ESSENER
RHEINISCH-WESTFALISCHER ANZEIGER
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NZEIGER
Jahrgang 37 Nr. 156
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STADTANZEIGER
Sonntag, 9. Juni 1940
Weiter erfolgreiches Fortschreiten
bei den Operationen in Frankreich— Englische Flugplätze und der Seehafen Dover bombardiert-hilfskreuzer versenkt-Schwere
Bombentreffer auf Kreuzer— 88000 Gefangene bei Dünkirchen
Stukas vernichten vier 32-k-Tanis
hib.) Junkers-SturzkampfflugEinsätzen das Vorgehen der Erdan einer Stelle. vier 32-Tonnen
4 Führerhauptquartier 8. Juni.(Drahtb.). Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt:
Unsere Operationen südlich der Somme und des AisneOise-kanals schreiten weiter erfolgreich fort. Auch südlich der unteren Somme wurde der Feind geworfen.
Zur Unterstützung des Heeres griff die Luftwasfe mit slarken Kräften füdlich der Somme in den Erdkampf ein
und belegte Truppenansammlungen, Kolonnen, Insanterieund Artilleriestellungen erfolgreich mit Bomben.
Die Zahl der bei Dünkirchen eingebrachten Gefangenen hat sich auf 88 000 erhöht.
Im Zuge der bewaffneten Aufklärung gegen die britische Ost- und Südküste sind einige englische Flugplätze sowie der Seehafen Dover mit Bomben belegt worden.
Bei Narvik unterstützte die Luftwasse den dort kämpfenden Heeresverband durch wirksame Angriffe auf seindliche Stellungen. Ein Tanklager wurde in Brand gesetzt, ein feindlicher Kreuzer erhielt zwei schwere Bombentreffer.
Ein deutsches U-Boot versenkte nordwestlich Irlands einen feindlichen Hilfskreuzer von 14 000 k.
Die nächtlichen feindlichen Luftangriffe auf das deutsche Heimatgebiet richteten im allgemeinen nur unwesentlichen Schaden an. In einer Stadt wurden Wohnviertel getroffen und zehn Zivilpersonen getötet.
Die Gesamtverluste des Gegners in der Luft betrugen gestern 71 Flugzeuge, davon wurden im Luftkampf 29, durch Flak 25 abgeschossen, der Rest am Boden zerstört.
Fünf eigene Flugzeuge werden vermißt.
In den letzten erbitterten Kämpfen um die Festung Dünkirchen taten sich vor allem ein Infanterie-Regiment unter seinem Kommandeur, Oberst Recknagel, und ein Insanterie-Vataillon unter seinem Kommandeur, Major Schaller, besonders hervor.
(2) Berlin, 8. Juni.(Eig. Drahtb.) Der programmäßige Fortschritt der großen deutschen Offensive in Frankreich kommt in den kurzgefaßten Angaben des heutigen OKW.=Berichts wiederum deutlich zum Ausdruck. Es ist in der Lage der ganzen Aktion begründet, wenn Wehrmachtberichte in den ersten Tagen einer so großen strategischen Aktion besonders knapp abgefaßt sind, und wenn z.B. mit Angaben von Raumgewinnen und von Orten äußerst sparsam umgegangen wird. Diese Zurückhaltung muß man unbedingt verstehen, weil sie eine militärisch wichtige Maßnahme ist, welche allerdings vom deutschen Volke und vom Leser der OKW.=Berichte ohnehin richtig aufgefaßt wird. Bei einer so umfangreichen Aktion auf breitester Front und mit so weitgesteckten Zielen würde der Gegner aus allzu offenherzigen Berichten nur Anhaltspunkte gewinnen können. Eine Ofsensive von dem Ausmaß der jetzt in Gang gekommenen kann auch nicht mit den Weltkriegsereignisser. in Vergleich gestellt werden. Es ist deshalb auch nicht möglich, aus den knappen Angaben des OKW.=Berichtes eine zusammenhängende Linie des deutschen Vorgehens zu konstruieren. Daß sich die Zahl der Gefangenen in Dünkirchen auf 88000 erhöht hat, ist uns ein Beweis dafür, welche ungeheuren feindlichen Kräfte gerade an diesem Punkte der Kanalküste zusammengezogen
* Berlin, 8. Juni.(Drahtb.) zeuge unterstützten in zahlreichen truppen. Dabei gelang es ihnen Panzer des Gegners zu vernichten.
