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chau) vierteljährlich 80 Pfg, mehr. Feruspr.: Redaktion u. Verlag Nr. 2443, 2440 u. 2450. Seichttigneile(Michaelisplatz 9) Nr. 76.

Erste Ausgabe.

Donnerstag, 6. Dezember 1917.,

Anzeigen: Der Raum für die Anzeigenspalte, 29 mm

breit, 2 mmn hoch, 30 Pf.; bei Anzeigen aus dem R.=Da Münster 25 Pf., aus der Stadt Münster 20 Pf.(für Aktiengesellschaften 2c., Vereine und Behörden 30 Pf.) Reklamen: Der Raum für die Reklamespalte, S7mm breit, Zmm hoch, 1.20 Mk. Für Erfüllung von Platz­vorschriften wird keine Gewähr, sowie für Drucksehler keine Haftung üdernommen. Etwaiger Radatt gilt als Kassenradatt u. kann verweigert werden, wenn Zah­lung nicht binnen 4 Wochen nach Erhalt der Rechnung erfolgt. Gebühr für Beilagen nach Gewicht.

66. Jahrgang. Nr. 872.

Preußisches Abgeordnetenhaus.

(2) Berlin, 5. Der(Eia. Meld.

Haus und Tribünen sind voll besetzt.

Am Reoierungstische Ministerpräsident Gxaf von Hert­Kna. Dr. Drews. Dr. Friedbera. Herat, v. Breitenbach, Sydow. v. Waldow. Spahn und andere.

Präsident Dr. Graf von Schwerin=Löwitz eröffnet die Sitzung um 11½8 Uhr.

Auf der Tagesordnung steht die erste Beratung der

Wahlrechtsvorlage,

bestehend aus den Gesetzentwürfen betr. die Wahlen zum Ab­geordnetenhause, die Zusammensetzung des Herren­hauses und die Abänderung der Artikel 62 und 99 der Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850.

Auf Vorschlag des Präsidenten wird die Beratung ##ber alledrei Vorlagen gemeinsam aeführt.

Präsident Dr. Graf von Schwerin=Löwitz: Meine Her­ren! Bevor wir in die vielleicht längere Zeit in An­spruch nehmende Beratung dieser bedeutungsvollen Vor­lagen eintreten, wollen Sie mir noch einen kurzen allgemei­nen Hinweis gestatten. Ich gehe dabei von der Voraussetzung aus, daß Sie alle ohne Ausnahme auf allen Seiten des Hau­ses, von welchem Standpunkte sie auch an die Vorlagen her­antreten mägen, dabei doch alle nur das eine Ziel im Auge haben werden: nach bestem Wissen dem Wohle des Vaterlan­des zu dienen.(Sehr richtig!] Und deshalb möchte ich Sie hitten, bei der Verhandlung dieser Vorlagen bei der Austra­gung Ihrer vielleicht weitauseinandergehenden Meinungen über sie doch keinen Augenblick unsere politische Gesamtlage zu vergessen, niemals zu vergessen, daß die preußische Wahl­reform wie wichtig und bedeutungsvoll sie auch für die Zukunft unseres Landes sein mag doch nicht die einzige, ja wohl nicht einmal die entscheidendste Schicksalsfrage darstellt, vor welche unser Volk sich heute gestellt sieht, daß aber zu­gleich auch heute noch eine ganze Welt von Feinden mit ge­spanntester Begier nur daräuf wartet, wieder einmal, wie schon so manchmal im Verlaufe der Jahrtrusende deutsche Kraft ducch deutschen inneren Hader geschwächt die eigene sinkende Siegeshoffnung aber durch unseren inneren Zu­stand neu belebt zu sehen.(Sehr richtig!! Das Bild unserer Verhandlungen über die Wahlrechtsvorlage, wie es sich in den nächsten Monaten im Auslande darstellen wird, kann also nicht ohne den weitestgehenden Einfluß auf die Friedensbereit­schaft unserer Feinde und damit auf die Fortdauer des furcht­baren Krieges sein. dessen baldige Beendigung wir doch alle und mit uns wohl alle Völker der Erde ersehnen.(Sehr richtig!) Das. m. H., wollte ich Sie bitten, in den kommen­den Verhandlungen bei dem Tone und bei der Form nicht zu vergessen, in denen Sie Ihre Meinungsverschiedenheiten über diese Vorlagen im übrigen natürlich durchaus unbeschränkt austragen mögen.(Beifall.)

