der deutschsprachigen Presse e.V
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Erste Ausgabe.
Donnerstag, 26. September 1917.
66. Jahrgang. Nr. 693.
Der deutsche Abendbericht.
Berlin, 26. Sept.(WTB.) Amtlich. Abends:
Die Schlacht in Flandern zwischen Langemarck und Hellebeeke(15 Klm.) dauert noch an. Stellenweise ist der Feind bis zu 1 Klm. Tiefe in unsere Kampfzone eingedrungen, in der erbittert gerungen wird.
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Berlin, 26. Sept.(WTB.) Nachdem in Flandern nördlich der Straße Ypern—Menin die in 1½ Kilometer Breite am 20. September unter so schweren blutigen Verlusten von den Engländern eroberten Gräben wieder genommen worden waren, setzten die Engländer in vier tiefgegliederten Gegenangriffen, die durch stärkstes Artilleriefeuer vorbereitet wurden, alles daran sich wieder in den Besitz dieses Teiles der Kampffront zu setzen. Sämtliche Gegenangriffe scheiterten teils in unserem Abwehrfeuer. teils wurden sie in erbitterten Nahkämpfen abgewiesen. Während unsere Verluste gering blieben, erlitten die Engländer bei ihren viermaligen Angriffen außer der Einbuße von mehreren 100 Gefangenen schwerste blutige Verluste. Nach starkem Feuer während der Nacht setzte um 5.45 Uhr vormittags heftigstes Trommelfeuer auf unsere Stellungen von Draaibank bis zum Kanal von Hollebeeke ein, worauf die Engländer erneut zum Angriff übergingen. Die Infanterieschlacht ist in vollem Gange.
Während an der Arrasfront starke feindliche Patrouillen bei Fresnov abgewiesen wurden, kehrten eigene Patrouillen mit Gefangenen zurück. In der Gegend des Kanals von La Bassee, bei Hulluch, beiderseits der Straße Arras— Cambrai schwoll das feindliche Artilleriefeuer vorübergehend an.
Nach starker Feuersteigerung zwischen Gonnelien und Ossus erfolgte um 7.30 Uhr abends ein starker englischer Teilangriff nördlich Gonnelieu, während gleichzeitig Patrouillen in der Gegend von Ossus und La Vacquerie vorfühlten. Der Angriff scheiterte größtenteils bereits in unserem Abwehrfeuer. teils wurde der Angreifer im Nahkampfe abgewiesen.
An der Aisue-Front hielt an der Laffaux=Ecke nach wie vor die Feuersteigerung an. Beiderseits Reims wurden seindliche Patrouillen bei Sapigneul und Nauroy abgewiesen. Eigene Stoßtrupps brachen westlich von Vaudesintourt in die feindlichen Gräben ein und brachten Gefangene zurück. Auf dem Ostufer der Maas versuchten die Franzosen, uns unseren Geländegewinn vom 24. September südlich Beaumont wieder zu entreißen. Die Angriffe wurden unter schweren Verlusten für die Angreifer abgeschlagen. Spätere Angriffsversuche wurden bereits in unserem Vernichtungsfeuer erstickt. Der im gestrigen Eiffelturmbericht in der Gegend von Beaumont gemeldete deutsche Angriffsversuch hat nicht stattgefunden. Dagegen erhöhte sich unsere Beute aus den Kämpfen vom 25. September auf dem Ostuser der Maas auf 6 Offiziere, 388 Mann und 12 Maschinengewehre. Unsere Bombengeschwader belegten zahlreiche feindliche Anlagen mit Bomben. Gute Wirkung konnte einwandfrei beobachtet werden. Ein französisches Munitionsdepot bei Dombasle geriet in Brand.
Im Osten an einzelnen Stellen auflebende Artillerietätigkeit. besonders in der Gegend von Jakobstadt, Dünaburg und am Zbrucz. Auf dem Bahnhof Seßwegen. 60 Klm. nordöstlich Jakobstadt, brachten unsere Flieger durch Bombenabwurf zwei große russische Munitionsdepots zur Explosion.
