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Amtliches Kreisblatt für den Kreis

Nr. 52(Erstes Blatt)

Erstes und ällestes Tagesorgan

Generalanzeiger

Kreis Hörde.

Schwerte(Kuhr), Mittwoch, den 3 März 1926.

59. Jahrgang.

Neues in Kürze.

Reichstag und Volksbegehren.

wtb. Berlin, 2. März.(Tel.) Der Aeltestenrat des Reichstages lehnte heute einen kommunistischen trag, wegen des Volksbegehrens die Vollsitzungen des Reichstages auf 14 Tage auszusetzen, ab. gegen sollen die 4 Tage vom 13. bis 16. März sitzungsfrei bleiben.

Vorbereitung des Volksbegehrens.

wtb. Berlin, 2. März.(Tel.) Der Reichsminister des Innern hat an sämtliche Landesregierungen folgende Drahtung gerichtet: Die Reichsregierung legt großes Gewicht auf den äußerlich glatten und reibungslosen Verlauf des Volksbegehrens. darf Anlaß zu berechtigter mage haben, daß ihn die Ausübung des verfassungswäßigen Eintragungsrechts durch mangelhafte Maßnabmen unmöglich gemacht, oder unbillig erschwert worden sei. keinen Unterschied nach Indi#t eines Volksbegehrens geben. Ich bitte, alle h###indebehörden und Auf­sichtsbehörden anzuweisen, in allen Frazen nach die­ser Richtlinie zu handeln und bei Zuwiderhandlungen scharf einzuschreiten. Dies gilt besonders auch für die Festsetzung der Eintragungsstunden und die Zahl der Räumlichkeiten.

Leichter Rückgang der Konkurse im Februar.

pw. Berlin, 2. März.(Tel.) Nach einer Zusam­menstellung der FinanzzeitschriftDie Bank ist im Februar die Zahl der Konkurse von 2104 im Januar auf 2016 zurückgegangen. Die mangels Masse zurück­gewiesenen Konkurse sind von 102 auf 124 gestiegen. Die Geschäftsaussichten stiegen von 1573 auf 1580. Projekt eines neuen Riesenflugzeuges.

pw. Berlin, 2. März.(Tel.) Bei einem Funk­abend in Düsseldorf machte Dr. Eckener dem Berl. Tagebl. zufolge interessante Mitteilungen über das Projekt eines neuen Dornier=Flugzeuges, das eine Flügelspannweite von 70 Metern haben und mit Motoren von über 30000 PS. ausgerüstet werden soll. Die Motoren des 3. R. 3 konnten nur 1300 PS. ertwickeln. 9

Oberbürgermeister Dr. Luppe wieder im umt.

wtb. Nürnberg, 2. März.(Tel.) Wie uns mit­geteilt wird, hat das Oberste Landesgericht in Mün­chen die Beschwerde der Staatsanwaltschaft in dem Verfahren gegen den Oberbürgermeister Dr. Luppe zurückgewiesen. Dr. Luppe wird noch im Laufe des heutigen Tages die Geschäfte des Oberbürgermeisters

wieder übernehmen.

Entstaatlichung der belgischen Eisenbahnen?

bb Brüssel, 2. März.(Tel.) Die belgische Regie­rung beabsichtigt, die belgische Eisenbahn autonom zu gestalten und eine Eisenbahngesellschaft mit einem Kapital von einer Milliarde Franken zu bilden, wo­von der Staat vier Fünftel übernehmen würde während ein Fünftel neues Geld hinzukommen soll. Diese Eisenbahngesellschaft würde elf Milliarden Obligationen ausgeben, die als Gegenwert für Schatzbons dienen sollen und durch die die Konsoli­dierung der schwebenden Schuld herbeigeführt wer­den soll.

Die Sommerzeit in Frankreich,. rug, Sizeig

wtb. Paris, 2. März.(Tel.) Das Journal Antiel veröffentlicht heute ein Dekret, wonach die Sommer­zeit in der Nacht vom 17. auf den 18. geführt und die normale Zeit am 2. Oltober wieder­hergestellt wird.

