24. Jahrgang Nr.#30
Bonn, Donnerstag, 2. Juli 1925
Bezugspreis monatlich 2.=Ml.
In Fällen döderer Gewall Beiriebshörung, Streit, Berdoi usv. besiebi kein Anspruch aus Lieterung bezw Rückzablung. Anzeigenpreis: 20.=Pf. die einspaltige Milimeterböbe: Famillenanzeigen 33½4% Ermäßigung.
Reklamepreis: 60.=Ps. die 90 mm breite Millimeierhöhe.
Alle Preiie verlenen lich treibleibend.
„„
Montags: Sportnachrichten= Mittwochs: Für unsere Frauen= Samstags: Familienblatt für das christl. Haus: Illustrierte Tinnjo=Beilage
Einzelpreis.10
Vertag: Deuliche Reichs=Zeitung C. m. u. 9.
Druck: Tinnio=Verlag Vonn, Sürft 1. Verantwortlich:
Politik und Feuilleton: Emil Schwippert, für den übrig. redakt. Teil: Hugo Rudolph Anzeigenteil: Granz Krath, alle in Vonn. Anzeigenverwaltung Tiunio=Vertag, Vonn. Fernspr. 59, 60, 2835, nach Geschaftsschl. 171 Postscheckkonto Köin 24093 Bankkonto 8076 Städtische Spartasse Bonn.
Der Kampf wider Rom.
Der Evangelische Bund am Werk.
Der Evangelische Bund hielt vor einigen Tagen in Königsberg seine Generalversammlung ab. Die ganze Tagung war ein einziger Kampfruf gegen Rom. In dem Eröffnungsgottesdienst bezeichnete ein Redner die katholische Kirche als die größte Gefahr für Deutschland. In der Mitglieder, versammlung wurde zuerst über das Konkordat gesprochen. Der Redner warnte an der Hand des bayerischen Konlordats vor jedem Kontordat, da es die Autoritäht des Staates untergrabe zugunsten des kanonischen Rechts. In kultureller Hinsicht entstehe eine ernste Gefahr. Der konfessionelle Friede werde durch das Konkordat stärker denn je bedroht. Das Konkordat erscheine als geeignetes Mittel zur Rückwärtsrevidierung der Geschichte und Ausweilung der römisch=katholischen Herrschaft. Dem müsse man sich im Interesse von Staat und Kultur und des konsessionellen Friedens widersetzen.
In der anschließenden Hauptversammlung sprach der Bundespräsident D. Döhring über die konfessionelle Lage. Döhring führte aus, das konsessionelle Problem werde als peinlich und störend empfunden, da es Deutschland in zwei Lazei zerreiße. Was von evangelischen Patrioten bedauert werde, wandle sich im Mund der Anhänger Roms in eine Anklage: der abtrünnige Augustinermönch sei es gewesen, der nicht nur der katholischen Kirche freventlichen Schaden zugefügt, sondern auch die deutsche Einheit zerrissen habe; Luther sei der schöimmste Revolutionär der deutschen Geschichte Döhring erklärte, hier treibe eine ungeheuevliche Geschichtsfälschung ihr unsauberes Wesen Die Resormation sei eine Volksbewegung ganz großen Stils gewesen Wäre die deutsche nationale Sammlung nicht durch Roms Intrigenspiel und den Mammon vereitelt worden, so hätte die deutsche Nation ihre Einheit erlobt. Der Tod der deutschen Einheit stehe seit 1524 im Schuldbuch Roms. Die Protestanten seien heute von den ernstesten Besorgnissen um den Bestand der gegenwärtigen Reichseinheit erfüllt. Gefährlich erscheine das Spiel mit dem Autonomiegedanken der Rheinländer gegewüber Preußzen. Daß diese Idee nicht aus den dortigen evangelischen Kreisen stamme, dürfe mit Sicherheit behauptet werden. Preußen gelte als die wesentlichste Vormacht des deutschen Protestantiomus. Sie numerisch zu schwüchen, bedeute daher einen unzweiselhaften Fortschritt Roms auf seinem Wege, das evangelische Norddeutschland zu isolieren.