Der Einbruch unserer Stoßtrupps im Suczawa=Tal auf 13 Klm. Breite kostete den Feind außer der im Heeresbericht gemeldeten Einbuße an Gefangenen und Maschinengewehren hohe blutige Verluste.
Der Kaiser auf den Schlachtfeldern bei Hermannstadt. Berlin, 26. Sept.(WTB.) Amtlich. Der Kaiser besuchte am 26. September, am ersten Jahrestage der Kämpfe bei Hermannstadt die dortigen Schlachtfelder. Er hörte zunächst, begleitet von dem Heeresgruppenführer. Erzherzog Josef, einen Vortrag über den Verlauf der Schlacht und fuhr bann auf die Paßhöhe des Roten Turm=Passes, wo die Vernichtung der ersten rumänischen Armee durch die Umgehung des Alpenkorps vollendet wurde.
Der Eindruck des Falles von Jakobstadt in Petersburg. Stockholm, 25. Sept.(WTB.) In Petersburg hat das neue deutsche Vorrücken einen niederschmetternden Eindruck gemacht. Samstag abend unmittelbar nach dem Eingehen der Nachricht von dem Verlust Jakobstadts war in Petersburg das Gerücht verbreitet, die Deutschen hätten eine erfolgreiche Landung bei Helsingfors versucht und befänden sich im Anmarsch auf Petersburg. Erst Sonntag begann sich die Erregung wieder zu legen.
Die Tagesberichte det Verbündeten.
Wien, 26. Sept.(WTB.] Amtlich wird verlautbart:
Ostlicher Kriegsschauplatz: Am Sereth brachten deutsche Truppen von einer bis zu den rückwärtigen seindlichen Linien durchgeführten Unternehmung über 150 Gefangene und mehrere Maschinengewehre ein.
Italienischer Kriegsschauplatz: Auf dem Monte San Gabriele und bei Kal wurden feindliche Aufklärungsabteilungen zurückgewiesen. Im Tonale=Abschnitt und westlich Tolmein brachten unsere Stoßtrupps Gefangene ein. Die Flugtätigkeit war am Isonzo und zwischen Etsch und Sugana-Tal sehr lebhaft.
Südwestlicher Kriegsschauplatz: Nur mäßige Artillerietätigkeit.
Der Chef des Generalstabes.
Wien, 26. Sept.(WTB.) Aus dem Kriegspressequartier wird gemeldet:
Italienischer: An der Isonzofront im allgemeinen mäßiges Artilleriefeuer, das sich stellenweise zu Feuerüberfällen verstärkte. Am Monte San Gabriele, der andauernd unter schwerem Störungsfeuer lag, fühlten dreimal feindliche Aufklärungsabteilungen vor. Sie wurden ebenso wie eine bei Kal um 2 Uhr nachts vorgehende Patrouille im Handgranatenkampfe abgewiesen. Dagegen brachte ein Stoßtrupp-Unternehmen unsererseits im Tolmeiner Abschnitt mehrere Gefangene.
An der Tiroler und Kärntner Front nur Artillerietätigkeit von wechselnder Stärke.
Ostlicher: In der Gegend von Baranowitschi wurde von Fliegern ein Fesselballon brennend zum Absturz gebracht.
Südöstlicher: Eines unserer Fliegergeschwader belegte den feindlichen Flugplatz Bov Korca mit sichtlich autem Erfolge mit Bomben.
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Konstantinopel, 26. Sept.(W2B.) Amtlicher Heeresbericht vom 25. September:
Kaukasus=Front: Im rechten Flügel=Abschnitt und im Zentrum wurden Angriffe kleiner feindlicher Abteilungen zurückgeschlagen. Im Zentrum führten unsere Truppen einen Angriff gegen die feindlichen Stellungen aus. Es gelang uns hierbei, unsere Linien in einer Breite von 25 Kilometern 4 Kilometer weit vorzuschieben. Im Aegäischen Meere belegte eines unserer Flugzeuge den Hasen von Klokidia auf Chios wirkungsvoll mit Bomben.
Von den übrigen Fronten sind keine besonderen Ereigaiste gemeidet.
Lustährteg.
