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bestt, 8.4 mm doch, 25 bis; bei Anzeigen aus dem Rag.=Bez. Münster 20 Pig., aus der Stadt Münster 15 Pig.(ür Aktiengesellschaften uim., Vereins und Behörden 25 Pis.).
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bmit, 54 am bech, 1 unt.
Erse Ausgabe. 2. Blatt.
Samstag, 19. April 1913.
Dür Erzühler. Nr. 97.
Erinnerungen an den Sturm auf die Wiendenr Sbene.
Von H. Reddemann.
Die Erinnerungen an die große Zeit vor vierzig Jahren lassen uns die beiden Kriegsjahre 1884 und 1866 ganz vergessen. Auch diese Jahre sind wert, in unserer Erinnerung aufbewahrt zu werden. Obwohl auch der Schreiber dieser Zeilen 1870/71 mitgemacht hat, so sind doch seine Erlebnisse in den beiden vorher mitgemachten Feldzügen für viele Kameraden und auch für den Laien teilweise von großem Interesse.
k. Dorf Düppel und der Sturm auf die Düppeler Schanzen.
Sanonerdanner hallte uns von den Schanzen Düppels am 17. März 1864 entgegen. Mittags ging's im Geschwindschritt, von Gravenstein aus, den 1½ Meilen weiten Weg bergan. Galt es doch, unsere Kameraden, welche im Gefecht waren, zu unterstützen. Fort ging's üder Acker, Wiesen, durch angeschwollene Bäche hindurch, auf Dorf Düppel zu. Ein heißes Ringen um das Dorf fand statt, es war der Befehl gegeben: Dorf Düppel wird genommen!
Von den Schanzen 10, 11 und 19 sausten die schweren Geschosse unaufhörlich in unsere Stellung. Zwei Kompagnien wurden vorgezogen, Mann gegen Mann entbrannte der Kampf. Der Feind zog sich zurück. Wir nahmen das Dorf. Vorwärts, weiter vorwärts! Der Zeind zog sich auf die Schanzen zurück. Wir brachen das Gefecht ab und besetzten die hinter uns liegenden Knicks(Erdwälle mit Gesträuch bewachsen, welche jeden Acker einsäumen). Hierbei war ein verwundeter Kamerad ungefähr hundert Schritte vor uns auf dem Felde llegen geblieben. Als ein Graf Corinini vom österreichischen 54. Infanterie=Regiment, welcher den Feldzug freiwillig mitmachte, ihn sah, legte er seinen Degen auf den Knick, ging mit hochgehobenen Armen vor, lud ihn auf den Rücken und brachte ihn zurück hinter die Deckung. Obwohl der Graf von vielen Kugeln umsaust wurde, welche auf den wehrlosen Mann gerichtet waren, blied derselbe doch unversehrt. Der brave Offizier wurde von uns allen hochgeehrt.
erst hatten wir einen Uderblick über den Kampfplatz. Fürchterlich war es anzusehen, wie die hingestreckten Kameraden besonders in der vordersten Reihe lagen. Hatte doch das Verhalten der Dänen nicht unerheblich zu unseren Verlusten beigetragen. Bei unserm Angriff in Zugfront stehend, warfen sie plötzlich die Gewehre fort und standen mit hocherhobenen Armen da, zum Zeichen, daß sie sich ergeben wollten. Als aber die Unsern, welche auf sie zugingen, um sie als Gefangene abzuführen, auf fünfzig Schritt heran waren, nahmen sie die Gewehre schnell wieder auf, und eine volle Ladung bekamen die Unsern ins Gesicht. Die Lübdener Jäger kamen zu Hilfe, und keiner der Fanatiker verließ den Platz. Hier hatte ein Kamerad im Todeskampfe den Rock aufgerissen, dort hatte einer die Finger in den Erdboden gekrampft; dort lag der Oberkörper mit dem schönen Kopfe und dem mächtigen, langen schwarzen Barte, eines uns allen bekannten Obersägers; die übrigen Körperteile hingen in Fetzen im Gebüsch herum. Ein grauenvoller Anblick. Eine Granate hatte hier ihr Werk getan.
umn 35 Bact dackte bald mit ihrem Dunkel allen Jammer zu.
