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Nr. 279 1 40. Tohrgang

Montag, 27. November 1933

5nd

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Der Totensonntag Verfranzt in der Reichshaustsraet in Werun dei Mitler

Heldengedenkfeiern der Reichswehr, der RS=Kriegsopfer= versorgung und der NSBO Auch die SA. ehrte ihre Gefallenen

Auftakt zu deutsch=französischen Verhandlungen? Französische Fühler in der Saarfrage

Berlin, 26. November. In der alten Garnisonkirche wurde heute in einem für die Reichswehr veranstalteten evange­lischen Gottesdienst, zu dem Reichswehrminister General von Blomberg und eine Reihe weiterer Ge­nerale erschienen waren, der zwei Millionen Toten des Velikrieges gedacht. Nach dem Gottesdienst begab sich die Generalität nach dem Ehrenmal Unter den Linden, wo eine Kompagnie des Wachtregiments mit Nusik Aufstellung genommen hatte. Die Truppen prä­sentierten das Gewehr, und unter den Klängen des guten Kameraden legte General von Blomberg einen schlichten Lorbeerkranz mit schwarzweißroter Schleife und der InschriftDer Reichswehrminister am Ehrenmal nieder. Die Zuschauer reckten zur Ehrung der Gefallenen die Arme empor. Dann mar­schierte die Kompagnie im Paradeschritt am Ehrenmal vorbei, um so ihren gefallenen Kameraden die Ehrung zu bezeigen. Der Abmarsch vollzog sich mit Rücksicht #uuf den Totensonntag ohne Spiel.

Hindenburg in der neuen Garnisonkirche

. Die Vereine der früheren Truppenteile der südlichen ###arnison hielten, wie alljährlich, in der neuen evange­###ichen Garnisonkirche ihre Heldengedenkfeier für die ge­Alenen Kameraden ab, Unter ChoralklängenNun dan­### alle Gott; hetrat Reichspräsident von Hinden­##burg die Kirche.In seiner Begleitung befanden sich n Sohn und Vizekanzler von Papen. Hieran schloß ##co der Einmarsch der Fahnen und Standarten, zahl­##richer Sturmfahnen der SA. und Wimpel der##. und des BdM Pfarrer D. Wenzel legte seiner Predigt ein Bibelwort aus dem Paulusbrief zugrunde:Unser Glaube ist der Sieg. Das Lied vom guten Kameraden klang gedämpft durch das Gotteshaus, Fahnen und Standarten senkten sich. Gebet und Segen leiteten über zum Ausmarsch der Fahnen und Standarten, der sich unter den Klängen des Hohenfriedberger Marsches voll­zog. Vor dem Gotteshaus hatte sich eine nach Tausen­den zählende Menschenmenge, eingefunden, die dem grei­sen Generalfeldmarschall beim Verlassen des Gottes­hauses begeisterte Ovationen darbrachte.

Totenfeiern im Sportpalast

Der Nationalsozialistischen Kriegsopferversorgung

. Der Landesverband Kurmark der National=

Bsozialistischen Kriegsopferversorgung ##veranstaltete, unter ungeheurer Beteiligung im Sport­palast eine Feier zur Ehrung der gefallenen Helden des Veltkrieges. In seiner Gedenkrede sagte u. a. Reichs­führer Hanns Oberlindober etwa folgendes:

Zwei Millionen deutsche Soldaten ruhen irgendwo uf den Schlachtfeldern der Welt. Sie alle sind in dieser Stunde bei uns, sie leben in unserer Front. Was sie erkämpft und erstritten haben ist unseres Lebens Ziel, das Leben der kommenden Geschlechter. Und so war es stets. Immer hat das deutsche Volk der Mensch­##eit Blutopfer bringen müssen. Heute haben wir die Aufgabe, die Gräber unserer Toten zu schmücken. Aber von morgen an haben wir die Pflicht, den Geist der Toten lebendig zu erhalten. In unserem deutschen Knaben soll der Geist des Vaters weiterleben, und Du, deutsches Mädel, hast die Pflicht, eine Helden­nutter zu werden. Ihr, liebe Kameraden, die Ihr so manchen aus Eurer Mitte zu Grabe getragen habt,

#rgeßt nie Eure Pflicht als wackere Soldaten. Unsere belden sind gestorben, damit wir alle, unsere Frauen und Kinder, leben können. Und wir haben den Tag sehen dürfen, an dem wir im Sinne der Toten einig geworden sind. Jetzt kann die Stunde kommen, zu der unser Herrgott auch uns abruft. Dann können wir unseren Lieben dort droben melden: Was Ihr ersehnt und erstritten habt, es ist zur Tatsache geworden: Ein Volk, ein Reich und ein Führer und damit die Zukunft der deutschen Welt.. 66, Ecb.

