24. Jahrgang Nr. 154

Bonn, Dienstag, 7. Juli 1925

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HSreicht=Beitung

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Verlag: Deutsche Reichs=Zeitung G. m. ö. 9

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Politik und Feuilleton Emil Schwippert,

für den übrig. redakt. Teil: Hugo Rudolph. Anzeigenteil: Franz Krath, alle in Bonn. Anzeigenverwaltung Tinnso=Vertag, Vonn. Fernspr. 59. 60, 2835, nach Geschäftsschl. 171 Postscheckkonto Köln 24093 Bankkonio 8076 Städtische Sparkasse Vonn.

Klarkeit!

Es scheint der Zeitpunkt gekommen zu sein, der das Zen­trum berechtigt und verpflichtet, zu den schwebenden Fra­gen der Außenpolitik ein deutliches Wort zu sagen. Dar Zentrum hat bis jetzt ausreichende Beweise dafür gegeben, daß es der Regierung Luther=Stresemann keine Schwievigkeiten machen und ehrlich an der Beseitigung vorhandener Hemmungen mitarbeiten will. Die einzige Bedingung für sein aufrichti­ges, uneigennütziges Verhalten sprach die Zentrumsfraktion in der Erklärung aus, die Fehrenbach beim Regierungsantritt des Luther=Stresomann=Kabinettes abgab. Diese Bedingung verlangt die geradlinige Fortsetzung der von Marx in London erfolgreich eingeleiteten Politik ehrlicher Verständigung mit den Vertragskontrahenten. Wenn nun die Volkspartei, die den Außenminister Stresemann stellte, selbstherrlichRichtlinien für die Außenpolitik herausgibt, die in manchen Punkten von den bisher von Stresemann selbst vertretenen Aufsassungen ab­weichen(z. B. in der Frage des Eintritts in den Völkerbund), wenn ferner auf diese volksparteilichenRichtlinien die Reichs­regierung festgelegt werden soll in dem Sinne, daß nunmehr nach dem Diktat der Volkspartei die Außenpolitik zu führen sei, dann muß insbesondere vom besetzten Gebiete aus, der Zentrumsfraktion driugend geraten werden, gegen diese unmögliche Methode Einspruch zu etheben, und zwar gegen die Form und gegen den sachkichen Inhal t der volksparteilichen Sonder Aktion. Die Volkspartei wird sich schon bequemen müssen, auf das Zentrum einige Rücksicht zu nehmen. Man wird auf volksparleilicher Seite ja wohl nicht verkennen, daß bei der nun einmal vorliegenden parlamentarischen Lage das Zentrum die entscheidende Rolle spielt. Die Reichsregierung selbst hätte n der bewegten Samstag=Sitzung des Reichstags oder in irgend einer anderen Form Gelegonheit nehmen können, zur Frage der Behandlung der Sicherheitsfrage ihre Stellungnahme eindeut arzulegen und dem Zank ein Ende zu bereiten. Man kann er Reichsregierung den Vorwurf nicht ersparen, daß sie selbst chuld daran ist, wenn im Reichslag eine Erregung und Ner­osität entstanden ist, die im Interesse unserer Außenpolitik sätte vermieden werden müssen, und die sich hätte auch ver­neiden lassen. Die parlamentasische und politische Lage hat ich jedenfalls infolge des ungeschicklen Verhaltens der ung dem Reichslag gegenüber sehr gejährlich zugespitzt, wenn schlimmsten Folgen noch vermieden worden sind, so verrankt as die Nezierung salt ausschließlich der klugen und geschickten

sattit der Abgeordneten Fehrenbach, der als Sprecher der zentrumsfraktion auch am Samstag wieder, ebenso wie am freitag, zwischen den Parleien verhandelte und die Wogen der Etrezung, soweit es möglich war, glättete. Die Vorgänge der etzten Tage haben bewiesen, wie recht das Zentrum hatte, als o vor etwa einem halben Jahr in einer Erklärung seine Kweren Bedenken gegenüber dem neugebildeten Kabi­iet: zum Ausdruck brachte. Es hat sich aber in diesen Tagen nuch wieder gezeigt, wie ernst ee das Zontrum mit seiner staats­ontischen Pflicht uimm: und wie sehr es sich seiner Verant­

vorlung gegenüber Staat und Volk bewußt ist. Denn darüber st man sich heute allgemein und in jedem Parteilager klar:

m

Fteilag und Samstag im Reschela; eine andere Halung ein

enommen hätte.