Sen. i2, 833., nachts wurden neue Doppelposten vorgezogen. Offiziere führten diese an die Stelle, wo sie stehen mußten. Kamerad Richter und ich bildeten einen Doppelposten; wir unterhielten uns flüsternd. Ringsumher nichts zu erkennen. Wir standen noch, als der Morgen graute; hatte man uns vergessen? Schon nehmen die Gegenstände um uns Formen an. Ein trauriger Anblick überall: zerstreute Waffen, Tornister, Käppis, Brotreste, ein halber Küse, Feldflaschen und vieles andere. Totenstille überall! Da nahten Schritte. Halt! wer da?— Patrouile! Ein Offizier und zwei Mann näherten sich uns. Der Offizier erkannte mich, es war der Reserveleutnant Pochhammer. Er war so liebenswürdig gewesen, gelegentlich in einer Depesche an eine Verwandte in Berlin auch meinen Eltern von mir einen Gruß zu senden. Endlich wurden wir zurückgezogen und konnten uns nun in einem Bauernhause ein paar Stunden niederlegen. Bald hatte uns ein tiefer Schlaf über alle Trauer hinweggeholfen. Am Nachmittage bekamen ich und Richter den Auftrag, in dem Winkel zweier Knicks Poften zu stehen. Dort angekommen, legten wir uns nieder. Wir hatten hier den äußersten dänischen Posten vor uns. Auf nicht 150 Schritte sahen wir uns Auge in Auge! Schließlich mußte dem einen Dänen wohl unsere Ruhe langweilig werden, er machte uns eine lange Nase und zeigte uns schließlich seine Rückenansicht in nicht mißzuverstehender Weise. Ich ärgerte mich darüber und ersuchte Richter, auf den Mann einen Schuß abzugeben. Wie ein Frosch hüpfte der Kerl auf allen Vieren davon. Auf Vorposten durfte aber, nicht geschossen werden; die Folge davon war, daß bis nach
Gravenstein die Truppen alarmiert wurden. Wir wueden abgelöst, ich bekam vom Hauptmann Windell eine kräftige Standrede, mein Freund Richter aber einen preußischen Taler. Später sagte mir mein Hauptmann, er hätte an meiner Stelle ebenso gehandelt.
Gegen Abend Uöste uns des 8. Leidregiment, frisch aus Krankfurt a. d. O. kommend, ab. Die Leute sahen alle sauber und neu aus! Wir aber lagen schon 2½ Monate vor dem
Beschrgaise har. elbernotwendigster
Uen en unb heimn dens in Oucth dünt Bl atte hier der Gerliner Witz und Humor sich betätigt, jedes aus hatte einen Namen bekommen: Zum Schmottopp, zum
blutigen Knochen, zum verl...... Füsilier, Orpheum, Kriegs
schauspielhaus, hier wird umsonst barbiert, zum Nudeltopp usw.
Gehöften waren aus Pflugscharen und darauf
esche ece ehicn esche
und heiter, so wie der Frühlingssonnenschein!
Die frohe Zeit war bald zu Ende, es ging zurück nach Gravenstein. Nun hieß es: die Schanzen sollen genommen werden. Es wurde das Stürmen geübt, an Palisaden mußten wir hochklettern usw., gerade keine angenehme Beschäftigung. Zwischendurch wurden Faschinen gebunden, wozu Strauchwerk aus dem Eckernsunder Grunde hervorgeholt wurde. Die zwölf Schanzen auf der Düppeler Höhe, welche vom Wemmingbunde bis zum Alsensund hinüberreichten, waren nun unser Ziel. Spitzhack= und Spaten traten in ihre Rechte. Oberhalb der Büffelkoppel wurde mit dem Ausheben der Laufgräben begonnen. Tag und Nacht wurde gearbeitet. 48 Stunden hintereinander waren die Mannschaften kommandiert, davon 94 Stunden ale Arbeiter, die übrige Zeit zur Sicherung als Wachtposten. Dann 24 Stunden Ruhe. Weiter und immer weiter ging es vorwärts. Die erste Parallele war bald fertig. Weiter vor: im Zickzack hin und her. Bald wurde auch die zweite Parallele ausgehoben. Wir müssen noch weiter heran. Wieder das rastlose Arbeiten bis zum Abend des 12. Aprll. In dieser Nacht gingen Offiziere vor und gaben die Richtung der dritten Parallele an. Lautlos folgten einige hundert Mann, die sich schnell in die Erde eingruben, den Boden nach vorn zur Deckung aufwersend. Dann wurde von einem Loch zum andern die Verbindung hergestellt, und die dritte und letzte Parallele war angefangen. So lautlos es beim Vergehen und Arbeiten herging, wurden wir doch von verschiedenen Geschützlagen überschüttet. In dieser Nacht fiel auch Major v. Jena vom 60. Regiment.