Döhring ppotestierte dann gegen ein Reichstonkordat mit der Regierung allein. Wenn das Zentrum in Preußen sortjahre, die Atmosphäre mit Konfliktsstoff zu überladen, wozu es zurzeit mit seiner rücksichtslosen Personalpolitik auf dem besten Wege sei, so solle es ihn nicht wundern, wenn im Lande seine esnitischen Verschleierungskünste eines Tages in Fetzen zerrissen würden. Man dürfe den Geist Luthers und Kants nicht ausschalten Wolle Rom durchaus vom Kulturkampf reden, so wolle der Evangelische Bund ihm die Antwort nicht schuldig bleiben. Sie laute: Was die Kurie seit Jahr und Tag treibt, ist der ausgesprochene Kampf gegen die deutsche Kultur, die aus den frommen Quellen der Reformation sich herleiten. Wenn die Protestanten demgegenüber nicht zur Notwehr griffen, würden sie Verräter am Evangelium wie am Deutschtum. Eine Nation, die unter römischen Einfluß geraten, sei ein für allemal erledig!.
Zu diesen nichtowürdigen Fälschungen, Verunglimpfungen und Beloidigungen des Katholiziomus paßst sehr gut die folgend. Schilderung, die der Kathol. Korresponden aus der Schweiz zu:
gehl:
„Daß in dem heimlichen Kampf gegen die Katholiken in Deutschland Methode steckl, beweist ein Erlobnis, das ich vor einigen Tagen in einem Luzerner Hotel hatte. Dort kam ich in ein Gespräch mit einem deutschen Herrn evangelisch
lutherischen Bekenntnis aus Magdeburg, der vom Kriege anfing. zum Zusammenbruch überging und das Schuldkonto in bemerkenowevter Rüge zusammenfaßte: Die Roten und die Schwarzen haben uns den evangetischen Kaiser gestürzt. Und dann fuhr er fort:„Na, den Roten haben wir schon die Flötentöne beigebracht, das Pack ist kusch und muckst sich nicht; jetzt kommt das römische Gesindel dran. Wenn die erst aus den Stellen raus sind, in denen sie sich eingenistet, dann haben wir wieder das Hest in der Hand“. Dann gestand mir die schöne Seele, daß ein heimlicher Bund mit diesen Kampfzielen gegen Rot und Schwarz über ganz Deutschland ausgebaut sei und mit unheimlicher Betriebsamkeit am Werk sei. Zum Schluß sagte er lachend:„Jetzt schießen wir die Vaterlandsverräter nicht mehr tot wie die beiden Lumpen Erzberger und Nathenau, jetzt werden sie mit Detektivs und der Presse erledigt.“— Die Art und Weise, wie der uneigennützige taktvolle und opferfreudige Staatsmann Marx aus dem Reichskanzlerpalais mit systematischer Bosheit herausmanövriert worden ist und ihm die preußische Ministerpräsidentschaft verekelt worden ist, hat man bei uns in der Schweiz wohl gebucht und in das politische Merkbüchlein eingetragen. Da bei uns solche Methoden nicht beliobt werden, und eine neue Weit nur von anständigen Menschen gebaut werden kann, werden wir im internationalen Verkehr alle auszuschalten haben, die ihre preußische Brutalität nicht ablegen können.“
Soweit die Zuschrift aus der Schweiz. Seit dem Zusammenbruch des Jahres 1918, für den doch wahrlich nicht die deutschen Katholiken verantwortlich gemacht werden können, ist die nur schwer verhabtene Abneigung vieler Protestanten gegen alles Katholische wieder in lodernden Haß umgeschlagen. Zwar hütet man sich, zu den brutalen Methoden der Biomarchschen Aera zurückzukehren, zumal auch die Machwerhältnisse heute anders liegen, doch bleiben die Unentwegten in den Zielen fest, wenn auch die Methoden zum Teil etwas anders geworden sind. Daß die Katholiken in außen= und innenpolitischen Dingen ein seineres Augenmaß haben als die melst auf Machtpolitik eingestellten Lutheraner, merkt der neutrale Beobachter seit Jahr und Tog. Die politische Ueberlegenheit kommt den Evangolibündlern oft genug zum Bewußtsein, doch ist diese Erkenntnis für sie zuur eine Gelegenheit zu größerem Haß. Es ist gut, daß Döhring und seine Anhänger in Königsberg sich wieder einmal deutlich ausgesprochen haben. Diese blare Sprache entlavot die aft zur Schau getragene Biedermeiermine des politischen Luthertums und zeigt den deutschen Katholiken den Weg, den sie zu gehen haben. Während das Zentralkomitee der Katholtken in seinem Aufruf zum bevorstehenden Stungarter Katholikentag„die katholische Liebe als Heilmittel in den Krankheiten unserer Zeit" verkündet und ausdrücklich an das Wort des Bischofs Dr. von Ketteler erinnert, wonach die ganze Tagung nicht auf Streit und Kampf gestimmt sein soll, sondern auf das christliche Obermotiv vom Frieden auf Erden, sucht der evangelische Pastorenbund alle Instinkte politischer und konfessioneller Verbohrtheit wachzurufen! Jeder anständige Deutsche, gleich welcher Konfession, sollte sich über devartige Friedenestörer seine Meinung selbst bilden können.
