Gefahren des Lobes.
— Ein Wort an die Mütter.—
Ein auch nur einigermaßen aufgewecktes und geistesfrisches Kind ist bald so klug, um aus beständigem Lob, aus fortwährendem Vorgezogenwerden seine Schlüsse zu ziehen. Mag es sich auch anfangs gehoben fühlen, wenn es über andere gestellt wird, binnen kurzem wird es derartige Wertschätzung oder Ueberschätzung als ihm gebührend quittieren, und das bescheidenste, sanfteste Kind kann dann zum eiteln kleinen Laffen, zur naseweisen, vorlauten Zierpuppe werden. Und wie in einer Untugend ein ganzes Gefolge von schlechten Eigenschaften die Schleppe tragen, so wird solch ein anmaßendes Geschöpfchen zum Haustyrann, zum Egoisten, dessen Mitgefühl für andere vor der eigenen Wichtigkeit erblaßt, das trotzig, unliebenswürdig wird, wenn man ihm nicht willfährt, und Güte mit Undank lohnt, weil es jede Sorgfalt, jede Liebestat als schuldigen, selbstverständlichen Tribut einheimst. Herzensgüte findet man bei Kindern, die ganz von ihrem vergötterten, kleinen Ich durchdrungen sind, wohl schwerlich. Und darum heißt es, die Zügel fest in die Hand nehmen und den Kopf regieren lassen, wenn das Mutterherz dabei auch im Geben zu kurz kommen mag: das Lob sei kurz und knapp bemessen, insbesondere in Gegenwart Dritter. In Kreisen von Erwachsenen sind Kinder überflüssig, denn eben hier, bei dem sogenannten„Aufführen", werden Lobhudeleien gezüchtet. Wenn all die feilen Schmeicheleien der Tanten, Vettern und Basen nicht in der Gegenwart des Kindes sprudeln würden, dann wären sie eben nur Balsam fürs Mutterherz und nicht gleichzeitig Gift für die kindliche Seele. Aber der Weihrauchkessel wird so heftig geschwungen, daß das Herzchen und die Sinne des Kindes davon umnebelt werden. Da muß der Luftzug gesunden Menschenverstandes erfrischend dazwischen fahren, denn gute Anlagen verkümmern auf halbem Wege der Entwicklung aus Mangel an Fleiß und strebsamkeit. Wer sich genügt und in steter Zufriedenheit
mir sich leot, hat kein Streben und keinen Schaffensdrang. und das allzu üppige Lob trägt oft die Schuld daran, daß
die Auffassungslust und-kraft des Kindes erlahmt.
fernen Ländern
Ueber die Lage der indischen Frauen findet man no
immer unzutreffende Ansichten. Tatsache ist jedenfalls, da: die indischen Frauen im allgemeinen von ihren Ehemännern höher geachtet werden, als ihre Schwestern im Westen. Von frühester Jugend an wird den Indern Verehrung vor den Frauen anerzogen. Jede Unfreundlichkeit einer Frau gegenüber wird nach altem Volksglauben sofort vom Unglück verfolgt, und eines Mannes Gebet bleibt unerhört, wenn seine Frau sich ihm nicht anschließt. Bei einer Krönung ist die Gegenwart der Frau des Prinzen unerläßlich, und sollte es ihr unmöglich sein, zu erscheinen, so wird ihre Statue an die Seite ihres Gatten gestellt; andernfalls würde die Zeremonie keine Gültigkeit haben. Die allgemeine Moralität ist in Indien eine sehr hohe, denn wenn es auch wahr ist, daß dem Hindu gestattet ist, eine zweite Frau zu nehmen, falls die erste kinderlos bleibt, so ist es doch außerordentlich selten, daß er von dieser Vergünstigung Gebrauc macht. Ein alter Aberglaube sagt, daß eine Witwe ge zwungen werde, den Scheiterhaufen zu besteigen. Da: ist gänzlich falsch, denn ob eine Witwe ihrem Gatten in den Tod folgen will oder nicht, bleibt durchaus ihr selbst über
lassen. Wenn sie das Opfer nicht bringen will, steht es ihr vollkommen frei, es zu verweigern. Falls sie sich aber freiwillig dazu entschließt, so wartet ihrer die Märtyrerkrone und sie wird mit dem Titel„Devi“ ausgezeichnet. Ein weiterer Irrtum ist, daß die Witwe lebendig verbrannt werde. Zuerst wird ihr ein Kelch mit Gift gereicht, und dann erst erfolgt das Verbrennen. Ein alter Glaube ist, daß eine Verwünschung, die irgendwem Unglück prophezeit, nur auf einen Mann angewendet wirke, von einer Frau jedoch harmlos abgleite.
