dem deut­schen Bevollmächtigten in Oppeln gegenüber aus­drücklich auerkannt hat.

In der Note wird ferner gesagt, daß die aus deutschen Quellen stammenden Meldungen über die Lage in Oberschlesien tendenziös gesärbt seien. Demgegenüber muß die deutsche Regierung mit Nachdruck feststellen, daß die tatsächlichen Zustände in Oberschlesien einen viel ernsteren Charakter tragen, als sie in der Note vom 7. d. M. dargestellt sind. Trotz Wiederaufnahme der Arbeit an manchen Stellen ist irgend eine Besserung der Lage nicht festzustellen. Der Insurgentenführer Korfanty ist nach wie vor absoluter Herr der Lage, und es ge­lingt ihm täglich, seinen Machtbereich weiter aus­zudehnen; so ist am 10. Mai sogar der wichtige Eisenbahnknotenpunkt Kandrzin durch einen mit modernen Kampfmitteln und unter Verwendung von Artillerie durchgeführten Angriff in seine Hände gefallen. Die Interalliierte Kommission verfügt in dem größten Teile von Oberschlesien über keinerlei Macht.

Die in der Note erhobenen schweren Anschuldi­gungen sind demnach, wie dies auch bereits von Herrn General Le Rond ausdrücklich anerkannt worden ist, durchaus unbegründet.

Amer kanische Befürchtungen. D3B. London, 16. Mai. Wie aus NewYork berichtet wird, hofft die amerikanische Presse, daß die Unterhausrede Lloyd Georges über Ober­schlesien die Luft reinigen werde. NewYork World glaubt, daß die Worte des britischen Pre­mierministers ebenso an die Franzosen wie an die Polen gerichtet wären. Das Blatt schreibt: Wenn nicht durch die Festigkeit einer internationalen Autorität, die den Schiffbruch des Krieges über­lebt hat, das Vertrauen wieder hergestellt wird, so würden die Folgen surchtbar sein. An der schlesischen Grenze sei das ganze Zeug zu einem neuen großen Kriege angehäuft. NewVork Times erklärt, Polen hat kein anderes Recht auf Ober­schlesien als das, welches der Friedensvertrag ihm gibt. NewYork Globe schreibt, die Alliierten seien ebenso verpflichtet, Deutschland gegen einen ungerechten polnischen Angeisf zu schützen wie um­gekehrt. Wie weiter zemeldet wird, verfolgen die Regierungskreise in Washington die Lage mit Aufmerksamkeit.

D3B. Paris, 16. Mai. Havas meldet aus Washington:: Nach Nachrichten aus amtlichen Kreisen erklärt man, daß die amerikanische Re­gierung die oberschlesische Frage für eine Ange­legenheit von europäischem Interesse halte. Man glaubt in gut unterrichteten Kreisen, daß die amerikanische Regiekung keinerlei Stellung zu die­ser Frage nehmen wird und daß sie bis jetzt kei­nerlei Maßnahmen getroffen hat, von denen man annehmen könnte, daß sie, sei es zur französischen, sei es zur englischen Auffassung neige. Da es jedoch Wunsch des amerikanischen Volkes ist, daß das Leben in Europa wieder normal werde, so ist die öffentliche Meinung der Ansicht, daß die amerikanische Regierung, wenn sich ein günstiger Augenblick dazu bietet, eingreisen werde, um die beiden Standpunkte zu vereinigen. Man glaubt jedoch, daß eine Lösung ohne Amerika gefunden werden wird.

Die polnische Presse tobt.

03B. Warschau, 16. Mai. Die Warschauer Presse äußert sich in maßloser Erbitterung zu der Rede Lloyd Georges über Oberschlesien. Die Ga­zetta Poranna führt in ihrem Leitartikel aus. Lloyd Georges Behauptungen zeugten von jener Ignoranz, die aus seiner bekannten Verwechslung von Cyli­zien und Schlesien hervorgehe. Es war in allen polnischen Fragen von Ostgalizien, Masuren, Wilna und Danzig Polens Feind. Nicht Polen, sondern Lloyd George breche den Versailler Vertrag und be­handele ihn als einen Fetzen Papier. Seine Aeuße­rungen über die Teilnahme deutscher Truppen bei der Niederwerfung des Aufstandes in Oberschle­sien kämen einer direkten Aufforderung an Deutsch­land zum Einmarsch gleich. Polen wolle den Krieg mit Deutschland nicht. Aber in diesem Falle müsse die Regierung aus ihrer passiven Neutrali­tät heraustreten. Kurier Poranna nennt Lloyd Georges Rede unerhört; aus jedem Satz habe seine Wut gegen Polen herausgesprüht. Es sei nicht die Rede eines Staatsmannes, sondern die eines Advokaten gewesen, der eine schlechte Sache vertrete. Seine Ausführungen waren nicht nur fair play, sondern nicht einmal gentlemanlike. Strowski findet im Leitaufsatz in der Rzeczpospo­kita vier Elemente in Lloyd Georges Rede: Erstens die Entdeckung, daß die polnische Bevölkerung Oberschlesiens zugewandert sei; zweitens die Be­leidigung, daß Polen für seine Freiheit nichts ge­tan habe; drittens den Witz, daß Polen in Ober­schlesien den Versailler Vertrag vergewaltigt habe, und viertens die Drohung, daß deutsche Truppen