Moskauer Justiz.
A armzeichen!
Der Geburtenrückgang in Preußen.— Die reichsten Mütter haben die wenigsten Kinder!
Die Zahl der Geburten ist der beste Gradmesser für die Stärke und Zukunft einer Nation. Der Geburtenrückgang seit dem Kriege, der fast alle Länder betroffen hat, ist in Prei ßen erschreckend hoch. Nach den Ermittlungen der Volkszählung von 1910 gab es in Preußen 7 600 000 verheiratete oder verheiratet gewesene Frauen und unter diesen 7223641 Mütter. Diese hatten insgesamt 28 312 909 Kindern das Leben geschenkt; 996 141 hatten ein Kind geboren. 1011 724 zwei Kinder, 93 520 drei Kinder, 804 460 vier Kinder. 634 781 fünf Kind521 276 seche Kinder, 305.333 sieben Kinder, 316914 acht Kinder, 227 241 neun Kinder, 173.5905 zehn Kinder, 780 Frauen hatten mehr als zwanzig Kinder! Im Durchschnitt kamen auf jede Mutter vier Kinder. Die diessährige Volkszählung wird jedenfalls erheblich ungünstigere Verhältnisse ergeben, denn während 1875 in Preußen auf 1000 der mittleren Bevöllerung noch 40,7 Kinder geberen wurden, waren es 1927 nur mehr 20.6, also sast nur halb so viel.
Beschämend ist es, daß in den reichsten Famitien die wenigsten Kinder geboren werden. Nach einer Zusammenstellung, die Pros. Carl Brouilhet in seinem Lehrbuch der Nationalökonomie bringt, kamen auf 1000 Frauen von 15—40 folgende Geburtenzahlen:
Die Erzberger'sche Finanzeserm.
Schon im Reichstag habon bei den Finanzdebatten die Deutschnationalen, im Ausschuß wie im Plenum sich ohne Widerspruch sagen lassen, daß die Erzberger sche Finanzreform ihre Berechtigung und Notwendigkeit gerade im Lause der letzten Jahre erwiesen hat. Der Reichominister von Schlieben selbst war es, der diese Feststellung insbesondere auch im Hinblick auf das finanzielle Verhältnis zwischen Reich und Ländern machte. Nun ist ein neuer Vorgang hinzugetreten, aus dem sich ergibt, daß die Deutschrationalen heute diese Resorm für notwendig anerkennen. Es handelt sich um die Frage der Verleilung der Reichssteuern unter die Länder. Der Steuersachverständige der deutschnationalen Reichstagsfraktion Dr. Preyer spricht in einem Aufsatz in der„Deutschen Allzemeinen Zeitung“ offen aus:„erhalten die Gemeinden das völlig freie Zuschlagsrecht, so ist von Sparsamkeil überhaupt keine Rede mehr" und er stellt„grundsätzlich" fest, daß von einem unbeschränkten freien Zuschlagsrecht auch nicht die Rede sein kann; ein solches wird unter keinen Umständen bewilligt werden". Damit aber nehmen die Deutschnationalen eine ganz andere Haltung ein, wie seinerzeit, als Erzberger im Interesse der Reichofinanzwirtschaft das wünschle und wofür Erzberger von derselben Seite mit den gröblichsten Beschimpfungen bedacht wurde
Eine neue Ersindung.
MTB. London 1. Juli. Aus Helsingfors liegen Nachrichten über eine neue Erfindung vor, die eine Verbesserung des FlettnerNotorschiffes darstellen soll. Sie trägt den Namen Flügel=Rotor.
Ein sensationeller politischer Prozeß gegen deutsche Studenten in Moskau.
