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Münsterischer Anzeiger

Bestandshaltende Institutionen

Mikrofilmarchiv der deutschsprachigen Presse e.V. (MFA) und Institut für Zeitungsforschung Dortmund

Beschreibung verfasst von

Kristopher Muckel (2022), Didaktik der Gesellschaftswissenschaften RWTH Aachen

Geschichte und Entwicklung

Als am 12.5.1851 der älteste Sohn Johann Hermann Hüffners, Inhaber des namhaften Aschendoff Verlags und bis 1848 Bürgermeister von Münster, Eduard Hüffner gemeinsam mit dem Dialektdichter Ferdinand Zumbroock die erste Ausgabe des „Münsterischen Anzeigers“ herausgab, konnte der Verlag bereits auf umfassende publizistische Erfahrungen zurückblicken. Diese reichten bis in die 1730er Jahre und die Herausgabe der „Münsterschen Staatsrelation deren neuesten europäischen Nachrichten und Begebenheiten“ sowie die Herausgabe des „Münsterischen Intelligenzblattes mit Ihrer chrufürstl. Gnaden zu Cölln gnädigstem Privilegio“ als erstem Periodikum mit längerer Laufzeit ab März 1763. Mit dem Aufschwung der politischen Zeitung in den 1840er-Jahren beantragte Eduard Hüffner die Erlaubnis zur Herausgabe einer politischen „Münsterischen Zeitung“, was als Unternehmung jedoch nicht fortgeführt wurde. Erst als das Preußische Pressegesetz die Herausgabe von Zeitungen 1851 erlaubt, setzt Hüffner seine Pläne mit der Herausgabe eines Blattes um. Der „Münsterische Anzeiger“ umfasste dabei zunächst nur zwei Seiten im Format 21 zu 26 cm, was einem Viertel des Formats entsprach, das er ab 1910 haben sollte. In den ersten Wochen bestand die neue Zeitung fast ausschließlich aus Anzeigen, im August 1852 ist bei einem Anwachsen auf die doppelte Seitenzahl erstmals eine Rubrik „Verschiedenes“ aufgeführt, die eine Mischung von Anekdoten und Nachrichten über Katastrophen, Naturereignisse und Kriminalfälle ohne Anspruch auf Aktualität bot. Der erste Zeitungsroman wurde vom 23. bis 26.11.1852 veröffentlicht, am 7.4.1853 enthielt die Zeitung erstmals eine Rubrik „Politische Übersicht“. Führte dieser Übergang vom Lokalanzeiger zur tatsächlichen Zeitung mit nun einem regulären Umfang von vier bzw. vor Sonn- und Feiertagen acht Seiten auch zu einem bedeutenden Anstieg der Abonnentenzahlen, ging mit der verstärkt politischen Ausrichtung eine vorübergehende, breit kritisierte Vernachlässigung der Lokalberichterstattung einher.

Grundsätzlich verfolgte der „Münsterische Anzeiger“, insbesondere nachdem Eduard Hüffner 1854 die Leitung des Aschendorff Verlags übernommen hatte, eine heimatlich-katholische Ausrichtung, ersteres insbesondere durch das literarische Wirken Zumbroocks, während zweiteres gerade in der Zeit des Bismarck’schen Kulturkampfes zu einigen Konflikten mit der Regierung führte, die Hüffner u.a. zwei Monate Festungshaft einbrachten. Diese Grundausrichtung blieb auch im neuen Jahrhundert und unter dem Herausgeber Rudolf Strietholt bestehen, der das Blatt von 1901 an zu einem wirtschaftlichen Aufschwung führte, der bis zum Ersten Weltkrieg anhalten sollte. Dabei profitierte die Zeitung von der Verknüpfung mit dem am internationalen Buchmarkt erfolgreichen Verlag und konnte in Hochzeiten auf ein Netz von über 600 Korrespondenten zurückgreifen.

Unter der Herrschaft des Nationalsozialismus forderte das NS-Presseregime eine „Entkonfessionalisierung“ des Blattes. Der Widerstand der Verleger führte dazu, dass diesen die Mitgliedschaft in der Reichspressekammer verwehrt und das Blatt Anfang 1937 im 86. Jahrgang zwangsweise an die NS-Herrschaft abgegeben werden musste, die es, später mit dem Titelzusatz „Amtliches Organ des Gaues Westfalen-Nord der NSDAP und sämtlicher Behörden“ weiterführte.
Im Sommer 1946 erhielten der ehemalige Reichstagsabgeordnete Franz Bornefeld-Ettmann, Gottfried Hasenkamp und der Mitinhaber der Aschendorffschen Verlagsbuchhandlung, Friedrich Leopold Hüffer, die Lizenz zur Herausgabe der „Westfälischen Nachrichten“ durch die britischen Besatzungsbehörden. Im Zuge der Normalisierung des Zeitungswesens 1949 erhielt die Münsterische Ausgabe der Westfälischen Nachrichten den Untertitel „Münsterischer Anzeiger“.

Auflage

In seinen ersten Nummern erschien der Münsterische Anzeiger in einer Auflage von 700 Exemplaren, der zunächst nur ein bescheidenes Wachstum vergönnt war. So wurde 1855 eine Auflage von 1230 (auf ca. 5000 Haushalte in Münster) erreicht. In den Folgejahren erfuhr das Blatt ein erhebliches Wachstum. Für das Jahr 1883 konnte immerhin eine Auflage von 5800 verzeichnet werden, die bis zum Ersten Weltkrieg durchweg weiterwuchs und 1911 bereits 34400 betrug.

Literatur

  • d'Ester, Karl (1952): Der Verlag Aschendorff im Dienste der Presse. In: Westfälische Nachrichten, 1.7.1952 (147. Sonderausgabe der Westfälischen Nachrichten zur Hundertjahrfeier des MA).
  • d'Ester, Karl (1907): Das Zeitungswesen in Westfalen on den ersten Anfängen bis zum Jahr 1813. In seiner geschichtlichen Entwicklung und kulturellen Bedeutung dargestellt. Münster: Schöningh (Münstersche Beiträge zur neueren Literaturgeschichte, I. und II. Heft).
  • Hasenkamp, Gottfried (1952): Das Erbe des "MA". In: Westfälische Nachrichten, 1.7.1952 (147. Sonderausgabe der Westfälischen Nachrichten zur Hundertjahrfeier des MA).
  • Werland, Walter (1977): Zeitungs-Tradition reicht lange zurück. Münsters "Bläter-Wald" mit vielen Bäumen. In: Westfälische Nachrichten, 30.06.1977 (148. 125 Jahre Münsterischer Anzeiger).