Nr. 195 40.

SamstagSonntag, 19./20. August 1933

Samstagnummer

15 pf.

mitBochumer Illustrierte 20 Cf.

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Dollfuß' französische Hintermänner werden nervös

" Schatsnachti

WiereranTeraden

Zitternde Anschlußängste in Paris Ruf nach dem Völkerbund und nach Sanktionen

Die krnte

Berlin, 18. August.(Eig. Drahtber.)

Die Artikel in der englischen und französischen Presse über die deutsch=österreichische Spannung wollen nicht aufhören. Nachdem die Demarche in Berlin einen ziemlich unglücklichen Verlauf genommen hat, versucht die französische Presse aufs neue, ihre Regierung für andere Maßnahmen scharf zu machen. Dabei begegnen wir zwei Auffassungen. Die demokratische wünscht den deutsch=österreichischen Konflikt

vor den Völkerbund gebracht

und glaubt der französischen Regierung die Anwendung des Artikels 11 empfehlen zu können. Der Artikel 11 bestimmt, daß der Völkerbunddie zur wirksamen haltung des Völkerfriedens geeigneten Maßnahmen zu ergreifen hat und daß der Ratunverzüglich auf Ver­langen eines jeden Bundesmitgliedes einberufen" wer­den kann. Dieser Artikel 11 kommt jedoch aus zwei Gründen nicht in Frage. Er setzt zunächst einmal die Einstimmigkeit aller Mitglieder vor­aus, die in diesem Falle wohl nicht zu erzielen wäre. Ebenso kommt aber weder Artikel 11 noch Artikel 15 des Völkerbundpaktes in Frage, weil ja die Streitfrage, die zwischen Deutschland und Oesterreich ausgebrochen ist, nicht auf Grund eines Verschuldens der deutschen Regierung entstanden ist. Das hat die deutsche Re­gierung bei der englischen und französischen Demarche schon hinlänglich deutlich zum Ausdruck gebracht.

Daß man in Frankreich selbst in der Frage, ob man den deutsch=österreichischen Konflikt vor den Völkerbund bringen soll, unsicher ist, geht am besten aus den Aus­lassungen derEre Nouvelle hervor, die besorgt die Frage aufwirft, wie man diese österreichische Frage vor dem Völkerbund aufrollen könne. Das Blatt kommt zu dem Schluß, man müsse die Frage dahin stellen, ob die Verträge beachtet worden seien. Und hier könnte man die Antwort von deutscher Seite ruhig abwarten, da sich Frankreich keiner Vertragsverletzung in der ganzen deutsch=österreichischen Streitsache schuldig fühle. Inter­essant sind die weiteren Schlußfolgerungen des Blattes, das der französischen Befürchtung Ausdruck verleiht, Deutschland könnte bei dieser Gelegenheit in Genf Ver­anlassung nehmen,

die besten Möglichkeiten für seine Beilegung finden wird." Jedenfalls würde eine ruhigere Sprache und eine stärkere Zurückhaltung der englischen und franzö­sischen Presse der ganzen Sache von größerem Nutzen sein als die dauernden Scharfmachereien.

Ein Fußballverein als Opfer der Dolfaß=Jusiiz

Innsbruck, 18. August.

Der Innsbrucker Fußballverein trug kürzlich in Kufstein gegen den dortigen Sportklub ein Wettspiel aus. Auf der Rückfahrt benutzten die Spieler und einige andere Klubmitglieder, insgesamt 20 Personen, darunter auch einige Mädchen, ein Lastauto. Nach einer privaten Anzeige sollen bei der Fahrt durch Kuf­stein vom Lastauto herab Schmährufe gegen Bundes­kanzler Dr. Dollfuß gefallen sein. Da die Rufer nicht einwandfrei festgestellt werden konnten, wurden nunmehr von der Bezirkshauptmannschaft Kufstein alle männ­lichen Teilnehmer an der Fahrt zu je sechs Wochen Ar­rest und zur Zahlung von je 500 Maxk Geldstrafe ver­urteilt. Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe wird die Arreststrafe bei jedem einzelnen Verurteilten um je vier Wochen verlängert. Da es sich meist um

Arbeitslose handelt, dürften also alle 20 Mitglieder des Fußballvereins zehn Wochen Arrest absitzen müs­sen. Die an der Fahrt teilnehmenden weiblichen Per­sonen erhielten je fünf Tage Arrest und je 25 Mark Geldstrafe.