Seit dem 25. Juni verhandelte die Sowiet=Justiz in Moskau gegen die drei reichsdeutschen Studenten Kindermann, Wolscht und Graf Dittmar, die der antibolschewistischen Propaganda beschuldigt werden. Sie sollen angeblich im Auftrage der rechtsradikalen deutschen Organisation Consul in Rußzland Zersetzungsarbeiten geleistet haben. Die beiden, Wolscht und Kindermann, bestreiten entschieden, sich in dem Sinne betätigt zu haben, während Dittmar,„um sich innerlich zu befreien", erklärte, daß er als Werkzeug der Abteilung A des Berliner Polizeipräsidiums benützt werden sollte, was von diesem entschieden bestritten wird. Er bezichtigte auch bei seinen Enthüllungen seine beiden Kameraden der Zugehörigkeit zu O. K. und entwickelte während der Verhandlung den„genauen Plan“, nach dem die Zersetzungsarbeit in maßgebenden bolschewistischen Kreisen geleistet werden sollte. Der Kronzeuge der Anklage ist ein gewisser Baumann, der ebenfalls als Agent der O. K. zu Spionagezwecken nach Rußland gekommen sein will. Er erzählte mancherlei Wahres und Unmögliches durcheinander.
Der Prozeß wurde in Moskau in großer Aufmachung geführt. Krolenko, der oberste Justizbeamte der Sowjet=Revublik, fungierte als Anklagevertreter. Er hielt gestern nach Beendigung der Beweisaufnahme eine leidenschaftlich vorgetragene Anklagerede, in der er sich nicht nur auf den zur Anklage stehenden Fall beschränkte, sondern ausführte, das bürgerliche Eurova behaupte, daß seine Gerichtshöse über dem Klassenkampf stünden. Wir in Rußland leugnen nicht und wollen nicht leugnen, daß es nur Klassenjustis albt! Für uns stellen die Gerichtshöse nur Werkzeuge im Kampf dar. Krosenko legte in seinen Ausführungen besonderes Gewicht auf die Aussagen des ehemaligen Faszisten Baumann und des deutschen Kommunisten Neumann bezüglich der Tätigkeit des deutschen Faszismus und erklärte:„Die Organisation Konsul beherrscht die deutsche Regierung vor allem seit der Wahl Hindenburgs.“ Der Rätestaat müsse den Angriff des Faszismus mit Maschinengewehrseuer abwehren. Milde sei nicht am Platze. Der Ankläger beantragte schließlich die Todesstrafe gegen alle drei Angeklagten. Er erklärte, daß er auch für Dittmar keine mildere Strafe beantragen könne trotz seines Geständnisses, weil er sich als ein überaus gefährlicher Mann enthüllt habe.(Der angeklagte Graf Dittmar, der sich selbst und seine Mitangeklagten vor dem Moskauer Gericht beschuldigte, ist übrigens ein Neise des deutschnationalen Abgeordneten Prosessors Freytaah=Lorringhoven. Er ist Balte, also deutsch=russischen Geblüts.)
WTB Moskau, 30. Juni. Russische Telegraphen=Agentur. Der als Zeuge in der Eigenschaft als Amtsverson vernommene Untersuchungsrichter Rosenfeld sagt aus, Kindermann habe alle vom Untersuchungsrichter gestellten Fragen stets freiwillig beantwortet: er sei niemals einem psochischen Druck ausgesetzt gewesen. Als Kindermann das Geständnis ablegte, fragte er den Untersuchungsrichter lächelnd, ob er bioher seine Rolle aut gespielt habe. Er erklärte, er wolle jetzt ein Gnadengesuch bei Dzerünski einreichen, was er hierauf auch eigenhändig getan habe, wobei er nochmals ein eingehendee Geständnis abgelegt habe. Hierauf erfolgte die zweite Vernehmung des Untersuchungsgefangenen Zeugen Baumann, der u. a. aussaale, von Wolscht gehört zu haben, es bereite ihm Qualen, im Gesängnis zu sitzen in dem Augenblick, wo der Rechtsblock in Deutschland zur Macht komme. Da er schon so manchen Kommunisten „sortgeblasen habe“, so würde er jetzt mit noch größerer Lust gegen die Kommunisten kämpfen. Wolscht erklärte, nur aus dem Grund in Gesängnis Baumann gegenüber zugegeben zu haben, daß er mehrere Gifte zu terroristischen Zwecken mitgenommen habe, weil er als Terrorist erscheinen wollte um mit seinen
zu
kört das Jestefeiern auf!