Nach Schluß der Gedenkstunde begaben sich die Fah­nenabordnungen und SA.=Stürme nach dem Ehren­nal Unter den Linden, wo Landesleiter Pfei! einen riesigen Lorbeerkranz nieder­legte. Den Abschluß bildete ein Trauerakt in der Fahnenhalle des Schlageter=Hauses.

Der NSBO

Die nachmittags im Sportpalast von der obersten Lei­tung der RSBO. veranstaltete und von der Kreis­Letriebszellenabteilung V Berlin durchgeführte Toten­keier, zu der die Treuhänder der Arbeit sowie sämtliche REBO.=Gauleiter aus dem ganzen Reich erschienen waren, gestaltete sich für die andächtige Menge, die den Riesenraum dicht füllte, zu einem gewaltigen Erlebnis, A einer Totenehrung, wie sie in diesem Rahmen, in dbieser schlichten Unmittelbarkeit in der Reichshauptstadt vohl noch nicht begangen wurde.

Vor Beginn der Feier waren die auswärtigen Teil­kehmer mit ihren Fahnenabordnungen und eine Ab­Idnung der Berliner NSBO. zum Ehrenmal unter den Linden marschiert, um dort als deutsche Arbeiter die ###en Kameraden durch Niederlegen zweier Kränze zu chzen.

Kurz nach 5 Uhr zogen die mehr als 100 Betriebs­* Elenfahnen aus Deutschlands Gauen unter dumpsem

Trommelwirbel in den Sportpalast ein, während die Menge in ergriffenem Schweigen stand und die umflor­ten Symbole der Bewegung mit gereckter Hand grüßte.

Mittelpunkt stand die Ansprache des Leiters der RSBO. und Führers des Gesamtverbandes der Deut­schen Arbeiter, Staatsrats Walter Schuhmann, der u. a. ausführte:Ebenso wie die Toten des großen Krieges sind die Toten der nationalsozialistischen Bewe­gung gefallen für Deutschlands Ehre und Freiheit. Daß ihr Opfertod nicht nutzlos gewesen ist, beweist das nach Jahren unerträglicher Zerrissenheit endlich unter der Führung Adolf Hitlers wieder fest geeinte Deutschland. Das heißt: Ihr Opfertod ist zum neuen Lebensspender geworden. Zu wirken im Geiste der Toten soll das Ge­löbnis dieser Stunde sein. Sie, die Gefallenen, und wir, die Lebenden, sind eins, sind die Nation. Sie mar­schieren im Geiste mit.

Besondere Trauerfeiern der SA.

Neben den zahlreichen Trauerkundgebungen allge­meiner Art veranstaltete die Berliner SA. am Toten­sonntag auch für ihre 39 im Kampfe für das Dritte Reich gefallenen Kameraden auf den in Frage kommen­den Friedhöfen der Reichshauptstadt Gedenkfeiern. Be­reits am frühen Vormittag nahmen Ehrenwachen an den Gräbern Aufstellung. Die letzte Ruhestätte Horst Wessels war besonders reich geschmückt und Ziel vieler deutscher Männer und Frauen. Den Totensonn­tag hatte man auch gewählt, um auf dem Luisenstädti­schen Friedhof in der Bergmannstraße ein Denkmal für den verunglückten Sturmführer Hans Heeckt einzu­weihen.

Heldengedenkfeier der Reichsdeutschen in Wien

Wien, 26. November.