Diese Parallele lag nur noch 200 Schritt von den Schanzen. Nun hieß es, die Parallele ausbauen, denn in ihr sollten sich die Sturmkolonnen aufstellen. Am 17. April war diese Arbeit beendet. Die zum Sturm ausgelosten Kompagnien hatten Ruhezeit gehabt. Unsere 1., 11. und 12. Kompagnie 64. Infanterie=Regiments Prinz Friedrich Karl von Preußen waren nu ausgelost. Drei andere Kompagnien vom Schwesterregiment Nr. 24 bildeten mit uns eine Sturmkolonne. Gegen Abend des 17. April marschierten wir von Gravenstein aus nach der Büffelkoppel. Hier wurden die Baracken bezogen. Alles legte sich zur Ruhe nieder, mancher um seinen letzten Schlaf zu tun. Am 18. April, 1 Uhr früh, wurden wir geweckt. Außer den Waffen wurden nur der Mantel und das Kochgeschirr mitgenommen. In Reihen, immer zwei Mann nebeneinander, ging's lautlos in den Laufgräben vorwärts. Bald hatten wir eine Stelle erreicht an welcher immer zwei Mann ein Bund Stroh erhielten. Weiter vorwärts ging's! An einer andern Stelle erhielt ein jeder einen Sandsack, 50—60 Zentimeter lang und 15 Zentimeter im Durchmesser. Langsam wurde die zur dritten Parallele vorgerückt. Ein Strohlager nahm uns auf, und bald konnten wir noch einen Nachschlaf halten. Plötzlich um 4 Uhr morgens fingen unsere Batterien an zu feuern. 96 Feuerschlünde sendeten ihre schweren Geschosse unaufhörlich gegen die Schanzen. Der Erdboden erzitterte, vom Deckungswall rutschte die Erde ab und fiel auf unsere Köpfe. Im Bewußtseln des baldigen Sturmes schrieb mancher einen letzten Gruß in sein Taschenbuch. Hauptmann Windell fragte mich, ob ich mein Testament mache. Nur einen letzten Gruß an meine Eltern und Lieben, antwortete ich.
Fünf Stunden hatte der Kanonendonner schon angehalten. Wir stellten uns an der Ausfallstelle auf, wo Stufen von Faschinen aus dem Werk herausführten. Unsere drei Kompagnien und drei vom 24. Regiment standen bereit. Wir wußten, daß Schlag 10 Uhr die Geschütze schweigen würden. Ruhe vor dem Sturm trat ein, dann hieß es: Vorwärts! General von Manstein klopfte mich auf die Schulter und sagte: „Haltet euch brav, Brandenburger!“ Ich stand im ersten Gliede auf dem rechten Flügel des Schützenzuges. Wir hatten den Sandsack auf der linken Schukter, das Gewehr in der rechten
