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Wird Stresemann davon sprechen?
Die schönen Rivieratage sind für Herrn Dr. Strefemann vorüber. Der Reichsaußenminister hat seinen Urlaub beendet und weilt bereits wieder in Genf. wo inzwischen auch Briand, Chamberlain und die anderen führenden Staatsmänner der europäischen Staaten eingetroffen sind. Niemand in Deutschland erwartet, daß Herr Dr. Stresemann besondere Geschenke von Genf mit heimbringt, er hat uns schon früher davor gewarnt, immer irgend welche Hoffnungen an die Genfer Besprechungen zu knüpfen und diese Warnung dürfte bei dieser März-Tagung ihre besondere Berechtigung haben. Die Wahlen in Frankreich wie in Deutschland werfen ihre Schatten voraus, sie machen jede Lösung des Rheinlandproblems im Augenblick unmöglich; da weder Briand noch Stresemann irgend welche Verpflichkungen eingehen können, angesichts der Tatsache, daß sie nicht wissen, auf welches Parlament sie sich, die sie ja wohl beide auch nach den Wahlen die außenpolitischen Geschicke ihres Landes lenken werden, in Zukunft stützen müssen.
Das aber dürfte doch wohl Herrn Dr. Stresemann nicht Veranlassung sein, die Rheinlandfrage überhaupt unerwähnt zu lassen, vielmehr geht man wohl nicht fehl in der Annahme, daß der Außenminister versuchen wird, sich mehr Klarheitüber die französischen Bedingungen für eine vorzeitige Rheinlandräumung zu verschaffen, als die Briand'sche Rede brachte. Man wird hoffen und wünschen müssen, daß Herr Dr. Stresemann diese Gelegenheit wahrnehmen wird, um seine englischen und französischen Kollegen noch einmal sehr nachdrücklich auf die unerträglichen Justände im besetzten Gebiet hinzuweisen. Gewiß soll nicht geleugnet werden, daß sich in den besetzten Rheinlanden seit Locarno mancherlei gebessert hat, wir haben sogar vor nicht allzulanger Zeit bekanntlich eine Verminderung der Besatzungstruppen um 10000 Mann zu erreichen vermocht, wenngleich auch diese Erleichterung bereits viel früher hätte eintreten müssen. Der Abzug dieser Truppen hat aber für die besetzten Gebiete keineswegs sich so„fühlbar“ gemacht, wie es von der Gegenseite in Aussicht gestellt worden war. Man hätte erwarten müssen, daß die Entlastung durch die Herabsetzung der Besatzungsziffer vor allem in einer geringeren Inanspruchnahme der beschlagnahmten Wohnräume bestanden hätte. Die Franzosen aber haben die Zurückziehung der auf sie entfallenden 8000 Mann so vorgenommen, daß im wesentlichen nur die Kasernen entlastet wurden, während Wohnräume von ihnen nur in ganz geringer Zahl freigegeben wurden. Insgesamt sind überhaupt bis zum 31. Dezember nur 378 Wohnungen und dazu 153 Einzelzimmer freigegeben worden. Aber auch diese Wohnungen und Zimmer entfallen etwa zur Hälfte auf die britische und belgische Zone und nur der Rest auf die sehr viel größere französische Zone, obwohl Frankreich etwa vier mal so viel Truppen zurückziehen mußte, wie die beiden anderen Länder. Noch immer sind über 8600 Wohnungen beschlagnahmt und gerade dieser Tage hat ja erst der neue hessische Staatspräsident, der Sozialdemokrat Adelung, auf die kraurigen Wohnungsverhältnisse im besetzten Gebiet hingewiesen, hat doch allein Mainz über 8600 Wohnungssuchende, von denen 3700 überhaupt keine Wohnung haben.
