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Organ für Stadt& Amt
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Karlinschrid ap Amr Reckendorf.
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Telegr.=Adr.: Zeitung.
Schriftleitung, Druck und Verlag von Carl Busch in Wattenscheid
Telephon Nr. 181.
Zum Geburtstage des Kaisers.
27. Jan. 1903.
Ob rauher Sturm auch Flur und Durchbraust mit kalten Schwingen,
Es geht heut durch die deutsche Welt Ein frühlingsfrohes Klingen!
Die Trommeln wirbeln lang vor Tag, Dazwischen dröhnt Kanonenschlag;
Bald rückt der Landsturm, Mann für Mann, Umschwärmt von frischer Jugend an: Hurra! Das gilt dem Kaiser!
Die Glocken von den Türmen rings Ein Festgeläut beginnen,
Und Fahnen flattern rechts und links Von Dachgebälk und Zinnen:
Schwarz, weiß und rot, in Süd und Nord, Auf hoher See, in fernem Dort,
Die Farben, die Alldeutschland führt,
Seit es in Einigkeit gekürt
Den Zoller sich zum Kaiser!
Zwar wacht der greise Held nicht mehr Der einst den Bund gegründet,
Als fest zur deutschen Herdes=Wehr Die Stämme sich verbündet;
Längst ruht er, wie sein tapf'rer Sohn,
Der hehre Dulder auf dem Chron;
Doch führt das Reich auf sichrer Bahn Der Enkel treu, wie einst der Ahn:
Drum Heil dem deutschen Kaiser!
Ob auch der Haß noch leise glimmt,
Der einst in Flammen sprühte,
Manch Grollenden schon umgestimmt hat seine kluge Güte!
Sein weiter Blick, sein ernster Sinn Lenkt uns durch Sturm und Klippen hin; Will's Gott, klingt's ihm noch manches Jahr Als Dank an diesem Januar:
Heil unserm Friedenskaiser!
Es ist ein eigener Zauber, der aus den beiden Worten „Kaisers Geburtstag“ klingt und dessen Leben und Walten mit seiner tiefen Wirkung auf unser Gemütsleben wie nichts andres geeignet ist, die Wahrheit zu bekräftigen, daß unser deutsches Volk„monarchisch bis auf die Knochen“ ist. Wir Deutschen sind monarchisch, nicht aus politischen Nützlichkeitsgründen oder aus geschichtlichen Erwägungen heraus— derartige Gründe können nie die großen Massen des Volkes dauernd befriedigen,— sondern die Monarchie ist uns eine innere Notwendigkeit. Wir lieben unsere angestammten
Fürsten, vor allen den Schirmherrn des Reiches, den Träger der Kaiserkrone aus dem Hohenzollernhause.
Fast 15 Jahre steht unser Kaiser an der Spitze des Reiches, und in dieser Zeit ist es ihm nicht nur gelungen, den Frieden unter schwierigen Verhältnissen zu erhalten, sondern auch die Macht und das Ansehen des Reiches mächtig zu fördern. Aus dem letzten Jahre zeigen sich in der unveränderten Erneuerung des Dreibundes sowie der Besserung unserer Beziehungen zu Rußland, England und Amerika, schöne Erfolge des kaiserlichen Bemühens, Verständnis für die friedliche Politik Deutschlands zu finden. Indes weiß der Kaiser, daß der Friede nicht durch Sympathien allein erhalten wird. Deshalb sorgt er unausgesetzt für die Armee, der seine volle Liebe gehört. Noch größer und einschneidender ist das, was der Kaiser für unsere Marine getan hat. Wer den Zustand unserer Kriegsflotte bei seinem Regierungs=Antritt mit dem heutigen vergleicht und die Ziele des Flottengesetzts von 1900 berücksichtigt, der wird dies ohne weiteres anerkennen.
Unter dem unverkennbaren persönlichen Einflusse des Kaisers ist das deutsche Nationalgefühl mächtig gewachsen.
fernen Osten hat Deutschland unter der Führung des Kaisers und der tatkräftigen Hülfe des Grafen Bülow mit Kiautschou, Samoa und den Karolinen neue Gebiete erworben. Deutschlands Handel und Gewerbefleiß haben unter dem Schutze einer gesunden und besonnenen Politik zusehends einen gewaltigen Aufschwung genommen.
