Nr. 212 7 40. Jahrgang
Freitag, 8. September 1933
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Gerechte Strafe für kommunistische Meuchelmörder
Reu=Torrsuiene mWusseier.,
Das Arteil im Prozeß wegen des Ueberfalls auf den SA.=Mann Hilmer
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Düsseldorf, 7. September.
In dem Strafprozeß gegen die zwölf Kommunisten, egen die Anklage auf Mord und Mordversuch an zwei .=Männern erhoben worden war, wurde heute mittag 12 Uhr das Urteil gefällt. Wegen gemeinschaftlichen Mordes wurde gegen neun Angeklagte die Todesstrafe ausgesprochen. Ein Angeklagter erhielt wegen Mordversuchs 15 Jahre Zuchthaus und zwei Angeklagte wurden freigesprochen. Der Staatsanwalt hatte, wie bereits gestern gemeldet, gegen alle zwölf Angeklagten die Todesstrafe beantragt.
Zum Tode und zu zwölf Jahren Zuchthaus wurden verurteilt der 49jährige Dreher Emil Schmidt, zum Tode und zu zehn Jahren haus der 34jährige Arbeiter Kurt Arnstedt, der 35jährige aus Polen stammende Arbeiter Paul Masgai, der 24jährige Schreiner Paul Tibulski, der 34jährige Arbeiter Peter Roh
les, der 31jährige Schleifer Hermann Eggert, der 31jährige Dreher Heinrich Riebandt, der 32jährige Arbeiter Josef Herr und der 36jährige Dreher Peter Huppertz. Allen zum Tode Verurteilten wurden auf Lebenszeit die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt.
Fünfzehn Jahre Zuchthaus und zehn Jahre Ehrverlust erhielt wegen Mordversuchs der 29jährige Maurer Otto Lukat.
Freigesprochen wurden der 50jährige Arbeiter Adolf Manz und der 26jährige Arbeiter Josef Esser.
Sieben der zum Tode Verurteilten stammen aus Gerresheim, Schmidt und Huppertz aus Erkrath.
Die Begründung des Arteils
Das Urteil sieht den Tatbestand des Mordes, daß nämlich die Täter mit Ueberlegung gehandelt haben, voll und ganz als gegeben. Die Tat sei militärisch aufgezogen und bis ins letzte durchdacht und organisiert gewesen. Jeder einzelne habe seinen Posten bezogen gehabt. Es komme nicht darauf an, festzustellen, was der einzelne getan habe. Die Tat, die geschehen sei, sei die Tat jedes einzelnen und ein klassisches Beispiel für den Tatbestand der Mittäterschaft. Die Todesstrafe habe das Gericht aussprechen müssen, weil das Gesetz sie vorschreibe. Die Zuchthausstrafe erhielten die zum Tode Verurteilten wegen Mordversuchs an dem zweiten SA.=Mann. Bei Lukat sei es bei Mordversuch geblieben. Deshalb sei bei ihm von der Todesstrafe abgesehen worden, doch habe auch bei ihm das Gericht auf die höchste Zuchthausstrafe erkennen müssen. Auch bei den zwei Freigesprochenen habe sich das Gericht nicht von der bölligen Unschuld überzeugen können, aber das belastende Material habe nach Ansicht des Gerichts nicht zur Verurteilung ausgereicht.
Gegen das Urteil ist das Rechtsmittel der Revision möglich. Zum Schluß widmete der Vorsitzende, Landgerichtsdirektor Mankowski, Worte der Anerkennung für die vorbildliche Arbeit der Düsseldorfer Kriminalpolizei und für die Arbeit der Verteidiger, die im Gegensatz zu früher, wo andere Rechtsanwälte der Rechtspflege Knüppel in den Weg geworfen und allen Beteiligten die Sache nach Möglichkeit erschwert hätten es sich hätten angelegen sein lassen, der Rechtspflege zu dienen und sie zu fördern.