Ministerpräsident Dr. Graf von Hertling:

Meine Herren! Am 1. November ds. Is. hat Se. Majestät, der deutsche Kaiser und Könia von Preußen mich in das Amt des deutschen Reichskanzlers berufen. Da sich ergab, daß die Trennung der beiden Amter nicht angängia sei, hat Se. Majestät sich auch entschlossen, mich zugleich zur Stellung des preußischen Ministerpräsidenten zu beru­fen. M. H. die Schwierigkeiten, die sich für mich aus mei­ner Vorgeschichte wenn ich so sagen darf ergaben, habe ich vom ersten Tage an sehr hoch eingeschätzt. Im Reichstage, wo ich mich vor einigen Tagen als Reichskaneler einzuführen hatte, konnte ich als eine dort bekannte Persönlichkeit auf­treten, da ich viele Jahre dem Reichstage als Mitglied an­gehört hatte. Vor Sie. m. H., trete ich als ein völlig Unbe­kannter. Nicht, daß ich, obwohl nicht in Preußen geboren, mit preußischen. Verhältnissen nicht auch einigermaßen er­traut wäre: denn ich habe 15 Jahre lang in Bonn gelebt und habe 1880 auch den preußischen Staatsbeamteneid gelei­stot. Nochher aber bin ich nach Bayern übergesiedelt und habe dort 30 Jahre lang an der Universität als Professor gewirkt und habe seit Februar 1912 an der Spitze des bayri­schen Ministerium gestanden. Wie ich bereits gesagt habe, habe ich die Schwierigkeiten, die sich für mich daraus er­gaben. vom ersten Tage an sehr hoch eingeschätzt. Ich habe sofort an Se. Majestät den Könia die Bitte gestellt, daß, nachdem der bisherige hochverehrte Vizepräsident des preußi­schen Staatsministeriums und Minister der öffentlichen Ar­heiten. Herr v. Breitenbach, gebeten hatte, ihn von dieser seiner Stellung als Vizepräsidenten zu entheben, ein neuer Vizepräsident des preußischen Staatsministeriums ernannt würde, der mehr, als dies bisher der Fall sein konnte, den Präsidenten zu vertreten haben würde. Wie bekannt, hat Se. Majestät dieser Bitte entsprochen durch Ernennung des Herrn Geheimrats Dr. Friedberg, zum Vizepräsidenten. M. H. Ich kann nur noch hinzufügen, daß ich die feste Ab­sicht labe. mit allen meinen Kräften mir das Vertrauen zu verdienen, auf das ich bisher bei Ihnen einen Anspruch nicht habe.(Lebh. Beifall.)

Sie wissi n. meine Herren, vor welch schwierige und be­deutungsvolle Aufgabe ich mich bei der Übernahme meines Amtes sofort gestellt sah. Es ist mir die Verpflichtung auf­erlegt, ein feierlich und zu wiederholten Malen gegebenes

Königswort einzulösen. Ich werde alle meine Kräfte daran setzen, dieser Ehrenpflicht zu genügen, und ich tue das aus

voller Überzeugung. An anderer Stelle habe ich kürzlich

daran erinnert, daß der Kriea nicht nur tiefe Spuren im

Volksleben zurücklasse, sondern erfahrungsgemäß auch neue Aufgaben kringe und zu neuen Gestaltungen dränge. Ich befand mich dabei in voller Übereinstimmung mit den Worten der Thronrede. durch die am 13. Januan 1916 der Landtag der Monarchie eröffnet wurdeDer Geist gegenseitigen Ver­stehens und Vertrauens wird auch im Frieden fortwirken in der gemeinsamen Arbeit des ganzen Volkes am Staate. Er wird unsere öffentlichen Einrichtungen durchdringen und lebendigen Ausdruck finden in unserer Verwaltung, unserer Gesetzgebung und in der Gestaltung der Grundlagen für die Vertretung des Volkes in den gesetzaebenden Körverschaften.