Aus Düsseldorf wird der Rhein=Main.=Volkszig. geschrieben
Nach feste=schweren Tagen sind die Mitglieder des Rheinischen Provinziallandtages und der Provinzialleitung nebst ihren Gästen ins werktägliche Leben zurückgekehrt. Die Feiern aber gehen weiter. In großen und größten Städten und in kleinen und kleinsten Gemeinden, rheinauf und eheinab—e Unmaß. Manche haben an diesen Feiern außerordentliche Gefallen. Andere sind weniger befriedigt. Man muß dem„Rheinischen Jungzentrum"(Nr. 6, 1925) zustimmen, wenn es sagt:„Vergebens suchen wir unter dem Wust von mehr oder minder geschmacklosen, pompösen, an den Haaren herbeigezogenen Festen den tiesen Sinn, die Idee. Uns will scheinen, als sei diese Jahrtausendseier weithin kaum mehr als ein großer Vergnü gungsrummel, eine Veranstaltung im Interesse hauptsächlich der jenigen, die als private oder als Behörde aus regem Fremdenverkehr und aus festlichem Trubel recht matertellen Gewinn ziehen. In durchaus ernst zu nehmenden Kreisen des rheinischen Volkes will man von derartigem Unfug wirklich nicht viel wissen zumal es, im Lichte der Geschichte gesehen, mehr als eine Willkürlichkeit darstellt, gerade das Jahr 925 herauszugreifen und darauf die Feier der tausendjährigen Zugehörigkeit der Länder am Rhein zum Reiche aufzubauen.“
Auch die„Düsseldorser Kirchenzeitung"(Nr. 12 vom 21. Juni 1925), die meist gelesene und weitverbreitetste Zeitung in Düsseldorf, tritt dieser Auffassung bei und betont ausdrücklich:„Das muß ausgesprochen werden, selbst auf die Gefahr hin, die schöne Einigkeit zu stören, die in Minister= und anderen Festreden immer wieder betont wird. Wir pfeifen auf eine Einigkeit, die einer Leichenstarre gleicht. Wir wollen den Kampf um des Lebens unseres Volkes und seiner Einigkeit willen, den Kampf der Ideen und Meinungen. Wir wehren uns dagegen, daß diese in Wein und Bier steeilisiert werden sollen und laute Festmusik uns über die Totenstarte hinwegzutäuschen versucht. Wir wehren uns aber auch dagegen, daß die Erinnerungen an die tausendfältigen Beweise opfer schwerer Treue in den Tagen des Leides und der Not, die der Ruhrkampf im Gefolge hatte, heute im Festrausch erstickt werden.
Warnend erhob auch das Organ der kathol. Arbeitervereine, die„Westdeutsche Arbeiterzeitung“ ihre Stimme: Langsam gewahren wir politische Auswirkungen der Rheinland seiern, die anderer Art sind, als die Veranstalter erwarteten. Unser Ansehen im Ausland gewinnt nicht. es sinkt. Unser Wort von der Armut unseres Volkes findet keinen Glauben mehr. Wir wissen von Schwierigkeiten, die sich in den Verhandlungen mit den interalliierten Kommissionen und Vertretern auf Grund der Rheinlandseiern ergaben, hörten von Berichten aus dem Auslande, aus denen Besorgnisse laut wurden u. a. Die Rheinlandsseiern haben außenpolitisch tief gehende Wirkungen, die uns zur Mäßigung mahnen könnten.
Und innenpolitisch. Allgemein sehlt die soziale Rote. Die Feiern verflachen in einem vorkrieglichen Gepränge. Sie sind vorwiegend nur für einen kleinen Teil durch ihr Gelo oder durch ihre Stellung Bevorzugter da Die große Masse steht abseits und sieht mit Verbitterung im Herzen dem Prasser zu, sieht, wie die Gelderhinausgeworsen, wie in Jubel und Trubel Feste geseiert werden, die der Schicksalsverbundenheit der Nation dienen sollen, derwell sie zu wenig zum Leben und zuviel zum Sterben hat. Dadurch werden die Klassengegensätze vertieft. das Volk dem Volke, der Heimat entfremdet.
rechtsorientierten Mitgefangenen ein gutes Einvernehmen schaffen. Hierauf wurden die angeblichen Beweismittel vorgelegt, nämlich ein Revolver, mehrer Schachteln Patronen und eine Handapotheke, welche u. a. eine Tube mit Zyankali und eine größere Menge Sublimat und Morphium enthält, ferner ein in einer Westentasche Wolschts aufgefundenes Poramidon= fläschchen, ebenfalls mit Zvankali. Baumann sagt aus, Wolscht habe ihm gegenüber erklärt, das Zpankali würde für einige hundert Kommunisten ausreichen, aber die Hauptsache sei, an den Hauptführer heranzukommen. Er erklärte ebenfalls lächelnd, es würde dem Untersuchungsrichter, welcher ihm das Poramidon weggenommen habe, gut bekommen, wenn er davon koste.
