54. Jahrgang Nr. 173

Bonn, Mittwoch, 29. Juli 1925

Einzelpreis.10.=M.

Bezugspreis monatlich 8

In Fällen döberer Gewalt. Beiriebssiörung, Streit, Verdot usw. destedt kein Auspruch aus Lieterung deiw Rückzadlung. Anzeigenpreis: 20.=Pl. die einspaltige Millimeterdöhe: Familienanzeigen 3344% Ermäßigung.

Retlamepreis: 60.=Pf. die 90 mm breite

Milimeterdöde.

Alle Preise verlieden sich freibleidend.

8

Montags: Sportnachrichten= Mittwochs: Für unsere Frauen= Samstags: Familienblatt für das christl. Haus= Illustrierte Tinnso=Beilage

Wertag: Deutsche Reichs=Zeitung C. m. u. 9. Druck: Tiunio=Vertag Vonn. Sürft 1. 2 Verantwortuch:

Politik und Feuilleton Emii Schwippert, für den Abrig. redakt. Teil: Dugo Rudoipe. Anzeigenteil: Franz Kratd, alle in Vonn. Anzeigenverwaltung Tinnio=Verlag, Vonn. Fernspr. 59, 60, 2835, nach Geschältsschl. 171 Postschedionto Köin 24029 Bankkonto 8076 Städtliche Sparkasse Vonn.

Der britische Staatenbund.

Dominien und Sicherheitofrage. Zentrale London oder Zentrale Washington?

A. I. Der ehemalige Premierminister der südafrikanischen Union General Smuts hat zweimal, zuerst in einer Zeitung und dann im Parlament von Kapstadt gegen Englands Beteiligung am Sicherheitspakt sich verwahrt. Er meinte, die Dominien müßten in diesem Falle eigene Politik treiben: England selbst würde sie dazu zwingen. Da nun die Staatlichkeit der Dominien durch ihre eigene Vertretung beim Völkerbund ausgedrückt ist, Kanada sogar einen eigenen Gesandten in Washington hat, so besitzen die Dominien auch formale diplomatische Mittek, um in bestimmten Fällen eine besondere Außenpolitik zu machen.

Die Stellung der Dominien zum Sicherheitopakt ist nicht nur im Zusammenhang mit diesem interessant; sie ist symp­tomatisch für die Lage des britischen Weltreiches. Nicht zuletzt wegen der entschiedenen Mißstimmung der Dominien gegen die Europapolitik Mac Donalds ist im Vorjahre das Arbeiterkabi­nett gestürzt und die Neuwahl des Unterhauses nötig geworden, die den Konservativen eine große Mandatmehrheit und damit die Herrschaft für eine Reihe von Jahren brachte. Man mußte in dem Abrücken des neuen konservativen Außenministers Cham­berlain von der Genfer Politik Mac Donalds eine Konzession an die Dominien erblicken; im ganzen wollten ja die Konser­vativen eine britische Reichspolitik ihrer alten Tradition gemäß an Stelle der englischeuropäischen des Arbeiter­kabinetls setzen. Es fiel schon auf, daß im Vorjahre der Minister­präsiden! Mac Donald demonstrativ der Eröffnung der Reichs­auestellung von Wemble fern geblieben war; dieser Heerschau des britischen Reiches über seine außercuropäischen Möglich­keiten. Die Ausstellung wurde trotz ihrem finanziellen Fiasko in diesem Jahre wieder eröffnet; sie sollte einen Anschauungs­unterricht geben für das Pregramm der Abkehr von Europa.

Aber auch die konservativen Reichsimperia­listen vermochten die Abkehr von Europa nicht zu vollziehen. Das Genier Protokoll wurkc zwar abgelehnt, statt dessen aber kam der Sicherheitspakt, der England zwar beschränktere Garan­tien als das Genser Protokoll auferlegen würde, es aber doch vertraglich in europäische Konflikte verwickeln könnte. Die Do­minien, die im Kriege starke Kontingente nach Europa geschickt haben und dafür eine entscheidende Erweiterung ihrer staatlichen Rechte erreichten, wollen künftig von einer Bindung an Eng­lands europäische Interessen frei bleiben. Es ist möglich, daß man in London den Weg findet, der nicht das britische Weltreich, son­dern nur das englische Mutterland in den Sicherheitspakt ein­bringt.