Aber man weiß ja, warum Reichskanzler Dr. Luther bioher im eine Klarstellung der Außenpolitik herumgeht wie die in den heißen Brei. Der Neichskanzler trant der stärksten Re­izrungsrartei den Deutschnationalen nicht. Er befürch­daß die Deutschnationalon ausbrechen werden. Darum at auch die Deutsche Volkspartei auf ihre außenpolitische In­erpellation, die sich gegen die Deutschnationalen richtete, ver­Es ist begreiflich, daß die übrigen Parteien des Reichs­

ags dieses Spiel nicht mitmachen wollen. Die deutichnationalen müssen sich jetzt erklären, ob sie ihre trupellose Opposition, die sie in ihrer Presse und im Lande gegen Außenpolitik der Regierung schreiben, auch im Reichstag ertreten wollen. Diese Klarstellung ist auch dringend nötig: enn die Autorität des Reichekabinetts dem In= und Ausland gegenüber ist aufs höchste gefährdet.

Eine geradezu tragische Rolle spielt in diesen Tagen er Minister des Auswärtigen Dr. Stresemann. Er. der : Deutschnationalen nicht früh genug in das Kabinett be­ommen konnte, muß jetzt täglich die stärksten Angriffe und ühnngen von deutschnatiostaler Seite über sich ergehen assen. Es vergeht nicht ein Tag, an dem nicht in Kundgebun­zen deutschnationaler Verbände und Landevorganisationen der afortige Rücktritt des Außenministers verlangt wird. Auch die gleit" zwischen deutscher Volkspartei und Deutsch­nationalen ist seil der Veröffentlichung des bekannten Brieses, en der deutschnationale Minister Schiele an den volkspartei­lichen Abgeordneten Brüninghaus geschrieben hat, sehr proble­nat'sch geworden. Denn die deutschnationalen Blätter bezichti­zen aus diesem Anlaß Herrn Dr. Stresemann unverblümz der Hinterliktigkeit und Eigenmächtigkeit, während die volkspartei­iche Presse sich nicht scheut, dem Minister Schiele Unwahrhaftig­keiten vorzuwersen. Die Autorität der Regierung, die unter diesen Vorgängen schwer leidet, kann nur wiederhergestellt wer­

den, wenn die Regierung in der für morgen angekündigten Vollsitzung der Reichstags eindentig und zielbewußt Klarheit

Die Räumung der Bochumer Etappe.

WL. Bochum, 4. Juli. Durch Schreiben an die Sadtver­waltung hat der französische Besatzungskommandant dieser mit­

geteilt, daß er Anwelsung zur Räumung der Bochumer Stappe erhalten habe. Er habe die betreffenden Maßnahmen zur Rück­gabe der Wohnungen und Quartiere bereits angeordnet. Den genauen Tag der Abreise der Truppen werde er noch der Stadt­verwaltung mitteilen. Nach all den bieher getroffenen Maß­nahmen wird man mit der Räumung der Bochumer Etappe zum 15. Juli rechnen können.

Amundsen über Eckenere Nordpolplan.