Abstimmung in der franz. Kammer über Locarno.

wtb. Paris, 2. März.(Tel.) Die Kammer hat heute abend die Abkommen von Locarno mit 413 gegen 71 Stimmen ratifiziert.

Tagung der Liga für Menschenrechte in Metz.

wtb. Paris, 2. März.(Tel.) Wie die französische Liga für Menschenrechte bekannt gibt, wird ihr diesjährige Nationaltagung vom 31. Oktober bis 2. November in Metz stattfinden.

Das span. Königspaar im Flugzeug über den Ozean?

wtb. Paris, 2. März.(Tel.) Das Journal gibt die allerdings etwas unwahrscheinlich lautende Mittei­lung des Korrespondenten einer Madrider Zeitung wieder, wonach sich das spanische Königspaar in Be­gleitung des Generals Primo de Rivera mit einigen Ministern unter Führung des spanischen Fliegers Franco offiziell im Flugzeug nach Argentinen geben werde.

Präsidentenwahl in Brasitien.

wtb. Paris, 2. März.(Tel.) Havas berichtet aus Rio de Janeiro: Gestern wurde zum Präsidenten der Republik Brasilien Washington Luis undum Vize­präsidenten Mell Viane geählt. Beide waren Kandidaten der konservativen Partei. Ueberzeichnung der Leipziger Stadtanleihe.

wtb. Newyork, 2. März.(Tel.) Die heute zu 94¾4 Prozent aufgelegte fünf Millionen Dollar=Anleihe 7prozentige Obligationen der Stadt Leipzig ist, wie erwartet, stark überzeichnet. Coolidge über übermäßige Rüstungsausgaben.

wtb. Washington, 2. März.(Tel.) Präsident Coo­lidge teilte dem Vorsitzenden des Marineausschusses des Repräsentantenhauses mit, er halte das auf fün Jahre errechnete 85 Millionen Dollar=Programm zum Ausbau der See= und Luftstreitkräfte für einen in Friedenszeit übermäßigen Kostenaufwand. Die Ansicht des Präsidenten über Heeres= und Marine ausgaben geht dahin, daß angesichts der Steuer­ermäßigungen, deren Auswirtungen ein Defizit des Schatzamts möglich erscheinen lassen, alle Bewilligun­gen für Rüstungszwecke soweit eingeschränkt werde trüssen, als es mit der angemessenen Sicherung der Landesverteidigung vereinbar ist.

wtb Hamburg, 2. März.(Tel.) Heute abend um Uhr fand im Rathaus aus Anlaß der An­wesenheit des Reichskanzlers ein vom Senat ge­gebenes Abendessen statt, an dem außer den sämt­lichen in Hamburg anwesenden Mitgliedern des Senats der Präsident und die Vizepräsidenten und zahlreiche Abgeordnete der Bürgerschaft teil­nahmen. Ferner waren Einladungen an die leitenden Herren der in Hamburg befindlichen Reichsbehörden und der Behörden des Hamburgi­schen Staates ergangen. Die Kaufmannschaft war durch eine große Zahl bekannter Persönlich­

keiten des Exporthandels, der Finanzwelt, der In­dustrie und des Gewerbes vertreten. Anwesend waren auch die Präsidenten der Handels=, Gemerbe=,

Detaillisten= und Konsumentenkammer. Nach dem Empfang der Gäste im Bürgermeisteramtszimmer hieß Bürgermeister Petersen als Präsident des Senats den Reichskanzler im Kaisersaal mit einer Ansprache willkommen, in der er u. a. ausführte:

Die Deflationsperiode brachte uns gewiß eine Rationalisierung unserer Wirtschaft. Sie zeigte uns aber auch, daß infolge der Wirkung des Krieges unser deutscher Lebenswirkungsraum stark eingeengt wurde. Damit seien wir vor das Arbeitslosenproblem gestellt worden, das uns mit schwerstr Sorge erfülle. Was ein einzelnes Land durch Notstandsarbeiten und besondere Aufwen­dungen zu tun vermöge, um hier Linderung zu schaffen, sei gering. Helfen könne in erster Linie das Reich. Alle Maßnahmen aber, die den Preis abbau und damit eine Erhöhung unserer Wett­bewerbsfühigkeit erstrebten, könnten nur zur vollen Wirksamkeit gebracht werden, wenn die Gesamt­heit des Volkes ohne parteipolitische Voreingenom­menheit hinter dieser Politik stehe.