vir zum Sturm vor. Kaum
62. Jahrgang. Nr. 302.
Hauptmann Windell hatte die Mütze verkehrt aufgesetzt, den Schirm nach hinten, und trug auch ein Gewehr. Unfere erste
Kompagnie hatte große Heusäcke, wohl bis 2 Meter lang, 1 Meter breit und 50 Zentimeter dick, um Wolfsgruben und andere Löcher auszufüllen. Andere Leute trugen Bretter. Fort gings über Eggen, deren Spizen nach oben standen, und spanische Reiter hinweg und durch Drahtzäune hindurch. In kurzer Zeit hatten wir die Schanzen erreicht. Hierauf eing'e über den Jußeren Wall an den gedeckten Weg! Nun wurden die Bretter von dort nach den im Graben stehenden Palisaden geworfen. Über die Bretter sollte es hinweggehen. Eden setzte ich den Fuß darauf, als ein Kamerad mich am Arm packte und zurückrig, er drängte vor, bekam eine Kugel in die rechte Seite und fiel in den Graben hinein. Ich fiel dem Manne nach. Inzwischen waren die Palifaden teilweise durchschlagen worden. Hauptmann Windell rüttelte mich auf und rief:„Schätzenzug sammeln!“—„Es ist ja alles durcheinander, Herr Hauptmann,“ sagte ich.—„Na, dann hinauf auf die Höhe!" befahl unser Hauptmann. Noch drei andere Kameraden unter Führung des Grafen Corinini erkletterten die Brustwehr, und bald war dit ganze Kompagnie oden. Hier hatten wir einen Überblick und feuerten in die Schanze hinein, wurden aber von einschlagenden Kugeln aus Schanze 4 arg bedrängt. Die aufspritzende Erde schlug uns ins Gesicht. Die Dänen zogen sich aus der Schanze, welche wir erstärmt hatten, zurück. Da sah ich hinter mir im Graben den Fahnenträger. Ich springe mit ein pter Sätzen hinunter und entreiße ihm die Fahne. Im Nu din ich wieder oben und mit den Worten:„Hier soll sich kein Däne mehr blicken lassen!“ pflanze ich die Fahne auf der Bruswehr auf. „Das war brav, Kamerad,“ sagte Graf Corinini zu mir. „Haben Sie noch einen Schluck?“—„Da müssen Sie aber niederknien, ich habe die Flasche unter dem Koppel festgeschnallt.“ —„Danke, ein guter Tropfen! So, nun rauchen Sie eine Zigarre!“ Ich nahm eine solche aus seiner Zigarrentasche, aber das Anrauchen brachte ich nicht fertig, ich zitterte zu stark.„Go, nun legen Sie sich wieder nieder, mit einer solchen Armee kann man die Welt erobern!“ So die Worte des Grafen. Er stand, den Säbel in der Hand. stets aufrecht, sein grauer Flauschpaletot, mit den Medalllen von Magenta und Solferino geschmückt, wor von verschiedenen Kugeln zerrissen; verwundet wurde der Österreicher aber nicht.
Oier von oben sah ich auch, wie der brave Feldwebel Probst 1. Kompagnie, mit der Fahne in der Hand, den Heldentod starb. Ein dicht vor ihm Uehenber Däne schoß ihn nieder. Küstlier Herrmann drehte das Gewehr um und ein wuchtiger Kolbenschlag schmetterte den Gegner zu Boden.
Im Innern der Schanze kand ich einen Artilleriesergeanten, welcher sich abquälte, den Mantel abzuziehen, er hatte eine Kugel in der Schulter sitzen. Schnell sprang ich zu, um zu helfen.„Ach bitte, helfen Sie dort den Armen, der so furchtdar stöhnt," dat er mich. Ich konnte diesem aber nur zu trinken geben. Dann mußten wir weiter, dem abziehenden Feinde nach, gegen den Brückenknopf. Hier wurden noch die meisten Gefangenen gemacht, denn die Fliehenden strebten ihm zu, um zu der Insel Alsen zu gelangen.
Gegen 2 Uhr Mittags sammelte sich unsere Kompagnie bei der Schanze 5. Es wurde festgestellt, wieviel Tote und Verwundete wir hatten. Darauf kommandierte der Hauptmann: „Stillgestanden!“, kam auf mich zu, nahm mich am Arm und führte mich vor die Kompagnie.„Feldwebel Ritter,“ sagte er, „der Mann ist der Erste, der zum Ehrenzeichen vorgeschlagen wird!“
Das war mein Ehrentag vor Düppel!
Hand. Punkt 10 Uhr gingen wir zum Sturm vor. Kaum hatten wir die Brustwehr der Parallele überschritten, als„wir ein furchtbares Feuer aus den Schanzen 8 und 4 erhielten. Das
Gewehr im Vorwärtsstürmen am Riemen mit den Zähnen festhalten, den Sandsack auf die rechte Schulter werfen, war das Werk eines Augenblicks. Wir wollten unsern Kopf schützen.
Kreuzschnäbel.
Von Hermann Lons.
Die Morgensonne steigt rund und rot über die verschneiten Kuppen; der Bergwald erwacht.