Mit dem Bajonett

gegen Nationalsozäalisten

Salzburg, 18. August. Das Begräbnis des vor kurzem verstorbenen ehe­maligen nationalsozialistischen Vizepräsidenten des Salz­burger Landtags, Franz Kowindl, das in seinem Heimatsort Rauris stattfand, wurde trotz aller bestehen­den Verbote zu einer eindrucksvollen Kundgebung natio­nalen Willens. Ehemalige SA.=Männer hielten mit Bewilligung der politischen Behörde die Ehrenwache statt in der verbotenen SA.=Uniform in Turnerkleidung. Mit dem Hitler=Gruß nahmen die Trauergäste von dem Toten Abschied. Nach der Trauerfeierlichkeit kam es auf dem Hauptplatz des Ortes zu Freiheitskund­gebungen. Tausendstimmig erscholl der Ruf:Heil Hitler und das Horst=Wessel=Lied wurde gesungen. Sofort schritt die Gendarmerie ein und zerstreute die Menschenmenge mit dem Bajonett.

Karzel Befuch des Zahrels i Kärnderg

Triumphfahrt durch Bayern Kenntnisnahme von den Vorbereitungen zum Parteitag

den Völkerbund mit seinen eigenen Mitteln zu schlagen,

nämlich in der österreichischen Frage das Selbstbe­stimmungsrecht der Völker ins Feld zu führen.

Daß ein großer Teil des österreichischen Volkes einem solchen Anschluß zustrebt, darüber dürfte auch in offiziellen englischen und französischen Kreisen kein Zweifel bestehen. Mit seltener Offenheit gesteht das auch dasEcho de Paris ein, das heute schreibt, man müsse anerkennen, daß im gegenwärtigen Zeitpunkt Neu­wahlen in Oesterreich gewiß zum Vorteil der Nationalsozialisten ausfallen würden, und daß der Sturz des Kanzlers Dollfuß die Folge sein würde Man müsse anerkennen, daß eine große Zahl von Oesterreichern den Anschluß als das einzige Mittel detrachte, um ihr unglückliches Land zu retten, und daß diese Strömung sehr stark sei. Weshalb aber dieser An­schluß nicht gestattet werden darf und weshalb eine so­fortige Verhandlung vor dem Völkerbund notwendig ei, offenbart dasselbe französische Blatt mit den Worten:

Der Anschluß dürfe nicht kommen, ganz einfach deshalb, weil man das Anwachsen der deutschen Macht nicht dulden könne.

Die rechtsstehenden Blätter, wie z. B. derTemps, sehen noch weiter und fordern rundweg Sanktionen. Mit welchem Recht und auf welche rechtlichen Grund­saßze gestützt, das bleibt allerdings ein Geheimnis der stanzösischen Machtpolitiker, denen jedes Mittel recht ist, wenn sie befürchten, daß die deutsche Position in irgend­einer Form eine Stärkung erfahre.

Bei einem derartig scharfen Ton, der nur geeignet , den Konflikt zwischen Deutschland und Oesterreich zu vertiefen, wirkt die

versöhnliche Sprache der italienischen Presse

vitekt wohltuend. So wendet sich der Pariser Korrespon­vent der italienischenTribuna sehr stark gegen der­ertige Auslassungen der französischen Blätter. Wenn Er auch bei der Bedeutung dieses Konfliktes nicht das onteresse leugnet, das alle Großmächte daran hätten, so er im Interesse aller doch wieder die Herstellung bauernden Harmonie unter den mitteleuropäischen große Fresfer würde, so schreibt dieTribuna, deutsch=Zitahle begehen, die Welt in die Sackgasse der

gerabe zue reichischen Beziehungen zwängen zu wollen, in einem Augenblick, da man eine freie durch­samer sphäre für die Behandlung großer gemein­aus Probleme schaffen will, in deren Lösung allein 9 der Streitfall zwischen Deutschland und Oesterreich

Nürnberg, 18. August.