Bettin, ins Ausland geflohen. Ein anderer, der Arbeiter Alfred Hoffmann, hält sich im Saargebiet auf. Er war dort auch festgenommen worden, mußte aber wieder freigelassen werden: denn die Saarregierung lehnte seine Auslieferung ab mit der Begründung, daß es sich bei dem dem Beschuldigten zur Last gelegten Verbrechen um eine politische Tat handele. Einer der verantwortlichen Drahtzieher, der Gerresheimer Kommunistenhäuptling Weyergräber ist am 4. September 1932 gestorben. Der zweite Drahtzieher und der Leiter des Unternehmens in Erkrath war der Erkrather Kommunistenführer, der jetzt mitverurteilte 49jährige Dreher und frühere Stadtverordnete Emil Schmidt.
letzte Wort der Angeklagten
Bevor sich das Gericht zurückzog, erhielten die Angeklagten das letzte Wort. Die meisten brachen in Tränen aus, alle bekeuerten sie hätten keineswegsgeahnt, daß bei dem Feuerüberfall auf das Erkrather SA.=Heim ein Mensch zu Tode kommen würde, noch weniger hätten sie irgendeine Tötungsabsicht gehabt. Dann ereignete sich noch ein Zwischenfall. Der Angeklagte Tibulski, dem der Vorsitzende mehrfach geraten hatte, den Namen des Mannes zu nennen, der neben ihm am rechten Flügel der schießenden Kommunisten gelegen habe, weil sonst der Verdacht, den tödlichen Schuß auf Hilmer abgegeben zu haben, auf ihn—. Tibulski— fallen könnte, hatte bisher erklärt, er könne den Namen nicht nennen. Bei seinem letzten Wort erklärt er:„Von Mitangeklagten, die den Mann neben mir in der Feuerlinie nach der Beschreibung kennen, habe ich inzwischen erfahren, daß dieser Mann ein gewisser Ernst Aschmeier sei.“(Aschmeier ist nicht angeklagt; sollte sich diese Angabe als richtig herausstellen, so ergibt sich die Notwendigkeit eines weiteren Mordprozesses.)
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Mit Genugtuung wird das nationale Deutschland den Urteilsspruch des Düsseldorfer Gerichts zur Kenntnis nehmen. Ein feiger Meuchelmord von kommunistischer Hand hat seine Sühne gefunden. Ebenso wie vor kurzem in Hamburg hat auch das Düsseldorfer Gericht diesen sorgfältig vorbereiteten, militärisch aufgezogenen Ueberfall auf verdiente Kämpfer für Deutschlands nationale Wiedergeburt mit dem Todesurteil geahndet. Damals in Hamburg vier Todesurteile, jetzt neun. Nicht eine politische Tat stand zur Aburteilung, sondern
Lord Grey k
planmäßig und heimtückisch aus dem Hinterhalt erschoß man einen SA.=Mann und verletzte einen zweiten schwer. Wer aber Blut vergießt mit Ueberlegung, kalt und wohl vorbereitet, den muß die volle Strenge des Gesetzes treffen. So will es die Gerechtigkeit. Mit welchem Untermenschentum man es in diesem Prozeß zu tun gehabt hat, geht aus einer Bemerkung des Schmidt kurz nach dem Mord in Erkrath hervor:„Wir haben einen von den Idioten erschossen und wenn es uns an den Kragen gehen sollte, wollen wir die Sache auf Totschlag drehen.“ Dieser Ausspruch charakterisiert am besten die feige Gesinnung der Täter. In der deutschen Rechtsprechung steht dieses Massentodesurteil einzig da. Es wird eine Mahnung sein an die immer noch im verborgenen ihr staatsfeindliches Wesen treibenden Moskaujünger. Die Zeit ist vorbei, in der politische Verblendung Milde gegen kommunistische Mörder walten ließ. Das nationalsozialistische Deutschland macht mit solchen Meuchelmördern kurzen Prozeß.
Zwei weitere Kommunisten zum Tobe verurkenl
Königsberg, 7. Setztemher.
