Münstersche Zeitung
BESTANDHALTENDE INSTITUTIONEN
Institut für Zeitungsforschung und Stadtarchiv Münster
BESCHREIBUNG VERFASST VON
Angelika Gwóźdź, M.A. (2025), Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
Geschichte und Entwicklung
Münstersches Tageblatt
Das Münstersche Tageblatt wurde 1871 vom Buchhändler Carl Josef Fahle als Konkurrenz zum „Westfälischen Merkur“ und „Münsterischen Anzeiger“ in Münster gegründet. Die erste Ausgabe erschien am 1. Oktober 1871. 1878 gründete Fahle seine eigene Druckerei.
Ab 1880 übernahm Johannes Basch Druckerei, Verlag und Redaktion des „Münsterschen Tageblattes“ und benannte die Zeitung in „Münsterscher Morgenanzeiger“ um. Der Verlag fungierte jedoch weiterhin unter dem Namen von C. J. Fahle. Im April 1897 wurde Basch wegen Beleidigung des Ehrenamtmanns von Drensteinfurt, Freiherr von Ascheberg, festgenommen (Iserlohner Kreisanzeiger, 12.04.1897 und Die Glocke, 30.04.1897). Einen Monat später wurde er wegen Gewerbevergehens zu 3 Tagen Gefängnis verurteilt (Dortmunder Zeitung, 07.05.1897) und bereits im darauffolgenden Jahr durfte er eine weitere Gefängnisstrafe von zwei Monaten wegen „lüderlicher Buchführung“ absitzen (Die Glocke, 22.01.1898). Die Bonner Volkszeitung erwähnte in der Meldung vom 22. Januar 1898, dass zu diesem Zeitpunkt das „Münstersche Tageblatt“ bzw. „Münsterscher Morgenanzeiger“ bereits eingegangen war.
Münstersche Zeitung
Am 1. Dezember 1897 erschien die „Münstersche Zeitung“ im 26. Jahrgang als Fortsetzung des „Münsterschen Morgenanzeigers“ (Dülmener Anzeiger, 23.12.1897 und somit Zentrumsblatt. Druck und Verlag erfolgten in der C. J. Fahle GmbH.
Zum Jahrhundertwechsel meldete die „Münstersche Zeitung“ Konkurs (Hannoverscher Courier vom 28.01.1901) an, 1905 wurde das Konkursverfahren aufgehoben (Münsterischer Anzeiger, 13.10.1905).
1902 leitete Franz Collet die Redaktion, wurde jedoch im darauffolgenden Jahr von Franz Zons, Mitglied der Zentrumspartei, abgelöst der seine Position bis zu seinem Ruhestand im Jahr 1944 hielt.
Im Dezember 1905 übertrug Fahle den Verlag an seinen Sohn Clemens Fahle und seine Schwiegersöhne Franz Meurer und Paul Hegemann, die das Unternehmen in eine GmbH umwandelten. Als Geschäftsführer der Gesellschaft wurden Conrad Spenner und Carl Leifhelm benannt (Münsterischer Anzeiger, 31.12.1905). Am 29.03.1911 starb C. J. Fahle, das Unternehmen blieb weiterhin nach ihm benannt.
Spätestens ab 1. Juli 1922 wurde Ferdinand Schöngen als Verlagsdirektor aufgeführt. In der Redaktion gab es über die Jahre nur wenige Personalwechsel.
Am 1. September 1944 wurde die Münstersche Zeitung eingestellt. An ihrer Stelle erschien die westfälische Tageszeitung.
Titel
- 1877: Münstersches Tageblatt für Unterhaltung, politische Nachrichten und Anzeigen
- 1878: Münstersches Tageblatt
- 1880-1897: Münsterscher Morgenanzeiger
- 1897: Münstersche Zeitung
- 1906: Münstersche Zeitung. Münsterscher Morgenanzeiger Münsterscher Generalanzeiger
- 1910: Münstersche Zeitung. Münsterscher Morgen-Anzeiger Münsterscher General-Anzeiger. Amtliches Kreisblatt für den Landkreis Münster
- 1914: Münstersche Zeitung. Morgen-Anzeiger General-Anzeiger. Amtliches Kreisblatt für den Landkreis Münster
Personalia:
Franz Collet (1902), Franz Zons (1903-1944), Karl E. Mehls (1915-1944), Conrad Spenner, Carl Leifhelm, Franz Clemens Gieseking (1928-1944), C. H. Hillekamps (1928), Josef Urban (1930), Fr. Meiser (1932), Paulheinz Wantzen (1944), Ursula Schwale (1944)
Inhalte und politische Ausrichtung
In der Anfangszeit:
Gedenktafel, politischer Leitartikel (Deutsches Reich), Kriegsnachrichten, Land- und Reichstagsverhandlungen, Erzählungen und Romane, Ausland, Städtisches, Heimathliches und Vermischtes, wirtschaftlicher Teil mit Markt- und Fruchtpreisen, Anzeigen. Die Münstersche Zeitung kündigte explizit die nächsten Erzählungen und Romane in ihren Inseraten in anderen Zeitungen an, so zum Beispiel „Talent und Capital“ von August Schredder in einer Anzeige im Münsterischen Anzeiger vom 01.12.1871.
Sondernummern
- Reichshandwerkertag 15./16.6.1935, 19./20.6.1935
- Münsterländische Textil-Industrie 31.10.-1.11.1936, 17.06.1938
- Selbstgestellte Aufgabe: Heimatblatt für Münster und das Münsterland
Ab 1925 größer werdender Sportteil, in dem vor allem Fußballergebnisse veröffentlicht wurden.