Die Vorlogen, die wir Ihnen heute zur Beschlußfassung unterbreiten, bezeichnen den Weg. auf dem diese Worte zur Tat gemacht werden sollen. Es bedeutet dies, wie ich voll­kommen anerkenne, einen Wendepunkt in der inneren Ge­schichte Preußens. Ich bin mir auch völlig klar darüber, daß dieser Wendepunkt in weiten Kreisen schmerzliche Gefüble und schwere Bedenken hervorrufen wird. Aber Sache einer wahrhaft staotserhaltenden Politik, zu der ich mich durchaus betenne, ist es nicht, sich unter allen Umständen auf die Er­haltung des Bestehenden zu beschränken, sie muß im gegebenen Falle auch mutig und entschlossen Neuerungen die Hand bieten, wenn die Entwickelung des Volkslebens, wenn die politische Lage es fordert.(Sehr richtig! links.) Das ist nach meiner tiefen Überzeugung jetzt der Fall.(Beifall.) Wie gesagt, ich begreise, daß schmerzliche Gefühle und Be­denken bei den Anhängern. des Bestehenden dadurch ausgelöst werden, ja noch mehr, ich würdige es vollauf, wenn diesen Kreisen das Festhalten an dem von den Vätern Überkomme­nen nicht eine bloße Gefühlssache ist, sondern sich ihnen geradezu als Gewissensfrage darstellt. Aber meine Herren, dieser Gewissenskampf muß ehrlich durchgekämpft werden. Es läßt sich ein Wahliystem nicht länger halten, über das kein Geringerer als Fürst Bismarck schon vor 50 Jahren das bekannte Verdikt ausgesprochen hat.(Lebhafte Zustim­

Kussenst, gen nach der den

rumänischen Bruppen.

Eroberung einiger Höhenstellungen in den Sieben Gemeinden.

Großes Hauptauartier. 5. Dez.(W2V.)

Westlicher Kriegsschauplatz

Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht.

An der flandrischen Front vieljach lebhafte Ar­tillerictätigkeit.

Zwischen Juchy und Bourlon war das Feuer am Nachmittag erheblich gesteigert. Feindliche Vorstöße von Moendres scheiterten. Wir machten einige Gesangene.

Eng'ische Grabenstücke bei und südlich von Mareonia wurden vom Zeinde gesäubert.

Südlich von St. Quentin verstärkter Artillerie- und Minenkamdf.

Heeresgruppen Teutscher Kronprinz und Herzog Albrecht.

In zahlreichen Abschnitten führte rege beiderseitige Er­kundungstätigkeit zu heftigen Nahkämpfen.

Ostlicher Kriegsschauplatz.

An der Front des Generalseldmarschalls Erzherzog Josef und des Geueralfeldmarschalls von Mackensen dehnen sich die Waffenstillstandsverhaudlungen auch auf die rumänischen Truppen aus.

Mazedonische Front

Starke seindliche Abteilungen, die an dem Westuser des Ochrida=Sees und nordöstlich von Doiran=See vorstießen. wurden abgewiesen.

Italienische Front.

Truppen des Feldmarschalls Conrad haben in den Sie­ben Gemeinden den Italienern einige Höhenstellungen

entrissen.

Der Erste Generalquartiermeister: Ludendorif.

mung links und in der Mitte.) Es läßt sich nicht mehr hal­ten angesichts der durchar###fenden Veränderungen, die in der Zusammensetzung des Volkskörpers seither eingetreten sind. Ich ochte die entgegenstehenden Bedenken und Gefühle. Trotzdem halte ich dafür, daß Sie dem Vaterlande den größ­ten Dieust leisten, wenn Sie der Vorlage selbstverständlich nach eingehender Prüfung die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.(Beifall.)

Was die Gesetzesvorlage über die Zusammensetzung des Herrenhauses betrifft, so zielt sie nicht dahin, die Stellung und Bedeutung des Herrenhauses zu verringern, sondern im Gegenteil. es fester im Volksleben zu verankern. Preußen ist ja längst nicht mehr der alte Agrarstaat der fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts. Neben dem Grundbesitz sind in steigendem Maße Handel und Industrie als bestimmende Elemente im wirtschaftlichen und damit im öffentlichen Leben hinzugetreten. Es erscheint daher berechtigt, ja notwendig, die Zusammensetzung unter möglichster Schonung des Beste­henden im Sinne einer berufsständischen Vertretung zu ordnen, wobei auch Vertreter der ländlichen und städtischen Selbstverwaltung herangezogen werden sollen. Ich möchte nicht auf Einzelheiten eingehen. möchte vielmehr die weitere Begründung der Vorlage meinem verehrten Herrn Kollegen im preußischen Staatsministerium überlassen.

Ich schließe mit dem nochmaligen Appell: Bringen Sie dem Vaterlande das Opfer, wenn es ein Opfer für Sie ist. Stimmen Sie der Vorlage zu: Sie werden dadurch das Ge­deihen des Staates fördern, möglicherweise sogar zur Ver­hütung schwerer Erschütterungen beitragen.(Lebhafter Beifall.