In dem Prozeß gegen die Mörder des SA.=Mannes Höllger in Groß=Blumenau wurde Donnerstag nachmittag das Urteil gefällt. Es lautete gemäß dem Antrag des Staatsanwalts gegen die Arbeiter Fritz Lange und den früheren Kommunisten Siedelmann wegen gemeinschaftlichen Mordes auf Todesstrafe, gegen den wegen Beihilfe angeklagten Rogalla auf Freisprechung.
Vom Begnadigungsrecht
sein Gebrauich genacht
München, 7. September.
Im Mai 1933 hatte der ledige Dienstknecht Lorenz Schriefer den SA.=Mann Josef Wiesheier in Gaiganz in Oberfranken heimtückisch überfallen, durch Erwürgen bewußtlos gemacht und dann in einen Weiher geworfen. wo Wiesheier ertrank. Das Schwurgericht Bamberg hatte seinerzeit Schriefer wegen Mordes zum Tode verurteilt. Der Reichsstatthalter hat, wie nunmehr amtlich mitgeteilt wird, von seinem Begnadigungsrecht keinen Gebrauch gemacht.
Die Hauptverhandlung wurde vor dem Schwurgericht geführt und nahm 3½ Tage in Anspruch. 26 Zeugen und ein medizinischer Sachverständiger waren geladen. Der Tatbestand, der der Anklage zugrunde lag, ist. kurz zusammengefaßt, folgender: Bei einem binterhältigen Feuerüberfall, den am 20. Juni 1932, gegen 23 Uhr. in Erkrath Kommunisten auf Nationalsozialisten verübten, wurde der SA.=Mann Kurt Hilmer, von Beruf Kaufmann, getötet und ein zweiter SA.=Mann, der Arbeiter Hermann Groß, schwer verletzt. Beide befanden sich als Posten in der Nähe des SA.=Heims, um Ueberfälle auf das Heim zu verhüten. Mit dem Ueberfall wollten die Kommunisten für einen Zusammenstoß, zu dem es am 9. Juni 1932 in Erkrath gekommen war und bei dem zwei Kommunisten verletzt wurden, Rache nehmen. Die PoUzei hatte sofort Erkrather und Gerresheimer Kommunisten als Täter in Verdacht, sie nahm im Verlauf ihrer Ermittlungen auch sechs Personen fest, mußte sie aber wieder freilassen. Im April dieses Jahres gelang es der Polizei, zwölf der beteiligten Kommunisten, drei Erkrather und neun Gerresheimer, zu verhaften. ganzen waren an dem Ueberfall 15 Mann beteiligt. Doch war inzwischen ein Mittäter, der
Gescheiterte Bemühungen
Beuticche unwoft
Des Vbellocheunun...
an den Branting=Ausschuß— Mit dem angeblichen Beweismaterial ist es
Leipzig, 7. September.
Von zuständiger Stelle wird mitgeteilt: In der Reichstagsbrandsache hat Rechtsanwalt Branting auf das letzte seinerzeit veröffentlichte Schreiben des Oberreichsanwalts eine Antwort erteilt, aus der sich ergibt, daß er nicht gewillt ist, irgendwelches Beweismaterial dem Reichsgericht durch Vermittlung der Anklagebehörden oder der vorhandenen Verteidiger zu unterbreiten. Im übrigen hat Rechtsanwalt Branting lediglich die im Ausland verbreiteten Gerüchte über den Reichstagsbrand ohne Angabe von Beweismitteln wiederholt. Der Oberreichsanwalt hat darauf an Branting folgendes Schreiben gerichtet:
„Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt! Ich bestätige den Empfang Ihres Schreibens vom 28. vergangenen Monats. Als dessen Inhalt stelle ich fest, daß„Sie nicht bereit sind, das zur Reichstagsbrandsache angeblich in Ihrem Besitz befindliche Beweismaterial, sei es durch meine Vermittlung, sei es durch die der deutschen Verteidiger, dem Reichsgericht zur Berücksichtigung bei der Urteilsfindung zur Kenntnis zu bringen. Ich muß deshalb zu meinem Bedauern mein Bemühen, von Ihnen Beweismaterial, auch soweit es etwa zur Entlastung der Angeklagten dienlich sein könnte, zu erhalten, als gescheitert betrachten und vermag mir bei dieser Sachlage von einer Fortsetzung des Briefwechsels einen Erfolg nicht mehr zu versprechen. Genehmigen Sie usw.“
beteiligt. Doch] Im deutschen Volk hat man sich schon immer über Arbeiter Ottol die Langmut der Strafverfolgungsbehörden gegenüber