Die Brautkette der Jamunderinnen. Jamund liegt westlich von Köslin, nahe an der Ostsee und am Jamunder Bodden. Marie Nerese berichtet in ihren plattdeutschen Geschichten„Bi mi tau Hus“ folgenden hübschen Vorgang: Als die Prinzeß Charlotte, die Schwester Kaiser Wilhelms I. und spätere Kaiserin von Rußland, zur Trauung nach St. Petersburg reiste und in die Gegend von Köslin kam, trat ihr am Gollenberge eine Schar junger Mädchen in Brautkleidern entgegen. Eine von ihnen, Anna Lassahn, begrüßte die Prinzeß mit einem plattdeutschen Gedicht. Als sie geendigt hatte, nahm die Prinzeß eine goldene Kette vom Halse und schmückte das Mädchen damit. Später entstand Zank und Streit unter den Bräuten Jamunds. Die
anderen behaupteten, die Lassahn wäre in ihrem Brautschmucke, mit der goldgestickten Haube auf dem Kopfe, nur eine Vertreterin aller Bräute in Jamund gewesen und wäre also, wie sie alle, nur bei der Hochzeit berechtigt, die Kette zu tragen: die Kette sei Eigentum der Gemeinde. Die Lassahn aber gab sich damit nicht zufrieden; sie behauptete fest, die Kette wäre ihr persönliches Eigentum. Der Streit war nur dadurch zu schlichten, daß man die Großfürstin selbst um Entscheidung bat. Sie sandte der Lassahn 50 Taler zur Ausstattung; im übrigen aber ließ sie die munder darin gewähren, daß jede Braut die Kette an ihrem Hochzeitstage tragen sollte. So wird sie als Eigentum der Gemeinde noch heute in der Kirche zu Jamund aufb wahrt.
Scherzfragen.
eiche Hosen kann kein Schneider anfertigen?
2. Welche Ellen kann man essen?
3. Auf welcher Straße kann man weder gehen noch fahren?
Vexierbild.
Wo ist die Hexe?
— Auflösungen in nächster Nrimmer.—
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Nr. 73.
Lüdenscheid, den 13. September.
1910.
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Lüdenscheider Tageblatt.
Redaktion, Druck und Verlag von Heinr. Krause, Lüdenscheid.
Die Samarikerin.
(3. Fortsetzung.)
„Was bleibst du denn so lange draußen in der Kälte?" fragte die Alte verdrießlich.
„Lieber Himmel, du weißt ja, daß ich hinter Peter hergelaufen bin.“
„Der ist längst da. Hier liegt er auf der Ofenbank."
„Wahrhaftig! Da hätt' ich gar nicht weiter zu suchen brauchen. Nun, desto besser! Gute Nacht, Großmutter! Ich bin müde und du wirst es auch sein.“
„Komm mal her— ganz nah, ganz dicht zu mir.“
„Willst du noch was?“
„Ich will die Wahrheit wissen! Warum läufst du so oft in Nacht und Kälte hinaus, bald unter dem, bald unter jenem Vorwand?— Ich mein, mit dir ist auch nicht alles richtig, Mädel. Künftig bleibst du daheim!"
„Ich tu' nichts Unrechtes und laß mich nicht einsperren!"
Noman von B. Corony.
(Pachdruck verboten.
ochererter s
Forstmann, dessen Zeit immer auf die Minute eingeteilt war, konnte keine Unpünktlichkeit leiden.
