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Zeitung

Zusammenfassung

Geschichte und Entwicklung

Die Geschichte der späteren „Oeffentlichen Anzeigen“ beginnt streng genommen mit dem „Journal der Districte Minden, Bielefeld und Rinteln“ am 2.1.1809. Diese Publikation war zwar nicht direkter Vorgänger, entsprach aber redaktionell den späteren Inhalten. Dieses „Journal“ war mit seinen Nachfolgern allerdings ein Produkt der königlich-westphälischen Zeit, die mit den Distrikts- und Departments-Bezeichnungen bis zur preußischen Inbesitznahme 1813 den Titel mitgestaltete, und wurde zwischenzeitlich, bis zum 29.12.1810, nicht in Bielefeld, sondern in Osnabrück gedruckt. Die heute als eigentlicher Vorgänger der „Neuen Westfälischen“ gewerteten „Oeffentlichen Anzeigen des Distrikts Bielefeld“ erschienen am 6. April 1811. Ab dem 13. November 1813 hießen sie „Oeffentliche Anzeigen der Grafschaft Ravensberg“ (mit wechselnden Zusätzen bis zum 27.6.1874). Die Oeffentlichen Anzeigen erschienen bis zum 27.6.1874 zwei Mal wöchentlich, ab dem 1.7.1874 täglich, womit anscheinend auf die liberale Zeitung „Der Wächter“ reagiert wurde, die am 1.4.1874 auf ein tägliches Erscheinen umgestellt hatte. Gedruckt wurden die „Oeffentlichen Anzeigen“ ab dem 19.6.1813 nachweislich bei „A. Küster“ (Johann Hermann Adolph Küster), danach ab 1825 durch seinen Sohn Johann Dietrich, ab 1839 durch dessen Witwe Charlotte Küster („J.D. Küster Witwe“) und ab 1859 durch Hermann Küster, der die Druckerei 1870 an Wilhelm Bertelsmann aus Gütersloh verkauft. Die Druckerei erhielt seinerzeit die Bezeichnung „J. D. Küster Nachf.“

Die genauen Titel der Vorgänger und der „Oeffentlichen Anzeigen“ bis 1876 lauteten:

  • „Journal der Districte Minden, Bielefeld und Rinteln“ (2.1.1809–25.12.1809)
  • „Journal für die Distrikte Minden, Bielefeld und Rinteln im Weser-Departement“ (1.1.–26.3.1810)
  • „Oeffentliche Anzeigen des Weser-Departements“ (4.4.1810–29.12.1810) > veröffentlicht in Osnabrück
  • „Oeffentliche Anzeigen des Distrikts Bielefeld“ (6.4.1811–6.11.1813)
  • „Oeffentliche Anzeigen der Grafschaft Ravensberg“ (13.11.1813–27.6.1874) mit Zusätzen
  • „Kreisblatt des Kreises Bielefeld“ (10.10.1849– 30.12.1856)
  • „Bielefelder Kreisblatt“ (3.1.1857-26.3.1864) mit Zusatz
    • „und Kreisblatt des Kreises Halle i./W.“ (17.6.1858–2.4.1862)
    • „Organ der Fortschrittspartei für den Wahlkreis Halle – Bielefeld – Herford“ (31.1.1863 bis 26.3.1864)
  • „Bielefelder Wochenblatt“ (29.3.1864–30.6.1876) mit Zusätzen
    • „Organ der Fortschrittspartei für den Wahlkreis Halle – Bielefeld – Herford“ (26.3.1864–29.9.1864)
    • „Tägliche Zeitung“ (ab 1.7.1874)
  • „Bielefelder Tageblatt“ (ab 1.7.1876).

Die Inhalte sind bestimmt durch amtliche Nachrichten (Edikte, Erlasse, Verlautbarungen, Fahndungen, Landesverweisungen, Zwangsversteigerungen), Werbeanzeigen, Ankündigungen von Versammlungen und „Lustbarkeiten“ durch Private sowie Belehrung vor allem zu den Themen Handel, Handwerk und Landwirtschaft. Insofern entsprechen die „Oeffentlichen Anzeigen“ inhaltlich noch den früheren Intelligenzblättern, die aber wegen ihres Mono-polcharakters und des Pflichtbezuges ab 1811 in Preußen abgeschafft wurden. Lokalgeschichtliche Beiträge sind selten, aber im Detail nicht ohne Wert und Reiz. Unter dem Titel „Oeffentliche Anzeigen […]“ erschien die Zeitung bis zum 27.6.1874, war aber seit 1849/58 mit Titelzusätzen versehen. Nachfolger waren nominell das „Kreisblatt des Kreises Bielefeld“ (1849–1856), „Bielefelder Kreisblatt" (1857–1864), „Bielefelder Wochenblatt" (1864–1876), „Bielefelder Tageblatt" (1876–1883) und schließlich die „Westfälische Zeitung" (1883–1944), die aber von Anfang an den Amtsblatt-Charakter abgestreift hatten, internationale und nationale politische Nachrichten sowie Lokales einstreuten und sich kurz-zeitig auch parteipolitisch positionierten, als das Kreisblatt vom 31.1.1863 bis 29.9.1864 den Titelzusatz „Organ der Fortschrittspartei für den Wahlkreis Halle – Bielefeld – Herford“ führte und damit liberale Tendenzen zu erkennen gab.

Verbreitung, Leserkreis, politische Ausrichtung, Auflagenhöhe

  • Umfang, Format und inhaltlicher Aufbau:

    • Quartformat (bis 31.12.1851)
    • bis zum 27.6.1874 zwei Mal wöchentlich, danach täglich
  • Verbreitung:

    • Angaben zur Auflage fehlen weitgehend
    • Bielefelder Kreisblatt: 1.900 Expl. (1871)
  • Politische Ausrichtung: keine, außer 1863/64 liberal, als die Zeitung zugleich das „Organ der Fortschrittspartei für den Wahlkreis Halle – Bielefeld – Herford“ war

  • Beilagen: „Beylage“ mit zusätzlichen Verordnungen, die nicht eindeutig vom regulären Inhalt abzugrenzen sind

Konkurrenzblätter

  • ab 1.10.1864 „Der Wächter“, begründet von Rudolf Rempel

Literatur

  • Lüpke, Reinhard, „Spiegel der Gesellschaft”. Entstehung und Entwicklung der Bielefelder Presse von 1811 bis heute, in: Andreas Beaugrand (Hg.), Stadtbuch Bielefeld. Tradition und Fortschritt in der ostwestfälischen Metropole, Bielefeld 1996, S. 660-663

Beschreibung verfasst von

Dr. Jochen Rath (2019), Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek

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