Der Führer stiftet ein Eichenlaub zun Ritterkreuz
* Berlin. 9. Juni.(Drahkd.) Der Führer und Oberste Besehlshaber der Wehrmacht hat durch Verordnung ein Eichenlaub zum Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes gestiftet, das als besondere Auszeichnung an Inhaber des Ritterkreuzes des Eisernen Kreuzes verliehen werden kann. Das Eichenlaub bestehl aus drei silbernen Blattern und liegt auf der Bandspange auf.
waren, um dem deutschen Vorgehen Widerstand zu leisten. Auch dieser Widerstand also ist mit unveirrbarer Programmäßigkeit und Dynamik gebrochen worden.
Aeberlegenheit unserer Luftwaffe und Panzer
Aus einer Unterhaltung mit dem gefangenen französischen General Giraud
* Berlin, 8. Juni.(Drahtb.) Der gefangene General Giraud traf am 20. Mai in einer Stadt Westdeutschlands ein, wo für ihn Quartier vorbereitet war. Aus der lebhaften Unterhaltung, die er mit seinen Begleitern führte, ist folgendes militärisch und politisch interessant:
Als Hauptanlaß der schwierigen Lage der ihm unterstellten Truppen gab er die Ueberlegenheit der deutschen Panzerverbände und der deutschen Luftstreitkräfte an. Seit Tagen hätten sich die Franzosen schlechtes Wetter herbeigewünscht, und die günstige Wetterlage hätte er selbst geradezu als ein Unglück empfunden. Hierdurch hätten die deutschen Luftstreitkräfte so große Wirkungsmöglichkeiten gehabt.
Aufschkußreich ist eine Stelle der Unterhaltung, aus der zu erkennen ist, daß der französische General am 20. Mai noch nichts von der Besetzung von Antwerpen und Blissingen durch die deutschen Truppen wußte. Die Nachricht hierüber beeindruckte ihn sichtlich. Als sich die Unterhaltung der allgemeinen Kriegslage und dem Wert der verschiedenen Armeen zuwandte, machte Giraud in seiner vorsichtigen und verhaltenen Art darauf aufmerksam, daß wir Deutsche uns vielleicht nicht genügend vorstellen könnten, wie schwierig eine militärische Lage zu meistern ist, wenn Trupvon vier Staaten gemeinsam zu führen seien.„Eigentlich", r General Giraud fort,„kämpfen im Westen nur zwei meen, die deutsche und die französische.“ Nach kurzer Pause verbesserte sich der General und fügte hinzu, daß auch die englische Armee natürlich gut sei, wenn sie auch sehr klein wäre. Sie wäre vor allem„in der Verteidigung" recht aut. Den Wert der belgischen und holländischen Armeen schätzte Giraud niedriger ein.
Ueber die innerpolitischen Voraussetzungen Deutschlands zeigte sich Giraud wenig unterrichtet und hatte auch wenig Kenntnis darüber, daß wir unser soziales Problem weitgehend gelöst haben. General Giraud war sichtlich durch sein widriges Geschick der Gefangennahme bedrückt. Er machte als Offizier und Mensch den Eindruck einer starken Persönlichkeit. Man kann verstehen, daß die Franzosen und wahrscheinlich auch die Engländer auf seine Fähigkeiten vertrauten und in ihm eigentlich den kommenden Mann sahen. Desto schwerer wiegt seine Gefangennahme als Verlust für die Westmächte.
