Nr. 179) 40. Jahrgang
Dienstag, 1. August 1933
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Ntriche nriht un Hioiche Sicherhen“
Rundfunkansprache des Legationsrats Dr. Schwendemann— Es gibt nur einen Weg zum Vertrauen: praktisch gleiches Recht in der Wehrfrage für alle
Berlin, 31. Juli.
Am Montag abend sprach über den Deutschlandsender Legationsrat Dr. Schwendemann über „Deutschlands Anspruch auf gleiche Wehr und gleiche Sicherheit". Er führte u. a. aus:
„Die Verbindung zwischen der sofortigen Abrüstung der Besiegten und der zukünftigen allgemeinen Abrüstung wurde in einer Einleitung zum Teil V des Versailler Vertrages ausdrücklich festgelegt. Die deutsche Abrüstung ist somit vertraglich nur eine Vorleistung Deutschlands auf die allgemeine Abrüstung. Trotzdem ist praktisch hinsichtlich der allgemeinen Abrüstung nichts geschehen, wohl aber ist die Abrüstung zeutschlands, Oesterreichs, Ungarns und Bulgariens von den Siegern verlangt und unter ihrer Kontrolle durchgeführt worden.
So entstand in Europa eine Lage wehrpolitischer Ungleichheit, wie sie in der Weltgeschichte ohne Beispiel ist.
Rings umher erheben sich Befestigungen, deren Geschütze ungehindert weit in deutsches Land hinein Zerstörung tragen können, stehen Tausende von Flugzeugen bereit. die jederzeit die deutschen Städte risikolos mit Vernichtung zu bedrohen vermögen, ist ein gewaltiges Kriegsmaterial aufgehäuft und sind Millionen von waffengeübten Männern vorhanden, die jederzeit in Marsch gesetzt werden können, um den deutschen Lebensraum von allen Seiten zu überfluten.
Welche Garantie, welche wirkliche Sicherheit haben wir gegen ähnliche Gewaltakte wie die Ruhrbesetzung und die Besetzung des Rheinlandes, solange unser Land abgerüstet inmitten hochgerüsteter Staaten liegt?
Seit eineinhalb Jahren dauern mit Pausen die Verhandlungen der Abrüstungskonferenz. Sie haben bei den hochgerüsteten Staaten keine Kanone, kein Maschinengewehr und keinen Soldaten beseitigt. Nur eines hat die Konferenz hinsichtlich Deutschlands gebracht: die deutsche Gleichberechtigung wurde in aller Form als zu verwirklichender Grundsatz anerkannt.
Die deutsche Abordnung auf der Abrüstungskonferenz hat die Verwirklichung der Gleichberechtigung in den Mittelpunkt ihres Denkens und Handelns gestellt. Wir haben die Abrüstung der anderen nach denselben Maßstäben und Methoden gefordert, die bei uns angewandt worden sind. Die Gegenseite versucht uns deshalb zu verdächtigen und moralisch zu isolieren, indem sie sagt, wir wollten aufrüsten. Daruf gibt es nur eine Antwort:
Nicht wir wollen aufrüsten, sondern ihr wollt nicht abrüsten und wollt außerdem noch das Recht auf Gleichberechtigung und gleiche Sicherheit abstreiten. Wollt ihr nicht abrüsten, so muß unsere Sicherheit eben mit denselben Mitteln gewährleistet werden, die ihr für euch selbst in Anspruch nehmt. Die Verantwortung dafür fällt nicht auf uns, sondern auf euch.
Es wird eine geradezu hemmungslose Hetze gegen uns wegen angeblicher Aufrüstung getrieben. Täglich bringt die französische und englische Presse eine Reihe von Sensationsmeldungen über angebliche militärische Maßnahmen und Kriegsvorbereitungen in Deutschland. Die Schlußfolgerung, die besonders von der französischen Presse aus diesen Sensationsmeldungen gezogen wird, ist die Forderung, in Deutschland müsse schnellstens eine scharfe internationale Rüstungskontrolle durchgeführt werden. Eine solche Kontrolle denkt man sich in Paris anscheinend auf Grund der Abrüstungsbestimmungen des Friedensdiktats.