Derartige elastische Systemlosigkeiten sind vielleicht nur in England möglich. Ein anderer Staatenbund würde unter solchen Aucnahmeverhältnissen zerbrechen. Aber in England, wo nicht einmal die Versassung regelrecht kodijiziert ist und wo sich das älteste und beste Parlament der Welt seit Jahrhunderten aus Tradition und Gewohnheitsrecht in seiner Autorität erhält, kann wohl auch der Staatenbund des Woltreichs in solcher Weise er­halten werden. Es gibi auch keine Verfassung des britischen Welneiches; die Dominien sind aus Kolonien zu privilegierten Koronien, aus solchen zu Staaten herangewachsen, und ihre Stel­lung beruht auf einer Neihe verschiedener und recht ungleicher Vereindarungen, aus praktischen Tatsachen, die man in London dulden gelernt hat, und auf ihren eigenen Willenskundgebungen. Seit der britischen Reichslonserenz von 1921, dem Vorspiel der Waihingtoner Konserenz, wird die britische Außenvolitik, so­weit sie das Weltreich mit seinen 450 Millionen Einwohnern betrifft, nicht mehr im Londoner Außenamt allein entschieden. Unter dem Druck der Dominien verzichtete man auf das Bündnio mit Japan, vollzag man die Annäherung an die Vereinigten Staaten, die der britischen Kriegsflagge einen weit mächtigeren Seckonkurrenten an die Seite setzte als es die Flotte Vorkriegs­deutschlands je gewosen war. Die Austratier, Neuseeländer und Kanadier hatten schon gemeinsame Flottenmanöver mit den Vereinigten Staaten im Stillen Ozean veranstaltet, und der Hinweis des australischen Ministerpräsidenten auf Amerika als daserste Dominium war ebenso deutlich wie die Moralpaufe die die Vertreter der Dominien im Namen des kolonialen Angel­sachsentums der dekadenton europäischen Politik mit Einschluß des englischen Mutterlandes hielten. In dem Schatten, den der Verlust Amerikas auf die sonst so glänzende englische Kolonial= vol tit warf, sind die Dominien groß geworden; sie verdanken ihre Sonderstellung der Furcht Englands vor einer Wieder­holung der amerikanischen Unabhängigkeitsbewegung in anderen Ländern.

Was die Dominien, die selbst schon nicht nur eigene Parla­mente, Verwaltungen und Heere, sondern auch eigene Kriegs­flotten besitzen, im Reichsverband hält, sind sehr praktische Er­wägungen. Der Zusammenhang mit rem britischen Weltreich und den noch unmittelbar der Londoner Zentrale unterstehenden Kolonien, der moralische und militärische Schutz, der Londoner Geldmarkt waren die Bindemittel. Je mehr aber England und Amerika sich seit Washington näherten(in China gab es jetzt die erste wirkliche Reidungsfläche seit Jahren), desto mehr muß­ten die Vorteile des britischen Reichsverbandes gegenüber dem Gedanken der größeren angelsächsischen Gemeinschaft verblassen. Die Dominien, von denen Kanada seine Grenze mit den Ver­einigten Staaten längst, nicht mehr als britisch amerikanische Reichsgrenze empfindet, machen sich auch wirtschaftlich, wie der jüngste Zollkonflikt zwischen England und Südafrika bewies, imme: selbständiger, und die Anziehungskraft des Londoner Gelomarktes ist geringer geworden, seit der unbestrittene finan­zielle Schwerpunkt der Welt in Newyori liegt, wo man über fost die Hälfte des gemünzten Goldes der Welt verfügt. Jüngst erst hat Australien mit Umgehung Londons eine Staatsanleihe von 100 Millionen Dollar in Newyork ausgenommen.