Staatsminister Dr. Drews: Die Frage des Wahlrechts hat die öffentliche Meinung seit Jahren beschäftigt. Die ge­samten politischen wirtschaftlichen und steuerlichen Verhält­nisse, auf denen das bestehende Wahlrecht aufgebaut ist, haben sich derart verschohen, daß dieses Wahlrecht nicht erhalten werden kann. Früher versuchte ünderungen des Wahlrechts sind gescheitert. Es ist bedauerlich: aber auch mit solchen An­derungen, wie sie damals vorgeschlagen waren, müßte jetzt eine Reforn und Weiterbildung eintreten. Bei der weit­gehenden Mein. heit der Parteien war ein wei­

terer Reformversuch aussichtslos. Jetzt ist der Zeitpunkt dazu gekommen. Der große blutige Weltkrieg hat auch die Wahlrechtsfrage ir Preußen in Fluß gebracht. Diese er­wartet gebieterisch ihre Lösuna. Traußen kämpfen alle den aleichen Kompf. zeigen den gleichen Heldenmut und gehen aleichermaßen in den Tod.(Bravo!] So leiden auch in der Heimat alle unter der Einschränkung gleichermaßen. Das Volk kämpft gleichermaßen um Leben und Eristenz. Deshalb muß allen auch das gleiche Recht eingeräumt werden.(Sehr richtig! links.) Diese Forderung ist eine ethische. Wenn auch solche Dinae weniger mit dem Herzen als mit dem Kopfe be­handelt werden n.üssen, so müssen sie doch auf ethischem Bo­den wurzeln. Liebe und Begeisterung zum Staate muß ge­wahrt werden. Der ungeheuren aleichen Pflichterfüllung jedes einzelnen soll das gleiche Recht entsprechen. Das ist die ethische Forderung, geboren aus des Vaterlandes gewalti­gem Schicksal.

Das Plural=Wahlrecht ist nicht geeignet, es würde mehr zum Steuerilassenwahlrecht werden und antidemokratisch wirken. Für die Staatsregierung ist das Pluralwahl­recht nicht annehmbar.(Bravo! links) Nur das gleiche Wahlrecht ist möglich.(Beifall.) Das kann nur ein gleiches Wahlrecht sein im Sinne unseres Reichstagswahl­rechts.(Sehr richtig! links.) In der Vorlage handelt es sich nicht um eine Belohnung der breiten Massen für die Leistungen während des Krieges, es handelt sich vielmehr um einen Ausdruck des Vertrauens zu einem politisch gereisten Volke. Wir verfolgen auch keineswegs die Absicht, durch Demekratisierung unserer Einrichtungen eine günstige Stim­mung gegen uns seitens des Auslandes herbeizuführen. Wir regeln nach eigenem Willen und eigenem Bedürfnisse unsere inneren Zustände. Wir streben dahin, daß alle Berufe und alle Parteien mit Freudigkeit an der Verbesserung unserer inneren Einrichtungen weiter wirken und arbeiten. Das ist aber nur möglich, wenn wir ein Wahlrecht hätten das allen das gleiche Wahlrecht gibt.(Lebhaftes Bravol links.) Die Staatsregierung ist der Auffassung, daß die Wahlrechtsvor­lage und der Gesetzentwurf betreffend Zusammensetzung des Herrenhauses technisch zusammen erledigt werden müssen. Beide Häuser haben in der Hauptsache gedeihlich zusammen gearbeitet. Im Herrenhause sollen insbesondere die Städte und Selbstverwaltungen unserer großen Berufsstände, wie Landwirtschaft. Handel, Industrie. Handwerk vertreten sein. ferner die Universitäten und die beiden christlichen Kirchen. Für die berufsständischen Vertretungen, deren Notwendiakeit allgemein anerkannt ist, bieten in Landwirtschaft. in Handel und Industrie und im Handwerk die Berufskammern die gegebenen Präsentationskörper. Die Zahl der aus aller­höchstem Vertrauen Berufenen ist beschränkt worden. Die Feinde erwarten nicht mehr einen Sieg auf dem Schlachtfelde. deshalb hoffen siie auf einen Zwiespalt zwischen Krone und Volk. Die Vorlage bedeutet einen Vertrauensbeweis der Krone zum Volke. An Ihnen liegt es. dieses Vertrauen auch Ihrerseits zu bezeigen, indem sie der Vorlage zustimmen. (Beisall lins.)

Finanzminister Hergt: Nachdem durch die königl. Bot­schaft in Aussicht gestellt war, das Abgeordnetenhaus auf eine neue Grundlagc zu stellen, hat sich der Wunsch gezeigt, auch das Herrenhaus mehr an der Etatsberatung zu beteiligen Das soll in der Weise geschehen, daß dem Herrenhause die Möglichkeit gegeben werden soll. in etwaigen Fällen vom Ab­geordnetenhaus gestrichene Ausgabekosten zur nochmaligen Prüfung an das Abgeordnetenhaus zurückzuverweisen und eine Zwischenverhandlung zwischen beiden Häusern herbeizuführen. Die Regierung hofft, daß es auf diese Weise gelingen wird, Meinungsverschiedenheiten zwischen beiden Häusern zu be­seitigen.