Zwangsverfrachtung englischer Kinder nach Uebersee
Das menschenarme Empire
Drahtbericht unseres ständigen Vertreters Genua, 8. Juni. Bis Anfang Mai noch war jeder Engländer darauf bedacht, möglichst bald über den Kanal nach Frankreich zu verschwinden und wenn schon nicht in Paris, so doch an irgendeinem enderen angenehmen Ort in Frankreich ein Pöstchen auszufüllen. „Irgendwo in Frankreich" zu sein und sich damit den Anschein zu geden, gewissermaßen direkt am Kriege beteiligt zu sein, galt bei den oderen Tausenden der Plutokratien als zeitgemäß und patriotisch hatten die Franzosen nicht bereits im Sommer 1939 kategorisch erklart, daß mindestens eine Viertelmillion Engländer nach dem KonUnent herübergeschickt werden müßte? Sie kamen nur allzu gern und in großen Scharen, beiderlei Geschlechts. Heute nun gehört er sch, wieder in England zu sein, was nicht ohne ursächlichen sammenhang mit Flandern und sonstigen Vorgängen auf dem Konkinent stehen könnte, sofort aber in London zu einer Forderung der patriokischen Pflicht erhoben worden ist. Wie sonst sollte man die Rückkehr des englischen Heerführers General Gort dem Volke erklären, der bereits Ende voriger Woche auf einem kleinen Schiff mit nur drei anderen Offisieren und einigen aufgelesenen Soldaten irgendwo an der südenglischen Küste an Land stieg? Das war noch zu einem Zeitpunkt, wo nan von Dünkirchen als dem„uneinnehmbaren befestigten Lager der Nordarmee“ sprach und von heldenhaften Nachhutgefechten der skanzösischen Heeresgruppe des Generals Prioux, der sich als schler Soldat bei der Truppe befunden habe und deshalb von den Leutschen abgeschnitten und gefangen genommen werden konnte. sord Gort, so erklärt die„Times“, gehorchte nur dem strikten Be# der Regierung, nach England zurückzukehren, um eine neue Eexpeditionsarmee aufzustellen.
Wo sind die anderen, so erkundigt man sich heute in London. Duf sooder ist von seiner Reise nach Paris, wo er die französische P'opaganda seiner englischen anzugleichen versuchte,„als wahrer eio zurückgekehrt, denn er erlebte dort den ersten deutschen Lymdenangriff in einem Restaurant und berichtet heroisch darüber, 2b er, während die deutschen Flugzeuge sich über der Stadt be
fanden, nichts anderes als trockene Brötchen zu essen bekam, was höchst unangenehm gewesen sei. Sir Neville Henderson bittet indessen in einem Aufruf in der„Times“, etwas für die zahllosen Auslandsengländer zu tun, die aus allen Teilen Europas jetzt nach England gekommen seien, oft ohne alle Barmittel, ohne Nahrung, und sich in großer Not befänden.
Die allgemeine Psychose einer deutschen Invasion in England ist von der Regierung benutzt worden, um die Absiedlung der Kinder der ärmeren Bevölkerungsschichten nach den Dominien in Gang zu bringen. Aus westenglischen und irischen Häfen sollen in den nächsten Wochen 10 000 Kinder nach Uebersee und nach Australien und Neuseeland verfrachtet werden. Es handelt sich dabei nicht, wie man denken könnte, um eine Sicherheitsmaßnahme für die Kinder, vielmehr gehört seit Jahrzehnten die Siedlungs= und Bevölkerungsfrage der Dominien zu den brennendsten des Empires. Es war aber bisher nicht möglich gewesen, selbst aus den Elendsquartieren Londons Kinder und junge Leute zur Auswanderung nach Uebersee zu bekommen. Die Degradierung, ein„Colonial“ oder gar ein Australier zu werden, schien zu groß, als daß Eltern sich entschlossen hätten, die Erlaubnis zu der Ansiedlung ihrer Kinder zu geben. Dies soll nun unter dem Druck der Gefahren eines feindlichen Angriffes auf England durch eine
Zwangsverschickung nach Uebersee
erreicht werden, womit man zugleich das permanente Arbeitslosenprbolem vor allem unter den Jugendlichen dieser ärmsten Klasse Englands glaubt ein wenig lockern zu können. Daß man wie vor 100 Jahren dabei auch den sozialen Abschaum nach Australien und ins sonstige Ueberseereich abschieben zu können hofft, wird in London nicht geleugnet. Es zeigt sich aber bereits, daß auch jetzt noch großer Widerstand gegen diese Zwangsauswanderung bei der Bevölkerung Englands besteht. Deshalb ist bereits vorgesehen worden, soviel wie möglich polnische und Kinder anderer Nationalität, die, wie seinerzeit schon die spanischen Kinder, einfach nach England verschleppt worden sind, so schnell wie möglich in die kinderlosen Ueeberseegebiete des Empire zu verfrachten.