Aus den inneren Verhältnissen der Dominien heraus ge­seben, haben sie auch weit mehr Aehnlichkeit mit Amerika als mit dem Mutterland. Dieses ist nicht mehr, was es vor dem Kriege war. Es ist erstaunlich, wie wenig der Engländer die riesige Chance, die im Besitz eines Vierteis der bewohnten Erde für ihn liegen müßte, zur Abwälzung der Wirtschaftsnöte aus­nutzen konnte, die Englano in das allgemeine Schicksal Europas einbezogen. In allen Wirtschaftskrisen nimmi England an der europaischen Katastrophe teil, und die Arbeiterpartei nimmt ihre noch unverminderte Schlagkraft und Zukunftshoffnung gerade daher, daß sie Vertreterin des typisch europäiischen Schicksals des englischen Mittelstandes und vierten Standes ist. Sie mußte da­her folgerichtig auch in ihrer Außenpolitit europäisch orientiert sein.

Die Dominien aber kennen die europäische Krankheit der Menschenüberflusses und der Arbeitslosigkeit nicht; sie sind mit Ausnahme Kanadas ihrer Volkszahl(an Vollbügern europäischer Rasse) nach Kleinstaaten, wenn auch ihre Bodenfläche das Maß euroxäischer Groistaaten vielsach übersteigt. Rund zwei Mil­tionen Weiße jeben in Südafrika, nicht viel mehr in Australien. Es sind reine Rohstoffländer mit der ganzen Unbekümmertheit der jungen Kolonialwirtschaft; sie eignen sich wohl zur Ergän­zung mit Industrieländern, fühlen sich aber im Vorkehr mit diesen als Gebende und wollen frei wählen, nicht aber von dem Industrieland Großbritannien deherrscht werden. Ihr Herz zieht sie nach Amerika; dort ist ihnen ihre eigene erträumte Zukunft schon vorgebildet.

Man wird sich also daran gewöhnen müssen, bei außenpoli­tischen Londoner Eutscheidungen zwischen engkischer Außenpolitik und der deo brittschen Staatenbunder zu unterscheiden. Die kroße Mehrheit, die die Konservativen im Vorjahre erhalten

Sechs Einwände Englands.

Der Sicherheitspakt.

Parie, 28. Jubi. Der engbische Geschäftsträger hilippe hat Herrn Berthelot, dem Direktor der po­litischen Abteilung am Quai'Orsay, der den zurzeit auf dem

Lande befindlichen Außenmin ster vertritt, ausführlich die Antwort der englischen Regierung auf die letzte französtsche Note überbracht, die bekanntlich 6 Einwände gegen den In­halt der letzten deutschen Note zu dem Sicherheitspakt enthielt. Eine schriftliche Mitteilung hat Herr Philippe, wie bestätigt wird am Quai'Orsay nicht hinterlassen.

Journak glaubt, die Mitteilungen des englischen Ge­schäftsträgere wie folgt wiedergeben zu können: Die englische Regierung erklärt, für den Augenblick auf eine Konferen; verzichten zu wollen. Sie pflichtet voll der französischen Auffassung bei, wonach die Unterzeichnung des Garantiepaktes ohne jeden Einiluß auf die Rheinlandbesetzung blei­den muß. Uebereinstimmung testeht seiner über das Prinzip deo deutschen Eintritte in den Völkerbund. Zustimmun auf englischer Seite begegnet auch die französische Ansicht, daß die Schiedssprüche abligatorisch sind und keinen juristi­schen Charakter haben dürjen, wobei die englische Regierung besonderes Gewicht auf die Feststellung legt, daß dieses Prin­zip auch auf die Auslagung strittiger Stellen des Versail­ler Vertrages voll zur Anwendung kommi. Was das Recht zur Ergreisung von Sanktionen anbolangt, so wird sestgestellt, daß, soweit die Reparationen in Frage kommen, das Londoner Abkommen die Zufluchtnahme zu Schiedesprüchen vorsieht. Zu tiefer gehenden Meinungs­verschiedenheiten gibt dagegen die Frage Anlaß, ob Sank­tionen im übrigen automatisch ergrifsen werden, oder ob zunächst eine unparteiische Gutscheidung erfor­derlich ist. Die Klärung dieser Frage ist von besonderer deutung, da es sich in erster Linie um die Feftlegung der Maß­nahmen handelt, die ausgrund eines Verstoßes gegen die ent­