London, 26. Sept.(Reuter.) Amtlich: Die Themsebucht war wiederum das Ziel eines feindlichen Luftangriffs. Am 25. September, abends wurde die Küste von Kent und Susser an verschiedenen Punkten überflogen und einige Bomben abgeworfen Bis jetzt sind keine Todesfälle gemeldet. Ein Flieger drang bis über die südöstlichen Außenbezirke Londons vor, wo zwei Bomben niederfielen, welche 20 Todesfälle verursachten.
Dem Amsterdamer„Alg. Handelsblad“ wird aus Londen vom 25. September gemeldet: Der deutsche Lui#
angriff begann um 8.15 Uhr abends und dauerte über eine Stunde. In den Theatern wurde von der Bühne herab mitgeteilt, daß ein Luftangriff stattfinde. Die Vorstellung wurde unterbrochen, aber fortgesetzt nachdem angekündigt worden war, daß die Gefahr vorüber sei. Einige Theater kündigten an, daß bis zum Neumond am 8. Oktober nur nachmittags Vorstellungen stattfinden werden.
Guynemer offiziell vermißt. Von der schweize
rischen Grenze 26. Sept. über den schon bekannten französischen Militärflieger Guynemer meldet die Havasagentur: Am Morgen des 11. September unternahm Hauptmann Guynemer einen Erkundungsflug in Flandern und kehrte von der Verfolgung feindlicher Flugzeuge bisber nicht mehr zurück. Alle unsere Nachforschungen ergaben bis jetzt kein Resultat.
Der Seekrieg.
Folge der U.Bootgefahr. Basel, 26. Sept. Die französische und die italienische Regierung haben fast alle Häfen im Mittelmeere infolge der großen U-Bootgefahren geschlossen.
Ein Seegefecht an der flandrischen Küste.
Berlin, 26. Sept.(WTV.) Amtlich. Am 24. Sept. abends hatten unsere Torpedoboote an der flandrischen Küste ein Feuergefecht mit feindlichen Zerstörern und Ilugzeugen. Im Verlaufe des Gesechtes wurde ein feindliches Flugzeug abgeschossen und die Besatzung, 2 englische Offiziere, gefangen genommen. Unsere Torpedoboote hatten keine Verluste.
Der Chef des Admiralstabes der Marine.
Rußland.
Petersburg, 26. Sept.(WrB.) Pet. Tel.=Agent. Kornilow und andere Generale und Offiziere sind in der letzten Nacht im Sonderzug nach Bychow in der Provinz Mahilew gebracht worden, wo sie bis zur Eröffnung des Prozesses in Haft behalten werden.
Zürich, 26. Sept.(KG.) Der Petersburger Berichterstatter des„Corr. della Sera“ telegraphiert: Die Ereignisse an der Front verdunkeln die politische Lage noch mehr. Man sieht im voraus, daß im Arbeiter= und Soldatenausschusse ein Sieg der Bolschewicki bevorsteht. Die Zwischenfälle führten zu einer Verschärfung der Beziehungen zwischen dem Bürgertum und der den baldigen Frieden fordernden Demokratie.
Weiter wird dem„Daily Telegraph“ aus Petersburg gemeldet: Der Arbeiter- und Soldatenrat in Moskau nahm eine Entschließung an, welche die Veröffentlichung der Geheimverträge und den sofortigen Friedersschluß fordert.
Rotterdam, 25. Sept.(W2B.) Die„N. Rott. Cour.“ meldet aus London: Maxim Gorki ist aus der Redaktion der Zeitung„Nowoje Schisn“ ausgetreten.
Der russische Kriegsminister. Haag, 25. Sept.(Rh.