Lärmend fliegen die Krähen zu Tale, Häher flattern kreischend von Baum zu Baum, Goldfinken flöten im Unterholze, Zeisige zwitschern dahin, überall ertönt das Geklingel der Meise und das Gewisper der Goldhähnchen, zwischendurch auch das schneidende Gezeter der Amsel, die den zu seinem Bau schleichenden Fuchs erspäht hat.
Die Frostnebel weichen von der Bergwand, goldig erglänzen die Schneehänge, rosig färben sich die bereiften Fichten, silbern blitzt unter der Felswand der Wildbach. Da leidet es den Zaunkönig nicht, der im Ufergebüsche umherschlüpft; keck schmettert er sein Liedchen, und auch die Wasseramsel, die mitten im Bache auf einem gischtumrauschten Blocke sitzt, singt fröhlich die Sonne an.
Auf einmal singt es lustig hier aus dem Wipfel, und da und dort, hüben und drüben, nah und fern, laute und leise Locktöne erschallen, helle und tiefe, spitze und runde, und von Fichte zu Fichte fliegen rote und grünlichgelbe Vögel, hängen sich an die Aste, klettern an den Zweigen umher, schlüpfen dahinter, tauchen wieder auf, machen sich an den schimmernden Zapsen zu schaffen, zerklauben die größeren, kneifen die kleineren ab, sind emsig beim Fressen, putzen dazwischen ihr Gefieder, schnäbeln
o 5e, Ptschen, vunken sich ein wentz und haben sich als wört
. Kreuzschnäbel sind es die feltsamen Vögel, die dier zwischen Brut aufziehen. Über hundert Paare haben sich die Wand hier als Brutstätte gewählt. Unstet waren sie in kleineren Trupps seit dem Frühsommer umhergestrichen, hatten bald oben in den Bergen, bald unten im Lande geledt, bis um die Weihnachtszeit ein Flug die reich tragenden Fichten an dem sonnigen Abhange entdeckte und sich dort ansiedelte. Andere Rotten, die vorüberstrichen, fanden sich dazu, und wenn es auch anfangs ein großes Gezänke um die Weibchen und ein bitteres Gezerre um die Reststände gab, mit der Zeit vertrug man sich hierum und darum.
Schneidend pfiff oft der Wind an dem Hang entlang, wild wirdelte der Schnee und hüllte die Fichten ein: die Kreuzschnäbel kämmerte es wenig. So fest und dick blieb er auf den Zweigen nicht liegen, daß er die Samenzapfen verdeckte, und sobald die Sonne ein wenig schien, sangen die purpurroten Männchen den grünlichgelben Weibchen lustig ihre Lieder vor, und beide brachen bann fleißig dürre Reiserchen, Heidkrautzweige und Grasblätter für die Außenwand des Nestes, das sie dann mit Moos und Flechten auspolsterten, daß es so dick und so fest und so weich und so warm wurde, wie es nötig ist, daß der Frost nicht bis zu den Eiern gelangen konnte.
Gut versteckt waren die Rester auch in den dichten Zweigen und fest genug hineingebaut. Mochte der Schnee auch noch so hart treiben, er kam höchstens mit einigen seinen Stäubchen bis zu dem drütenden Weibchen hin. Und damit die Eler nicht kelt wurden, fütterte jedes Männchen sein Weibchen, so daß es nicht zu verlassen brauchte, als höchstens dann, wenn die Mittagssonne ganz warm schien und es sich sein Gefieder zurecht zupfte, es vom Harze reinigte und sich ein bißchen Bewegung machte. Während nun rund umher das Land im Schnee begraben lag und außer dem Gebimmel der Meisen und dem Gezirpse der Goldhähnchen oder einem Krähenschrei und einem Häherruf kein Laut zu hören war, entstand in den hundert und mehr verborgenen Nestern neues Leben.
Nun, wo der Winter nachts noch mit voller Macht hier am Berge herrscht, die Sonne aber schon größere Kraft hat und oft genug den Schnee über Mittag zum Tauen und Tröpfeln bringt, verlassen die jungen Kreuzschnäbel die Nester und wagen sich auf die Zweige hinaus, wo sie eng aneinandergedrängt sitzen, die einer der alten Vögel herannaht und sie girrend und mit den Flügeln zitternd sich ihm entgegendrängen, um sich den Schlund mit angequollenem Fichtensamen vollstopfen zu lassen. Der Frost macht hungrig, und so haben die alten Vögel von Sonnenaufgang bis zum Abend hin genug zu tun, um die drei oder vier immer freßlustigen Jungen satt zu machen.