militarisierte Rheinlandione bestimmt werden. Frankreich, das sich an Art. 44 de: Versailler Vertrages häft, schreibtJournal, erachtet, daß jeder Verstoß ipso facto einen casus belli bedeutet. Die englische Regierung steht dagogen auf dem Stondpunkt, daß ein beteiligter Staat nicht gleichzeitig die Feristellung der Verfehlungen und die Ergreisung der Sanktionsmaßnahmen für sich in Anspruch nehmen darf. Der englische Geschäftstriger muß sich sogar mit aller Entschiedenheit gegen automotische Sanktionon ausgesprochen haben, da, dem genannte Blatte zufolge, erslärt wurde, daß zu Maßnahmen erst nach Fesistellung der Versehlungen durch den Völkorbund geschritten werden kann. Ein Gegensatz zwischen den beiden Ländern bestehl fer­

ner in der Frag der Garanlierung der Schiedoge­

eichtsverträge aurch Frankreich. Frankreich dehölt sich bekanntlich vor, einzugreisen, sohald es entscheidet, daß eine deutsche Angriffshandlung vorliegt.

land eruchtet dagegen, daß die Aggression durch den Völ­kerbund festzustellen ist, desondere, wenn eine mitzitävische Intervention die Entsendung non Truppen durch die entmiti­tarisierte Rheinkondzone ersordern würde.

Von don anderen Morgenblättern gidt auch derPelit Parisien zu, daß die französische Forderung nach Garon­tierung der Schiedsgerichtsverträge im Osten durch

zur Zeit den größten Stein des Anstoßer zwischen Frankreich und England bildet. Der Londoner französische Botshafter de Fleuriau hat nach dem zutetzt genaunten Batte neue Instruk­tionen erhalten, die sich auf die fronzösische Interpretierung gewisser Fragen des internationalen Rechtes beziehen. Herr de Fleuriau dürfte in den nächsten Tagen wiederholt Besprechun­gen mit Herrn Chomberlain haben, und zwar aufgrund dieser neuen Anweisungen.

Marschal! Ray äufeert sich imPevit Journal zu den franko=englischen Vorbesprechungen in der Sicherheitsfrage mit auffallendem Optimismus.Der jwoifvische Rechtssachverstön­dige Fromageot hat während seines mehrtägigen Londoner Auf­enthaltes mit Sir Cecil Hearst nicht nur die rechtliche Seite der Fragen geprüft. die Gegenstand des franko=engbischen Mei­nungsaustausches bilden, sondeon auch bereits mit der Absassung den Textes des eigentlichen Carantiepaktee begonnen. Alles deutet darauf hin, daß die fvonkorengbischen Besprechungen in kürzester Zeit zu einem vollen Einvernehmen führen werden.

hat im übrigen keinen Zweck, fährt dasPetit Journal fort, daß Bertin und Paris endlose Roten austauschen. Es ist

nicht zu bestreiten, daß die deutsche Antwort wegen ihrer an­scheinend gemäßigten und vernünftigen Form in den ersten Ta­gen einen sehr günstigen Eindruck in London hervorvief, doch haben sich unsere Verbündeten wie wir selber sehr bald davon Rechenschaft abgelegt, daß die deutsche Note im Grunde genom­men keinen Fortschritt bedeutet. Chamberlain hat erblärt, daß die Prüfung der deutschen Antwort ihnenttäuscht hätte. Wenn man die übliche Zurückhaltung des enzlischen Außenministers kennt, so darf man gewiß sein, daß er mehr als eine bloße Ent­täuschung empfunden hat. Chamberlain und Briand wünschen lebhaft, die Verhandlungen sortzuführen und zu einem Ende zu bringen. Frankreich und Großbritannien wollen keinetwigo einer direkten Aussprache aus dem Wege gehen, die Deutschland zu wünschen schei..t, doch wissen sie genau, wie weit sie gehen können. Boide Regierungen sind bemüht, eine Verständigung über den Wortlaut der Antwort auf das deutsche Memorandum und die konkrete Form des Garantievertragesentwurfes hervei­zuführen. Man kann behaupten, daß diese Verständigung sehr leicht zu verwirklichen ist. Man kann sogar sagen, daß sie bereite erreicht st.