W. Ztg.) Der Berichterstatter des„Daily Telegraph“ meldet aus Petersburg über eine Unterredung mit dem russischen Kriegsminister Werschowski, er sei ein junger Mann von 34 Jahren, der früher wegen revolutionärer Ansichten aus dem Papen=Korps gestoßen wurde. Im russisch=japanischen Kriege diente er als gemeiner Soldat, im jetzigen Kriege als Offizier. Während der Revolution gelangte er unter der Besatzung von Sebastovol zu großer Volkstümlichkeit. Er hatte die Garnison fest in der Hand. Später wurde er Kommandant von Moskau, wo er energisch vorging und sich als Menschenkenner zeigte. Die Disziplin in der Garnison hielt er aufrecht, ohne sich mit dem Arbeiter- und Soldatenrat zu überwerfen. Er erklärte, daß er jetzt beabsichtige, die Schlagfertigkeit der Armee wieder herzustellen, dabei wünsche er das Ziel durch Überredung zu erreichen, ohne Zwang anzuwenden. Er erinnerte an seine Erfahrungen in Moskau. wo ihn sogar die Bolschewiki unterstützt hätten. Damals appellierte er an die Herzen und Köpfe der Soldaten und es sei ihm gelungen. die Garnison von Moskau zu einer so kriegstüchtigen Streitmacht heranzubilden, daß sie einen großen Gegensatz biete zu der demoralisierten Garnison von Petersburg, und daß er mit ihr nicht nur den Dienst an der Front erreichen, sondern auch die Anarchie unterdrücken könnte. Seine Arbeit sei durch die wahnsinnige Methode von Kornilow unterbrochen worden.
Das Urteil im Prozeß Suchomlinow.
Petersburg, 26. Sept.(WTB.) Meldung der Peterb. Telegr.=Agent. Der Gerichtshof hat anerkannt, daß der frühere Kriegsminister Suchomlinow des Hochverrats, Vertrauensmißbrauchs und Betruges schuldig ist und ihn zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt. Frau Suchomlinow wurde freigesprochen.
Unsere Feinde.
2 Zürich. 26. Sept.(KG.) Einer Bemerkung des „Popolo d'Italia“ vom Montaa ist zu entnehmen, daß die römischen und die Mailänder Zeitungen immer noch nicht nach Turin gelangen. Der„Avanti“ läßt in einer gewerkschaftlichen Notiz aus Turin vom Sonntag den Schluß zu, daß die Militärbehörde das Turiner Volks= haus besetzt hat, und daß in Turin der Generalstreik erklärt ist.
Bern, 26. Sept.(WTB.] Wie der„Secolo" aus Athen meldet, wurde am Samstag in Janina in Gegenwart des italienischen Generals und des griechischen Obersten die italienische Flagge eingezogen und die griechische gehißt.
Washington, 26. Sept.(WTB.) Renter. Die Bill über den Handel mit den Feinden, die gestern vom Senat und heute vom Repräsentantenhaus angenommen wurde, ist an den Präsidenten zur Unterzeichnung gegangen. Sie gestattet feindlichen Versicherungsgesellschaften, ihre Geschäfte mit amtlicher Bewilligung fortzusetzen, ebenso feindliche Patente zu verarbeiten. Das Gesetz ermächtigt den Präsidenten, Verbindungen jeder Art mit dem Auslande unter Zensur zu stellen. Der Generalpostmeister wird ermächtigt, die Benutzung der Post für alle gegen das Spionagegesetz verstoßenden Veröffentlichungen zu verbieten. Die letzte Verfügung ist hautpsächlich gegen die deutsch-amerikanische Presse gerichtet.
Einschränkung der englischen Spinnereibetriebe. Kovenhagen, 26. Sept.(TU.] Von einem Spinnereifachmann wird mitgeteilt: England leidet ganz empfindlich unter dem Schiffsraummangel. Infolgedessen hat. England im Juli statt der monatlich vereinbarten 2 Millionen Kilogramm Baumwolle nur 40000 Kilogramm erhalten. Die Folge davon waren wieder zahlreiche weitere Einschränkungen der Spinnereebetriebe. Es mußten ca. 70000 Arbeiter entlassen werden.
Streikgefahr in französischen Ilugzeugfabriken. Bern,
26. Sept.(WTB.] Der„Temps“ meldet, daß seit einiger Zeit in den französischen Flugzeugfabriken wegen Verbesserung der Arbeitsbedingungen agitiert werde und daß das von der Regierung deswegen eingesetzte Schiedsgericht keine Einigung erzielt habe. Die Arbeiter und Arbeiterinnen der Flugzeugfabriken erließen einen Aufruf, durch den die der Metallurgie und Karosserie angegliederten Industrien für gestern abend in der Pariser Arbeitsbörse einberufen vurden, um über die Erklärung eines Streiks zu beraten. Der „Temps“ macht auf den Ernst der Agitation aufmerksam, die eine für die Landesverteidigung wichtige Industrie auf kürzere oder längere Zeit lahmlegen könne. Man versuche daher mit allen Mitteln gegen einen Streik anzukämpfen.