Solche Forderungen klingen wahrhaftig wie Stimmen aus einer vergangenen Epoche deutscher Erniedrigung. Es gibt offenbar in Frankreich romantische Gemüter, die sene Tage, in denen Kommissionen ausländischer Offiziere in Deutschland herumreisten und die Zerschlagung des gesamten deutschen Rüstungsapparates durchführten, nicht vergessen können erläßt, und sich nach deren Wiederkehr sehnen. Sie haben offen
land könne Frankreich keinerlei Abrüstungsmaßnahmen zustimmen. Hat man Deutschland, als man es entwaffgete, gefragt, ob es Vertrauen zu seinem Nachbar habe? Hat man an Deutschlands Sicherheit gedacht, als man ihm seine Waffenrüstung auszog? Wie will man zu Vertrauen gelangen, wenn man selbst Mißtrauen mit vollen Händen
sät? Es gibt nur einen Weg zum Vertrauen in Fragen von Rüstung und Abrüstung. Er besteht darin, daß endlich praktisch gleiches Recht in der ehrfrage für alle geschaffen wird.“
Seldte zum SA.=Obergruppenführer ernannt
Berlin, 31. Juli
Der Stabschef der SA., Röhm, richtete an den Reichsminister Franz Seldte folgendes Telegramm: „Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, daß Sie der Führer heute mit dem Dienstgrad eines SA.=Obergruppenführers unter Zuteilung zum Stabe des obersten SA.=Führers beliehen hat.“
Erstmalig ist innerhalb der NSDAP. eine Persönlichkeit, die erst vor kurzem zum Nationalsozialismus
übertrat, auf diesem außergewöhnlichen Wege zum Obergruppenführer ernannt worden. Adolf Hitler gibt mit dieser Ernennung dem Gefühl engster Verbundenheit mit seinem Mitarbeiter Seldte Ausdruck, was im Stahlhelm einen freudigen Widerhall ausgelöst hat. Dadurch, daß die Führung des Stahlhelms jetzt äußerlich noch enger an den Führer gebunden wird, nachdem die seelische und geistige Brücke zwischen den beiden Sturmtruppen der nationalen Revolution längst geschlagen war, wird der Stahlhelm durch die Berufung seines Führers sozusagen zu einem lebendigen Glied der großen nationalsozialistischen Bewegung. Mit der Offenheit, die dem Führer des neuen Deutschlands stets zu eigen war, gibt Adesf Hitler auch in dieser besonderen Form seiner Ueberzeugung Ausdruck, daß fortan der Stahlhelm mit der alten SA. und der SS. als ungeteilte Kampfformation für die Freiheit und die Erneuerung des deutschen Volkes Schulter an Schulter marschiert. Bisher haben den Rang eines Obergruppenführers nur der Reichsführer der SS. Himmler, der preußische Ministerpräsident Göring, der Chef des nationalsozialistischen Kraftfahrwesens Hühnlein und die acht Führer der Obergruppen der SA. inne.
Große Expiosioni einem BrümnerHotel
Eine Hotelfront stürzte auf die Straße— Bisher 5 Tote geborgen— 39 Personen verletzt
„ Brünn, 31. Juli.
Hotel„Europa“ ereignete sich heute früh um .45 Uhr eine Explosion, die in der ganzen Stadt zu hören war. 60 Meter hohe Flammen schlugen aus dem Gebäude heraus. Die eine Front des vierstöckigen Eckhauses stürzte mit ungeheuerem Getöse auf die Straße. Durch die Explosion wurden auch die Tragpfeiler des Hauses stark beschädigt, so daß Einsturzgefahr besteht. Die Gewalt der Explosion war so furchtbar, daß in den umliegenden Häusern nicht nur die Fensterscheiben zertrümmert und Fensterrahmen herausgerissen, sondern auch der Mörtel von den Wänden bis auf die Ziegelsteine abgerissen wurde. Bisher sind die Leichen einer Frauund eines Kindes von der Feuerwehr geborgen worden.
Der Polizeibericht meldet folgende Einzelheiten: „Die Explosion vernichtete vollständig den einen Trakt des Hauses, in dem sich das Hotel befindet. Das Haus ist sozusagen in zwei Teile gespalten worden. Durch das herabstürzende Mauerwerk wurden drei Passanten verschüttet; ein Arbeiter, der im Augenblick der Explosion einen Handwagen durch die Straße, in der sich das Hotel befindet, zog, wurde schwerverletzt aus den Trümmern geborgen. Er starb auf dem Wege ins Krankenhaus. Außer ihm wurden sieben Personen schwer verletzt und ins Krankenhaus eingeliefert. Eine von ihnen liegt im Sterben. In den Krankenhäusern besinden sich weitere 32 Leichtverletzte, außerdem 11 Feuerwehrleute.