Rhein=Frage und China=Frage.

Der englische Kuhhändler.

TU. Parie, 28. Juli.Ere Nouvelle macht in einer Bespre­chung der Annäherung Frankreichs und Englands die Feststel­lung, daß England für ein Entgegenkommen in der Frage der europäisehen Politik die Unterstützung Frankreiche in Asien sor­dert. Die Zugeständnisse Englands am Rhein und sogar an der Weichsel würden durch eine Solidarität der französischen Politik in China ausgewogen werden.

Ere Nouvelle glaubt zu wissen, daß dementsprechend an den französischen Gesandten, der es bisher entschieden abgelehnt hat, sich mit der englischen Politik und dem Vorgehen Englands in Schanghai zu solidarisieren, präzise Instruktionen ergangen sind. Das Blatt warnt den französischen Außenminister vor allzu­weitgehenden Verpflichtungen und macht auf die bedenklichen Folgen aufmerksam, die ein allzu schrosses Vorgehen in nach sich ziehen würde.

Der chinesische Freiheitskrieg.

Das Programm des Generale Feug.

TU. Moskau, 28. Juli. Die Blätter melden zum ersten Mal Grundsätzliches über das Programm des Christl. Generals Feug Yu Sians, der bekanntlich für ein Zusammengehen mit Sowjet­rußland eintritt. Feng Du Sian erklärte einem japanischen Jour­nalisten in Peking, die Chinesen und Japaner seien Kinder der­selben Rasse, und er würde es begrüßen, wenn japanisches Ka­pital den Aufbau derjenigen chinesischen Provinzen, die ihm un­terständen, in Angriff nehmen wolle. Sehr scharf äußerte er sich gegen das amerikanische Einwanderungsgesetz, erwähnte den Aus­bau Singapores und äußerte seine Unzufriedenheit über die Ge­rüchte, denen zufolge Japan beabsichtigte, den Vertrag mit England zu erneuern. Japan müsse sich davor hüten. Ueber seine Beziehungen zu Sowjetrußland sagte der General Feng, er unterhalte zu den Sowjets keine Beziehungen, habe auch keine Kriegsausrüstung aus Rußland bezogen. Allerdings sei er ent­schlossen, aus Japan. Rußland und Deutschland Militärjach­leute kommen zu lassen. Die chinesische Regierung sei nicht bol­schewistischen Charakters, sondern werde von nationalem Empfin­den getragen. Er selbst sei ein Gegner des Kommunismus. Die ungleichen Verträge in China müßten aber aufgehoben werden. Das Pekinger Kabinett Tuan Chi Juis unterstütze er und werde, wenn Peking dies von ihm verlange, sofort zurücktreten. Zum Schluß befürwortete Feng den chinesisch=japanischen Studenten­austausch. Er beabsichtige, einige tausend chinesische Studenten nach Japan zu entsenden, sowie einen politischen Vertreter, der die Zusammenarbeit mit Japan anbahnen solle. Weitere Mel­dungen besagen, daß Fengs Truppen die Hauptstadt der Provinz Tejan=Sy=Syan=Fu besetzt haben. Feng wolle seine Kriegsope­rationen in dem Augenblick abschließen, in dem er sich in der Pro­vinz festgesetzt habe. Die russischen Zeitungen hoffen, daß dann eine allgemeine Front der chinesischen Volksarmee gebildet wer­den könne. Fengs Offiziere unterrichten schon jetzt in Schanghai etwa 500 Studenten in den Militärschulen. Studentische Kriegs­organisationen sind an etwa 30 Unlversitäten und Hochshulen gebildet worden.

Rom und Prag.

Der Hinterarund des Konslittes.

Von Dr. Eugen Lanske=Wien.