Gegen Uhr traf der Führer im Kraftwagen von München kommend, in Nürnberg ein. Die Fahrt des Kanzlers von München nach Nürnberg gestaltete sich zu einer Triumphfahrt durch Bayern. Ueberall wurde der Volkskanzler jubelnd begrüßt. Die Arbeiter stürmten aus den Fabriken und riefen ihm ihre Heilrufe entgegen. Der Wagen des Kanzlers wurde von jubelnden Menschen umringt und mit Blumen überschüttet. Auch in Nürnberg jubelte dem Kanzler die schon seit Stunden auf den Straßen har­rende Menge mit unbeschreiblicher Begei­sterung zu. Der Kanzler begab sich sofort in den Kleinen Saal des Deutschen Hofes, wo er in Gegen­wart des Franlenführers Julius Streicher, Dr. Leys und Oberbürgermeister Liebels die Modelle von jenen Plätzen und Stätten, an denen sich die Veranstaltungen des Parteitages abwickeln werden, einer eingehenden Besichtigung unterzog. Die Modelle fanden alle den vollen Beifall des Reichskanzlers. Weiterhin sprach Dr. Ley über die Organisation des gewaltigen Aufmarsches der Amtswalter und der NSBO. auf der Zeppelinwiese. Nachdem noch einige Vorträge über die Ausgestaltung der Festhalle im Luitpold=Hain usw. ge­halten waren, begab sich der Führer in Begleitung des Aufmarsch=Stabes in den Luitpold=Hain, wo er an Ort und Stelle sich von dem Fortgang der dortigen Arbeit überzeugte und eine Reihe von Anordnungen

Tausende von Menschen hatten inzwischen von der Anwesenheit des Reichskanzlers Kenntnis bekommen und waren herbeigeströmt, um ihn jubelnd zu begrüßen. Oberbürgermeister Liebel begleitete den Volkskanzler auf seiner Weiterreise um 5 Uhr bis zur Nürnberger Stadtgrenze. Der stellvertretende Parteileiter Heß ließ Nürnberg mit dem Flugzeug.

Nürnberg wird zur Millionenstadt

während des parteitages

Nürnberg, 18. August.

Am Freitag abend um 21 Uhr hielt der Nürnber­ger Oberbürgermeister Willi Liebel seinen zweiten Rundfunkvortrag über die Vorbereitungen zum Reichs­parteitag. Die unter Leitung des thüringischen Gau­inspekteurs Seidel stehenden Vorbereitungen des Quartieramtes sind nunmehr abgeschlossen. Bisher stehen in Nürnberg=Fürth zur Verfügung: Massenquar­tiere zur Unterbringung von insgesamt 164 000 Amts­waltern, 30000 Betten in Privatquartieren und 3400 Hotelbetten zur Unterbringung von sonstigen Gästen, an Reserven weitere 48000 Massenquartiere und über 7000 Privatbetten. Diese mehr als 250000 Unter­bringungsmöglichkeiten sind aber nicht nur rein zahlen­mäßig erfaßt, sondern auch auf ihre Eignung ge­prüft. Diese sichergestellten Unterkünfte für über eine viertel Million kommen ausschließlich für Amts­walter der PO. und sonstige Gäste in Betracht. SA., SS. und HJ. werden in riesigen Zelt­städten auf großen freien Plätzen in und um die Stadt herum untergebracht. Da sie in einer voraus­

sichtlichen Stärke von 200 000 am Parteitag teil­nehmen, wird das alte Nürnberg zur Millionenstadt werden. Es ist vollkommen aussichtslos, so betonte der Oberbürgermeister nachdrücklichst, während des Partei­tages in Nürnberg mit irgendeiner Unterbringungs­möglichkeit für nicht angemeldete Teilnehmer zu rech­nen. Sämtliche Hotel= und Privatquartiere sind vom Quartiermeister beschlagnahmt. Hinsichtlich der beson­deren Bedürfnisse der Ladenöffnung, des Hausierhan­dels, der Herstellung von Backwaren usw. wurden um­fangreiche Maßnahmen getroffen. Durch behördliche Maßnahmen ist dafür Rechnung getragen, daß keinerlei Preissteigerungen eintritt. Es ist also nicht notwen­dig, daß sich auswärtige Gäste mit Lebensmitteln für mehrere Tage versehen, da für alle Bedürfnisse gesorgt wird.

Ankunft der Hitler=Jugend in Bubapest

Budapest, 18. August.