WTB.Berlin, 6. Juli. Amundsen hat einem Berichterstatter der B. Z. am Mittag eine Unterredung gewährt, in der er u. a. sagte, ich glaube nicht, daß man mit einem Flugzeug den Nordpol erreichen kann; es gibt keine Landungsplätze da oben, die für Flugzeuge geeignet wären. Ich glaube aber fest, daß in Zeppelinesschaffen kann, weil er auf Eis nieder­gehen kann und nicht mit seinem Gewicht einsinkt, wie eine Ma­schine, die schwerer ist als Luft. Der Plan Dr. Eckeners ist ein ganz großer Gedanke, er sollte und er muß verwirk­licht werden. Ellsworth. der zweite Führer des Polflug­teuges, fügte hinzu: Ich bin jeder Zeit bereit, wieder mit hinaus­zugehen. Ich teile vollkommen die Anschauungen Amundsen über die Pläne Dr. Eckeners.

Auchk Krupp?

An der Börse hat die Nachricht, daß auch die Firma Krupp in Geldschwierigkeiten sich befände, die zu Ersuchen an die Reichsregierung um Bereitstellung eines Kredits von 20 Mil­lionen geführt hätten, recht lebhafte Beunruhigung hervor­gerufen.

Wie wir hören, trifft es in der Tat zu, daß der Krupp­Konzern von den wirtschaftlichen Schwierigkeiten der letzten Zeit ebenso wenig unberührt geblieben ist wie der Stinnes­Konzern. Freilich liegen bei der Firma Krupp die Verhältnisse anders. Die betrieblichen Dispositionen standen hier doch auf festerem Boden. Immerhin ist es auch diesem Unternehmen nicht möglich gewesen, sich den ernsten finanziellen Auswirkun­gen der gegenwärtigen Wirtschafts= und insbesondere Kredit­lage zu entziehen. Die Notwendigkeit, einen sehr großen Be­amtenstab und Tausende von Arbeitern beschäftigen und be­zahlen zu müssen, wobei aber nicht immer produktive Arbeit geleistet werden konnte, hat Aufwendungen notwendig gemacht, die auch in letzter Zeit zu ganz außerordentlichen Mitteln zum Zwecke der Geldbeschaffung orängten. Nachdem nun dem Stinnes=Konzern von einem privaten Stützungskonsortium je­doch mit Rückendeckung durch die Reichsbank und neuerdings mit einem Lombardkredit von 20 Millionen Mark durch die Preus­sische Staatsbank geholfen worden ist. lag es nun nahe, daß die Firma Krupp unter Geltendmachung derselben allgemein­wirtschaftlichen Gesichtspunkte, wie das der Stinnes=Konzern tat, auf die Notwendigkeit einer Hilfe hinwies.

So kam die Firma Krupp tatsächlich dazu, sich zunächst an private inländische Geldgeber zu wenden. Die Goneigtheit zur Hilfe war nicht übergroß und sie war andererseits nur dadurch zu gewinnen, daß eine überragende Garantie geboten wird. Nach Lage der Dinge könnte dafür nur die Preußische See­handlung in Frage kommen, nachdem sie soeben auch dem Stin­nesunternehmen beigesorungen ist.

Die Dinge liegen nun so, daß die Firma Krupp zunächst 20 Millionen Mark privat zu erlangen sucht und daß diese Summe durch Lombardkredit bei der Preußischen Seehandlung garan­tiert wird.

Die Lage, in die nun auch eine so weltbedeutende und solide geführte Firma wie Krupp gekommen ist, zeigt wieder den gan­zen Ernst unserer heutigen Wirtschaftsverhältnisse an. Hält man dazu, daß auch in andern westlichen Großunternehmungen wie bei Thossen eine sehr empfindliche personale und betriebs­technische Einschränkung, die bis zu einem Drittel des bioher schon abgebauten Zustandes geht, Platz gegriffen hat, hört man ferner, daß auch im Klötner=Konzern solche Vorkehrungen und Einschränkungen in recht erheblichem Maße getrossen werden müssen, vernimmt man weiter, daß bei der Rheinmetall=Gesell­schaft große Arbeiterentlassungen bevorstehen und hält man hin­zu, daß die Kündigungen von Arbeitern und Angestellten auch in anderen rheinischen industriellen Unternehmungen in letzter Zeit sich auffallend häusen, so erkennt man, wie kritisch unsere gegenwärtige gesamtwirtschaftliche Situation heute ist. Früher wäre es nicht möglich gewesen, daß solche Unternehmungen wie