In der Gegenwart treifen wir in den meisten tschechischen Staaten auf ein alaubenstreues Landvolk, auf ein religiös in­difserentes Industrieprolctariat: bei Bürgertum und Intelli­genz sind die Auffassungen zumeist geteilt, wobei unter dem Ein­drucke der Erjahrungen der Nachkriegszeit zumeist ein Ueber­wiegen der konservativen Aufsassung festzustellen ist. Bei den Tschechen hingegen steht das Bürgertum der Religion, speziell der katholischen Kirche, seindlich gegenüber. Besonders seit 1918, als gewisse, aus der innerpolitischen Struktur der alten Monarchie hervorgegangene Bindungen, weggefallen waren. Am 28. Oktober 1918 wurde auf dem Prager Wenzelsplatze die historische Marienstatue umgestürzt, ohne daß bis heute gegen die wohlbekannten Täter ein Gerichtsverjahren eingeleitet worden wäre. In der Folge ftaute die kulturkämpferische Ten­denz etwas ab. Man versuchte sich in der Gründung einer tschechisch=katholischen Nationalkirche", erlitt aber damit einen Mißersolg, der noch vollständiger war, als seinerzeit der der Los=von=Rom=Bewegung in Deutschböhmen. Außerdem blieb das tschechische Landvolk der katholischen Kirche treu und orga­nisierte sich auch politisch in der tschechisch=katholischen Volks­partei; ja es kam sogar so weit, daß die politische Hegemonie des Tschechentums gegenüber der sich bildenden Einheitsfront der nationalen Minderheiten nur durch Aufnahme dieser ka­tholischen Volkspartei in die Regierungskoalition aufrecht­erhalten werden konnte, was natürlich weitgehende Rücksicht­nahmen auf die Stellung des Katholizismus bedingte. Die an­sangs zweiselhaft gewesene Errichtung einer divlomatischen Vertretung in Rom wurde beschleunigt. In der Slovakei, wo die katholische Kirche über breitesten Anhang verfügt, wurde der Drang zur Autonomie immer stärker, so daß ein Kultur­kampf in jeder Form mit dem offenen politischen Abfall der Slovakei beantwertet worden wäre. Man mußte also in Prag gute Miene zur Renaissance des tschechischen Katholizis= mus machen und konnte speziell die von den Linksparteien, auch von den deutschen Sozialdemokraten, immer und immer wieder verlangte Trennung von Staat und Kirche nicht auf die parlamentarische Tagesordnung setzen.

Dies ging natürlich dem tschechischen Freidenkertum sehr gegen den Strich. Der maßgebendste Faktor dieser Kreise ist das Staatsoberhaupt Masaryk, der sich ausdrücklich von jeher für die Trennung von Kirche und Staat ausgesprochen hat. Nun rückt das tschechische Freidenkerium Hus in den Mittel­punkt seiner Provaganda. Hus wurde wegen Glaubensfrevel auf dem Konzil zu Konstanz verbrannt, aber nicht etwa auf Besehl der Habsburger, die damals gar nicht die deutsche Kaiserwürde innehatten, sondern unter Zulassung eines in Prag residierenden Kaisers aus dem luremburgischen Hause. Und wenn auch die theologischen Spitzfindigkeiten eines Hus der Rentalität des modernen tschechischen Freidenkertums we­sensfremd sind, so verschlägt es doch nichts. Hus 407 Jahre nach seinem Tode wieder als Sturmbock gegen Rom zu benützen.

Dies geschah in offizieller Form am 6. Juli. Schon zu Neujahr 1925 war im Prager Abgcordnetenhause ein Gesen betreffs der gesetzlichen Feiertage angenommen worden; in die Reihe derselben wurde auch der 6. Juli alsHustag ausge­nommen, wobei die notwendige Mitwirkung der tschechisch­katholischen Volkspartei nur dadurch gesichert werden konnte, daß man sich verpflichtete. Hus nur als Nationalhelden und Literaten, nicht aber als Geaner Noms zu seiern. Eine ähn­liche Zusage war seitens der tschechischen Regierung auch dem Prager Nuntius gemacht worden. Der Verlauf der Husseier aber widervrach in jeder Weise diesen Bedingungen. Von den ossiziellen Gebäuden Prags wehte am 6. Juli die Sturmsahne der Hussiten, der rote Kelch im weißen Felde; und im offiziellen

Manisest hieß es unter anderem:... wir gedenken aber sei­

ner nicht nur als eines Märtorers, sondern vor allem auch als eines Vertünders der Wahrheit und Kämpfers für die Freiheit des Gewissens und des Denkens.Durch Hus wurde unserem Volke und der ganzen christlichen Wel! Jesus reines Evange­lium der Liebe ausgelent.Hus löste die Fesseln der erstatt­ten Autorität, von denen die Denkkraft eingeschlossen und das Leben des mittelalterlichen Menichen in Eisen gelegt war. Hus befreite das Gewissen des Menschen und dessen Verstand.