Wachsende Unzufriedenheit in Frankreich
* Mailand, 8. Juni.(Drahib.) Wie die Turiner„Gazzetta del Popolo“ berichtet, befindet sich Frankreich in einem tragischen Gemütszustand, der an das Jahr 1870 erinnere. Die Agitation der Provinz gegen Paris und gegen die„regierenden Männer nehme von Stunde zu Stunde größere Formen an. Von allen Seiten fordere man eine Militardiktatur. Der Kern der Sache liege darin, daß man den Behörden nicht mehr gehorche. In den militarisierten Fabriken sei der Ungehorsam an der Tagesordnung. In Aix=en=Provence wurden mehrere Personen bei den Militärdehörden wegen Gehorsamsverweigerung angezeigt. Die Lage sei ernst auch deshalb, weil die Bevölkerung anfange, sich gegen die fardigen Truppen zu erregen, die in der Provence und in den Seealpen in Garnison liegen und auf welche die Regierung zur Aufrechterhaltung der Ordnung zähle. Die Militärdehörden von Toulon haben in Gurs i der Umgebung der Stadt ein Konzentrationslager für angeblich deutschfreundliche und für verdächtige Elemente eingerichtet, das sich in unmittelvarer Nähe der Befestigungen befinde, so daß die darin festgehaltenen Frauen und Kinder unter der Gefahr eventueller Bombardierungen stehen.
Die neue Taktik
st Rom, 8. Juni.(Eig. Drahtd.) Die italienische Presse verzeichnet heute mit größter Befriedigung die großen deutschen Anfangserfolge der neuen Westoffensive. Mit Bewunderung beobachtet man hier vor allem die außerordentliche Elastizität der deutschen Heeresleitung, die wiederum eine neue Kampfestaktik anwende. Weygand hätte zur wirksamen Bekämpfung der deutschen Tanks 75=mm=Geschütze längs der ganzen Front verteilt, der Durchbruch wurde von der deutschen Heeresleitung diesmal jedoch der
mit Hilfe von schwerer Artillerie
die Widerstandsnester beseitigte.
Moskauer Presse über die neue deutsche Offensive
* Maskau. 8. Jun.(Drahlv.) Die neue Entwicklung der Kriegs
i Westen hält die Moskauer Presse in stärkstem Bann.
Die Blätter veröffentlichen eine große Anzahl von Meldungen und berichten über den Fortgang der neuen Schlacht in Nordost=Frank
in Kartenskizzen ihren Lesern die hauptsachlichsten Stoßrichtungen des deutschen Angriffes.
Die„Prawda“ schreibt in einem Ueberblick über die Kampf
e en Tage: Obwohl der Höhepunkt der neuen
Schlacht zwischen Somme und Seine noch nicht herangereift sei. müsse doch die Lage der Franzosen als überaus schwierig bezeichnet werden. Die deutsche Heeresleitung habe Franzosen und Engvernichtenden Niederlage in Flandern keinen gegonnt. Noch während an der Kanalküste heftig gekämpft worden sei, habe das deutsche Oberkommando bereits alle
Sand Sehanten.
Der militärische Beobachter der„Iswestija" bemerkt, es müsse von vornherein festgestellt werden, daß die neue deutsche Offensive sich in einer für die Westmächte ungünstigen Lage abspielt. Das
Englischer Botschafter im Straßengraben gefunden
* Berlin, 8. Juni.(Drahib.) Wir hören aus Brüssel: Nachdem
der ehemalige englische Botschafter in Brüssel, Sir Lancelot Oliphant, im Auftrage Churchills der belgischen Regierung den geniaen. Rat der gvakuierung der belgischen Zivilbevölkerung, die soviel
Leid für diese Menschen gebracht hat, gegeben hatte, verließ er Brüssel, um sich in Sicherheit zu bringen. Aber das Tempo, mit dem die britischen Eliteregimenter von unseren Soldaten zu Paaren getrieben wurden, war selbst für diese langen britischen Divlomatenbeine zu schnell.
So wurde inmitten der Trümmer dieses„glorreichen“ englischen Exveditionskorvs der Botschafter Seiner Majestät des Königs von Großbritannien mit seinem Handköfferchen im Straßengraben aufgefunden. Da Sir Lancelot Oliphant im Verlaufe militärischer Aktionen auf französischem Boden unter gewissen verdächtigen Umständen aufgegriffen wurde, wird noch zu prüfen sein, welche Rolle dieser Engländer bei der ersten Phase dieses von Lord Derby den englischen Boys als„reizend“ in Aussicht gestellten Krieges gespielt hat.