Wie unser Kaiser nach außen hin die Friedenswage fest in der Hand hält, so ist auch sein Streben auf die Erhaltung des innern Friedens und die Wohlfahrt des deutschen Volkes gerichtet. Der Kaiser hat, um unserer Weltmachtstellung eine feste und dauerhafte Grundlage auf der heimatlichen Erde zu geben, durch die sozialpolischen Gesetze die gerechten Wünsche der Arbeiter in einer Weise erfüllt, daß Deutsch= land in seiner Fürsorge für die Schwachen an der Spitze aller Völker steht. Der vom Reichskanzler, Grafen Bülow, ausgearbeitete Zolltarif, auf Grund dessen demnächst Handelsverträge mit dem Auslande abgeschlossen werden sollen, ist ein Beweis dafür, daß der Kaiser getreu dem Wahlspruch des Hohenzollernhauses: Jedem das Seine! alle Zveige der heimischen Arbeit gleichmäßig schützen will.
Niemand wird von dem Wirken des Kaisers sprechen, ohne seine Verdienste um die Hebung des religiösen Sinnes, vor allem um den Bau neuer Kirchen zu gedenken, und in allen ehrbaren deutschen Kreisen empfindet man dankbar das Vorbild, das der Kaiser als Christ und Familienhaupt seinem Volke gerade in einer Zeit gibt, wo der Sinn für Familien= leben und Familienglück vielfach verloren ist.
An alles dieses wollen wir am heutigen Geburtstage des Kaisers denken und uns von neuem zu dem Gelübde unverbrüchlicher Treue einigen. Es tut das umso mehr not, als noch immer Volksverführer am Werke sind, um den monarchischen Sinn in unserm Volke zu untergraben und
das feste Band, das eine Geschichte ohne Gleichen bei uns zwischen Landesfürst und Volk gewoben hat, zu lockern und zu zerreißen.
Gott erhalte unsern Kaiser! Gott segne Kaiser Wilhelm 2. und sein Haus!
Landtag.
Berlin, 26. Jan.(Abgeordnetenhaus.) Weiterberatung des Forstetats. Abg. Gothein(sr. Vgg.) verlangt Einhegung der Staatsforsten zum Schutze der Saaten gegen Rotwild. Abg. Schmitz=Düsseldorf wünscht im Interesse der Hochhaltung der Holzpreise eine Einschränkung der Holzeinfuhr durch die Handelsverträge. Es folgte eine längere polemische Auseinandersetzung zwischen den Abgg. Gamp und Gothein, die sich gegenseitig vorwerfen, sich in den statistischen Angaben geirrt zu haben. Auf einen Wunsch des Abg. Reck(k.) auf Vermehrung des Brennholzabschlages und Torfstichts im Isteresse der ärmern Bevölkerung Ostpreußens entgegnet der Minister, daß man nicht Nutzholz als Brennholz verkaufen könne. Die Förderung des Torfstiches lasse auch er sich angelegen sein. Die Einnahmen werden sodann genehmigt. Bei den Ausgaben beklagt Abg. Kaute(Ztr.), daß die Zivilbeamten der höheren Forstkarriere im Avancement hinter die aus dem Feldjägerkorps und dem Jägerkorps stammenden Beamten zurückgesetzt werden. Der Minister gibt die Berechtigung der Beschverde zu. Die Regierung bemühe sich aber, hier einen Ausgleich zu schaffen und hoffe binnen 5 bis 6 Jahren eine befriedigende Lösung zu erzielen. Abg. Kölichen(k.) wünscht besondere Ausbildung der Förster für den Staatsdienst und Zulassung von Privatforstbeamten zu den staatlichen Ausbildungskursen. Oberlandforstmeister Wesener äußert Bedenken gegen den letzten Wunsch, da es nicht feststehe, die Privatforstbeamten eine entsprechende Vorbildung hätten. In der erstgenannten Sache hätten sich die Verhältnisse seit Eröffnung der Forstschulen Proskan und Schönebeck wesentlich gebessert. Dem Wunsche des Abg. Meyer=Diepho'z (ntl), die Dienstaufwandsentschädigungen in das pensionsberechtigte Einkommen einzuziehen, tritt der Oberlandforstmeister ablehnend entgegen, da das Gesetz das ausdrücklich ausschließe. Abg. Hofmann=Dillenburg dankt für die Anstellung von 600 Hilfsförstern, die aber durch die„Anstellung der Teuerungszuloge verloren hätten. Man müsse ihnen daher die Dienstaufwandentschädigung erhöhen. Der Minister entgegnet, die Regierung habe die Pflicht, für ihre Beamten einzutreten, aber zuweitgehende Wünsche, die er zur Zeit nicht befriedigen könne, hier vorzubringen, könne nur Unzufriedenheit unter den Beamten hervorrufen. Abg. Hofmann verwahrt sich dagegen, daß er die Unzufriedenheit schüren wolle, die neuen Forderungen seien nur die Konsequenz dessen, was die Regierung schon bewilligt hat. Der Rest des Forstetats wird dann debatteles genehmigt. Es folgt der Landwirtschaftsetat. Abg. Ring(k.) fragt,
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der Verbannung.