Am Totensonntag hatten sich die Mitglieder der reichsdeutschen Vereine und Verbände in Wien in großer Zahl bei den Gräbern der als Opfer des Welt­krieges auf dem Zentralfriedhof bestatteten reichsdeut­schen Soldaten zu der alljährlichen Heldengedenkfeier ver­sammelt, die von stimmungsvollen Vorträgen des Deut­schen Männergesangvereins und eines Posaunenchors umrahmt war. Gesandter Dr. Rieth, der mit sämt­lichen Herren der deutschen Gesandtschaft erschienen war, hielt eine eindrucksvolle Gedenkrede, in der er u. a. sagte, daß Tageserscheinungen und vorübergehende Ereignisse, so schmerzlich sie von jedem Deutschfühlenden empfunden werden mögen, niemals den einen oder an­deren der beiden Teile des deutschen Volkes, dessen beste Söhne im Tode hier vereint liegen, von dem gemein­samen Wege werden abdrängen können, den die Bluts­verwandtschaft, ihre große geschichtliche Vergangenhell und das auf zahllosen Schlachtfeldern für die gleichen hohen Ziele gemeinsam vergossene Blut ihnen zwingend weist und in alle Zukunft weisen wird.

Berlin, 26. November.(Eig. Drahtber.) sk Der französische Botschafter Francois=Poncet ist am Freitag vom Reichskanzler Adolf Hitler empfangen worden. Die Aussprache hat naturgemäß in politischen und diplomatischen Kreisen der Reichs­hauptstadt starke Beachtung gefunden. Wenn auch über den Inhalt der Unterredung keine Mitteilungen gemacht werden, so liegt der Gegenstand dieser Unterhaltung doch auf der Hand. Die Entwicklung der europäischen Politik drängt immer stärker auf direkte Verhandlungen der Großmächte mit Deutschland hin.

Die Unterredung, die in der Pariser Presse zunächst als der Auftakt für die kommenden deutsch=französischen Besprechungen bezeichnet wurde wird heute, anscheinend auf höheren Wink, lediglich als ein allgemeiner Mei­nungsaustausch hingestellt. Immerhin betont man, daß dieser Meinungsaustausch zur Klärung der gegenseitigen Absichten gedient habe. Der Berliner Korrespondent desEcho de Paris weiß darüber hinaus noch zu berichten, daß der Führer eine schnelle Regelung der Saarfrage angeregt habe. Der Außenpolitiker des BlattesPertinax schließt daraus, daß die Saarfrage ohne Volksabstim­mung geregelt werden solle. Er gibt sich den Anschein,

1 daß einer solchen Regelung keine unüberwindlichen Hin­dernisse mehr in den Weg gestellt werden sollen. Per­tinax schließt seine Betrachtungen wörtlich:Gehen wir über die Saarfrage hinweg, obgleich dieses Problem ziemlich schwierig werden wird, wenn unsere wirtschaftlichen Interessen geregelt und das Leben, Hab und Gut der Gegner des neuen Deutsch­lands geschützt werden sollen. Auch derTemps ver­zeichnet die Gerüchte über die Besprechung der Saar­

frage, geht aber auf sie nicht näher ein.

Wir hatten heute Gelegenheit, nach Bekanntwerden der Mitteilungen desEcho de Paris mit einem genauen Kenner der Saarfrage Rücksprache zu nehmen.

Danach

stellt sich die Situation folgendermaßen dar:

Es war gewiß ein Wahnsinn, 15 Jahre hindurch die beiden Völker durch das Saarstatut auseinanderzuhalten und die Haßpsychose in diesem Zeitraum zu verewigen. Von der Reichsregierung ist über den Gedankenaustausch zwischen dem Kanzler und dem französischen Botschafter in Berlin nichts verlautbart worden, so daß man die Aeußerungen desEcho de Paris, auch wenn etwas an ihnen stimmen sollte, mit Vorbehalt betrachten und die Ausführungen des Außenpolitikers dieses Blat­tes vorerst nur als seine persönliche Ansicht ansehen muß. Wir selbst sind durch die verschiedenen Kanzler­reden über die Einstellung Adolf Hitlers zur Saarfrage ausreichend unterrichtet. Der Führer hatte bereits in seiner großen Rundfunkrede am 14. Oktober ausdrück­lich darauf hingewiesen, daß nach Regelung der Saar­frage zwischen Deutschland und Frankreich überhaupt