Jeder von ihnen hat einen Fichtenzäpfen vor und zerspellt mit dem sonderdaren Schnabel die harten, festanliegenden Schuppen, löst mit der Zunge das winzige Samenkorn heraus und läßt es in den Kropf rutschen. Hier hängt ein altes Weibchen kopfüber an einem Zapfen und bearbeitet ihn, daß es in einem fort leise knistert und immerzu winzige Telle der Schuppen, wie Goldstaub blitzend, auf den Schnee am Boden wirbeln. der davon und von den abgestreiften Nadeln und Flechten schon ganz bunt gefärbt ist. Dort kneift ein purpurrotes Männchen einen kleinen Zapfen ab, trägt ihn mit dem Schnabel nach einem bequemen Ast und leert ihn da aus. Überall girren die hungrigen Jungen, hier und da und dort glttern sie mit den Flügeln, in einem fort rieseln die Nadeln herab, stäubt Schnee hinunter, rundumher ertönt das seltsame Locken der alten Bögel und ab und zu das lustige Gezwitscher eines Hahnes, der auf einem Wipfeltriebe sitzt, daß sein rotes Gefieder in der Sonne nur so leuchtet.
Noch eine oder zwei Wochen wird das lustige Treiben und das bunte Leben hier oben in den hohen Wipfeln anhalten. Dann aber, wenn die Sonne den Schnee von der Bergwand vertreibt, wenn der Seidelbast sich mit rosenroten Blütchen schmückt und der Nießwurz seine grünlichen Blumen entsaltet, wenn die Meisen sich auf ihre Lieder besinnen und der Fink zu schlagen beginnt, werden die jungen Kreuzschnäbel flügge sein und mit den Alten von dannen ziehen, irgendwohin, wo die Fichten genügend tragen. Heute werden sie da sein, morgen dort, und um die Zeit, wenn alle anderen Vögel sich seßzhaft machen und ihre Brut aufziehen, unstet und flüchtig hin= und herwandern wie die Zigeuner.
Irgendwo werden sie zur Winterszeit sich einen Wald suchen, oder unten im Lande, je nachdem hier oder dort der Fichtensamen gerät. Vielleicht werden sie in eine Gegend verschlagen im flachen Lande, wo sie sonst nicht leben, und wenn sie dort, um die Weihnachtszeit einen Wald mit unbekannten Farben und fremden Stimmen beleben, wird das Volk sie mit besorgten Mienen betrachten und meinen, sie brächten Krieg, Seuche und Teuerung.
Auflösung aus Nr. 56.
Bilderrätsel: Nationelle Schweinezucht.
50)
Arme kleine Anni!
Romen von H. Courth s-Madler.
„Kein— darein füge ich mich nicht, ich kann nicht von ihr lassen, kann nicht— und will nicht. Ein ödes, unvernünftiges Buchstabengesetz soll mich nicht um meinen höchsten Lebenswert bringen. Ich werde ihr folgen, sie zurückholen. Tonte Elisabeth, du weißt nicht, was mir dies Mädchen ist, wie ich es liebe. Ich habe gekämpft dagegen, mit aller Krast, so kange ich konnte. Jetzt kann ich nicht mchr. Ich lasse nicht von ihr. Wo ist sie hin— soge es mir, liebste, tenerche Kanke““
Frau von Saßznecs Augen waren voll Tränen.„Ich weiß nicht, wohin sie sich gewandt hat. Lies voch erst ihren Brief an mich, Nordert. Ach, wie bitter ist as für mich, daß ich dich in dirse Kämpfe stürzte, dich und das erme Kind. Ich hätte Anni nicht nach Saßneck bringen dürfen.“
Seine Augen strahlen auf.„Ach, darum sollst du dich nicht anklagen, das höchste Menschenglück hest du mir mit ihr ins Haus gebrocht.“
„Und das tiefste Leid,“ sagte sie leise. Dr las Annis Brief an Frau von Saßneck. Ald er demit zu Ende war, gab er ihn zurück.
„Ich werde sie trotzdem zu finden wissen, sie kann sich nicht vor mir verbergen!“ rief er heftig.