Abg. v. Heydebrand und der Lase(kons.): Die Vorlage ist mit allgemeinen Redensarten eingebracht worden(lebhaftes bört, bört!], mit denen man alles oder nichts begründen kann (Große anhaltende Unruhe links). Der Minister des Innern hätte mit seiner Rede auch die Einführung der Republik auf das Eindringlichste begründen können. Will man eine Ver­ständigung, so ist es empfehlenswert, bei der ersten Lesung ein solches Verfahren zu vermeiden. Er hat aber einen alten ehe­maligen Parlamentarier an seiner Seite. Ich hoffe, daß für den Minister das Zusammenarbeiten mit ihm nützliche Früchte

zeitigen wird. Will man Streitfragen nicht aufrollen, die die Ruhe im Staate stören und dem Feinde in die Hand ar­beiten könnten, wie kann dann die Regierung eine Vorlage einbringen, die ohne weiteres solche Situationen schaffen muß. (Sehr wahr! rechts und Unruhe links.] Die Vorlage muß mit Sorafalt bearbeitet werden. Sie hätte nicht so oberflächlich und kurzerhand bearbeitet werden sollen. Nach der Verfas­sung hat jeder Abgeordnete nur nach seiner eigenen Überzeu­gung zu entscheiden. Dieses Recht haben Sie(nach links) oft genug in Anspruch genommen, gestatten Sie, daß auch wir jetzt davon Gebrauch machen.(Sehr richtial rechts.)

Nach der Wahlrechtsvorlage von 1910. die nicht zustande kam, kam die Osterbotschaft, die lediglich das Klassenwahlrecht beseitigen wollte: sie betonte aber, daß die jetzige Zeit nicht zu solchen Reformen geeignet sei. Der Krieg müsse erst zu Ende sein. Meinungsverschiedenheiten seien jetzt nicht ange­bracht. Bei der jetzigen Vorlage scheinen unverantworliche Ratgeber mitgewirkt zu haben.(Aba. Hoffmann: Sie wissen ja, wie's gemacht wird.) Bei aller Anerkennung der Vorzüge des preußischen Wahlrechts geben wir doch zu, daß es erheb­liche Schattenseiten hat. An einer Resorm mitzuarbeiten, sind wir bereit. Als 1910 die Wahlrechtvorlage kam, haben wir mitgearbeitet unter Zustimmung der Königl. Staatsregierung. Wenn die Regierung damals die Vorlage zurückzog, so trifft uns kein Vorwurf. Als die Osterbotschaft kam, waren meine Freunde ebenfalls bereit, mitzuarbeiten an der Vorlage die damals in Aussicht gestellt wurde. Nachträglich ist die könig­liche Botschaft über die Osterbotschaft hinausgegangen. Der Ministerpräsident hat Bismarck als Autorität gegen das jetzige preußische Wahlrecht angeführt. Bismarck habe niemals etwas getan, um das Wahlrecht zu beseitigen oder zu ändern. Wir erkennen die Reformbedürftigkeit des gegenwärtigen Wahl­rechts an. Es ist aber die einstimmige Meinung meiner Freunde, daß das aleiche Wahlrecht als eine geeignete Grund­lage der Resorm nicht anzusehen ist. Wir werden die Vorlage prüfen und danach unsere Entscheidung treffen.

(Schluß folgt.)

14000 Tonnen.

Berlin, 4. Dez.(WTB.) Amtlich. Neue Untersee­bootsrfolge im Bristolkanal und in der Nordsee:

14 500 Bruttoregistertonnen.

Unter den versenkten Schissen befanden sich der beladene fran­zösische DampferAdmiral Zédé(5980 Tonnen).

Der Chef des Admiralstabes der Marine.

Unsere Feinde.

Basel, 5. Dez.(Frankf Ztg.] Nach einem Washinatoner Havasbericht schlägt die Botschaft des Präsidenten Wilson dem Kongreß vor, Österreich=Ungarn den Krieg zu erklären.

General Brussilow schwer verwundet. Stockholm, 3. Dez.(EK.) Der frühere russische Oberbefehlshaber Brussilow, der während der Straßenkämpfe in Moskau ver­wundet wurde, hat so schwere Verletzungen erlitten, daß an seiner Wiederherstellung gezweifelt wird.