den Verdächtigungen und Ungezogenheiten des sogenannten Van=der=Lubbe=Verteidigungsausschusses gewundert. Man wird es deshalb begrüßen, daß mit diesem Spuk im Ausland endlich und kurzerhand Schluß gemacht wird. Van der Lubbe und seine Genossen haben ja nicht das holländische oder französische oder ein anderes Parlamentsgebäude oder den Moskauer Kreml in Brand gesteckt, auch nicht das Haus des Herrn Branting oder eines seiner Gesinnungsgenossen, sondern den Deutschen Reichstag. Mit dieser Brandstiftung sollte der kommunistische Aufstand eröffnet werden, für den nach dem Inhalt vieler Hunderte von rechtskräftig gewordenen deutschen Gerichtsurteilen genügend Waffen, Munition und Sprengstoffe zusammengetragen waren und für dessen Leitung in allen Teilen Deutschlands rote Generalstabsstellen bestanden. Wäre es zu diesem Aufstand gekommen, so wäre das Ergebnis für Deutschland und seine europäischen Nachbarn unschwer auszudenken. Tausende von deutschen Volksgenossen hätten einen blutigen Tod gefunder Für Jahrzehnte wäre das deutsche Volk und mit ihm Europa in namenloses Elend gestürzt, schließlich bis zur völligen Auflösung aller nationalen Bindung und der gesamten europäischen Kultur. Das sollen sich auch gewisse Kreise im Ausland gesagt sein lassen, sofern sie für den Begriff der europäischen Kultur noch Verständnis aufbringen.
Der Reichsverkehrsminister hat dem Generaldirektor der Reichsbahn Dr. Dorpmüller den Dank für die reibungslose eisenbahntechnische Bewältigung des Verkehrs zum Nürnberger Parteitag ausgesprochen. Der Dank gelte, so heißt es in dem Telegramm, allen beteiligten Bediensteten der Reichsbahn.
London, 7. September.
Lord Grey of Fallodon ist heute morgen.05 Uhr nach längerer Krankheit im Alter von 72 Jahren gestorben.
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Grey ist eines langsamen, quälenden Todes gestorben. Eigentlich lebte er schon seit zwei Jahren nicht mehr. Sein Augenlicht war erloschen, und als er das Lesen der Blindenschrift erlernt hatte, verlor er auch seinen Tastsinn. Blieb ihm noch sein ungewöhnlich scharfes und helles Gehör, das ihm gestattete, auf lodon, seinem feudalen Herrensitz. der Lieblingsbeschäftigung seiner sinkenden Tage nachzugehen: dem Belauschen der Hunderte von Vogelstimmen in seinem berühmten Vogelsanktuarium.
Mit Grey ist eine der seltsamsten historischen Persönlichkeiten des amtlichen Englands dahingeschieden. Er war immer ein still in sich gekehrter Mann und während über die anderen englischen Minister Biographien existierten, findet man über ihn nichts dergleichen. Sobald es seine Pflicht erlaubte, hat er'die Stadt geflohen, wie er denn auch stets in sich abgeschlossen und zurückhaltend lebte, kühl und unnahbar war. Geboren war er am 25. April 1862 zu Orford, kam 1885 als Liberaler ins Parlament, war 1892 bis 1895 parlamentarischer Unterstaatssekretär und wurde 1905 Staatssekretär des Auswärtigen. Als solcher hatte er maßgebenden Anteil an der Festigung der Entente mit Frankreich und am Abschluß des Abkommens mit Rußland im Jahre 1907. Sein Charakter und seine Fähigkeiten sind stark umstritten. Während die einen behaupteten, daß er seit Jahren den Frieden der Welt zusammenzuhalten sich befleißige, beklagten andere, daß er nur mit dem an und für sich in England verhaßten russischen Bären gehalten habe, um dem deutschen Adler das Futter zu beschneiden. Jedenfalls hat sich Sir Edward Grey als Vollstrecker der Politik König Eduards gezeigt, die in der diplomatischen Einkreisung Deutschlands unter Förderung der russischen und französischen Entente, ausklang..