Die Abordnung der Hitler=Jugend ist auf dem Wasserwege von Preßburg kommend heute abend gegen 9 Uhr in Budapest eingetroffen. Am Kai wurde sie von einer zahlreichen Menge begeistert begrüßt. Der deutsche Geschäftsträger, Legationsrat Dr. Martin Schlimpert, hatte sich mit den Herren der Ge­sandtschaft zur Begrüßung eingefunden. Von unga­rischer Seite hielt der Präsident des Verbandes gesell­schaftlicher Vereinigungen, Baron Berthold Feilitsch, eine Begrüßungsansprache, die von dem Führer der Hitler=Jugend, Nabersberg, herzlich erwidert wurde. Der deutsche Geschäftsträger Dr. Schlimpert wird morgen vormittag um 11 Uhr im Hofe des Mi­nisterpräsidiums die Hitler=Jugend dem ungarischen Ministerpräsidenten vorstellen, der an sie eine Be­grüßungsansprache richten wird.

strafen im

Vorkeshaus=Prozep

Köln, 18. August.

Im Görreshaus=Prozeß wurde der Angeklagte Konsul Maus zu drei Jahren Gefängnis und 1000 Mark Geldstrafe, der Angeklagte Justizrat Mön­nig zu drei Monaten Gefängnis und 400 Mark Geldstrafe, der Angeklagte Konsul Stocky zu zwei Jahren sechs Monaten Gefängnis und 1000 Mark Geldstrafe, der Angeklagte Bankdirektor a. D. Dr. Brüning zu zwei Jahren sechs Mo­naten Gefängnis und 600 Mark Geldstrafe verurteilt. Der Angeklagte Conrad wurde freigesprochen. (Siehe auch Seite 12.)

Die Leitung des Dessauer Bauhauses, das vor etwa einem Jahr von Dessau nach Berlin verlegt wurde, hat den Beschluß gefaßt, das Bauhaus aus wirtschaft­lichen Gründen aufzulösen.

Satte Sommersonne liegt über Deutschland. Die letzten Garben harren der Scheuer. Befriedigt und voll neuer Hoffnung erntet der Bauer heute wieder, was er in mühseliger Werktagsarbeit der Scholle abrang. Der Glaube ist in Deutschland auferstanden, das Be­wußtsein ist wieder wach geworden, daß der, der den heiligen Heimatboden pflegt und dem Bruder das täg­liche Brot spendet, keinRiesenspielzeug für Staats­theoretiker und Gesellschaftsutopisten ist, sondern in sei­ner vieltausendjährigen Verbundenheit mit den Ur­kräften der Heimat einen erhöhten Anspruch auf Staatsschutz besitzt. Denn, was taugt es zum Beispiel, einen Fluß zu regulieren, wenn man seine Quelle zum Versiegen bringt? Was nützt es, einen Staat in feinster sozialer Gliederung aufzubauen, wenn man nicht die soziale Grundlage des Gemeinwesens, die Ernährung, sicherstellt?

Von dieser so einfachen, aber in den letzten andert­halb Jahrzehnten so gänzlich verkannten Grundanschau­ung nimmt die Wirtschaftspolitik des nationalsozialisti­schen Staates ihren Ausgang. Befürchtungen, daß nunmehr dieser neue Staat eine ausschließlich agrari­sche Wirtschaftspolitik treiben werde, sind unbegründet. Die starken Kräfte der NSDAP., die sich aus den In­dustriegebieten, aus Handel und Mittelstand rekrutieren, die Millionenzahl von Werktätigen und nicht zuletzt das grundlegende Bekenntnis des Führers zur sozialen Verbundenheit aller Er­werbs= und Volksschichten bieten hinlänglich Gewähr, daß dieser so gänzlich neue Staat den Klassenstaat von 1918 schon heute restlos überwunden hat und nicht wieder erstehen lassen wird. Darin lag vielleicht die bodenloseste Unklugheit der Ge­strigen, daß sie den innerpolitischen Kampf nicht allein zur Frage des Besitzes und Nichtbesitzes machten, son­dern ihn gleichzeitig zu dem asozialen ewigen Krieg zwischen Stadt und Land erhoben.