Roman von Karl Teschner.
„Bedenke, Du bist mein Erbe, Armand, der Erbe aller Liegenschaften von Ashbrookhall und das Kind, gegen welches Du eine so große Aufmerksamkeit zeigst, kommt nächstens aus Armut vom Almosenhause nach dem Waisenasyl. Es war eine Ehre für dies Mädchen, in Deiner Nähe weilen zu dürfen, aber es ist keine Ehre für Dich, einen Yonge, sie auszuzeichnen. Das schickt sich nicht für Dich. Denke nicht mehr an sie. Halte Dich meiner würdig, Sühnchen!“
„Ich have aber Dora recht lieb gewonnen, Großpapa!“ entgegnete Armand.
„Ah bah, was habt Ihr Beide mit einander gemein!"
„Einen Vater, Großpapa, wir sind ja alle beide Waisen.“
„Ja, ja, mein Jnnge, aber es ist ein gewaltiger Unterschied zwischen einer Waise, die der Barmherzigkeit anheimfällt, und einer Waise, die Erbe von jährlich zehntausend Pfund ist!“ entgegnete der Squire schneidend.
„Verzeihe, Großpapa! Ich glaubte, wir wären vor Gott
ich.“
Vor dieser Bemerkung verstummte der stolze Mann. Dann richtete er das Gespräch auf andere Gegenstände.
In Zeit von kaum anderthalb Stunden hielt seine Karrosse vor dem glänzendsten Hotel von Bristol, und der Wirt stürzte mit seinen Kellnern heraus, um dem Sanire die devotesten Reverenzen zu machen.
Viel später gelangten Juliette und Dora nach dem kleinen Almosenhause, wo sie die prophetische Edna leider aus ihrem Wahne rissen: eines Tages noch Miß Dora Barton als Lady auf Ashbrookhall zu sehen.
Während Dora, kurz nach ihrer Rückkehr von Ashbrookhall, ins Waisenasyl zu Ashleydown bei Bristol übersiedelte und so eine neue Heimat bekam, installierte bekanntlich Mr. Lydlow Sigurd in sein Comptoir und vermittelte Freds Unterbringung in einen Buchladen. Inzwischen jedoch behielt Fred Tisch und Wohnung in Lydlows Hause, so daß die beiden Brüder einen Teil des Tags und die Nacht mit einander zubringen durften. An die zeitweilige Trennung gewöhnten sie sich leicht und entschädigten sich des Abends, wenn sie sich in ihr Dachstübchen zu
rückgezogen hatten, durch den Austausch der Erzählung ihrer Er
lebnisse.
Sigurd machte als lernender Comptoirist rasche und bedeutende Fortschritte, so daß Mr. Lydlow von ihm sagte: er habe den Kopf eines Mannes auf Knabenschultern.
Fred dagegen warunstät und zerstreut in seinem Wesen, konnte sich nicht in seine untergeordnete Stellung als Ladenbursche gewöhnen und wechselte in Zeit von noch nicht ganz fünf Jahren sechsmal den Prinzipal. Endlich kam er zu einem Buchhändler Durban, dessen Geschäftslokal weit von Mr. Lydlows Haus entsernt war. Mr. Durban hatte eine längere Unterredung mit Freds Protektor, bei welcher beide Männer die Ueberzeugung austauschten, daß die allzu häufige Entfernung Freds vom Geschäft sowohl wegen der Zeitvergeudung, als wegen Freds Neigung zu Zerstreuung Unzuträglichkeiten im Gefolge habe, deren Abstellung rätlich sei.