Eine Eideserklärung der Berliner Universität.
WOB. Berlin, 1. Juli. Die Universität legte durch eine eidesstattliche Erklärung ihres Rektors gegen die im Studentenprozeßz in Moskau ausgestellte Behauptung über angebliche Zusammenhänge zwischen der wirtschaftlichen Organisation„Studentenwerk Berlin“ und der sogenannten„Organisation Consul“ Verwahrung ein. In dem Dokument heißt es:„Ich erkläre zugleich im Namen des Senats der Friedrich=Wilhelm=Universität, daß das Studentenwerk Berlin sich ausschließlich der wirtschaftlichen Fürsorge für die Studentenschaft ohne Unterschied der Partei widmet. Irgendwelche Zusammenhänge zwischen dieser rein sozialen Arbeit und den politischen Zielen der sogenannten Organisation Consul bestehen nicht.“
Reichskanzler a. D. Dr. Wirth und Abz. Haas haben Erklärungen gleichlautenden Sinnes veröffentlicht.
Und die großen Ausstellungen und Heimatschauen? Gewiß. sie sind wirklich darin Großes. Der Mensch aber von heute, der versachlichte, verwirtschaftlichte Mensch, der nicht mehr aus dem Glauben lebt, der kann zu den Werken alter christlicher Kultur, die ganz aus dem Religiösen geboren sind und nur aus Religion, aus ernstem, sicherstem Glauben, aus zentraler Gottes herrschaft heraus verstanden werden können. kein Verhältnis mehr finden. Wer sich davon überzeugen will, der besuche einmal die Jahrtausendausstellung in Köln und sehe, wie gedankenlo: wie teilnahmslos, wie oberflächlich und ohne Ehrsurcht die Besucher in ihrer Mehrheit zwischen den alten Denkmälern christ. licher Kultur und Kunst herumlausen. Wem das klar geworden ist, der mag im Hinblick auf die Fülle der geschichtlichen Zeugnisse christlicher, rheinischer und deutscher Kultur, die in den einzelnen Ausstellungen und namentlich in Köln zusammengetragen sind. mit Hermann Platz fragen:„Wozu das alles? Welchen Sinn hat dieser Aufwand?“
le sein gespennen....
Nach 17 Jahren ausgeklärter Brudermord.
Bad Elster 30. Juni. Hier wurde der frühere Wirt schaftsbesitzer Häusner verhaftet, der im Jahre 1908 seinen Bruder ermordet hat. Dieser war seinerzeit spurlos verschwunden. Häus ner hatte damals ausgesagt, sein Bruder sei mit einem Rasier messer in den Wald gegangen und habe offenbar Selbstmord ver übt. Die Leiche konnte aber nicht gefunden werden. Jetzt be merkte der Sohn des Hauseigentümers in der Räucherkammer Häusner einen menschlichen Schädel und machte seinem Vater da von Mitteilung, der Anzeige erstattete. Bei einer Haussuchung wurden auch Knochenreste gefunden. Häusner hat ein Geständ nis abgelegt.
Sroße Trockenheit in England.
TU. London 1. Juli. Auch der Londoner Rekord von 259 Stunden Sonnenzeit im Monat Juni ist gestern geschlagen wor den. Die Trockenheit ist die größte, die seit 1871 erlebt wurde
Die Lustjahrt im Rkeinland.
Von Albert Sonnlag=Bonn (Schluß.)
Im Herbst 1913 erleben wir noch die Landung eines belgischen Militärballons am Tannenbusch bei Bonn. die Herren werden korrekt behandelt. Wenige Tage darauf kommt auch der französische Flieger Seguin, dem die Bewerbung um den Pommerypreis geglückt ist, auf dem Rückfluge nach Paris über die Rheinlinie.