Ueber die Ursache der Explosion ließ sich nur feststellen, daß es sich um keine Gas= oder Kesselexplosion handelt. Die Explosion erfolgte in dem Hotelzimmer Nr. 7, in dem ein Angestellter Adolf Bauer aus Mährisch- Ostrau mit Frau und Kind wohnte. Es wurde festgestellt, daß es sich offenbar um einen fingierten Namen handelt. Bauer befindet sich weder unter den Verletzten, noch sah ihn jemand das Haus verlassen. Er dürfte sich mit Frau und Kind unter den noch nicht geborgenen Toten befinden.“
Eine spätabends ausgegebene Mitteilung besagt: Die Explosionskatastrophe im Hotel„Europa“ scheint jetzt ihrer Aufklärung entgegenzugehen. Im Laufe des Tages wurden der 31jährige beschäftigungslose Lauassistent Zdenko Knop, die 23 Jahre alte Irma Zwieselbauer und ihr acht Wochen altes Kind als vermißt gemeldet. Die Schrift der Eintragung des angeblichen Adolf Bauer in das Fremdenbuch des Hotels„Europa“ stimmt mit jener des vermißten Knop überein.“ Knop, der mit der Zwieselbauer seit vier Jahren ein Liebesverhältnis unterhielt, hat offenbar mit ihr gemeinsam Selbstmord verübt und dabei die Explosion verursacht. Man nimmt an mit einer Ekrasitpatrone. Aus den Schuttmassen konnten im Laufe des Tages noch zwei Tote geborgen werden: eine Frau und ein Mann, die im Augenblick der Katastrophe am Hotel vorübergingen und durch herabstürverletzte zendes Mauerwerk getötet worden. Damit konnten bis setzt fünf Tote aus den Trümmern geborgen werden.
„Rein in Ehr und Wehr“.
Der Kyffhäuserbund zum 19. Jahrestag des Kriegsausbruchs Der 2. August künftig als Ehrentag des deutschen Soldaten?
wieder an den Ehrenplatz stellen, der ihm
in der
dar nicht begriffen, daß inzwischen sich einiges Welt und vor allem in Deutschland geändert hat.
Kann irgend jemand glauben, daß eine einseitige Kontrolle Deutschlands von der deutschen Regierung angenommen oder angesichts des deutschen Volkswillens praktisch überhaupt durchführbar wäre? Vor solchen Illusionen muß man dringend und mit aller Deutlichkeit warnen. Ee gibt nur noch ein Vorwärts zu einem Zustand der Llsichtherechtigung und der gleichen Rüstungsfreiheit oder Rüstungsbeschränkung für alle Staaten.
allen Ernstes jenen im Ausland, die noch von einseitiger Rüstungskontrolle Deutschlands reden, die Frage vorlegen, was sie damit eigentlich beabsichtigen. Wer solche Forderungen aufstellt, will wußt nicht Verständigung, sondern Zeindschaft, nicht Vertrauen, sondern Mißtrauen. Deuis=liegt die Gefährlichkeit der zur Zeit gegen Faftschland gerichteten Propaganda wegen angeblicher koniranz“s und mit dem Ziel einer deutschen Rästungsder..s Aus Frankreich dringt zu uns immer wieder *. Auf, nach Sicherheit. Ohne Vertrauen zu Deutsch
Berlin, 31. Juli.
Der Präsident des Deutschen Reichskriegerbundes Kyffhäuser, General der Artillerie a. D. von Horn, wie die Hauptpressestelle des Kuffhäuserbundes mitteilt, zum 19. Jahrestage des Kriegsausbruchs (1. August) folgende Kundgebung:
„Zum 19. Male jährt sich heute der Tag, an dem das deutsche Volk in Waffen den Marsch in den Verteidigungskrieg antrat. Weder Greuelmärchen noch die völlig enthüllte Lüge von der Schuld Deutschlands an diesem größten aller Kriege werden vor der Geschichte Bestand haben. Rein in Ehr und Wehr hat die alte deutsche Armee in diesen 4½ Jahren gekämpft. Sie ist unsterblich geworden durch den Ruhm ihrer Tapferkeit, ihrer Leistungen und ihrer Disziplin.