In Vollzug dieser Politik ist ihm auch eine gewisse Mitschuld am Weltkriege nicht abzusprechen und wenn es in einer kurzen Beschreibung seiner Persönlichkeit heißt, daß er in den kritischen
Tagen des Juli 1914 den Bruch der Entente für schlimmer erachtete, als den Bruch des Friedens, so ist das leider allzu zutreffend. Seine Haltung in der Julikrise war zu zweideutig. An ihm hätte es gelegen, den Krieg zu vermeiden. Er brauchte nur auf das deutsche Angebot einzugehen, das ihm in den letzten Tagen des Juli und noch am 1. August deutscherseits gemacht war, die Neutralität Frankreichs durch die britische Flotte und Armee zu garantieren und der Friede wäre gesichert gewesen. Dabei war Lord Grey selbst der Ueberzeugung, daß dieser Weltkrieg furchtbares Unheil bringen würde. Aber er hat nur ein Bestreben gezeigt: Deutschland zur Mäßigung gegenüber Oesterreich=Ungarn,„Oesterreich zum Nachgeben gegenüber der Herausforderung der Serben zu bestimmen. Aber er unternahm nicht den Versuch. Rußland zurückzuhalten. Greys Mitteilungen im Kabinett vom 27. Juli 1914, in denen er sagte, daß Bindungen gegenüber Frankreich nicht vorlägen, waren, wie die spätere Geschichte gezeigt hat, wissentlich falsch. Bereits in der Nacht vom 2. zum 3. Juli hatte England Frankreich bindend Hilfe zugesagt. Hier lag auch wiederum eine der verborgenen Charaktereigenschaften Lord Greys, verschwiegen wie er war, hat er auch diese Zusage ohne Mitwirkung des Kabinetts gemacht.
Wie stark die Hand Lord Greys war, geht am besten daraus hervor, wie ihn Lloyd George kennzeichnet, der noch am 29. Juni 1933 im„Daily Telegraph“ schrieb:„Der Krieg wäre vermieden worden, wenn Grey die deutsche Regierung rechtzeitig verständigt hätte, daß England im Kriege zwischen Deutschland und Frankreich an die Seite Frankreichs treten würde.“ Nach dem Ausbruch des Krieges ging Grey noch weiter, alles unter dem Einfluß seiner Ententeverbundenheit, er hetzte Amerika bzw. Wilson über den damaligen Botschafter Page in den Krieg gegen Deutschland. Nach seiner Auffassung hatte Deutschland lediglich imperialistische Ziele. Diese Deutschseindlichkeit rührte wahrscheinlich daher, weil es ihm selbst an der notwendigen inneren Stärke fehlte und er stets wie auch bei wichtigen Kabinettsbeschlüssen der dominierenden Seite wich. So hat er sich damals anscheinend bedingungslos den beiden scharfen Einbläsern für die Entente Arthur Nicolson und Sir Charles Hardinge. letzterer der Vertraute des Königs Eduard, unterworfen. Alle Etappen der Greyschen Volitik zeigten einen durchaus deutschfeindlichen Charakter.
Rundfunkvortrag über den Arbensvienst
Berlin, 7. September.
Dr. Helmut Stellrecht, der Organisationsleiter bei der Reichsleitung des Deutschen Arbeitsdienstes, spricht morgen, Freitag, von 17 bis 17.25 Uhr über alle deutschen Sender über das Thema:„Der Arbeitsdienst und seine volkserzieherische Aufgabe.“