Stinnes und Krupp in neldliche Verlegenheiten dieser Art hätten kommen können, ohne daß sie thr ganzes Renommee eingebüßt hätten. Heute ist die Sanierung, wie sie gerade bei der Sa­nierung der Stinnesobiebte sich zeigt, nur unter den riesigsten Verlusten möglich, und die gewaltigen Inflationsgewinne, die seinerzeit die Angliederung solcher Objekte möglich machten, verfliegen heute wie Spreu im Winde.

Eine Frage, die aber auch politische Bedeutung gewinnt, ist die, ob es zu dem Aufgabenkreis der Preußischen Staats­bank gehört, die ihr anvertrauten öffentlichen Gelder für die Sanierung privater Unternehmungen zu verwenden. Heute schon kann man oft genug in Wirtschaftskreisen hören, daß andere in letzter Zeit vielgenannte Unternehmungen, denen diese Stützung versagt wurde, in der gleichen Weise hätten saniert und gerettet werden können, wenn ihnen diese Hilfe zuteil ge­worden wäre. Es ist erklärlich, daß sich recht erhebliche Wider­stände dagegen geltend machen, daß nun ausgerechnet die ganz großen Unternehmungen einer solchen Hilfe teilhaftig werden sollen, während die kleineren und mittleren Unternehmungen gerade auch daduech, daß die Großbanken in ihren geldlichen Reserven eine besondere Disposition treffen müssen, erheblich be­nachteiligt werden. Im Landtag hat die kommunistische Frak­tion jetzt auch offiziell Einspruch gegen die Gewährung solcher öffentlichen Gelder an den Stinnes=Konzern erhoben. Zweisel­los wird diese Frage auch ih anderen Kreisen geklärt werden müssen.

Das ernste Wirtschaftsbild wird nun noch durch den Hin­weis darauf verstärkt, daß Krupp in diese Verlegenheiten kam, obwohl noch vor nicht langer Zeit eine recht erhebliche Anleihe in Amerika ausgenommen und durchgeführt worden ist. Die Tatsache, daß die daraus geflossenen Mittel bereits durch den inneren Betrieb aufgesogen sind, sodaß heute mangels einer neuen Zufuhr von Auslandsgeld die Firma Kruvp sich sogar an inländische Geldgeber trotz anerkannter Kapitalnot men­den muß, beleuchtet mehr als alles andere die heutige Lage am ganzen nicht nur innerdeutschen, sondern auch internationalen Geld= und Kapitalmarkt.

Die Hoffnungen, daß es in absehbarer Zeit besser weren könnte, sind nur gering. Schon sehen wir ein geradezu beäng­stigendes Anziehen der Preise für die wichtigsten Lebensmittel. Der Großhandelsinder ist im letzten Monat empfindlich ge­stiegen. Eine weitere Steigerung ist mit Sicherheit zu erwarten. Zu einer wirtschaftlichen Gesundung kommen wir aber nicht, durch das fortgesetzte Steigen der Preise, sondern Voraussetzung für eine nicht nur wirtschaftliche und soziale, sondern auch voli­tische Beruhigung ist ein Preisabbau. Aber was jetzt politisch und wirtschaftlich vor sich geht, kann eine derartige Senkung der Preise nicht herbeiführen, sondern muß notwendigerweise die Preiskurve noch nach oben steigern. Wir sind heute wirtschaft­lich noch in den schwersten Krisenverhältnissen und es ist be­dauerlich, daß nicht von den mahgebenden Faktoren mit der durch den Ernst der Notlage gebotenen Energie durchgegrissen wird.

Die Sreikeitskämpfe der Mongolen und Marokkaner gegen die weiße Rasse.