Aus dem Lande derFreiheit". Newyork, 5. Dez. (BB.] Im Staate New Jersey ist der bekannte Sozialist und ehemalige Gouverneurskandidat Frederik Krafft wegen kriegsfeindlicher Reden zu 5 Jahren Gefängnis und zu einer GeldLuße von 1000 Dollars verurteilt worden. Er hatte in seinen Reden das konstitutionelle Recht der Regie­rung, Truppen nach Frankreich zu schicken, angezweiselt.

Die ergebnislose Verbandskouserenz.

Paris, 4. Dez.[WTB.] Clémenceau schloß die Konferenz der Alliierten mit folgender Rede: Da es meine Aufgabe ist, den Schluß dieser Konferenz zu erklären, so erlaube ich mir, den Worten, die Sie eben gehört haben, noch einige hinzuzufügen. Ich hatte die feste Absicht, zu schweigen, um Sie unter dem Eindruck der kräftigen- Worte zu lassen, die mein Freund, der bedeutende Oberst House. der das große amerikanische Volk würdig vertritt, gesprochen hat. Ich kann mich des Gedankens nicht erwehren, daß, wenn die historische Freundschaft, die in glorreicher Vergangenheit die französische und amerikanische Nation vereinigte. für uns ihre Lehren hat, die gänzliche Beseitigung alter Feindseligkeiten nicht minder lehrreich ist. In früheren Zeiten waren wir Freunde Amerikas, aber Englands Feinde: tapfer und ehrlich kämpften einst Franzosen gegen Engländer, auf dem Lande, wie zur See.e Heute geben sich diese beiden Völker ganz ihrer solidarischen freundschaftlichen Arbeit hin. Es gibt hier we­der große noch kleine Nationen mehr. Alle Völker sind groß, die für das nämliche IdealGerechtiakeit und Frei­heit kämpfen, oder zum Besten ihrer Zukunft ihre Opfer bringen. Sie werden hierfür bald belohnt werden. Wenn ich Zeitungsmeldungen glauben darf, so hat sich jenseits der Schützengräben eine gewichtige Stimme erhoben, die sich über diese Konferenz lustig macht. Es lieat hier aber kein Grund zum Scherzen vor. Unsere Feinde, denen nichts über brutale Gewalt aeht, können es nicht beareifen. Wir alle sind in den Kampf gezogen unter dem Gebote des menschlichen Gewissens. Wir wollen dieselbe Verwirklichung des Rechts. der Gerech­tiakeit und Freiheit, auch wenn man auf der anderen Seite des Rheins nicht versteht, daß die Welt unseren Sieg erwartet. Und er wird kommen. Alle die Völker, deren Vertreter hier weilen, sind eins in dem Willen den Triumph der größten Sache zu erkämpfen. Wir arbeiten, um mit Waffengewalt das Recht auf Frieden zu gewinnen.

Berlin, 4. Dez.(TdA.]Sozialdemokraten"(Kopenhagen) schreibt am 2. Dezember: Die Zeit, in der die Verbandskonfe­renz zusammentritt, ist kritisch für die Kriegsverlängerer. Schon lange war die Konferenz angekündigt und das revo­lunionäre Rußland vertraute darauf, daß sie eine Revision der Verbandskriegs ziele bringen und dadurch eine Friedens­konferenz werde. Sie wurde aber immer wieder hinausge­schoben und Kerenskis Politik dadurch zum Scheitern gebracht. Trotzkis Enthüllungen zeigen aber, daß Terestschenko im Ge­heimen Miliukows imperialistische Politik fortsetzte und da­durch die Führer der gemäßigten Sozialdemokraten betrog. Die Volksstimmung stellt sich jetzt auf die Seite der äußersten Friedensfreunde. Die Verbandsstaatsmänner ha#en auch in ihren eigenen Ländern keine ungeteilte Volksstimmung mehr binter sich. Die französische Sozialdemokratie steht in scharfer Opposition zu Clemenceaus Regierung. Henderson wirbt in England eifrig für den Frieden. In Italien ist die Sozial­demokratie infolge der Niederlage am Isonzo zersplittert wor­