Die Folge war bekanntlich die Abreise des Runtius Mar­maggi aus Prag und tags darauf die Abberufung des tschechi schen Gesandten im Vatikan, Dr. Pallier, aus Rom. Die Be­ziehungen wurden, da beiderseits Geschäftsträger zurückbelassen wurden, nicht abgebrochen, sind aber äußerst gesannte. Da weiter die tschechische Volksvartei die Taktik der Regierungskoali­tion nicht mitmacht, ist diese aufs äußerste gefährdet, so daß wohl der Prager Regierung nichts übrig bleiden wird, als ein­zulenken: Anzeichen dazu sind heute schon vorhanden.

haben, mag durch Bolschewistenangst(Brief Sinowjewe) geför­dert worden sein; entsprungen ist sie wesentlich dem Gefühl der politisch erzegenen Durchschnittsengländers für die Nowwendig­keit einer stabilen Regierung, die aus konseroativer Tradition das stolze und doch so bedrohte Erbe Lord Curzons zu verwalten und womöglich zu erhalten verstünde. In Vorderasien ist er gelungen; in Aegypten und in China zeigen sich schwere Rück schläge; und in Indien mit seinen 270 Millionen Bewohnern ist ja auf dem Wege zum Volldominium, dessen Vertreter vielleicht in 20 Jahren keine weniger deutliche Sprache führen werden als jetzt der Bure Smuts.

Zur Parität.

In seiner Königsberzer Rede hat der beruchtigte ehemalige Hojprediger Döring unter anderen schönen Sätzen auch sol­genden geprägt:

Wir Protestanten sind nicht Staatsbürger zweiter Klasse, so daß bei Besetzung von Beamtenstellen, zumal höheren Gra­des, der Katholit vor dem Evangelischen den Vorzug haben müßte. Zur Beleuchtung dieses wirklich sehr merkwürdigen Satzes diene eine Statistik über die Besetzung der oberen, mitt­leren und unteren Verwaltungsstellen in Hessen, die der Land­tagsabgeordnete Hoffmann von Darmstadt kürzlich im hessischen Landtag zur Kenmnis gebracht hat

eval.

Staatsministerium Vortragende Räte 2

Ministerium des Innern Vortragende Räte 19

Justizministerium Vortragende Räte 6

Finanzministerium Vortragende Räte 32

Arbeitoministerium Vortragende Räte 16

Landesamt für Bildung Vortragende Räte 12 Provinzialdirektoren 3

Kreisdirektoren 15

Richter am Oberlandesgericht 11

Generalstaatsanwalt 1

Oberstaatsanwälte 3

Präsident des Oberlandesgerichtee 1

Präsidenten der Landeogerichte 9

Landgerichtsdirektoren 13

Beamtete Aerzte 25

Anstaltsärste 15

Beamtete Tierärste 22

Mittlere und untere Beamte bei der Justiz 25 Mittlere und untere Beamte im Einans­

ministerium 109

kath.

3

2

1

1

1

1

2

1

1

11

Folgen des Dawesplanes.

Ursachen und Ziele des englischen Kohlenkampfe.

XU. London, 28. Juli.Daily Mail weist heute erneut auf die verheerenden Folgen hin, die die Annahme des Dawes­planes für die englische Industrie und insbesondere den eng­lischen Kohlenbergbau zur Folge gehabt hätte. Es ließe sich heute bereits jeststellen, daß der deutsche Wettbewerb durch den Dawesplan außerordentlich gestärkt worden sei.