sich auf Oberschlesien stürzen sollten. Niemand in Europa vergewaltige den Versailler Vertrag so, wie Lloyd George. Seine Aufforderung an Deutschland zu dem bewaffneten Einmarsch in Oberschlesien sei unerhört. Der Tagesplauderer der Rzeczpospolita verhöhnt Lloyd George, der Schlesien, Cylicien und Silistria nicht unterscheiden könne. Preußen müsse Lloyd George zum Ehrengeneral der Reichswehr er­nennen.

*

Die gefährdete Einigkeit.

Der Pariser Vertreter der Köln. Zig. telegra­phiert seinem Blatt unterm 16. d. Mis.:

Die oberschlesische Frage hat die Beziehungen zwischen England und Frankreich in den letzten drei Tagen dermaßen beeinträchtigt, daß man wohl die Behauptung ausstellen darf, daß noch niemals seit dem Waffenstillstand ein Konflikt von dieser Bedeutung die beiden Kabinette so stark beschäftigt hat. Das will jedoch nicht hei­ßen, daß die Zeit schon gekommen ist, um von ernsten Nachwirkungen zu sprechen. Wenn man seit gestern von einer bevorstehenden Sitzung des Obersten Rates auf belgischem oder französischem Boden spricht, will man damit nur sagen, man werde sich wieder einigen, und wenn man sich einigt, dann kann es nur zum Schaden Deutsch­lands sein.

Eine neue Konserenz.

D3B. London, 16. Mai. Wie Neuter erfährt, werden Lloyd George und Briand in etwa einer Woche in Boulogne oder Lympne zusammentreffen.

Freie Stadt Danzig.

Danzig, 15. Mai. Der Hasenausschuß der Freien Stadt gibt bekannt, daß entgegen den Wünschen Polens sämtliche unmittelbar und mit­telbar mit dem Hafen zusammenhängenden Schie­nenstränge, das heißt der größte Teil der Eisen­bahnanlagen Danzigs, in seine Verwaltung über­gehen. Die Einzelheiten werden durch Verhand­lungen mit der polnischen Eisenbahndirektion ge­regelt werden.

Frau von Hindenburg f. Hannover, 16. Mai. Frau Generalfeldmarschall von Hindenburg geb. von Sperling ist nach acht­monatlichem schweren Leiden in ihrer Villa in Hannover sanft entschlafen. Sie wurde am 4. Dezember 1860 in Magdeburg geboren und hei­ratete am 24. September 1879.

Frau von Hindenburg war weit über die Kreise Hannovers hinaus als Wohltäterin bekannt und erFreute sich der größten Beliebtheit. Sie hat sich insbesondere während und nach dem Kriege der Kriegsblinden angenommen. Die Beisetzung der Leiche findet am Mittwoch, den 18. Mai, nachmittags 2 Uhr auf dem Städtischen Friedhof in Stöcken=Hannover statt.

Eigenhand=Wohnungsbau.

Fulda, im Mai. Nach einem Vortrag von Hauptmann Schmude hat sich hier zur Behebung des Wohnungsmangels ein Eigenhand=Bauverein von 149 Siedlern gebildet, die nach einem ge­meinsamen Arbeitsvertrag den Bau von Sied­lungshäusern unter eigner Mitwirkung beginnen werden. Die Stadt hat das Gelände für die Häuserbauten zur Verfügung gestellt, ebenso Bau­materialien zu Selbstkostenpreisen und Zuschußgel­der. Zunächst werden von 18 Siedlern 9 Dop­pelhäuser errichtet werden.

Eine hochherzige Idee.