Das einige völkische nationale Deutschland, das der Frontsoldat Adolf Hitler nach heißem Ringen im 14. Jahre nach Beendigung dieses Krieges schuf, ist die Erfüllung aller Frontsoldaten. Der Volkskanzler ist der Vollstrecker unseres Glaubenstestaments. Darum stehen wir in engster Frontverbundenheit zu ihm und seinen Kämpfern, die den Sinn dieses Krieges zum Wohle Deutschlands zu Ende führen. Unter der Führung Adolf Hitlers werden nun die Nöte der Kriegsopfer anders gelindert werden als bisher. In seiner Regierung herrscht der Frontgeist des Pflichtbewußtseins und der Kameradschaft. Sie wird den
Soldaten gebührt.
Unser großer deutscher Soldatenbund, der sich freudig bekannt hat zum Staate Adolf Hitlers, hofft, daß in künftigen Jahren der 2. August(der 2. August war der erste Mobilmachungstag. Schriftleitung) als besonderer Tag des deutschen Soldaten auch äußerlich zum Ausdruck bringt, daß das ganze nationalsozialistische Deutschland durchdrungen ist von dem Worte seines Führers:„Mögen Jahrtausende vergehen, so wird man nie vom Heldentum reden, ohne des deutschen Heeres des Weltkrieges zu gedenken!"
Ehre dem Soldaten, der Gut und Blut für sein Volk eingesetzt hat!“
4000 Menschen ertrunken
Schanghai, 31. Juli. Infolge riesiger Ueberschwemmungen sind in der chinesischen Provinz Schensi über 4000 Menschen ertrunken. Die Flüsse King und Wei sind kilometerweit über die User getreten und haben den Bezirk von Kwanschung fast völlig unter Wasser gesetzt. Die Fluten haben ganze Dörser einfach hinweggerissen. Hunderttausende von Einwohnern sind obdachlos.
Zum 1. August
Heute vor neunzehn Jahren mußte Deutschland den Waffen greifen, am 1. August 1914 wurde die Mobilmachung angeordnet, der 2. August 1914 war der erste Mobilmachungstag. Wir. die wir damals dem Rufe des obersten Kriegsherrn folgten, wollen uns heute nochmals Rechenschaft ablegen, wir wollen, um auch ferner vor unserem Gewissen bestehen zu können, wägen und prüfen, was uns damals, und wir leugnen nicht unsere Begeisterung, zu den Waffen trieb. Mögen andere Völker die Rechtfertigung ihres Tuns allein im Erfolge sehen— wir Deutschen nicht. Es widerspricht dies unserem Wesen, wir bedürfen immer noch einer tieferen Rechtfertigung.
Die feindlichen Staaten haben schon lange vor diesem Kriege die ganze Welt gegen Deutschland einzunehmen versucht, und leider blieben sie damit, wie sich 1914 zeigte, nicht erfolglos. Insbesondere waren es die alten Wirtschaftsvölker, die sich gegen uns wandten. und hier vor allem England. Um den gefährlichen deutschen Konkurrenten zu schwächen und aus seinen wirtschaftlichen Stellungen womöglich zu verdrängen, verbündete es sich mit dem französischen Imperialismus, über dessen Beweggründe gegen Deutschland es keines Wortes weiter bedarf. Beide wiederum, und dies war das Sinnlose an jener Koalition, fanden im zaristischen Rußland ihren mächtigen Helfer. So geriet Deutschland in jenen Zwei=Fronten=Krieg, bei dem die feindliche Seite in jeder Hinsicht von vornherein hoch überlegen war. Welch ein anderes Volk hätte es angesichts dieser Sachlage überhaupt wagen dürfen, sich zum Kampfe zu stellen?