S

den. In der italienischen Bevölkerung gärt es aber gewaltsam. Am meisten Einigkeit und Festigkeit besteht offenbar in Deutschland. Dr. David hielt auf der Stockholmer Konferenz am 6. Juni einen VortragWer trägt die Schuld am Kriege". Selbst, wenn Davids Darstellung einseitig ist, so ist sie doch mit einer Fülle dokumentarischer Aufschlüsse be­legt. Geleugnet kann auch nicht werden, daß die letzten Ent­hüllungen im Suchomlinow=Prozeß und nun#rotz­kis Veröffentlichungen Davids Aussatz weite, unter­stützen. Trotzkis Enthüllungen zeigen, daß der Verband nach und nach ein völlig imperialistisches Pro­gramm aufstellte. England und Rußland teilten im veraus das neutrale Persien, das doch nur Schauplatz für den das Volkerrecht brechenden Einmarsch englischer und russischer Truppen werden sollte. Dieser diplomatische Schriftwechsel, der jetzt veröffentlicht wird, wirft trotz aller Unvollständigkeit ein grelles Licht auf die Verbandskriegsziele. Es kann nicht geleugnet werden, daß alle wirklichen Friedensfreunde in der ganzen Welt mehr und mehr zu der Auffassung kom­men, daß die Mittelmächte die Friedensmächte sind. während die im Augenblick leitenden Staatsmänner in den Weststaaten die Verlängerung des Krieges wünschen, und zwar lediglich, weil sie große Eroberungspläne haben, die jedes Abkommen über ein Schiedsgericht und Abrüstung un­möglich machen, da England für die Erhaltung seiner Welt­macht durch Beherrschung der Meere kämpft.

Aus aller Welt.

Der nordische Spionageprozeß. Bergen, 4. Dez.(WTB.) Meldung des Nordischen Telegr.=Bur. Bei dem hier statt­findenden Spionageprozeß wurde Staatsminister Mi­chelsen als Zeuge vernommen, der ausführte: Seitdem Bergen die Durchfahrtsstelle für Passanten der verschiedenen kriegführenden Nationen ist, wurde ich verschiedentlich um Unterredungen, besonders betreffs der politischen Verhältnisse und der Stellung unseres Landes während des Krieges ersucht. In der Regel schlug ich die Frsuchen grundsätzlich ab, doch machte ich bei bekannieren repräsntatwen Persönlichkeiten bei­der kriegführenden Parteien gelegentlich Ausnahmen. Ich nahm an, es sei möglicherweise von Bedeutung, diesen Men­schen unsere schwierige Lage klarzumachen und wie wir meiner Ansicht nach von beiden Mächtegruppen auf verschiedene Weise mißhandelt werden. Ich versuchte, den Deutschen und Eng­ländern zu erklären, welche Bitterkeit es in unserm Lande schaffe, wenn die Deutschen unsere Seeleute tötcten und unsere Schiffe torpedierten, während unsere Seeleute mutig und be­wunderungswürdig arbeiteten, um uns unentbehrliche Lebens­mittel zu verschaffen, und wenn englische Behörden in den verschiedenen Gebieten schalteten und walteten, als ob die norwegischen Behörden und die norwegische Staatssouveränität nicht existierte. In einem an Dr. Filscherer gesandten Brief des Staatsministers Michelsen, der u. a. veranlaßte, daß der Minister als Zeuge geladen wurde, heißt es am Schluß: Während des gigantischen Kampfes zwischen den stärksten Mächtegruppen der Welt fällt es den Kriegführenden leicht, die alte Regel anzuwenden, der Zweck heiligt die Mittel. Aus diesem Grunde können wir noch wollen wir nicht Partei nehmen, sondern wollen nach besten Kräften suchen, die Neu­tralität nach beiden Seiten zu bewahren.

( Rückwanderung aus den Vereinigten Staaten nach dem Kriege. In der literarischen Beilage derNewyork Times vom 14. 10. wird ein Aussatz von Richard Barry ver­öffentlicht, wonach mit Sicherheit darauf gerechnet werden kann, daß nach dem Abschluß des Weltkrieges eine Rückwan­derung aus den Vereinigten Staaten nach Europa stattfinden wird, wie sie in der amerikanischen Geschichte einzig dasteht. Schon heute werden die Eisenbahn- und Schiffahrtsgesellschaf­ten förmlich überrannt von Amerikanern ausländischer Ab­kunft, die sich ein Billet für die Rückkehr nach Europa nach erfolgtem Friedensschluß sichern wollen. Der amerikanische Einwanderungskommissar in Newyork schätzt die Rückwan­derungslustigen auf Millionen, während sie vor dem Ausbruch des europäischen Krieges nur 8400000 pro Jahr betragen haben, oder ein Viertel der durchschnittlichen Einwanderungs­zahl. Als Gründe für die Rückwanderung wird unter anderm angeführt die Sehnsucht nach der Heimat, von der so viele nährend der letzten Jahre vollständig abgeschnitten gewesen sind. Diese Gruppe der Rückwandernden wird aber zu Hause sehr viel zusagendere Verhältnisse vorfinden, die sie von der Rückkehr nach den Vereinigten Staaten abhalten werden. Diese Verhältnisse beziehen sich in erster Linie auf die billigere Er­werbung von Land in Europa und auf die Fortschritte der dortigen sozialpolitischen Gesetzgebung. In den Weststaaten wird bereits von österreichisch=ungarischer Seite eine umfang­reiche Propaganda betrieben, um die dort wohnenden Aus­länder zur Rückkehr nach Europa anzuregen. Nach den Be­richten der Bankinstitute sollen in den Industriegegenden eine große Anzahl von Polen, Italienern und Russen die Beträge für die Rückfahrt nach Europa bereits hinterlegt haben. Bei dieser Sachlage werden die Vereinigten Staaten sich nach Friedensschluß einem großen und schwierigen Problem gegen­über befinden, dessen Lösung dadurch gewiß nicht erleichtert wird, daß die europäischen Regierungen die Auswanderung in Zukunft nach Möglichkeit erschweren werden.