„Norbert— ich bitte dich, werde ruhig. Bedenke, was du tun willft. Anni hat in ihrem sicheren Empfinden die einzige Lösung getroffen. Es kann nicht sein, daß Ihr auch angehört,“ sagte Frau von Satzneck beschwörend.
„Wer mich von Auni trennen will, ist mein Zeind!“ zief er außer sich.
Sie seufzte tief auf.
„Ich will deiner Erregung dies tbrichte Wort zugute hal
ten, Norbert. Du kannst keinen besseren Freund haben, als mich. Unmögliches läßzt sich nicht vom Schiesal ertrotzen. Du bist sonst ein so vornünftiger, klerer Menschen. Komm doch erst wieder zu dir. Du kannst doch Saßzneck nicht aufgeben.“
„Wenn mir nur die Wahl bleibt zwischen Saßneck und Anni, so werde ich sicher nur Anni wählen. Glaub' doch nicht, des dieser Entschluß mich nichts gekostet hat, deß ich leichtsiunig gefaßt hobe. 5ch hön
gange doch mit ganzer
Seele an Satzneck. Aber mein Leben ist eine Halbheit, wenn ich ohne Anni weiterleben soll.“
Frau von Saßneck rang die Hände.„Mein Gott, wenn ich das hätte ahnen können, nie hätte Anni einen Fuß nach Saßnock gesetzt.“
Er faßte ihre Hand.
„Vergiß mein Wort von vorhin, Tante Elisabeth— ich
weiß, daß du mein treue Freundin bist. Und mache mir keine Vorwürfe. Das Schicksal hatte Anni und mich schon in Wiesbaden zusammengeführt. Es sollte so sein. Und ich danke dir, daß du Anni nach Satzneck brachtest. Du liebst sle doch auch, kennst ihr ganze holdselige Art. Ost sie nicht ein Kleinod, um das man selbst einen Besitz wie Saßt Se ad g bingeden lann?“
Sutzneck
alte Dame atmete schwer.
„Sie ist ein selten wertvoller und liebenswerter Mensch, und für den Mann, der sie liebt, sicher ein unschätzbares Kleinod. Aber lieber Norbert, mancher hat schon schweren Herzens seiner Liebe entsagen müssen, um seiner Pflicht nicht untreu zu werden,“ sagte sie ernst und schwer.
„Pflicht? Ja— gegen wen habe ich denn Yöhere Pflichion als gegen mich selbst? Gegen mein Geschlecht, meinen Namen? Was ist denn das anders, als ein toter Begriff, ein Phantom. Die Welt wird nicht in Trümmer gehen— es wird nicht einmal ein Vogel vom Baume fallen, wenn ich Schloß Saßueck vom letzten Saßzueck treume. Meinen Namen kann ich auch so fortpflanzen.“
Frau von Saßznack richtete sich auf und soh ihm ernst in die Augen.
„Ja, das kannst du. Und wenn dich dann dein Sohn eines Tages fragt: Wo ist das Erbe meiner Bäter geblieben? Wer hat es mir genommen? Was willft du dann antworten? Wie wird dir sein, wenn du sagen mußtso: Ich habe dich um deinen Besitz gebracht!“
Norbert fuhr sich über die heiße Stien.
„Quäle mich nicht, Tante Elisabeth!“ rief er heifer.
„Ich muß es tun, Norbert. Stände mein Sohn heute vor mir mit der gleichen Prage, ich könnte nicht anders zu ihm sprechen, wie ich zu dir. Oe tut mir weh, dich leiden zu schen, aber es ist meine Pflicht, jetzt aufrecht neben dir zu stehen. Wenn du deinen Vorfahren kein Recht über deine Bestimmungen einrkumen wilhst— deinen Nachkommen bist
du Rechenschaft schuldig. Ihnen mußt du erhalten, was dir von deinen Vorfahren ererbt wurde. Es ist anvertrautes Gut. Und tust du das nicht, so bist du ein pflichwergessener Mensch, ein schlechter Verwalter. Du weißt, daß Saßneck an den Staat fällt, wenn du eine unebenbürtige Heirat schließest.“
Norbert schlug die Hände vor das Gesicht.
„Ich kann aber nicht auf Anni vorzichten— ich kann nicht,“ stöhnte er.