In der Tat, es bedurfte hierzu schon einer tief verwurzelten Ueberzeugung, daß das Recht unbestreitbar auf unserer Seite lag. Wir meinen dabei nicht die im internationalen Leben gelienden formulierten Rechtsthesen. Wir meinen jenes Recht, das mit den Völkern geboren ist: ihr Recht auf Leben ihr Recht auf Behauptung und ihr Recht auf Wachstum. Wir sind in der abendländischen Welt ein zu spät gekommenes Volk. Blut und Boden sind das Schicksal der Völker, und deutsches Schicksal ist, daß deutsches Blut fruchtbarer ist als deutscher Boden.(August Winnig.) Der wirtschaftliche Ausweg aus der Gefahr unserer Uebervölkerung war, die Industrialisierung, und die soziale Behauptung unserer ins Proletariat abgestürzten Bauernsöhne und stöchter hing davon ab, inwieweit wir auf dem Weltmarkte Fuß faßten. Was man dann deutschen Wirtschaftsimperialismus genannt hat, gegen den sich die alten Wirtschaftsvölker der abendländischen Welt schärfer und schärfer wandten— es war sehr viel weniger ein Ausdruck des natürlichen Profitstrebens des deutschen Untenehmertums: seine eigentliche Antriebskraft war der Lebenns= und Wachstumswille unseres Volkstums, insbesondere seiner Massen der Arbeiter und Angestellten. Anfang 1914, so erzählte einst August.„Winnig, machte ihm der französische Gewerkschaftsführer Jouhaux in Paris auf einem Kongreß schwere Vorwürfe, daß die deutschen Gewerkschaften den kaiserlichen Imperialismus mehr und mehr unterstützten, statt ihn immer entschiedener zu bekämpfen. Was wollt ihr Deutschen eigentlich, warum stört ihr uns und die anderen Völker überall in der Welt— so etwa entrüstete sich der Franzose. Wir— antwortete ihm der Deutsche— unterstützen damit nicht unsere Kapitalistenklasse, wir verfechten die Sache des deutschen Proletariats. Es ist von vornherein ein grundsätzlicher Unterschied zwischen dem Imperialismus Deutschlands und dem der anderen Völker. Sie alle treiben weltwirtschaftlichen Imperialismus, um ihre Lebenshaltung immer höher zu steigern, wir Deutschen hingegen, um nicht in einen Dauerzustand des Entbehrens und des Siechtums zu geraten. Damit, wahrlich, war alles gesagt. Und wie der Mensch, der im Ueberfluß lebt, immer denjenigen schließlich haßt und bekämpft, der aus seinem Mangel aufbegehrt und am Reichtum dieser Welt wenigstens soviel Anteil haben will, daß er auskömmlich leben und bescheiden aufsteigen kann, so auch im Leben der Völker. Deutschland sollte das zu spät gekommene Volk bleiben, es sollte für alle Zeit gleichsam der Proletarier der Welt sein, wie einst durch die Jahrhunderte ohne, politisches Eigenleben, so sollte es nunmehr auch wirtschaftlich und sozial wieder in ein Nichts zurückgestoßen werden. Das war der Inhalt des Angriffs, den die feindliche Koalition 1914 offen begann. Es war ein umfassender, vom Vernichtungswillen getragener Anschlag gegen das Leben des deutschen Volkes, insbesondere gegen seine Arbeiter und Angestellten. Begreift man, warum diese Massen damals die sozialdemokratische Gedankenwelt so jäh verabschiedeten, still und entschlossen zu den Waffen griffen und sich viereinhalb Jahre hindurch so heldenhaft schlugen wie es bis dahin ohne Beispiel in der Weltgeschichte! Und begreift man, warum wir, die wir weder nach Herkunft noch Wesen als proletarisch angesprochen werden können, in diesen uns aufgezwungenen Kampf mit aller Kraft und mit aller Begeisterung marschierten! Wenn kürzlich in Berlin auf einer großen Kundgebung von dem Bündnis, von der unlösbaren Verbindung zwischen Arbeitern und Studenten gesprochen wurde— nun, sie entstand am 1. August 1914 und sie wuchs zusammen in den Gräben und Trichtern, in den Materialschlachten und Bajonettangriffen.
Wir verteidigten in diesem Kriege das, was Deutschland seit der Reichsgründung politisch und wirtschaftlich geworden war, wir schlugen uns für das Lebensrecht unseres Volkes. Das verlieh unserem Willen die Härte, unserer Kraft die Stärke, das befähigte uns die beispiellose Summe körperlicher und seelischer Belastungen zu tragen. Wir fühlten die tiefe sittliche Rechtfertigung dieses Widerstandes, denn, wenn ein Volk elementar in seinem Leben bedroht wird, so fordert das