Herbert Mill, der, wie schon gemeldet, gestern abend sich nach Paris begeben hat, wird auf der dortigen Tagung einen Bericht über die Lohnsituation voriegen. Zugleich wird er die Möglich­keit einer vollkommenen Arbeitseinstellung der britischen Kohlen­gruben erörtern. Da die französischen und belgischen Arbeiter ebenfalls vor Forderungen der Grubenbebsitzer auf größere Lohn­emäßigungen stehen, so werden auf der Pariser Tagung zweifel­los Initiativaktionen erörtert werden. Das Aeußerste, was die Bergarbeiter erhoffen können, ist, wie derDaily Telegraph heute schreibt, daß Maßnahmen ergriffen werden, um die Ent­sendung von ausländischer Kohle auf britische Märkte zu ver­hindern. Die britischen Bergarbeiter haben sich dieserhalb so­wohl mit den Dockarbeitern wie mit den Eisenbahnern und üb­rigen Transpertarbeitern geeinigt.

Zeppelinseier in Friedrichshafen.

TU. Berlin, 28. Juli. Der Luftschiffbau Zeppelin i Fried­richshafen hat den 25jährigen Gedenktag des ersten Zeppelin­aufstiegs auf den 20. August ds. Is. in Friedrichshafen festge­setzt. Es soll eine dem Ernste der Zeit entsprechende einfache Feier statfinden, an der Vertreter der Reichsregierung, der würt­tembergischen Regierung, der deutschen Städte, der deutschen In­dustrie, der deutschen Gewerkschaften und andere namhafte Ver­treter deutscher Körperschaften teilnehmen werden. Aus Anlaß dieser Feier wird Dr. Eckener mit Zustimmung der Vertreler der Regierungen, Verdände und Körperschaften den von uns bereits früher erwähnten Aufruf an das deutsche Volk erlassen zur Opfer­spende für den Bau eines neuen Zeppelinluftschiffes

Tause des ersten Isterreichischen Sroßflogzenges.

TU. Wien, 28. Juli. Heute wird auf dem Flugplatz in Aspern bei Wien, das erste österreichische Großflugzeug getauft. Es wird den NamenOesterreich erhalten. Das Flugseug wird von zwei erprobten Flugzeugführern gesteuert und kann bequem elf Fluggästen Raum gewähren. Es soll den Dienst auf der Linie WienZürich versehen.

Bei der Liquidierung dieses Konfliktes wird man auch an einer weiteren Streitfrage nicht so ohne weiteres vorüberkom­men können. Die heute bestehende Verpflichtung des Staater zur Leistung der Konarua will die tschechische Regierung Zum Anlasse nehmen, auf die Regelung der persönlichen Agenden in der katholischen Kirche, namentlich auf die Besetzung der Beschofsstühle, weitgehenden Einsluß zu nehmen. Man be­hauptet in tschechischen Regierungskreisen auch einen Ueber­gang des Rechtes. Bischöse zu ernennen, von der österreichi­schen Krone auf die heutige Prager Regierung. während doch dieses Recht zweisellos als Bestandteil der geistigen Souveräni­tät der Kirche aufzusassen ist. Eine konkrete Streitfrage hat sich hinsichtlich der Besetzung des Preizburger Bischofsstuhles er­geben. Die Reise des tschechischen Außenministers Dr. Benesch nach Rom im Dezember 1921 konnte keine Klärung bringen. Wohl aber hat es im Prager Parlament aus diesem Anlaß an unstätigen Angriffen gegen den Vatikan und gegen den Nun­tins in Prag nicht gefehlt. Auch hier dringt man seitens des Vatikans auf Klärung. Will sich die tschechische Regierung in­nerpolitisch halten, muß sie ihre Kulturkampfallüren ehestens aufgeben.

Hamborn: Erschossen. Zu einem folgenschweren Zusammen­stoß zwischen der Polizei und einem schon mehrsach vorbestraften und von der Polizei gesuchten Manne aus Essen kam es hier auf der Kaiser=Wilhelm=Straße. Als ein Schutzpolizist sich dem Manne näherte, entriß dieser dem Beamten das Seitengewehr und griff damit den Polizisten an. In der Notwehr machte dieser von der Schußwasse Gebrauch. Die Kugel traf den An­greiser so schwer, daß er bald darauf im Krankenhause seinen Verletzungen erlag

Können Sie nicht mehr gut sehen

so wählen Sie nur

Leiss-Punltalgäser

für Ihre Augen, von

Optiker Schumacher

Köln, Hohestr. 129 A Dunktal