Paris-Geneve. Zürich. 30. Nov. Wie bereits kurz berichtet worden ist, hat der Bundesrat das in letzter Zeit häufig erwähnte Genfer BlattParis=Genéve für die Dauer des Krieges verboten. Sowohl die Schwere dieser Strafe, wie einige andere Bealeiterscheinungen dieses Ver­bots rechtfertigen eine kurze Betrachtung.Paris=Genéve wurde vor einigen Wochen, wie es heißt, von Friedensfreun­den, gegründet. Der Hauptgründer war ein Dr. Charles Hartmann in Küsnacht, der ein großes Vermögen in Ame­rika erworben hat und nun für Friedenszwecke tätig ist. Das BlattParis=Genéve machte sofort stark von sich reden. da es in schreiender Aufmachung eine Reihe von bis dahin wenig besprochenen Angelegenheiten an die Öffentlichkeit brachte. Erwarb es durch dieses Gebaren nicht die Freund­schaft der andern Schweizer Blätter und auch nicht die der Berner Behörden, so kann doch eigentliche Unwahrheit dem Blatte nicht vorgeworfen werden. Immerhin verschärfte seine Tätigkeit die ohnehin gespannte Stimmung in der West­schweiz. Es kam zu heftigen Straßenkundgebungen gegen das Blatt am Montagabend, die unter dem ZeichenA das les haches durchgeführt wurden; es bildete sich auch ein Aus­schu ß, um derUntätigkeit der schweizerischen Behörden nach­zuhelfen" und nun schritt auch der Bundesrat ein. Es ist nun aber zu beachten, daß eine Reihe schweizerischer Blätter mit diesem Vorgehen nicht einverstanden ist. wenn sie im übrigen auch ablehnen, für das nun unterdrückte Blatt Partei zu ergreifen. DieBasler Nachrichten im besonderen sehen in der einseitigen Richtung eines großen Teiles der west­schweizerischen Presse eine wachsende Gefahr für das Land. Das Blatt findet, es werde im Innern der Schweiz nicht zur Rube kommen, solange schweizerische Blätter ungestraft und fortgesetzt von den Deutschen als von Barbaren. Hunnen, Räubern und dergleichen reden, solange diese verbandsfreund­liche Presse alles, was auf den Krieg Bezug nimmt, ihren Lesern in einseitiger Färbung vorlegt. Darin liegt in der Tat eine schwere Gefahr für die Schweiz. Vielleicht wird sie schärfer erkannt werden, wenn von Neujahr an die Leitung des Politischen Departements in andere Hände übergeht.

Deutsche: Reich.

Berlin, 5. Dez. Der sozialdemokratische Reichstags­abgeordnete für Nieder=Barnim, Arthur Stadthagen. ist einem schweren Lungenleiden erlegen. Stadthagen, der ursprünglich Rechtsanwalt war, war seit derPalast=Reoo­lution imVorwärts, bei der die Redakteure kurzerband von den Radikalen hinausgesetzt wurden, leitender Redakteur

sorwärts, bis ihn vor einigen Monaten dasselbe Schicksal traf. Er ist bäufig der Sprecher der Sozialdemo­kraten gewesen. Er sprach mit großer Schärse und Grobheit, die ihm im versänlichen Verkehr keinesweas eigen war.

Stuttgart. 4. Dez.(WTB.) Der König hat wie der Staatsanzeiger meldet den Justizminister Dr. v. Schmid­lin, seiner Bitte entsprechend, unter Anerkennung seiner langjährigen treuen und ausgezeichneten Dienste in den blei­benden Ruhestand versetzt und den Wirklichen Staatsrat Mandro zum Justizminister ernannt.

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