Zu dieser Wohnungsnot kommen die außerordentlich zahlreichen Schießübungen der Besatzungstruppen und ihre im großen Stile durchgeführten Herbstmanöver. Für die Sperr- und Gefahrenzone ergeben sich bei diesen Manövern und Uebungen außerordentliche Verkehrsstörungen und Arbeitsbehinderungen. Dazu kommt, daß durch die Schießplätze und Flugplätze wertvolles Land der Bebauung entzogen wird. Der Rheinische Raiffeisenverband errechnet allein die Ernteverluste auf dem Flugplatz Holzbach-Rießweiler im Kreise Simmern auf 1575 Zentner Roggen, 2800 Zentner Stroh, e 1750 Zentner Hafer und Weizen, 600 Zentner Karkoffeln, 6300 Zentner Gemüse, 100 Zentner Kleeheu, 960 Zentner Wiesenheu. Derartige Flugplätze existieren aber in großer Zahl im besetzten Gebiet, und schon hieraus ergibt sich, welche Verluste durch Brachliegen des Geländes entstehen. Hinzu kommt noch, daß die deutsche Bevölkerung zweimal im Jahre ihre Kraftwagen und ihre Pferde zur militärischen Musterung vorführen muß, zu keinem andern Zweck, als zur Vorbereitung einer kriegerischen Mobilmachung gegen das eigene deutsche Vaterland. Für die Großzügigkeit, mit der Besatzungsfragen geregelt werden, mag auch noch ein Belspiel angeführt werden, das die„Frankfurter Zeitung" hinsichtlich der Ueberwachung der deutschen Polizelorganisationen durch die Besatzungsmächte anführt. So wurden unter der Formel„Schutz der Sicherheit der Besatzungskruppen“ u. a. zwei Mann Polizeiverstärkung für Kaiserslautern, zehn für Pirmasens, fünf für Zweibrücken abge
lehnt. In Wiesbaden hatten die Engländer den deutschen Polizeischutz für unzureichend erklärt, man beantragte 80 Mann Verstärkung, die Rheinlandkommission genehmigte jedoch nur 47. Das pfälzische Bad Dürkheim ging mit der die Sicherheit der Besatzungstruppen gefährdenden Absicht um, sieben Hilfsnachtwächter einzustellen, bewilligt wurden jedoch nur drei, die sofort zu etatsmäßigen Polizisten gemacht werden mußten. Die Liste dieser tragikomischen Fälle ließe
Von unserer Berliner Vertretung.
X Berlin, 6. März.
Der Rechtsausschuß des Reichstages setzte heute seine Beratung über die Reform des Ehescheidungsrechts fort.
Abg. Schulte=Breslau(Ztr.) gab eingang der Beratung folgende Erklärung ab: Durch die Abstimmung in der vorigen Sitzung sei mit einer festen Mehrheit die Beratung der Vorlage dns Unterausschusses beschlossen. Damit sei die Gefahr in greifbare Nähe gerückt, daß die Ehescheidung im Bürgerlichen Gesetzbuch weiter erleichtert werde. Angesichts dieser Gefahr sei er genötigt, vom Standpunkt der christlichkatholischen Auffassung, unter Berufung auf den demokratischen Charakter der Reichsverfassung, den Versuch zu machen, im bürgerlichen Recht Bestimmungen zu verankern, die dieser Auffassung Rechnung tragen. Er beabsichtige, im Verlaufe der Beratungen Anträge in dieser Richtung zu stellen. Zunächst aber stelle er folgenden Antrag:
„Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte die vor der staatlichen Eheschließung vereinbarte kirchliche Trauung verweigert oder wenn die kirchliche Trauung nicht möglich ist. Das gleiche gilt, wenn die Ehegatten derselben Religionsgemeinschaft angehören und auf Verlangen des einen Teils der andere Teil die vor der staatlichen Eheschließung schon vorbereitete kirchliche Trauung verweigert.