Der Bürgermeister sprach dann von der Situation unseres Exportgeschäfts, die im wesent­lichen noch heute neben der infolge der inländischen Preisbildung verringerten Wettbewerbsfähigkeit durch die Tatsache bestimmt werde, daß unsere deutschen Ueberseekaufleute ihr im Ausland an­gelegtes Vermögen durch die Beschlagnahme der ehemaligen Feindstaaten verloren haben, ohne daß ihnen das Reich die im Friedensvertrag vorgesehene Entschädigung bisher zu bezahlen in der Lage war.

Es ist uns, so fuhr der Redner fort, wichtig, Herr Reichskanzler, zu wissen, daß Ihr Interesse diesem für den Aufbau der deutschen Wirtschaft ent­scheidenden Problem in hohem Maße. zugewandt ist. Man kann vielleicht sagen, daß sich schon heute außerhalb der deutschen Grenzen die Erkenntnis zu beleben beginnt, daß durch die brutale Zerstörung des deutschen Besitzes im Auslande nicht nur die internationale Moral, sondern auch die Weltwirt­schaft in beträchtlichem Umfange zu Schaden kam. Erst wenn unsere früheren Gegner bereit sind, das Problem der Reparation nicht nur auf die Leistun­gen Deutschlands zu beschränken, sondern aktiv an der Reparation der moralischen Kriegsschäden auch in ihrem eigenen Bezirk heranzugehen, werden die Voraussetzungen für einen wirklichen aufrichtigen Frieden gegehen sein. Unter dieser moralischen Reparation begreife ich den Verzicht auf die be­weisbar falschen Behauptungen von der deutschen Kriegsschuld und das Versagen unserer Arbeit in den deutschen Kolonien. Ich begreife ferner auch unter ihnen die Verletzung der Rechtsbegriffe über das Privateigentum durch entschädigungslose Liqui­dation des deutschen Privatbesitzes im Ausland.

Der Bürgermeister schloß, indem er dem Reichs­kanzler für seine Reise nach Genf als Gruß von der See, von Hamburg zurief:Front nach vorn! Hiß Flagge!

stellung in der Rückschau ist, wie mir scheint, von ganz besonderem Werte für jeden, der über die Dinge ruhig nachdenken will. Viele werden der Meinung sein, daß sich in den abgelaufenen Ereiz­nissen eine segenannte naturgesetzliche läusigkeit auswirkt und manche werden in, dieser Feststellung einen gewissen Trost finden. werden auch in den Vorgängen der Vergangenheit in erster Linie die Leistung von Persönlichkeiten er­blicken, die in richtiger Einschätzung des Mög­lichen dem deutschen Volke einen klaren Weg ge­wiesen haben. Es unterliegt keinem Zweifel, daß es nicht angeht, Außenpolitik zu treiben ohne das Festhalten einer bestimmten Linie. Augenblicks­erfolge lassen sich vielleicht auch durch ein plötz­liches Umschwenken erzielen. Auf die Dauer wird die internationale Handlungsfähigkeit nur da­durch erworben und festgehalten, daß auch die anderen Staaten die Sicherheit eines einheitlichen Handelns erkennen. Hält man sich dies ktar vo Augen, so kann es getrost der jedes einzelnen überlassen bleiben,

dem Geschehen er dem freien

Anspruch auf Räumung der ersten Rheinlandzone

endlich erfüllt war... 5

Der Reichskanzler äußerte sich im weiteren Ver­lauf seiner Rede über die große Bedeutung, die unser Eintritt in den Völkerbund für Deutschland und für den Völkerbund selbst besitzt und schloß dann mit folgenden Ausführungen:

Mit diesem Stande der Dinge ist es unverein­bar, wenn die Einräumung eines ständigen Rats­sitzes an Deutschland mit einer Aenderung in der Zusammensetzung des Völkerbundsrates verbunden würde. Deutschland steht mit dieser Auffassung nicht allein. Für einen großen Teil des deutschen Voltes bedeutet der Cintrit zen Munsches auf

r st

an dem Geschehen er

delnden Menschen zubilligen will.