kein Streitpunkt mehr bestehen würde. Aber selbst wenn wir die Berrachtungen desEcho de Paris als Privat­äußerung eines führenden Blattes ansehen, so zeigt sich in ihnen, daß die ruhigen, leidenschaftslosen Ansichten des Kanzlers, wie sie zuletzt im Interview mit Brinon zum Ausdruck kamen, nunmehr auch in größeren Kreisen Frankreichs einen bestimmten Widerhall finden. Grundsatz für alle sich möglichenfalls anspinnenden Aussprachen bleibt der deutsche Rechts­anspruch. Wir hoffen, daß man auch in Frankreich langsam einsieht, daß der kommende Abstimmungs­kampf einen schweren Verlust an Ansehen für Frank­reich mit sich bringen müßte, und daß man nicht wegen einer Handvoll freinder Elemente dauernd zwei Völker von zusammen mehr als 100 Millionen Menschen in Atem halten kann. Frankreich hat eingestandenermaßen an der Saar keine Aussichten. Die von einigen wenigen gewünschte saarländische Autonomie hat nicht die geringste Möglichkeit für eine Verwirklichung. Wir können es darum durchaus verstehen, daß sich in Frank­reich die Stimmen mehren, die sich dagegen wehren, daß sich Frankreich an der Saar zu einem Borkampf stellt, bei dem es mit hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit ausgezählt werden würde Das französische Volk geht zu diesem Abstimmungskampf nicht in eigener Sache, sondern würde sein Ansehen für einen kleinen Kreis einer landfremden Minderheit zu Markte tragen. Sollte man sich jedoch in Paris mit der Vermutung tragen, durch einen Verzicht auf die Volksabstimmung wirt­schaftliche Sondervorteile sichern zu können, so können wir demgegenüber nur mit Entschiedenheit erklären, daß Deutschland auf keinen Vorteil ver­zichten wird, der ihm durch eine Volksabstimmung an der Saar automatisch gegeben wäre. Wir werden uns gewiß nicht einer normalen Zusammenarbeit mit dem westlichen Nachbarn versagen. Und wir möchten darum die Aeußerung des Herrn Pertinax, auch wenn er sich am Schluß seiner Betrachtungen zum Schutz­herrn bestimmter Elemente aufwirft, die nicht die deutsche Zuneigung erwarten dürfen, als eine publi­zistische Aeußerung dessen ansehen, was zur Stunde in Frankreich schon ziemlich weit gedacht wird. Auf irgendeine Nachgiebig­keit Deutschlands in der Vertretung der deutschen In­teressen in der Saarfrage darf man an der Seine nicht rechnen. Für Deutschland hat die kommende Volks­

abstimmung schließlich doch nur formale Bedeutung. Denn wenn der im Jahre 1932 gewählte Landesrat bereits eine deutsche Zweidrittelmehrheit aufweist, so würden Neuwahlen ein erdrückendes Uebergewicht über jenes Häuflein erbringen, das entweder nach Paris schielt oder mit dem autonomistischen Gedanken lieb­äugelt. Ein Verzicht auf irgendein dem Deutschen Reich laut Friedensvertrag nach der Abstimmung zu­stehendes Recht kommt nicht in Frage. Daß man Ge­sprächen über die Umgestaltung des nachbarlichen Ver­hältnisses deutscherseits nicht aus dem Wege gehen würde, ist bei der deutschen Friedensbereitschaft eine Selbstnerständlichkeit.

Selbstverständlichkeit.

Seuischel=Prriest in Wien

wegen der Erschießung des Reichswehrsoldaten Schumacher

Berlin, 26. November.

Reichsaußenminister Freiherr von Neurath hat, wie von unterrichteter Seite mitgeteilt wird, wegen der Erschießung eines Reichswehrsoldaten an der öster­reichischen Grenze noch am Freitag abend den deut­schen Gesandten in Wien angewiesen, im öster. reichischen Außenministerium vorzusprechen. Der deutsche Gesandte ist Samstag vormittag bei der österreichischen Regierung vorstellig ge­worden und hat gefragt, was sie zur Ermittlung der Schuldigen und zu deren Bestrafung sowie zur Ab­wehr ähnlicher Vorgänge in Zukunft zu tun gedenke.

Die Wiener Darstellung

Wien, 26. November.