Die Gärung in Rußland und China scheint sich heute auf jast ganz Zentral=Asien auszudehnen, schreibt Pros. Dr. Auf­hauser in derGermania". Ueberall flackern die jün­gelnden Flammen von Aufstand und Empörung. Und auch Nordafrika bietet gegenwärtig in der Offensive der Risleute unter Führung von Abd el Krim und dem jüngsten Vorstoß der Marokkaner in der Näh: von Tetuan gegen die Spanier ein be­denkliches Symtom der Einstellung Afrikas gegenüber den Wei­ßen. Die Verbindungslinie zwischen der schwarzen und der gel­ben Rasse weist in ihren Brückenköpfen Aegypten, Mesopotamien und Afghanistan gleichfalls übergenug des Zündstoffes auf. Mählich scheint eine schroffe Ablehnung der weißen Rasse von seiten der Mongolen wie der Neger mehr und mehr um sich zu greisen. Was die Entente in haßgetrübtem Kurzblick mit der Verweisung der Deutschen aus China, mit der Ueberführung von Afrikanern und Asiaten zur Teilnahme an dem europäischen Krieg wie an der Besatzung mit der Parole von dem Selbstber stimmungsrecht der Völker an Unheil ausgesät, das beginnt all­mählich als üppig wucherndes Unkraut überall Blüten und Früchte zu zeitigen. Die Selbstzerfleischung der weißen Rasse mußte bei Afrikanern wie Mongolen die Ueberzeugung von der eigenen Ueberlegenheit einem degenerierten und sich selbst ver­zehrenden Europa gegenüber festigen.

Trügen nicht alle Zeichen, so hat der Kampf gegen die Vor­herrschaft der weißen Rasse auf der ganzen Linie bereits begon­nen. Und gute Kenner der Verhältnisse prophezeien nicht etwa in übertriebenem Pessimismus, sondern auf Grund allmählicher tatsächlicher Entwicklung, daß in wenigen Jahrzehnten Europa seine Rolle in Asien und wahrscheinlich auch in Afrika ausge­spielt hat.

Unter revolutionär=bolschewistischen Einflüssen beginnt Er­hebung gegen europäische Bevormundung. Kann die Hoffnung europäischer Gewaltansprüche, mit Hilse von Maschinengewehren afrikanische und asiatische Völker dauernd zu beherrschen, wirklich mit dem Siege rechnen? Oder wird die Erfahrung der Zukunft jenen Kreisen recht geben, die da hofsen, durch allmähliche Wie­dergewinnung Europas für den christlichen Gedanken von den lebenden Zentren des Christentums eus, der europäischen Rasse aufs neue einen Adelsbrief ihrer Weltherrschaft, der freilich nicht durch Kanonenboote, wohl aber durch missionarische Friedens­boten der Welt übermittelt werden müßte, ausstellen zu können? Wir alle, die von letzterer Ueberzeugung getragen sind, ver­mögen uns dadurch allein in den Wirren der Gegenwart den Optimismus zu wahren, ohne den weder im Leben des einzelnen noch ganzer Völker und der Gesamtmenschheit sich Erfolge ermög­lichen lassen.

Oder aber haben sich die Kolonialreiche, welche sich um einen verhältnismäßig kleinen europäischen Kern in unverhältnis­mäßiger Größe in Uebersee gruppierten, wie weltpolitisch, so wirtschaftlich und sozial überlebt? Frankreich mußte ja bereits in Afrika die Gleichheit der Neger in Theorie und Praxis aner­kennen, sein Kolonialdienst ist bereits stark vernegert. Ja selbst in der englischen Auffassung milderte sich die bisherige scharf­trennendeColour bar. Und doch gehört die Rassenfrage mit zu den Hauptproblemen speziell in Südafrika, wo heute Mil­lionen Schwarze Millionen Weiße gegenübersiehen. Da die schwarze Rasse sich in nerhalb 40 Jahren, die Weiße aber erst in 80 Jahren verdoppelt, so wird dies Problem in Zukunft noch an Schärfe gewinnen Der Kampf ums Dasein läßt heute bereits Rufe erschallen wie:Treibt alle Farbigen über den Sambest zurück" oderJagt alle Weiße ins Meer hinein. Die intellek­tuelle Begabung der Schwarzen wird heute von Einsichtigen kaum mehr bestritten. Die weiße Rasse hat daher sicherlich kein Recht, Zivilisation und Erziehung etwa den Schwarzen vorzuenthalten. An diese Fragen können nicht einseitig vom Standpunkt der