In schweren Tagen ist wohl oft nicht mehr ge­leistet worden, als daß das Gefährt des Staates vor dem Sturz in den Abgrund bewahrt wurde, so wie es Goethe in dem bekannten Egmont=Wort ausspricht:Nicht weiter! Wie von unsicht­baren Geistern gepeitscht, gehen die Sonnenpferde der Zeit mit unseres Schicksals leichtem Wagen durch! Und uns bleibt nichts, als mutig gefaßt die Zügel festzuhalten und bald rechts, bald links vom Steine hier, vom Sturze da die Räder weg­zulenken! Wohin es geht, wer weiß es.

Wie es nun aber auch mit der rückschauenden Betrachtung sei, für die Vorschau und die praktische Arbeit kann es nur die eine Losung geben: Ver­antwortlich und zielbewußt alles daransetzen, um die vorhandenen weltpolitischen Kräfte so zu nutzen, daß aus ihnen der möglichste Vorteil für das Vaterland entsteht! Auch bei solchem grund­sätzlichen Willen, den ich für mich in Anspruch nehme, müssen die Tatsachen, mit denen man arbeiten will, richtig eingeschätzt werden. Daß nach dem Ende des ungeheuerlichen Waffen­ringens in beiden Lagern die Kräfte der reinen Gegensätzlichkeit sehr rege blieben, haben wir alle erlebt. Wer hätte auch annehmen können, daß ein Volk wie das deutsche, das nun mit einem Male. aus ragender Höhe in den Abgrund

Dr. Luther

antwortete darauf mit folgender Rede:

Ich danke dem Senat der Stadt Hamburg für die freundliche Einladung, der ich gern nachge­kommen bin. Ich darf daran erinnern, daß ich im Oktober 1924 als damaliger Reichsminister der Finanzen im Hamburger Ueberseeklub über die finanzielle Lage Deutschlands nach dem Dawes­abkommen gesprochen habe. Kurz vor dieser Rede wurde der Reichstag aufgelöst, weil es nicht ge­lang, für die durch die Annahme der Dawesgesetze geschaffene innenpolitische Lage einen entsprechen­den Ausdruck in der Zusammensetzung der Re­gierung zu finden. Durch die Locarnoverhand­lungen im Oktober 1925 sind in gleicher Weise große innenpolitische Erschütterungen entstanden, aus denen sich eine Umbildung der Reichsregierung ergeben hat.

Was wollen wir aus solchen Vorgängen für Folgerungen ziehen?

Wenn ich darauf verzichte, die Vorgänge irgend­wie mit einem politischen Werturteil zu belegen. so sehe ich in ihnen, wenn ich mich so ausdrücken darf, eine doppelseitige Wirklichkeit. Einmal muß es aus der überaus harten Lage heraus, in der das deutsche Volk sich materiell und seelisch be­findet, verstanden werden, wenn die entscheidenden außenpolitischen Schritte bei uns nur nach Ueber­windung größter Hemmungen getan werden. Wie stark und weit sich trotzdem die realpolitischen Not wendigkeiten durchsetzen, hängt von den Führe kräften der einzelnen politischen Volksteile ab. Auf der anderen Seite ergibt sich gerade aus dem ge schilderten Vorgang der weitere Nachweis, daß mitten durch alle innenpolitischen Schwierigke hindurch unsere außenpolitische Linie klar und gradlinig geblieben ist und bleibt. Diese Fest­