Aus der französischen Kammer. Bern, 26. Sept. (W2B.) Lyoner Blätter melden aus Paris: Die Kammer begann gestern die Erörterung der Haushaltszwölftel für das letzte Vierteljahr.
Barthe schlug vor, die Kredite für die Reisekosten und Repräsentation Poincarés um 100 000 Franken herabzusetzen. Gewisse Frontreisen mit großem Aufwande würden von der Armee mit scheelem Auge angesehen. Sie hätten stets große
ruppenverschiebungen für Paraden zur Folge, die dem Feinde Ansammlungen zeigten, die er ständig beschieße. Die Kleidung des Präsidenten sei halb die eines Präfekten, halb die eines Admirals. Sie setze Volk und Armee in Erstaunen. In Frankreich liebe man Einfachheit und guten Geschmack. Außerdem werde an der Front zuviel geredet. Den Reden Ribots zolle man Beifall aber welcher Unterschied im Toue bestehe zwischen seinen Reden und einer gewissen Rede in Nancy(Poincaré), wo man erklärte, einem unserer Gnade ausgelieferten Feinde den Frieden aufzwingen zu wollen. Eine Armee, die den Sieg des Rechts wolle, fände die Nancy=Rede nicht nach ihrem Geschmack. Im Ministerrat wurde die Rede nicht erörtert. Sie war ein persönlicher Akt. Ein Redner, der im Namen Frankreichs spreche. müsse konstitutionell verantwortlich sein.
Raffin=Dugens schloß sich den Ausführungen an und sagte: Es sei Pflicht der alliierten Regierungen, der feindlichen Regierung keine Mittel zur Aufstachelung des Patriotismus des deutschen Volkes zu geben.
Der Antrag wurde mit 224 gegen 121 Stimmen abgelehnt.
Laval protestierte dagegen, daß Briefe an Abgeordnete im„Schwarzen Kabinett“ geöffnet werden.
Unterstaatssekretär Mourier versprach eine Untersuchung in dieser Angelegenheit und Bestrafung der Schuldigen.
Bei den weiteren Erörterungen brachte Brizon unter allgemeiner Bewegung einen Zusatzantrag ein, nach dem ein Kredit von 10000 Franken eröffnet werden soll. um eine geheime Volksabstimmung über die Frage Frieden oder Krieg vornehmen zu lassen.
Die Kammer zeigte sich dem Antrag gegenüber außerordentlich feindlich, sodaß Brizon infolge des großen Lärmes, von Deschanel mehrmals zur Ordnung gerufen, seinen Antrag nicht ausführlich erklären kann und die Rednertribüne verlassen muß.
X John Burns als Prophet der englischen Revolution.
Die(verspätet eingetroffene)„Justice"(London) vom 1. 3. entnimmt aus„Pulitzers Review"(Newyork) folgendes: „Der Donner der Geschütze in dem großen europäischen Kriege hat die einst so mächtige Stimme des bemerkenswertesten Arbeiterpolitikers, den England bisher hervorgebracht hat, des Abgeordneten für Battersea, John Burns, zum Schweigen gebracht.
Als er(mit Trevelyan und Morley) in jener Kabinettssitzung(August 1914) zurückgetreten war, bestieg er eine Trambahn, um nach Hause zu fahren. Der Schaffner erkannte ihn und fragte:„Was gibts Neues, John?"(Londoner Arbeiter nennen den früheren Minister stets John oder Jack.)
„Krieg.“ war die lakonische Antwort.„Ich bin zurückgetreten.
„Und wie wird es enden?“ sagte der Schaffner.
„Erst Wehrpflicht, dann Schutzzoll und schließlich Revolution,“ war die Antwort.