Amtlich wird mitgeteilt:Die anläßlich des Zwi­schenfalls an der österreichisch=bayrischen Grenze bei Erpfendorf nördlich von Kitzebühel sofort eingeleiteten Erhebungen haben vorläufig zu nachstehenden Ergeb­

nissen geführt::

Eine aus drei Mann bestehende Gendarmerie­Assistenz=Patrouille, die auf der Eggenalpe im Grenz­dienst stand, nahm eine Abteilung von Reichswehrmän­nern oder SA.=Männern wahr, die unter Heil=Hitler­Rufen österreichisches Gebiet beim Grenzstein Nr. 6 be­traten. Da gerade auf diesem Gebiet wiederholt Feuer­überfälle oder Angriffe auf die im Grenzdienst stehen­den österreichischen Organe erfolgt sind, gab die

österreichische Patrouille in der begrün­deten Annahme, daß es sich wieder um einen der­artigen Angriff handle, Schüsse ab. Einer dieser Schüsse traf einen Reichswehrmann am Kopf. Nach dem Ergebnis des Lokalaugenscheins steht fest, daß sich der Erschossene auf österreichischem Territorium befun­den hat, da eine Blutlache auf österreichischem Boden vorgefunden wurde. Zwecks genauer Ueberprüfung des

Vorfalles befinden sich eine Gerichtskommission und Organe der politischen Verwaltung am Tatori. Zwecks Mitwirkung wurden auch Geometer und Photographen herangezogen. Zu dem von reichsdeutscher Seite ver­öffentlichten Ergebnis der Untersuchung des Vorfalles, wonach sich der erschossene Reichswehrmann auf reichs­deutschem Boden befunden hat, ist zu bemerken, daß diese Mitteilung auf eine nicht genaue Kenntnis des Grenzverlaufs zurückzuführen sein dürfte.

Die deutsche Entgegnung

Dazu wird von zuständiger deutscher Stelle bemerkt: Diese amtliche österreichische Mitteilung bestätigt die unerhört leichtfertige und unver­antwortliche Handlungsweise der

österreichischen Gendarmeriepatrouille.

Lediglich auf die Vermutung hin, daß von der völlig unbewaffneten und weder als Soldaten noch als SA.=Männer kenntlichen Mannschaft ein Ueberfall er­folgen könnte, ist der tödliche Schuß auf eine Entfernung vonetwa 800 Meter abgege­den worden. Diese Vermutung fand in dem Verhalten der deutschen Soldaten keinerlei Begründung, da, wie von der deutschen Gerichtskommission festgestellt, we­der Heilrufe noch irgendeine Belästi­gung der österreichischen Patrouille er­folgten. Gegenüber der Behauptung, daß der erschossene Schütze Schumacher sich auf österreichischem Boden be­funden habe, muß auf die einwandfreie Feststellung der deutschen Gerichtskommission verwiesen werden, nach der sich Schumacher auf reichsdeutschem Vo­den befand.

Reichsstatthalter Hildebrandt hat den Reichsführer der SS. Himmler zum Kommandeur der politischen Po­lizei in Mecklenburg und Lübeck ernannt.

Paris, 26. November.

Der deutsche Botschafter Roland Köster hat am Samstag dem Generalsekretär am Quai'Orsay, Leger, einen Besuch abgestattet. Es handelt sich um einen der üblichen Besuche, die der deutsche Botschafter von Zeit zu Zeit dem Quai'Orsay abstattet.

Chautemps beauftragt

mit der französischen Regierungs­bildung

Paris, 26. November:

Staatspräsident Lebrun hat den bisherigen Innenminister Chautemps mit der Kabinettsbildung beauftragt. Chautemps hat angenommen. Her­riot, den Präsident Lebrun zunächst gebeten hatte, die Regierungsbildung zu übernehmen, lehnte ab, de seine Genesung noch zu kurzen Datums sei, als daß er in diesem Augenblick die Verantwortung und ermüdende Regierungsarbeit übernehmen könne.

Eine Havas=Vorschau läßt vermuten, daß die Zu­sammensetzung des kommenden Ministeriums Chautemps gegenüber dem letzten Ministerium Sarraut keine großen Veränderungen aufweisen werde. Es heißt, daß Chau­temps ein Kabinett desöffentlichen Heils bilden wolle, das sich auf eine Mehrheit von den Neu­sozialisten bis zu den Linksrepublikanern einschließlich stützen werde. Man glaubt, daß Paul=Boncou: Außenminister bleiben würde, ebenso Sar­raut Marineminister. Chautemps hat der Presse er­klärt, daß sich Daladier bereit erklärt hat, Kriegs­minister zu bleiben, und daß sich Finanzminister Von­net bereit erklärt hat, Finanzminister zu bleiben.

Reichsjustizkommissar Dr. Frank sprach auf einer Tagung des schlesischen Juristenbundes in Breslau über den Neuaufbau der Rechtsordnung, wobei er u. a. er­klärte, daß die Länderjustizverwaltung auf das Reich übernommen werden soll.