Politische Ausrichtung
Die Münstersche Zeitung stand spätestens seit 1886 der Zentrumspartei nahe. 1900 betonte die Münstersche Zeitung noch ihre Unabhängigkeit von „jeder politischen Partei und lokalen Klique“ (Dortmunder Tageblatt, 30.06.1900 ), entfernte sich jedoch als katholische Zeitung nicht von der Zentrumspartei, mit der sie personelle Überschneidungen hatte. So berichtete sie ausführlich über katholische Themen und Ereignisse, wie zum Beispiel die Tagung der katholischen Frauen (01.07.1927) oder den Deutschen Katholikentag.
Obwohl die Münstersche Zeitung das Erstarken der Nationalsozialisten zunächst kritisch beobachtete, wurde die Machtergreifung Hitlers schließlich begrüßt und als „Weg zum wahren Frieden“ bezeichnet (12.11.1933). Fortan wurden Mitteilungen der NSDAP veröffentlicht. In der Nachkriegszeit wurde die Nähe zur NSDAP jedoch verleumdet. So attestierte Hermann Pünder, Oberbürgermeister der Stadt Köln 1946, im Entnazifizierungsverfahren vom langjährigen Redakteur Franz Zons: „For long years I personally have liked very much to read this your paper. That it always used a moderate language during the years of terror under the Nazi-epoch. Above all the strictly Christian attitude of your paper -so important for Munster – has always remainded incontestable.“ Und H. Poelmann bestreitete im Entnazifizierungsverfahren antisemitische Artikel gelesen zu haben. Dank der Volltext-Suche lassen sich genügend antisemitische, rassistische und völkische Artikel als Gegenbeweise finden.
Periodizität, Format und Auflage
Die Münstersche Zeitung erschien täglich zunächst im Berliner Format, erfuhr später eine Vergrößerung auf das übliche rheinische Format. Anfänglich 4 Seiten mit dreispaltigem Text, davon eine Seite Inserate. Während des Ersten Weltkrieges konnte die Zeitung 8 bis 24 Seiten betragen und es erschienen mehrmals täglich Sonderausgaben zum Kriegsgeschehen. 1934 betrug der Umfang 12 Seiten.
Auflage:
- Februar 1872 : „nahezu 2.000“
- September 1872: „bald drittehalbtausend Exemplare“ (2.500)
- 1902: 6.500
- 1927: 18.500
- 1929: 19.000
- 1930: 20.500
- 1932: 21.500
- 1933: 22.000
- 1934: 19.740, mit Nebenausgabe
- 1939: 24.000
- 1954: 39.900
Beilagen
- Unterhaltungsbeilage
- Glaubensbote, „für römisch-katholische Christen, insbesondere für verwaiste Gemeinden), Druck bei J. Krick in Münster (1878)
- Aus der Welt der Frau, wöchentlich
- Fremde Beilage: Im Zuge der Zeit (Berlin)
- 1932: Sportzeitung, Frauenwelt oder Technik, Bilder und Fröhliche Stunde, Türmer von Lamberti, Rundfunk, Gilde, Münsterland, Der Drubbel
- Der Sonntag (1934)
- 1944: Frauenwelt, Heimatkunde, Humor, Landwirtschaft, Unterhaltung (während des Krieges in Kulturteil eingeordnet)
- MZ Sport, Amtliches Mitteilungsblatt des Westdeutschen Spielverbandes, Gau Münster
Nebenausgaben
1932: Borghorster Zeitung, „Neue Emsdettmer u. Grevener Zeitung“, Rheiner Zeitung“, „Lüdinghauser Glocke“
1934: Münstersche Zeitung Ausgabe A Münsterländische eimat, Lüdighausen; Ausgabe B Rheiner, Steinfurter, Borghorster Neue Emsdettener und Grevener Zeitung, Rheine; Ausgabe C, Kreisblatt für den Landkreis Münster, Münster-Land
1944: Rheine, Münstersche Zeitung, Rheiner, Steinfurter, Borghorster Zeitung, Neue Emsdettener und Grevener Zeitung
Literatur und Quellen
- Artikel zur Münsterschen Zeitung nach 1949 auf der Wikipedia
- Unterlagen zum Entnazifizierungsverfahren gegen Franz Zons: Abt. Rheinland, NW 1039-Z (SBE Hauptausschuss Regierungsbezirk Münster), Nr. 25.
- Boll, Bernard / Volker Schulze/Hans Süssmuth (Hg.): Zeitungsland Nordrhein-Westfalen. Geschichte Profile – Struktur.Bonn: ZV 1993, S. 374 .
- Hagelweide, Gert: Deutsche Zeitungsbestände in Bibliotheken und Archiven. Düsseldorf: Droste, 1974., S. 245.
- Töbelmann, Franziska M.: Nutznießer des Krieges. Werbung und Kleinanzeigen in Münsteraner Zeitungen zu Beginn des Ersten Weltkrieges, in: Zühlke, Raoul: Bildpropaganda Im Ersten Weltkrieg. Hamburg: Kämpfe 2000, S. 239-259.
- Jahrbuch Der Tagespresse. Berlin: Duncker 1928 und 1930.
- Handbuch Der Deutschen Tagespresse. Leipzig Frankfurt, M: Armanen-Verl, 1932, 1934 und 1944.
- Kürschner, Joseph: Handbuch der Presse. Berlin / Eisenach / Leipzig : Hermann Hillger Verlag, 1902.
- Sperling, H. O.: Sperlings Zeitschriften- und Zeitungs-Adressbuch: Handbuch der deutschen Presse 1915, 1927, 1929 und 1933.