Sie trat neben ihn und legte ihm die Hand auf die Schulter.
„Wenn ich dir doch helfen könnte, Norber:! Wahrlich. Anni ist es wert, Herrin von Saßneck zu werden. Keine könnte mir lieber sein. Aber mein Gefühl gibt hier leider nicht den Ausschlag. Und ich wüßte keinen Weg, der dich von dem Hausgesetz entbindet.“
Er schüttelte den Kopf.
„Es gibt keinen— ich habe alle Möglichkeit erwogen. Sogar einen Rechtsanwalt habe ich zu Rate gezogen. Ich wolkte ja Saßzneck hakten um jeden Preis. Nur um den einen nicht, der mit meinem Herzblut bezahlt werden muß.“
„Und dennoch wirst du ihn zahlen müssen, mein armer Nordert.“
„Ich lann es nicht, Tante.“
Sie faßte seine Hände und soh ihn en.
„Willst du dich von Anni beschämen lassen? Siehe, sie geht klaglos in ein frendloses Leben— einsam und allein, um dir das Entsagen leicht zu machen. Nimm dir doch ein Beispiel an ihr.“
Er sah sie mit düsteren Augen an.
„Mein du, es soll mich tröften, daß ich weiß, wie sohe auch sie leidet unter unserer Treunung““
„Nicht trösten, aber stark machen soll es dich. Wes eine schwache Frau auf sich nimmt, follte auch dir nicht zu schwer sein.“
Dr fuhr sich verzweifelt durchs Hear.
„Ach laß mich— laß mich— ich mutz hinaus— ich erRice dier— die Manern von Sohneck erdrücken mich“ stieß er hervor und stürmte aus dem Zimmer.
Gleich derauf soh Ihn Prou von Sehund bevonreilen. Seufzend sank sie in einen Sessel.
„Das wich ein schwrrer Kaupf. Gott helfe den beiden,
daß sie ihn bestehen,“ dachte sie kummervoll und las Bunis Brief noch einmal durch.
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Die nächsten Tage vergingen in drückender Stimmung für Tante und Neffen. Norbert trieb die rastlose Urruhe von Ort zu Ort. Er hatte Tante Elisabeth gebeten, einen Brief von ihm für Anni ihren Sachen beizulegen, da er ihr auf andere Weise keine Nachricht zukommen lassen konnde. Einmal mußte er je in ihre Hände kommen. In diesem Brief beschwor er sle, ihm Nachricht zu geben von ihrem Aufenthalt.
„Ich muß dich wenigstens noch einmal sehen und sprechen, meine Anni. So darfst du nicht auf ewig von mir gegangen sein. Sei barmherzig mit dir und mir. Ich bin in einem Zustande, der dich erbarmen würde. Wie konnte meine Anni so grausam sein, so von mir zu scheiden. Weißt du nicht, daß du mir damit den größten Schmerz zugefügt hast? Ich sehe dich draußen in der Welt umherirren von tousend Gefahren bedroht und bin machtlos, dich zu schüpen. Begreifft du nicht, was ich dabei leiden muß? Gib mir Nachricht, ich flehe dich an. Wenn as dich beruhigt, will ich dir versprechen, daß ich dich nur in Tanze Elisabeths Gegenwart wicdersehen will.“
So schrieb er, neben der Versicherung seiner heißen, unwandelbaren Liebe und Treue. Und er schwor ihr, dog er nie ein anderes Weib heimführen würde, wenn sie ihm nicht angehören wollte.——
Anni erhielt diesen Brief zugleich mit einem zärtlich wehmätigen Schreiben von Tante Elisabeth, als sie ihre Sochen vom Spediteur hatte abholen lassen.
Sie wohnte unn schon seit fast vierzehn Tagen in der Pension der Frau Dr. Haller. Eine Stellung hatte sich noch nicht für sie gefunden. Gie war auch vorläufig nicht imstande sich energisch darum bemühen. Stumm und sterr soß sie stundenlang am Fenster ihres Zimmerchens und schaute mit erloschenen Augen auf das Großstadttreiben hinab.
Als sie nun die beiden Briese gelesen hakte, broch die bieher künstlich aufrecht erhaltene Haffung zusammen. Hoiße Tränen rannen ihr über die blassen Wangen.
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