Macht und vom nackten Kampf ums Dasein ausgelöst werden. Nur eine Politik der Gerechtigkeit und gegenseitigen Achtung kann sich in all diesen Fragen auf die Dauer als die einzig rich­tige erweisen. Die Asiaten wie die Schwarzen haben ein unbe­streitbareo Recht auf physische, intellektuelle, sittliche und wirt­schaftliche Freiheit.

Chinas Kampf.

Passiver Widerstand gegen die Fremden.

WTB. London 6. Juli. Daily Telegraph berichte: aus Schanghai, daß die chinesische Handelskammer den Strei­kenden in Schanghai 500 000 Dollar zur Verfügung stellte. Die chinesischen Fabriken seien voll beschäftigt und erzielten riesige Gewinne, während die den Fremden gehörenden Werke ihren Betrieb eingestellt hätten.

Der Daily Telegraph schreibt in einem Leitartikel, die Unruhen in China bewegten sich langsam aber sicher auf dem ihnen vorgeschriebenen Wege, der wahrscheinlich mit ernstem Verluste für das Ausland und nichts weniger als ruhig für China enden werde. Aber eine furchtbarere Gefahr als die innere Auflösung und das Chaos in China sei am Horizont erschienen. Mitten in die augenblickliche Verwirrung hätten die Vereinigten Staaten einen wohlgemeinten Vorschlag geworsen, der jedoch wohl nur als Herausforderung angesehen werden würde. Washington habe mit seinem Vorschlag einer sofortigen Reform der jetzt von den Ausländern in China genossenen exterritorialen Rechte von neuem gezeigt, daß die Republik des Westens nicht bereit und nicht fähig sei, die größeren Seiten der orientalischen Fragen zu erfassen. Japan werde diese horderung Amerikas sicher als einen Beweis dafür ansehen, daß merikaendlich den Fehdehandschuh hingeworfen habe. Für alle diejenigen, die den Fernen Osten kennen, sei es voll­kommen klar, daß von allen ausländischen Einwohnern in China und von allen dortigen ausländischen Interessen diejenigen Ja­pans bei einer solchen Abänderung nicht nur am meisten leiden, sondern in der augenblicklichen Stimmung Chinas so offenkundig bedroht werden würden, daß Tokio, so friedlich auch seine augenblicklichen Absichten seien, doch durch den Selbsterhaltungs­trieb allein veranlaßt werden würde, eine sofortige Aktion zu unternehmen. Man müsse sich wundern, daß ein so augenschein­liches Ergebnis einer Einmischung in das fremde Recht inmitten der fremdenseindlichen Bewegung nicht wenigstens einigen der Leute, die die Außenpolitik der Vereinigten Staaten lenkten, zum Bewußtsein gekommen sei. Denn es gebe wahrscheinlich nicht einen einzigen Amerikaner, der wünsche, daß Japan mit China oder den Vereinigten Staaten Krieg führe. Das Blatt weist darauf hin, daß Japan gezwungen sein werde, seine Inter­essen in der Südmandschurei zu schützen. Wenn zu dieser Not­wendigkeit noch der Versuch der Vereinigten Staaten küme, die Garantien zu schwächen, die Japan jetzt in China genießzt. so könne die Angelegenheit nur ein einziges Ende haben.

Offensive in Marokko

Französische Truppen im Vormarsch. Einige franzosentreue Stämme sind abgefallen.

