Lippische Staatszeitung
BESTANDHALTENDE INSTITUTION
Lippische Landesbibliothek Detmold
BESCHREIBUNG VERFASST VON
Dr. Joachim Eberhardt (2024), Lippische Landesbibliothek Detmold
GESCHICHTE UND ENTWICKLUNG
Lippischer Kurier (1929-1933)
Die erste Ausgabe des „Lippischen Kuriers“ erschien am 9. Januar 1929. Verantwortlich war der Buchdrucker Ernst Münnich in Lage. Ursprünglich erklärtermaßen „dem Vaterlande, nicht der Partei“ gewidmet, wandelte sich das Blatt am 1.10.1930 zur nationalsozialistischen Zeitung, am 18. August 1931 erstmals als offizielles Organ der NSDAP für Lippe, unter der Herausgeberschaft des Gauleiters von Westfalen-Nord Dr. Alfred Meyer (Schröder 1932, S. 105.).
Lippische Staatszeitung (1933-1945)
Doch offenbar gibt es trotz nationalsozialistischer Redaktionsleitung Schwierigkeiten mit dem Verleger, die in der Partei zu dem Wunsch führen, ein Blatt in voller Eigenverantwortung zu produzieren. Druckmaschinen und Räume sind vorhanden nach dem Verbot des sozialdemokratischen „Volksblattes“ im März 1933, dessen Besitz man kurzerhand übernimmt. Ende September stellt NSDAP-Gaupressewart Dr. Arno Schröder in einer internen Sitzung den Plan für das eigene Blatt vor, und zum 1. Oktober erscheint die erste Ausgabe der „Lippischen Staatszeitung“.
Auf der Titelseite erläutert Schröder, es handele sich um eine Sensation, da man „Die neue Zeitung“ äußerst schnell gegründet habe und diese Gründung „jubelnd begrüßt“ worden sei. Denn „Die Freude über die von vielen langersehnte Trennung von dem „Lippischen Kurier“ war allgemein.“ Schröder berichtet weiter, dass die Partei seit Jahren Differenzen mit dem Verleger Ernst Münnich gehabt habe, der „unseren Anregungen ... verständnislos“ begegnet sei. Trotz dieser Differenzen sieht Schröder die Vorgeschichte der „Staatszeitung“ beginnen in dem Moment, da der „Kurier“ als Organ der NSDAP anerkannt worden sei, am 18. August 1931.
Auf der gleichen Seite erläutern Schriftleitung und Verlag, dass der „Lippische Kurier“ „in privatkapitalistischen Händen lag und deshalb dem Totalitätsgedanken der Bewegung nicht entsprach“. Nun muss die NSDAP also inhaltlich keine Kompromisse machen. In einer Grußadresse bezeichnet der Lemgoer Bürgermeister Wilhelm Gräfer den früheren Herausgeber Münnich als „artfremden Zeitungsschreiber und berufsmäßigen Hetzer“. Auch das Volksblatt, dessen Gebäude und Maschinen genutzt werden, kriegt noch sein Fett ab; die Redakteure werden als „Arbeiterverräter“ und „fremdrassige Marxisten“ diffamiert. (Letzteres zielt auf den zu diesem Zeitpunkt bereits ermordeten jüdischen Redaktionsleiter Felix Fechenbach.)
Die erste Ausgabe der „Lippischen Staatszeitung“ besteht aus 20 bedruckten Seiten; von denen zahlreiche Grußadressen und Huldigungen enthalten. Die reguläre tägliche Ausgabe pendelt sich etwa bei 12 Seiten ein, von denen mindestens eine Seite, manchmal zwei, Anzeigen gewidmet ist bzw. sind. Neben der überregionalen Berichterstattung und der Rubrik „Aus der Bewegung“ erscheinen fast täglich lokale Berichte aus den lippischen Städten.
Zum Sonntag, 5. November 1933 schaltet die „Staatszeitung“ um. Nachdem anfangs die Trennung vom Kurier so sehr betont wurde, nennt sich diese Ausgabe nun überraschend Nr. 265 im 5. Jahrgang; die Zählung ist direkte Fortsetzung der vom „Kurier“ bis zum 30. September 1933 erschienenen Ausgaben. Zugleich ist der Kopf um den Untertitel „Anerkanntes Blatt der Bewegung Lippischer Kurier seit dem 18. August 1931“ ergänzt.
Übernahme der Landes-Zeitung 1936
Durch die Konkurrenz der „Staatszeitung“ und den politischen Druck sinkt die Auflage und verschlechtert sich die wirtschaftliche Lage der „Lippischen Landes-Zeitung“ 1935. Verleger Staercke wird zum Verkauf gedrängt und gibt schließlich nach (Ruppert, Staercke, S. 45.). Neben dem Verlagsrecht geht auch das Grundstück in der Paulinenstraße Nr. 14 an die „Staatszeitung“ über. Die kann in den großzügigeren Räumen eine neue Rotationsdruckmaschine der Firma Koenig und Bauer aufstellen (Dahl 2017). Am 24. März 1936 erscheint die letzte Ausgabe der „Landes-Zeitung“; die Ausgabe der „Staatszeitung“ vom 25. März zeigt die Übernahme im neuen Kopf an.
Zum 31. Juli 1938 übernimmt die „Staatszeitung“ auch die konservative „Lippische Tageszeitung“, zum 29.11.1941 schließlich als letzte verbliebene Zeitung die „Lippische Post“. Die „Staatszeitung“ erscheint bis zur Ausgabe vom Ostersonntag, den 1. April 1945. In dieser Ausgabe deutet nichts darauf hin, dass es die letzte ist; Rätselecke, Erzählung, Anzeigen und Meldungen aus dem Lipper Land stehen an gewohnter Stelle, und auf der Titelseite mahnt Redakteur Erich Meinhard, früher bei der „Landes-Zeitung“ tätig, „Das deutsche Volk (stehe) in seiner schwersten Prüfung“.
Auflagenhöhe
- 1935: 14.425 Exemplare
- 1939: 25.153 Exemplare
LITERATUR und Quellen
- Dahl, Michael: Geschichte der LZ und ihrer Vorgängerblätter. - Detmold, Juni 2017.
- Handbuch Der Deutschen Tagespresse. Leipzig 1944, S. 265.
- Ruppert, Andreas: Max Staercke (1880-1959) – Publizist und Politiker in Lippe. – In: Rosenland, Nr. 12, September 2011, S. 35-52.
- Schröder, Arno: Geschichte des Zeitungswesens in Lippe, Detmold 1932.
- Sperling, H. O.: Sperlings Zeitschriften- und Zeitungs-Adressbuch: Handbuch der deutschen Presse. 1935, S. 406.
- Staercke, Monika: Die Gleichschaltung der Presse im Land Lippe in der ersten Hälfte des Jahres 1933. - In: Lippische Mitteilungen aus Geschichte und Landeskunde. - 44 (1975), S. 160-200.