Konnte man leichtfertiger an den letzten Regungen der Volksseele vorübergehen? Konnte man leichtsinni­ger den deutschen Menschen nach den Anschauungen einiger Kathedersozialisten normieren?... Die alte Sehnsucht zur Scholle, der Trieb, zum Boden zurückzukehren lebt auch heute noch in dem bodenunständigen Städter. Die Schrebergärten an den Stadträndern, die Randsiedlungen, ja selbst die kleinen, leuchtenden Geranientöpfe auf den Höfen alter Mietskasernen sind die Zeugen jener versteckten Boden­verbundenheit, sind für dieseHeimatlosen ein melan­cholischer Verzicht oder eine verschämte Hoffnung, daß man doch noch einmal zum Heimatboden zurückkehrt. Diese feinsten Regungen hatte eine nur auf raffenden Erwerb eingestellte Zeit nicht verstanden. Und wo man in den Städten Einfamiliensiedlungen errichtete, geschah dies weniger aus heimatlichen Betrachtungen als viel­mehr aus der kritischen Feststellung, daß dersoziale Staat, der seinen Mitläufern das versprochene Para­dies auf Erden nicht bringen konnte, wenigstens in der Wohnfrage seinen guten Willen bezeugen mußte. Jeden­falls aber fehlte allen diesen Unternehmungen des überwundenen Systems die große positive Linie, den Menschen enger an den Heimatboden zu knüpfen und ihn damit für den Staat und spätere Generationen seelisch und körperlich gesund zu erhalten. Auch die landwirtschaftliche Siedlerfrage mußte aus gleichen Gründen Stückwerk bleiben. Man siedelte zwar auch. Aber man gab dem angesetzten Siedler keine Exi­stenzmöglichkeit. Das unbeschreibliche Elend je­ner Siedler ist hinlänglich bekannt. Der nationalsozia­listische Staat brachte die Abkehr von diesen bürokra­tischen Schreibtischmethoden. Er faßt die gesamte Sied­lungs= und Agrarfrage von der seelischen Seite her an, in der Erkenntnis, daß nur solche Volkselemente aus den Städten ins Land zurückverpflanzt werden können, die neben einer landwirtschaftlichen Eignung die Vorbedingungen für Seßhaftigkeit und Bodenstän­digkeit mitbringen: die ewige Hingabe an Vaterland und Heimatboden. Daß die Siedlungspolitik obendrein eine sehr wichtige soziologische Seite hat, ist selbstver­ständlich. Es gilt, das platte Land als Kraftreser­

voire und Nachschubdepots für die volksverzeh­renden Städte zu erhalten. Hierzu aber ist ein groß­zügiger Schutz der Bauernschaft notwendig. Weitgrei­fende Gesetze sind in diesem Sinne schon getätigt. Be­sonders in Preußen. Aber auch das sind nur Anfänge. Damit aber der Bauer und seine Nachkommen dem Lande erhalten werden und ihnen der Reiz zur Ab­wanderung in die Stadt genommen wird, muß ihm die bestmögliche Existenzgrundlage gegeben werden.

Schon beginnt der deutsche Bauer dies zu fühlen. Wenn man heute die Dörfer Mittel­deutschlands und der Kurmark durchreist, stellt man mit Freude fest, wie der bisherige verbissene Grimm lang­sam im Schwinden ist und wie der deutsche Bauer wieder mit frohem Mut an seine schwere Arbeit geht. Selten hat man wohl in Deutschland während der letz­ten fünfzehn Jahre soviel freudige Augen gesehen, so­viel Erntelieder gehört. Die Zuversicht ist auf­gewacht. Und fragt man sich weshalb, so findet man keine reale Antwort. Mit dieser inneren Wand­lung geht es wie mit dem ewigen Wunder von Saat und Ernte. Wer sät, muß gläubig sein. Wer erntet, muß Dank sagen können. Auch diese Gläubigkeit wohnt im deutschen Bauern. Immer strahlte sie von hier auf die übrigen Volksteile aus. Es ist darum nicht ver­wunderlich, wenn der Nationalsozialismus, als Welt­anschauung und als Glaube, bei den einfachen Menschen den stärksten Widerhall fand und sich von hier aus die großen Städte eroberte. Mit nüchternen Zahlen ist die Größe der deutschen Wandlung nicht zu errechnen. Es