WIB. Parie 6. Juli. Ueber die Kämpfe in Marokto wird

folgendes offizielles Kommunique verbreitet: Unsere Truppen haben die Offensive auf der ganzen Froni begonnen. Von Quezzan wird der Marsch der mobilen Truppen durch das Eingreisen der schweren Artillerie und der Flugzeuge, die die seindlichen Dörfer bombardieren, wirkungsvoll unterstützt. Die seindlichen Kontingente sind durch diese Offensive gründlich de­

moralisiert. Man kündigt an, daß im Lause des 4. Juli spanische Artillerie den Feind auf dem Nordufer des Lukos beschossen habe. Etwas weiter östlich hat eine andere mo­bile Truppe einen Nachtmarsch durchgeführt, um auf Zeroual vorzustoßen. Die wichtige Stellung von Bab Taza ist durch hes­tigen Kampf vollständig genommen worden. Die unmittelbare Umgebung des Postens von Bou Halima ist befreit worden. Der Posten ist größtenteils zerstört. Unsere Truppe steht vor Taza mit sehr zahlreichen Kontingenten, die drei verschiedenen Harkas angehören, noch im Kampf. Der Feindzseht sich gleich­falls zurück.

Ministerpräsident Painleve hatte gestern durch die Presse erklären lassen, es bestehe kein Grund zu pessemisti­scher Beurteilung der französischen Lage in Marokko. Richtig sei allerdings, daß verschiedene Stämme der Eingeborenen, die bisher treu zur französischen Armee gestanden haben,zum Teil abgefallen seien, indem sie in der französischen vordersten Linie eine Bresche öffneten, durch die die Ristruppen eindringen, konnten, um die regulären Truppen an­zugreisen. Painleve anerkennt im weiteren Teil seiner Erklä­rung, daß Abd ei Krims Truppen tapfer, gut ausgerüstet und wohl organisiert seien.

WIB. Paris 6. Juli. DasJournal will erfahren haben, daß im Augenblick über die Möglichkeit eines öffentlichen Frie­densangebotes an Abd el Krim zwischen den französischen und den spanischen Delegierten verhandelt werde. Malvy habe be­reits der spanischen Regierung Vorschläge unterbreitet, die jedoch von der spanischen Regierung nicht angenommen worden seten. Der Sonderberichterstatter des Journal will wissen, daß man von der Verösfentlichung des Friedensangebotes, um die öffent liche Meinung in Spanien und Frankreich alo Zeugen für die friedlichen Absichten zu nehmen, sich mehr verspreche als von ge­heimen Verhandlungen durch Mittelsleute. Man werde Abd el Keim und die Risleute ihrer vollkommenen Entwicklungsfreiheit auf landwirtschaftlichem, wirtschaftlichem und administrativem Geibete unter der nominellen Souveränität des Sultans und im Nahmen noch zu bestimmender Grenzen versichern. Die Grenze französischerseits werde wahrscheinlich durch den Ouerghafluß be­stimmt werden. Man werde aber von Abd el Krim gewissermaßen symbolisch die Auslieserung von Wassen verlangen, aber nicht die Ablieferung seines gesamten Kriegsmaterials und nament­lich nicht die Ablieferung der 50000 Schnellfeuergewehre, über die er wenigstens verfüge. Der Berichterstatter des Journal­erklärt, daß die Bedingungen nicht dem entsprechen, was Ab­el Krim dem spanischen Vermittler Echevarietta als bindend be­zeichnet habe.

38718 Suder unverkäuflicter Wen

Die schwere Notlage der Moselwinzer.