Einen solch klaren Ehescheidungsgrund bei dieser Verweigerung der kirchlichen Trauung zu geben, sei berechtigt und notwendig, selbst wenn auch im Einzelfalle die Ehe aus dem Gesichtspunkte des Irrtums über persönliche Eigenschaften oder aus dem Gesichtspunkte der arglistigen Täuschung nach dem geltenden Recht anfechtbar sein sollte.
Was die beabsichtigten neuen Ehescheidungsgründe anlange, so werde er, der Redner. Anträge erwägen, die die Geltendmachung dieser Ehescheidungsgründe dann ausschließen würden, wenn die Ehe außer in der staatlichen auch in der Form einer Religionsgesellschaft, der die Ehegatten angehören, geschlossen wäre.
Reichsjustizminister Hergt erklärte, daß sich die Reichsregierung stets gegenüber Initiativanträgen prinzipiell Reserve auferlegt habe. namentlich, wenn es sich, wie im vorliegenden Falle, um Weltanschauungsfragen handele. In dem vorgerückten Stadium der Ausschußverhandlungen würde es aber die Reichsregierung an sich für das Gegebene erachtet haben, ihre rechtliche Stellungnahme darzulegen. Es sei demgemäß in Aussicht genommen gewesen, diese Stellung in der Form einer Referentendenkschrift dem Ausschuß schriftlich zugänglich zu machen. In der Zwischenzeit sei aber ein tiefgreifende Veränderung in der gesamten politischen Situation eingetreten. Nunmehr stehe die Reichsregierung auf dem Standpunkt, daß zunächst nur die im Arbeitnotprogramm festgelegten Angelegenheiten erledigt werden sollten und alle übrigen Angelegenheiten, welche die Erledigung des Arbeitsprogramms belasten und stören könnten, zurückzustellen seien. Die Reichsregierung rechne auch die Ehescheidungsreform zu denjenigen Problemen. die nicht geeignet seien, im Rahmen des Arbeitsproblems in der noch bis zum Auseinandergehen des Reichstages zur Verfügung stehenden Zeit erledigt zu werden und sehe deshalb auch davon ab, dem Ausschuß gegenüber ihre sachliche Stellungnahme darzulegen.
Abg. Hannemann(Dn.) beantragt unter Bezug auf die Erklärung des Reichsjustizministers, die Ehescheidungsreform von der Tagesordnung abzusetzen.
Der Vorsitzende Abg. Dr. Kahl(D. Vpt.) bedauert, daß eine Verzögerung in den Beratungen eintreten solle und zog in Zweifel, ob es der Sache dienlich sein könne, eine formale Abstimmung vorzunehmen und die Beratungen gegen den Wunsch zweier großer Parteien fortzusetzen. Der Abg. Dr. Wunderlich(D. Vpt.) sprach sich für seine Person für den Abbruch der Bergtungen aus, da er, obgleich er die Reform der Ehescheidung für notwendig halte, die noch zur Verfügung stehende Zeit von drei Wochen für zu knapp halte. die Beratungen gründlich durchzuführen.
Durch Abstimmung wurde der deutschnationale Antrag auf Abbruch der Verhandlungen mit 14 gegen 12 Stimmen abgelehnt. In der sachlichen Beratung wurde unter Ablehnung verschiedener Aenderungsanträge folgende ersten beiden
sich leicht vermehren, doch mögen diese Angaben genügen, um den Ansinn derartiger Maßnahmen zu kennzeichnen, wobei man sich stets vor Augen halten muß, welch Widersinn überhaupt die Aufrechterhaltung der Besetzung ist. Darf man hoffen, daß Herr Dr. Stresemann in Genf auch über diese Dinge mit Herrn Briand und Chamberlain sprechen wird und daß diesen Gesprächen dann auch Taten folgen?
Abschnitte eines in das Bürgerliche Gesetzbuch einzufügenden neuen Paragraphen 15 und 68a beschlossen:
„1. Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn aus einem anderen Grunde eine so tiefe Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses eingetreten ist, daß eine dem Wesen der Ehe entsprechende Fortsetzung der Lebensgemeinschaft nicht mehr erwartet werden kann und wenn infolge der Zerrüttung die Lebensgemeinschaft der Ehegatten seit mindestens einem Jahr vor Erhebung der Klage nicht mehr besteht.