gestürzt war, sich leicht in diesen Wandel der Dinge hätte finden können? Ist es nicht durchaus be­greiflich, daß in weiten Kreisen des Volkes immer noch eine Hoffnung blieb, als wäre das alles nur ein böser Traum, aus dem man doch endlich ein­mal erwachen müsse. Nachdem die Wege des Ruhreinbruchs sich als ungangbar erwiesen hatten, konnten auch außerhalb Deutschlands die Mächte die Oberhand gewinnen, die danach strebten, mit friedlichen Mitteln das durch den Krieg zerstörte Europa wieder aufzurichten. Die deutsche Politik ist seit Abschluß des Weltkrieges aus den Voraus­setzungen der Lage Deutschlands heraus diesen Weg gegangen. Aber nunmehr konnte Deutschland mit erhöhtem Nachdruck um die Erreichung einer Lösung ringen, die den wirklichen Frieden bedeutet. Ein solcher wirtlicher Frieden ist nur möglich, wenn Deutschland seiner Größe und seiner innern Be­deutung entsprechend wieder als Großmacht in den Kreis der Völker eintritt. Um aber überhaupt voranzukommen, müssen wir den Irrtum über­winden, als könnten wir den Weg zur Höhe wie durch ein Wunder mit einem Sprung zurücklegen. Worauf es für die praktische Politik ankommt, ist allein dieses: Jeder Schritt, den wir tun, muß uns weiter nach oben führen. Daß aber die ge­samte Richtung der politischen Arbeit seit dem Ende des Ruhrkampfes nicht falsch war, ergibt sich aus dem tatsächlichen Ablauf der Dinge. Die Wieder­aufrichtung der durch den Krieg geschlagenen euro­päischen Wirtschaft ist nur denkbar, wenn die gro­ßen nationalen Kräfte der einzelnen Völker nicht im Gegensatz zueinander, sondern in gleichberech­tigter Zusammenarbeit entwickelt werden. Hier mußte die Arbeit der Staatsmänner einsetzen und hat es getan. Dieser Weg. den die deutsche Politil bewußt gegangen ist, hat im Zusammenwirken mit den Staatsmännern der andern Länder schließlich zum Abschluß von Locarno geführt, den der Reichs­tag mit großer Mehrheit gutgeheißen hat. Ich weise immer wieder darauf hin, daß ich in Locarno die Schaffung einer auch für, Deutschland vorteil­haften neuen Grundlage des politischen Europas sehe, und daß gleichwohl durch Locarno in keiner Weise uns eine weltpolitische Option zwischen Ost und West auferlegt wird, die ich als unmöglich für Deutschland erachte. Heute will ich versuchen, meinen Zuhörern nahe zu bringen, daß auch Lo­carno nur ein Schritt auf dem Wege der allgemei­nen Politik eines wirklichen Friedens ist, allerdings ein Schritt von ganz besonderer Bedeutung. Das deutsche Volk wird sich, wie ich bestimmt annehme, immer mehr in das Bewußtsein hineinleben, daß es aus Deutschlands nun einmal gegebener Lage aus politischen und aus wirtschaftlichen Gründen gar keinen andern Weg als die aufrichtige Verfol­gung der Verständigungspolitik gibt. Nun wissen Sie, meine Herren, daß der Locarnopakt erst wirk­sam wird durch den Eintritt Deutschlands in den Völkerbund. Die Reichsregierung hat deshalb den Aufnahmeantrag gestellt, nachdem der deutsche

die Erfüllung eines langgehegten Eunsches, au den große Hoffnungen gesetzt werden. Falls unsen Eintritt nicht noch in letzter Stunde scheitert, ist auch für die anderen, die nur zögernd zugestimmt haben, oder ihre aus der Entwickelungsgeschichte und einzelnen Entscheidungen des Völkerbundes stammenden Bedenken nicht überwinden können. nunmehr die Stunde gekommen, sich positiv auf den

Boden des Völkerbundes zu stellen. Die große innere Entscheidung über den Eintritt ist gefallen und jetzt kommt es darauf an, alle diese deutschen

Kräfte lebendig zu machen. Noch immer sind die Früchte des Lebens nur für den gereift, der mit starkem Willen und festem Glauben ans Werk ge­gangen ist. Laßt uns unerschüttert an Deutschland glauben, aber laßt uns auch mit festem Willen darauf vertrauen, daß positive und hingebungs­volle Arbeit im Völkerbund die Welt weiter voran führen wird zu einer Gestaltung, in der zum Segen der ganzen Menschheit die starken Kräfte des deut­schen Volkes und die deutsche Kultur sich in voller Freiheit wieder entfalten können.