Das war die erste und letzte Außerung über den Krieg, die John Burns getan hat. Zwei Jahre sind vergangen. Die Wehrpflicht ist zur Wirklichkeit geworden, der Schutzzoll kommt rasch näher, und wer Ohren hat, zu hören, erklärt, er könne schon leise das Grollen der Revolution vernehmen. Eine der bemerkenswertesten Seiten von Burns ist, daß sein Instinkt ihn je im Stich läßt.“
Zu der Prophezeiung paßt recht gut die Außerungen des Londoner Berichterstatters der„Westminster Gazette“. Er schreibt, das Kabinett Lloyd George gehe anscheinend schwierigen Zeiten entgegen. Überall höre man abfällige Kritiken, die man noch vor einigen Wochen nicht gehört habe. Möglicherweise sei es nur eine Folgeerscheinung der Enttäuschung über die lange Kampfpause an der Westfront. Bezeichnenderweise komme die herrschende Unzufriedenheit allmählich auch in der Presse zum Ausdrucke. Der sich jetzt bemerkbar machende zänkische Ton beruhe fraglos auf der überzeugung, daß es dem Kabinett an Schaffenskraft und Konzentrierung auf seine Aufgaben gebreche. Zweifellos habe sich die Lage durch den teilweisen Bruch mit dem Arbeitertum verschlechtert. Noch stehe zwar die Arbeiterpartei nicht offen in der Opposition, aber die Regierung gebe sich in dieser Beziehung keinen Illusionen hin. Die jüngeren Parteileiter, die ein viel größeres Ansehen als die älteren genössen, seien durchweg für den völligen Bruch und fürchteten auch keineswegs die Folgen einer allgemeinen Neuwahl. Diese Situation sei zweifellos einer gewissen Schwäche und Unentschlossenheit der Regierung zuzuschreiben. Ein anderer Faktor sei der, daß viele Unionisten in der Abnahme des vollen Vertrauens in Lloyd George eine günstige Aussicht für ihre eigenen Parteibestrebungen erblickten. Für sie habe der Wert Lloyd Georges darin gelegen, daß er der Regierung die Unterstützung des Arbeitertums und eines bedeutenden Teils der Liberalen sicherte. Aber wenn eine derartige Unzufriedenheit um sich griffe, würden sie sicherlich den ersten Platz in der Regierung für einen ihrer Führer, vermutlich Balfour oder Bonar Law fordern, wiewohl keiner von beiden sich dazu drängen werde, unter den dann sich ergebenden Umständen Lloyd Georges Erbschaft anzutreten.
Friedensbestrebungen.
Basel, 26. Sept.(KG.)„Daily News“ meldet aus Petersburg: Maximalistische Soldatenausschüsse unterbreiteten dem Direktorium der Regierung formulierte Forderungen zur Friedensfrage.
Daily News“ versichern weiter, auch Lloyd George wünsche nach seinen gegenüber führenden Parlamentariern bestimmt abgegebenen Erklärungen einen baldigen Frieden auf der Grundlage des Rechtes und der Gerechtigkeit.
Aus aller Welt.
Budapest, 25. Sept.(WTB.) Die Ungarische Bank und Handelsgesellschaft hat die Erhöhung des 80 Millionen Kronen betragenden AktienKapitals auf 100 Millionen Kronen beschlossen. Die Kapitalerhöhung ist durch den Aufschwung des Geschäftes der Bank sowie durch das bedeutende Anwachsen der von der Bank verwalteten Gelder begründet.
Zur Kohlenversorgung Hollands durch England. Amsterdam, 26. Sept.(WTB.) Der„Telegraaf“ meldet, daß die helländische Regierung 25.000 Tonnen Schiffsraum mit Beschlag belegt habe um die von England vorläufig zugesagten 100 000 Tonnen Kohlen abzuholen. Die Schiffe werden baldigst, voraussichtlich morgen, abgehen.
Deutsches Reich.
Berlin, 26. Sept.[WTB.] Soeben ist von der Kaiserin auf die Kundgebung deutscher Frauen das Antwortelegramm zu Händen ihrer Exzellenz Gräfin Schwerin=Löwitz eingegangen. Es hat folgenden Wortlaut:
Neues Palais.