In denDeutsch=Schwedischen Blättern, der von der Deutsch=Schwedischen Vereinigung im Verlage von E. S. Mittler u. Sohn, Berlin herausgegebe­nen verdienstlichen Vierteljahrsschrift, die sich für einen lebendigen Austausch schwedischer und deut­scher Kultur einsetzt, lesen wir folgende Notiz: Was würdest Du mit dem Gelde machen? nämlich, wenn Du eine Milliarde gewännest! Ueber dieses Thema plaudert inNya Dagligt Allehanda. Annie Akerhielm mit einer Mischung von Scherz und Ernst. Sie kommt dabei für sich selbst zu folgendem Schluß:Wenn ich jetzt ein Riesenvermögen hätte, so würde ich hier in Schwe­den eine große deutsche Schule errichten. Diese müßte die besten Lehrkräfte haben, die in Deutsch­land zu bekommen wären, und die Schüler sollten ausgewählt werden aus den Begabtesten an allen deutschen Schulen. Hier sollten sie die beste kör­perliche, Ernährung bekommen, die Schweden, und die beste sgeistige, die Deutschland bieten könnte.

65 Millionen Deutsche können nicht von 5 Mil­lionen Schweden errettet werden von Hungersnot und Hungerstod; das ist selbstverständlich aber leider auch beim besten Willen unmöglich. Aber eine kleine, erwachsene, führende Gruppe könnte auferzogen werden, die die Aufgabe hätte, die de­generierte Zwergnation, welche der Versaillesfrie­

den auf deutschem Boden schaffen will, zu einer besseren Zukunft zu führen. Das würde ich tun, wenn ich Geld genug hätte! Und du, mein Bru­der, was würdest du tun? Die Idee dieser schwedischen Freundin des deutschen Volkes hat so­viel Einleuchtendes, daß man nur wünschen möchte, sie verwirklicht zu sehen.

Jung=Jentrum in Julda.

In schwerster Zeit und bitterster Drangsal des deutschen Volkes rüstet sich die deutsche Zen­trumsjugend, um morgen, 18., und übermorgen,

19. Mai in Fulda ihren großen gemeinsamen Ju­gendtag zum ersten Male nach dem niederschmet­ternden Erleben des Zusammenbruchs im Zeitraum der vergangenen Jahre zu begehen. Nicht in Festes­freuden, sondern in dem ganzen sittlichen Ernst tritt dieser erste Bundestag der deutschen Zentrums­jugend zusammen.

Windthorstbunde und Jungakademikerverbände

vereinigen sich in der alter Bischofsstadt, um in verständnisvollem Zusammenwirken und in brü­derlicher Einmütigkeit kundzutun, daß die Zen­trumsideale noch fortwirken und fortleben in einer begeisterten Zentrumsjugend zu einer festgefügten Ideengemeinschaft unter den Jungmannen führen, die, weil sie sich mit Bewußtheit dazu erziehen, Standesvorurteile zu überwinden, zu den schönsten Hoffnungen berechtigen und die schließlich in ihrem Endziel danach streben, daß sich die deutschen Voltsgenossen über alle die verderbenbringenden Zwistigkeiten und kleinlichen Hadereien hinweg

e eie er ie ber lce ber!

bundesgenössischer Arbeit.

Alt= und Neupensionäre.

Von Abg. P. Merx, M. d. L.

In den Kreisen der Pensionäre herrscht immer noch eine große Ungewißheit über die neuen Be­züge. Das beweisen mir die vielen Anfragen und Zuschriften, die mir täglich in erheblicher Anzahl aus beteiligten Kreisen zugehen. Zumal bei der Altpensionären und Hinterbliebenen von Beamten sind die Bestimmungen anscheinend noch sehr wenig bekannt. Daher einige Worte der Aufklärung.

Die ehemaligen preußischen Eisenbahnbeamten, die vor der Uebertragung der Bahnen auf das Reich gensioniert wurden, bleiben preußische Pensionäre, Die Kosten aber zahlt das Reich. Die Gleichstel­lung der Alt und Neupensionäre und Althinter= bliebenen mit den Neuwartegeldempfängern, Ruhe­gehaltsompfängern und Neuhinterbliebenen, die durch das Gesetz vom 17. Dezember 1920 erfolgte, wird auch in den Ausführungsbestimmungen aus­drücklich anerkann:.

Das Ruhegehali und das Wartegeld der zum 1. April 1920 oder zu einem anderen Zeitpunkt in den Ruhestand versetzen unmittelbaren Staatsbeamten und der vor dem 1. April 1920 im Amt verstorbe­nen Beamten ist für die Zeit vom 1. Arril 1920 an auf den Betrag jestzusetzen, der sich ergeben hätte, wenn der Beamte bei seinem Ausscheiden aus der zuletzt von ihm bekleideten Stelle nach der am 1. April 1920 geltenden Vorschrift brsoldet gewesen u. in den Ruhestand versetzt worden wäre.