DeutscherRreichstag

128. Sitzung.

vdz. Berlin, 2. März.(Tel.) Auf der Tagesord­nung steht die 2. Beratung des sozialdemokratischen Antrages auf Aenderung des Finanzausgleichs in den Bestimmungen über die Wohnungsmiete. Nach diesem Antrag sollte der Zeitpunkt für die Erhebung der vollen Friedensmiete vom 1. April 1926 auf den 1. April 1927 verlegt werden.

Der Ausschuß beantragte dagegen die Verlegung

den Hölein(Komm.) begründet unter scharien Angriffen auf die Regierung einen Antrag, der die Forderung des ursprünglichen sozialdemokratischen Antrages wieder aufnimmt... 8.16

Der kommunistische Antrag, dem auch die Sozial­demokraten zustimmen, wird abgelehnt und der Ausschußantrag in 2. und 3. Lesung angenommen.

Die 2. Lesung des Haushalts des Reichsarbeits­ministeriums wird darauf fortgesetzt.

In Verbindung mit der Aussprache über das Wohnungswesen berichte: Abg. Hofmann=Ludwigs­hafen(3) über die Beratungen des Ausschusses für die besetzten Gebiete über Hilfsmaßnahmen für die im Saargebiet oder Elsaß=Lothringen beschäftigten deutschen Arbeiter. Der Ausschuß beantragt für die dort beschäftigten, aber im angrenzenden Reichsgebiet wohnenden Arbeiter Vergütung der Fahrtkosten von und zur Arbeitsstelle, Ausschüttung von 350 000 Mk. zur Linderung der Not dieser Arbeiter, steuerliche Erleichterungen durch Stundung oder Niederschla­gung, Fortführung der Verhandlungen, mit der Saarregierung zur Anpassung der Sozialversicherung im Saargebiet an die Sozialversicherung des Reichs. Die Abstimmung über die Ausschußanträge wird

Bei den Ausgaben für das Wohnungs= und Sied­lungswesen begründet Abg. Hüttmann(Soz.) einen Antrag, den Fond zur Förderung des Wohnungs­baues für Beamte und Kriegsbeschädigte von 15 auf 20 Millionen zu erhöhen und davon mindestens fünf Millionen für die Kriegsbeschädigten zu verwenden.

Nach kurzer Aussprache wird ein Ausschußantrag auf Einstellung von 1 Million Mark zur Unter­suchung und Verhütung der Unfallgefahren im Berg­bau angenommen.

Der Zentrumsantrag, der ein Programm zur Wiederaufnahme der Wohnungsbautätigkeit auf der Grundlage von Anleihen und der Verträge der Hauszinssteuer entwickelt, wird angenommen.

Einstimmig werden die Ausschußanträge zugunsten der im Saargebiet und Elsaß=Lothringen beschäftig­ten deutschen Arbeiter angenommen.

Der Etat des Reichsarbeitsministeriums wird in zweiter Lesung bewilligt.

Auf der Tagesordnung folgt als nächster Punkt der Etat des Reichswehrministeriums.

Abg. Schulz=Bromberg(DN) beantragt, vorher den Etat des Auswärtigen Amtes zu beraten, um dem Reichstag die Möglichkeit einer Stellungnahme zum Eintritt Deutschlands in den Völkerbund zu geben. Da der Reichskanzler heute vor Hamburger Kaufleuten über die außenpolitische Lage spricht. tann der Reichslag verlangen, daß auch der Außen­minister sich in dem Parlament über diese Frage

Abg, Erkelenz(Dem.): An den Voraussetzungen für den Reichstagsbeschluß auf den Eintritt Deutsch­lands in den Völkerbund habe sich nichts geändert.

Abg. von Graese(Völk.) beantrag: Herbeizitie­rung des Reichsaußenministers.

In der namentlichen Abstimmung wird der Antrag v Graefe mit 218 gegen 190 Stimmen bei 1 Stimm­enthaltung abgelehnt.

Abgelehnt wird auch der Antrag Schulz=Bromberg. Dann geht der Reichstag zur 2. Beratung des Reichswehretats über..