„Weißt du nicht mehr, was hier Hausgebrauch ist und wann gegessen wird?“ fuhr er Walter an.„Schon anderthalb Stunden läßt du uns warten. Das ist keine Art und Weise und zeugt von sehr wenig Respekt gegen deine Eltern.“
!„Verzeiht nur,“ entschuldigte sich der junge Mensch. „Ich irrte mich— meinte, es wäre noch viel früher. Alte, liebe, bekannte Plätzchen suchte ich auf und vergaß darüber, nach der Uhr zu sehen. Es soll nicht wieder vorkommen.“
„Das möchte ich mir auch sehr entschieden ausgebeten haben. Du kommst nur zu besonderen Gelegenheiten heim, und dann hat man weiter nichts davon, als Unordnung im Haushalt. Hältst du dich vielleicht für was Besseres, als Glaucke uun nict daß du mit Sting###: deine Eltern sind und glaubst, ihnen keine Rücksicht schuldig
„Glaub nur nicht, oaß ou mit deinem Trotzropf alle zu sein? Dann tät's mir leid, daß ich dir, um deiner MutWände einrennen kannst. Mädel. Mädel, das sag' ich dir: ter letzten Wunsch zu erfüllen, freie Berufswahl bewilligte. Unehr' hat's schon genug gegeben; mach du mir nicht auch Sie wollte nun einmal das Erbteil, das ihr von einem entnoch weiche!"... 8#e##.... fernten Verwandten zufiel, in solcher Weise verwendet
„Ich mach' dir keine, brauchst dich nicht zu sorgen,“ er= wissen.“ widerte Eva kurz, und die Hand. an welcher der Ring flim=:]„Vater, was denkst du von mir wegen einer zufälligen merte, schnell in die Schürzentasche versteckend. Die Groß=] Verspätung? Gab ich dir denn je Ursache, mich für undankmutter war zwar halbblind, sah aber doch oft recht deutlich bar und unehrerbietig zu halten?" gerade das, was sie nicht sehen sollte. 1s.„Laß doch schon gut sein, Andris!“ sagte Renate, die
.„Geh meinetwegen zu Bett!“ stieß die alte Frau un. Suppe vorlegend.„Walter hat unsere Gewohnheiten ver
steundlich hervor.„Morgen reden wir weiter miteinander.“ gessen.
„Gute Nacht!“ wiederholte das Mädchen und schlüpfte:]:„Dann muß man sie ihm wieder ins Gedächtnis rufen. in die Kammer, wo Margot sie erwartete. Dort zündete:] Wenn ich als junger Bursche so vergeßlich gewesen wäre, sie eine kleine Lampe an, drehte bei ihrem schwachen Schein“ bei der Tür hinausgeworfen hätte mich mein seliger Vater,
den Ring hin und her und hing ihn dann an einem Bänd- und recht würde er getan haben.“
„Ich
chen um den Hals.
Die Großmutter durfte ihn nicht sehen, sonst wäre jat unpünktlich, des Fragens und Ausforschens kein Ende##meien.
3. Kapitel.
Walter blickte noch lange zu den Fenstern der Mühle: empor, hinter deren alten roten Vorhängen schwaches Licht schimmerte. Dort weilte das süße, liebe Mädchen. Den hin und her huschenden Schatten warf ihre schöne Gestalt. Jetzt löste sie wohl das prächtige Haar, daß es wie ein goldener Fliebt!“
war wirklich nicht aus Trotz oder Nichtachtung ., versicherte der junge Mensch. Seiner Stimme Ton verriet, daß er mühsam eine gereizte Aeußerung unterdrückte.„Noch einmal: Es tut mir leid, gefehlt zu haben, aber geschehene Dinge sind doch nicht zu ändern.“
„Und mit dieser landläufigen Redensart soll nun natürlich alles beigelegt und ausgeglichen sein. Du findest es ganz selbstverständlich, daß ich mich sofort zufrieden gebe?“
Ja, Papa, wenn du mir wirklich ernstlich zürnst, dann gehe ich jetzt zur Bahnstation und fahre mit dem letzten Zuge fort.“
„Ah! Protzig und oben hinaus! Tue, was dir be
Mantel um ihre Schultern fiel.
Wie in inneres Schauen vertieft,
lehnte der junge
Mensch an dem knorrigen Stamm einer prächtigen Riesentanne. Mit Gewalt mußte er sich losreißen und eilte dann rasch, im Sturmschritt, quer durch den Wald und der Försterei zu. Dort wurde ihm nicht gerade die freundlichste Begrüßung zuteil.
Andris Dohme, ein schroffer, sehr robuster, grauhaariger Mann, empfing den Sohn verdricßlich: denn man pflegte sonst viel früher beim Abendbrot zu sitzen, und der
#„Geh. Väterchen, sei nicht so bärbeißig,“ bat die kleine Eise, ihr zartes Kindergesichtchen an seine rauhe, von einem Istacheligen Bart verunzierte Wange schmiegend.„Es ist ja nnoch gar nicht so spät. Ich hab' mich, weiß Gott, wie sehr sauf den Bruder gefreut und auf die paar Tage, die er bei uns zubringt. Nun mußt du nicht gleich kratzbürstig sein und mir die Freude verderben. Sei doch nett und lieb, lbitte, bitte! Und du, Bruder, setz dich an den Tisch. Väterichen hat's nicht bös gemeint.— Wenn Walter geht, weine lich die ganze Nacht.“