Die Altwartegeldempsänger, Altruhegehaltsemp­sänger und Althinterbliebenen sind also den Neu­ruhegehaltsompfängern, Neuwartegeldempfängern und Neuhinterbliebenen grundätzlich gleichgestellt. Infolgedessen sind auch die im Beamtenruhegehalts­gesetz vom 7. Mai 1920 vorgesehenen Zuschüsse an Altruhogehalts=, Altwartegeldempfänger und Alt­hinterbliebenen mit Wirkung vom 1. Axril 1920 an unter Anrechnurg auf die neu zu.rechnenden Versorgungsgebührnisse weggefallen. Bezüglich des Versergungszuschlages bestimmt die Ausführungs­anweisung ferner: Nach§ 22 Abs. 2 des Blamten­Diensteinkommengesetzes wird der Versorgungszu­schlag der Wartegeld= und Ruhegehaltsempfänger von deren Wartegeld= und Ruhesehiltsbezüren in derselben Art und in demselben Verhältns berech­net wie der Ausgleichszuschlag glein####er, im Dienst befindlicher Beamten, von dere: Grundge­halt oder Grundvergütung und Ortszuschlag berech­net wird, muß mindestens die Hälite desjenigen Betrages betragen, und lann auf Antlag beim Vorliegen besonderer Verhältnisse bis auf die volle Höhe desjenigen Betrages erhöht werden, die als Ausgleichszuschlag auf das zuletzt bezegene ruhege­haltsfähige Diensteinkommen, soweit es aus Grund­gehalt oder Grundvergütung und Ortszuschlags­durchschnitt bestand, entfallen würde. Der Peisor­gungszuschlag, der Witwen beträgt die Hälfte der­jenigen Betrages, der als Ausgleichszuschlag auf das zuletzt bezogene ruhegehaltsfähige Dienstein­kommen, soweit es aus Grundgehalt oder Grund­vergütung und Ortszuschlagsdurchschnitt bestand, entfallen würde, kann jedoch auf Antrag beim Vor­liegen besonderer Verhältnisse bis auf die volle Höhe dieses Betrages erhöht werden.

Sodann wird den in den Ruhestand verjetzten un­mittelbaren Staatsbeamten für die Zeit vom 1. April 1920 ab Kinderbeihilfe in der gleichen Weise wie den aktiven Beamten, sowie für die Kinder der im Amt oder im Ruhestand verstorbenen Beamten gewährt, und zwar auch für Vollwaisen und Kinder einer wiederverheirateten Beamtenwitwe, sowie wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen, auch nach Wegfall des Waisengeldes bis zum vollendeten 21. Lebensjahr.

Zur Aufklärung kann ich nur diese kurzen Winke geben. Interessenten empfehle ich die Beschaffung der Ausführungsanweisung des ppeußischen Finanz= ministers vom 21. Januar 1921 zum Beamtendienst­einkommensgesetz und zum Beamtenruhegehaltsge­setz vom 17. Dezember 1920(B. 1626), welches als Sonderabdruck des Finanz=Ministerialblattes Nr.

23 vom 5. Februar 1921(S. 33 bis 64) erschienen ist.

Unsere Altpensionäre werden die Gleichstellung mit den Neupensionären freudig begrüßen. Die Auszahlung des Unterschiedes, welcher immerhin eine namhafte Summe darstellt, wird sich noch einige Wochen hinziehen, da dieses umsangreiche Vorarbei­ten erfordert. Aber die Berechnungen sind in vol­lem Gange, und es wird seitens der den einzelnen Ministerien unterstellten Behörden(Direktionen, Aemter usw.) mit Hochdruck an der Feststellung der neuen Pensionen, welche bei jedem Pensionär an­ders berechnet werden muß, gearbeitet, damit sobald wie eben möglich die Auszahlung erfolgen kann.

Sollten sich aber Pensio täre oder Witwen in einer Notlage befinden, so kann auf Antrag eine Vorschußzahlung auf die neuen Bezüge, welche durch die Gleichstellung der Alt= und Neuxensionäre be­willigt worden sind, bei den zahle iden Kassen in Empfang genommen werden. Bezüglich der Wirt­schaftsbeihilfe(Besetzungszulage) für Pensionäre erhielt ich auf meine Anfrage nachstehende Antwort des Finanzministers:

Die Reichsregierung hat es abgelehnt, den Empfängern von Ruhegehalts= und Hinterbliebe­nenbezügen die Wirtschaftsbeihilfe(Besetzungszu­lage) für das besetzte Gebiet zu gewähren. Da die Preußische Staatsregierung sich in Uebereinstim­mung mit der Landesversammlung zur Gewählung dieser Beihilfe entschlossen hat, um ihre Beamten usw. nicht schlechter zu stellen als die des Reiches, kann die Staatsregierung andererseits auch für ihre