Nun lernen wir auch endlich mal ein Wasserflugzeug kennen! Ingenieur Dahm von den Flugzeugwerken Friedrichshafen fliegt mit einem Wasserflugzeug am 20. September in Friedrichshafen ab und folgt dem Rhein bis Köln, wo er trotz eingetretener Dunkelheit zwischen den Schiffen glatt landet. Am nächsten Tag setzt er seinen Flug fort, erreicht das Meer und fliegt der Küste entlang bis Kiel.— Einen Monat später kommt ein gleicher Typ. von Erhardt gesteuert, den Rhein herunter. In strömendem Regen hat er in Koblenz niedergehen müssen, anderen Tags aber erreicht er bei hellem Sonnenschein Bonn, wo er vor dem zu Besuch weilenden Kaiser Schleifen fliegt. Mehrere Abende lang zeigt er den Bonnern seine Kunststückchen, nimmt bekannte Bonner Persönlichkeiten mit an Bord, fliegt unter der Rheinbrücke hindurch usw usw., dann verläßt er Bonn mit dem gleichen Ziel wie Ingenieur Dahm, zertrümmert aber bei Düsseldorf sein Flugzeug vollständig.
Das Jahr 1913 schließt mit„Pegoud“ am 12. November ab. Ich schrieb damals in mein Tagebuch:„Als er die erforderliche Höhe erreicht hat, beginnt er Kurven zu beschreiben, die immer enger und steiler werden. Dann neigt er plötzlich seine Maschine nach links, daß die Tragfläche senkrecht zum Erdboden steht, dann rasch nach rechts mit dem gleichen Ergednis. So schautelt er sich von einer Seite zur anderen, und fliegt hierbei enge ab
wärtsgehende Spiralen. Nun sucht er wieder größere Höhen auf. gibt plötzlich so stark Höhensteuer, daß die Maschine sich hoch aufbäumt und im Nu auf dem Rücken liegt. Deutlich erkennt man das Fahrgestell über den Tragfsächen. So fliegt er kurze Zeit and kehrt dann in seine ursprünglich Lage zurück. Bald wiederholt er den Salto=mortale—8 mal und geht dann in engen Spiralenn sanft zur Erde nieder. Gegen.30 Uhr wiederholt er das Experiment, wobei er sich 12 mal überschlägt.“
1914! Das Kölner 3 Schiff macht einige Fahrten, die Militärflieger von Köln, Darmstadt und Metz fliegen fleißig, auf den Privatflugplätzen wird geschult, die National-Flugspende gibt den sinanziell schwer kämpfenden Fliegern neuen Mut!
Da bricht der Krieg aus!
Das Rheinland ist Aufmarschgebiet! Flieger sehen wir kaum in der Luft, man bringt sie per Bahn zur Grenze, unsere Fliegertruppe ist in der Entwicklung noch zurück, unsere Gegner sind uns zur Luft bedeutend überlegen. Die Zeppelin=Luftschiffe wechseln infolge des Mobilmachungsplanes ihre Häsen. Die von der„Deutschen Luftschiffahrts=.=.“ an das Heer abgegebene „Hansa“ kommt den Rhein herunter, kaum erreicht sie ihren Bestimmungshafen Düsseldorf, als sie an der Hammerbrücke von unserer eigenen zur Brückenbewachung aufgestellten Artillerie dermaßen„Zunder" bekommt, daß sie dem mörderischen Feuer um ein Haar breit zum Opser fällt.— Die„Hansa“ geht als Schulschiff ins Innere Deutschlands, sie wird ersetzt durch 3 IX. der Antwerpen und Calais aufs Korn nimmt. Da kommt eines Tages ein englischer Flieger und wirft neben die Halle 2 Bomben, Glas= und Bombensplitter zersetzen einige Ballonets. Sofort geht das Schiff in die 2 Kilometer entsernt liegende neue Halle, die durch Abwehr besser gesichert erscheint. 2 Tage ist der 3 IX in der neuen Halle, da kommt anscheinend derselbe englische Flieger, fliegt ignorierend über die alte Halle zur neuen, wo ein mördertsches Feuer ihn empfängt. Da geht der Flieger im Sturzflug herunter, als ob er getroffen wäre, alles schreit Hurra
und hört auf zu schießen— und im selben Moment kracht eine Bombe mitten in die Halle, eine Flamme von Hunderten Metern schießt zur Höhe, das Luftschiff ist zerstört, der listige Flie
ger entkommt.