2. Das Recht eines Ehegatten auf Scheidung nach Absatz 1 ist ausgeschlossen, wenn er selbst einen Scheidungsgrund gegeben hat oder anderseits die Zerrüttung der Ehe vorwiegend durch sein schuldhaftes Verhalten herbeigeführt worden ist.“ Die Weiterberatung über die Ehescheidungsreform wird der Rechtsausschuß erst am Mittwoch nächster Woche vornehmen.
Um den Sämisch-Bericht."
Von unserer Berliner Vertretung
X Berlin, 6. März.
Die deutschnationale Pressestelle veröffentlicht heute einMitteilung, in der sich im Namen der Deutschnationalen gegen die Behauptung verwahrt, als ob die Deutschnationalen ein Interesse an der Nichtveröffentlichung des Sämisch=Berichtes über die Phöbusangelegenheit hätten. Es heißt dort:„Die Deutschnationale Partei hat ein selbstverständliches Interesse an der völligen Klärung der Phöbusangelegenheit. Je freimütiger und offener die Sache behandelt wird, umso besser für die Widerlegung all der Gerüchte, die aus dem Dämmerlicht auftauchen.“
Es scheint, daß die Stimmung in allen politischen Kreisen für die Veröffentlichung des Sämisch=Berichtes wächst.
Das Berliner Tageblatt gibt Mitteilungen weiter, die angeblich„in sehr eingeweihten Kreisen" ziekulieren, und nach denen die Regierung auf den Sparkommissar Sämisch einen Druck ausübe, damit er seinen Phöbusbericht nachträglich andere. Zu dieser Behauptung, hinter die wir denn doch noch mehrere Fragezeichen machen mussen, wird sich der Reichskanzler am Mittwoch äußern, wenn er die Parteiführer empfängt, um sie über die Phöbusangelegenheit zu informieren.
Die Flaggen auf den Rennplätzen.
Von unserer Berliner Vertretung.
X Berlin, 6. März.
Im Anschluß an seinen Erlaß vom 24. 12. 1927 über die vorläufige Totalisatorgenehmigung für 1928 hat der Minister für Landwirtschaft. Domänen und Forsten an die obersten Behörden für Vollblutzucht und Rennen sowie an die oberste Behörde für Traberzucht und=Rennen einen neuen Erlaß gerichtet, in dem er den Rennvereinen, denen Totalisatorerlaubnis für 1928 in Aussicht gestellt und inzwischen erteilt worden ist, zur Pflicht macht, sofern sie anläßlich ibrer Rennveranstaltungen mit Totalisatorbetrieb auf ihren Rennplätzen oder den Zufahrtswegen zu diesen Flaggenschmuck irgendwelcher Art anbringen, in erster Linie und an würdiger Stelle die preußische Landesflagge und die verfassungsmäßige Reichsflagge schwarzrot=gold zu zeigen. Die obersten Behörden werden ersucht, von den in Betracht kommenden Rennvereinen eine schriftliche Erklärung darüber einzufordern, daß sie bereit sind, dieser Verpflichtung nachzukommen. und diese Verpflichtungserklärungen gesammelt dem Minister innerhalb vier Wochen einzureichen. Sofern einzelne Vereine nicht zur Abgabe der Verpflichtungserklärung bereit seien. oder es später unterlassen sollten. diese von ihnen übernommene Verpflichtung zu erfüllen. würde der Minister sich veranlaßt sehen, die diesen Rennvereinen erteilte Totalisatorerlaubniswieder zuruazuziehen
Zentrum und Ehescheidung.
Reichsregierung gegen die Beratung der Ehescheidungsfrage. Eine Erklärung des Zentrums.