Um das wirkliche Elend der deutschen Winzer deutlich zu schildern, geben wir einige Zahlen aus der Statitit wieder, die

allerdings nur die Lage der Winzer von Mosel, Saar und Ruwer behandeln, aber doch als typisch angesehen werden

können, da die Verhältnisse am Rhein und an der Uhr genau so liegen. In dem verhältnismäßig kleinen Bezirk an Mosel, Saar und Nuwer stellt eine Statistik am 20. Mai einen Lager­bestand von 38 718 Fuder unverhäuflichen Weinen fest. Wenn nun behauptet wird, daß die Absatzkrisis auf unsere schlechte Wirtschaftslage zurückzuführen ist, so beweist die Einfuhrstatistik, daß das eine große Unwahrheit ist, denn in den Monaten De­zember 21, Januar und Februar 25 sind für über 30,1 Millionen Mark fremde Weine eingeführt worden. Dieses entspricht einer Weinmenge von 52 840 Fuder. Dem ausländischen Winzer wurde der Wein bezahlt, der deutsche Winzer wird in den Hin­tergrund gedrückt. In den letzten drei Monaten wurden in

dem oben genannten Bezirk wegen rüchtändiger Steuern 2598 Pfändungen vorgenommen, wegen anderer Schulden 1673; zu­sammen also 4371 Pfändungen. Notverkäufe sanden statt an Wein der tief unter Selbstkosten verkauft wurde 6281, an Juven­tar 770, an Parzellen 439, das macht insgesamt 7490 Notver­käufe. Die neue Verschuldung seit dem 1. Juni 1924 beträgt im gesamten Bezirk für 19 487 verschiedene Conti 6376081 Mi.

Es wurden also in den 11 Monaten seit Anwendung des Spa­

nischen Handelsvertrages ebenso viele Schulden kontrahiert wie in den 11 schlimmston Vorkriagskvisenjahren 194) bis 1910 insgesamt. Die Weinbergpreise sind dementsprechend durch­schnittlich um 60 bis 70 Prozent gesunken. Diese Zahlen spre­chen mehr als Worte, um die Lage unsereo Winzerstandes, wie sie durch den Spanischen Handelsvertrag geschaffen ist, kraß zu beleuchten. Setzt hier nicht bald eine vernünftige Regelung ein, so werden wir in absehbarer Zeit den letzten Tropien deut­schen Weines getrunken haben.

Beamtentagun.

Kongreß der cheistlich=nationalen Beamten in Koln. WL. Köln, 6. Juli. Gestern sand hier im Franz Hitze=Suai die Eröffnung des 2. Koorresses des Gesamtverbandes Deutscher Beamtengewerkschaften statt. An der Tagung nahmen Vertreter aus dem ganzen Reiche sowie aus dem Saargebiet, dem Frei­staat Danzig und aus Deutsch=Oesterreich teil. Auf dem Kongret sollen die bedeutungsvollen beamtenpolitischen Probleme, die durch die Umwälzung der staatlichen, wirtschaftlichen, sozialet und zesellschaftlichen Formen in der Gegenwart bedingt sind, zur Sprache gebracht und gelöst werden. Nach einer kurzen Be­grüßungsansprache der Vorsitzenden, Herrn Kandzia=Köln. folgte eine Reihe von Ansprachen prominenter Behörden= und befteundeter Organisationsvertreter. Verschiedene Reichsmins­sterien, Länderregierungen sowie die Deutschnationale Volksvat­tei, die Deutsche Volkspartet, das Zentrums und die Deutsch Demokcatische Partei hatten Bogrüßungselegramme gesandt. Deg einleitenden Vortrag hielt Studienrat Dr. Stahl=Köln über da# Thema:Der rheinische Beamte in der rheinischen Geschichte Alsdann sprach Schriftleiter Sedlmayr=München überDie wirh schaftliche u. soziale Stellung der Beamten in der Gegenwart# Den Höhepunkt des 1. Kongreßtages bildete der Vortrag### Geschästsführers des Gesamtverbandes, Abg. Eugen Roth BBei­lin, der sich in länzeren Ausführungen über das ThemaDie Rechtsgrundlage des Beamten im Volksstaat verbreitete. Di eigentlichen Beratungen über die verschiedenen Beamtenfragen finden heute den 6. Juli statt.