Die rheinischen Luftschiffhäfen sind die Ausgangspunkte für die großen Unternehmungen, das Kölner Luftschiff erreicht als erstes Paris, das Düsseldorfer erscheint als erstes über London. Aber auch manches Schiff verläßt die rheinische Heimat und lehrt nicht mehr neim, der Kölner 23 37 wird üver Gent, der Düsseldorfer 23 77 unweit Revigny, und der Spicher SL 11 über London brennend abgeschossen.
Der Luftkrieg geht in verschärfter Weise fort, feindliche Flieger überschwemmen die Rheinlande und es kommt zwischen ihnen und überall bereitstehenden Schutzstaffeln zu zahlreichen Luftkämpfen; die feindlichen Geschwaderangriffe auf Düsseldorf. Köln, Bonn, Koblenz und Trier erfordern viele Opfer unter unseren Mitbürgern.
Waffenstillstand, Revolution, Rückmarsch!
Den Frontfliegern sind meist die schweren Waffenstillstanosbedingungen nicht bekannt, daher fliegen sie alle auf ihren „Kisten" heim, geschwaderweise ziehen sie über den Rhein, aber bei der ersten Landung in der Heimat gibt man ihnen kein Benzin mehr, die Flugzeuge werden zu Trümmerhaufen in eine Ecke des Flugplatzes zusammengefahren und die flügellosen Flieger wandern mit der Bahn heim!
Besatzung kommt, ihnen voraus Flieger, unsere ehemaligen Flugplätze haben nie solche Geschwadermassen gesehen. Ueberall entstehen noch neue Flugplätze, wehmütigen Herzens sehen woir oft den zahllos am Himmel schwebenden Flugzeugen nach.
Wir dürfen nicht mehr fliegen hier im Rheinland gemäß Verordnung Nr. 80 der Hohen Interaltiierten Rheinlandkom= mission vom 7. April 1921. Damals mag diese Verordnung lerechtigt gewesen sein, als durch die ungenügende deutsche Lufabrüstung die Sicherheit der alltierten Truppen gefährdet er
scheinen konnte. Nachdem aber die Botschafterkonferenz die deutsche Luftabrüstung als vollendet angesehen hat und die von uns nach den auferlegten Baubeschränkungen gebauten Flugzeuge als zivile äußerlich gekennzeichnet sind, dürften die Voraussetzungen für das Weiterbestehen der Verordnung Nr. 80 nicht mehr gegeben sein.
In den letzten Jahren ist das europäische Luftverkehrsnetz in großzügigster Weise ausgebaut worden, aber mitten drin liegt eine tote Zone, das Rheinland, das nicht überflogen werden darf, das besetzte Gebiet, das als Industrie= und Wirtschaftszentrum eine hervorragende Rolle spielt, das auf enge und schnelle Verbindungen mit dem Reich angewiesen ist!
Unsere Industrie, die keine Kriegsflugzeuge mehr baut, hat sich ganz auf Verkehrsflugzeuge umgestellt und so werden denn über 50 Prozent der gesamten europäischen Luftverkehrslinien von deutschen Flugzeugen beflogen, nur das arme Rheinland bildet ein Verkehrshindernis zur Luft, ihm kommen nicht einmal die Segnungen des Luftpostverkehrs zu Gute!
Wir werden im Rheinland fliegen dürfen, wenn
1. Deutschland in den Völkerbund aufgenommen ist, oder
2. wenn die Botschafterkonferenz die Verordnung Nr. 80 aufhebi,
ja die Verordnung der Hohen Interalliierten Rheinlandkom= mission Nr. 36 vom 29.8 1920 sagt ausdrücklich im Abs. 2, daß wir dann sogar auf den alltierten und assozierten Militärflugplätzen landen und dort besondere Unterkunftsräume beziehen dürfen und Absatz 3 bestimmt, daß wir wieder fliegen dürfen.„sobald die alliierten und assozierten Mächte die Besetzung der Rheinlande aufgegeben haben werden".
Unsere Aufgabe aber ist es, bei der diesjährigen Jubelfeier auf die Geschichte und die Vergangenheit der Rheinlande in der Luftfahrt hinzuweisen und uns für die Freiheit unserer Heimat
zur Luft einzusetzen:
dem Rheinland der freie ungehinderte deutsche Lustverkehr.