Am Tage nach dieser Unterredung bemerkte Mr. Lydlow den Brüdern, er habe mit Mr. Durban die Verabredung getroffen, daß Fred Kost und Wohnung in des letzteren Hause habe und nur einmal in jeder Woche, Sonntags, nach Lydlows Hause zum Essen kommen solle.
Sigurd erschrak und erblaßte; er hatte sich, eingedenk der letzten Worte seiner sterbenden Mutter, zu sehr daran gewöhnt, den jüngeren Bruder fort und fort zu beaufsichtigen. Fred war bisher, weil er mit ihm eine Wohnung teilte, sein unzertrennlicher Gefährte gewesen, und nun sollte er sich von ihm trennen! Welch ein geringer Trost, daß er jede Woche einmal mit ihm zusammen essen sollte. Mr. Lydlows Anordnung war ein Schlag, der sein Herz traf, aber er war viel zu dankbar, als daß er sich nicht willig in jene Anordnung seines Wohlthäters hätte fügen sollen. Er ließ sich seine Bewegung deshalb möglichst wenig abmerken und ermahnte seinen Bruder, recht gehorsam und verständig sich in seine Lage zu fügen.
Sigurd ermannte sich bald. Die Hoffnung auf die Zukunft, das Vertrauen auf Gottes weise Fürsorge richtete ihn auf. Er bat seinen Wohlthäter um die Erlaubnis, außer dem Sonntage jede Woche einmal Fred besuchen zu dürfen. Dann setzte er sich hin und schrieb, wie er schon mehrmals gethan, einen Brief an Juliette Millison und Dora, worin er die letzten Erlebnisse mitteilte und sein Herz ausschüttete.
Sigurd hatte noch immer zwei Feinde im Hause: Miß Lettice
Lyson, die ihn ihre Geringschätzung so oft als mögich fühlen ließ,
namentlich seitdem er in seiner Harmlosigkeit verraten hatte, daß er und sein Bruder dem Latern=Box, der sie tödlich beleidigt, viel zu verdanken habe, und Herbert Henbiquews, der mehr und mehr den übermütigen, dünkelvollen Gentleman spielte.
Am zweiten Mittage nach Freds Entfernung, als er sich auf einige Augenblicke nach seinem Stübchen begeben hatte und dasselbe eben wieder verließ, hörte er auf dem unteren Korridor ein Gespräch zwischen Diana und Herbert, der im Begriff war, einen Spazierritt zu machen.
„Gott sei Dank!“ rief Herbert höhnisch;„einen von den überflüssigen Bengels wären wir aus dem Hause los. Wird der andere nicht auch bald nachfolgen?“
Diese rohe Bemerkung versetzte dem braven Sigurd einen Stich ins Herz; er stand wie gelähmt und mußte unfreiwilliger Hörer der Fortsetzung des Gesprächs sein.
Das edle Mädchen goß Balsam in die Wunde, welche der Sohn des Reichen ihm geschlagen.„Ich weiß nicht,“ erwiderte Diana,„wer mit Deinen beschimpfenden Aeußerungen gemeint sein könnte, Herbert. Solltest Du indes die beiden Brüder Curson meinen, so wären Deine Aeußerungen nicht bloß ungerecht, sondern auch roh und gemein.“
„Oho! Du bist ja äußerst zart in der Verteidigung dieser Bettler!"
„Ja, das bin ich und mit Recht! Uebrigens sind es keine Bettler, von denen Du sprichst, sondern höchst ehrenwerte, brauchbare Menschen, welche zu arbeiten verstehen, was nicht jeder
vermag.“
„Was wärest Du denn ohne den Mammon Deines Vaters? Womit wolltest Du den Gentleman repräsentieren ohne Deines Vaters Geld? Du könntest nicht einmal arbeiten, Dich nicht 'mal ernähren, und das kann Sigurd Curson; darum ist er weit mehr Gentleman als Du.“
„Himmel! Du wirst beleidigend!“ rief Herbert mit dem bespornten Fuße stampfend.„Nein, Du bist verschroben!“ setzte er spöttisch hinzu.„Deine superfeine Klassisikation der Menschen und Stände gründet sich auf verrückte Romane, wie die„Lady von Lyon“. Sigurd, wie Du den Habenichts nur allzuvertraulich nennst, ist Dir eine Art von„Claude Melnotte“, und Du selbst bist„Pauline“.“ 101,20