Mit lebhafter Freude erhielt ich die Kundgebungen, in denen die deutschen Frauen Zeugnis ablegen für ihren unerschütterlichen Willen, in deutscher Treue zusammenzuhalten und jede Einmischung Fremder zurückzuweisen. Allen unterzeichneten Verbänden und Vereinen danke ich von Herzen für dieses patriotische Gelöbnis und vertraue darauf, daß die deutschen Frauen trotz aller schweren Opfer die sie in treuer Vaterlandsliebe mit den Männern gemeinsam bringen, durchhalten werden bis zum ehrenvollen Frieden. Augusta Victoria I. R.
Königsberg. 26. Sept.(TU.] Hier geht das Gerücht, daß Generallandschaftsdirektor Kapp, der infolge seiner Angriffe gegen Herrn v. Bethmann=Hollweg seinerzeit von der Staatsregierung bei seiner Wiederwahl zum Generallandschaftsdirektor nicht bestätigt wurde, jetzt wieder auf seinen alten Posten zurücklehre. Erst ganz kürzlich wurde Kapp von den Mitgliedern des ostpreußischen Landtages
S
zum Landschaftsdirektor wiedergewählt; bisher wurde, da Kapp nicht bestätigt war, das Amt vertretungsweise ver
waltet.
Enver Pascha im deutschen Großen Hauptquartier. Ber
lin, 26. Sept.(WTB.] Amtlich. Enver Pascha ist mit großem militärischen Gefolge am Montag spät abends mit dem Balkanzuge in München eingetroffen und setzte nach Mitternacht die Reise ins Große Hauptquartier fort. Am Dienstag fanden Besprechungen mit dem Generai der Infanterie Ludendorff statt, wobei militärische und militär=politische Fragen erörtert wurden. Abends trat Enver Pascha die Rückreise nach Konstantinopel an. Generalfeldmarschall v. Hindenburg hatte sich dazu auf dem Bahnhofe eingunden und verabschiedete sich von Enver Pascha in überaus herzlicher Weise.
Zentrumswähler gegen Erzberger.
&am Düsseldorf, 26. Sept. Eine Gruppe von Mitgliedern der Zentrumspartei aus allen Berufskreisen in düsseldorf erläßt im„Düss. Tabl.“ eine Erklärung gegen das wiederholte öffentliche Auftreten des Abg. Erzberger in Verbindung mit der Friedensresolution des Reichstages. Nach einer ausführlichen Tarlegung der Haltung der Zentrumspartei vom August 1911 bis zur Entschließung de Reichstages vom 19. Juli 1917 und der daran anschließenden Tagung des Reichsausschusses der Zentrumspartei in Frankfurt a. Main heißt es in der Erklärung: „Mit Sorge müssen wir sehen, daß wiederum der Abgeordnete Erzberger im Lande herumreist und für einen Frieden ohne Annerionen und ohne Entschädigungen wirbt und im Volke Hoffnungen auf einen allgemeinen Frieden erweckt, die nicht erfüllt werden können und deren Enttäuschung Unzufriedenheit auszulösen geeignet ist. Wir alle wollen den Frieden von Herzen, aber die Agitation für den Frieden ohne Rücksicht auf die Lebensbedingungen des deutschen Volkes ist nicht der Weg, um ihn zu erringen. Die militärische Lage an allen Fronten und die Vorbedingungen des Durchhaltens im Innern sind so günstig, daß der von uns erhoffte Frieden in immer greifbarere Nähe rückt, wenn nicht die Hoffnungen unserer Feinde immer neu genährt werden. Es ist die treue Anhänglichkeit an die Partei und die Liebe zu unserem Volke und Vaterlande, die uns veranlaßt, öffentlich zu erklären, daß wir mit dem Voraehen des Abgeordneten Erzberger nicht einverstanden sind. Wir halten es für dringend erforderlich und sind uns bewußt, hierbei im Sinne vieler Zentrumswähler zu sprechen, daß die Reichstagsfraktion klar und deutlich dem Abgeordneten Erzberger entgegentreten möge, bevor es zu spät ist, und sich klar und deutlich bekennen möge zu einem Frieden im Sinne der Erklärung des Reichsausschusses, der Deutschlands politische Sicherung und wirtschaftliche Weiterentwicklung gewährleistet.“
Die Erklärung trägt eine große Anzahl Unterschriften von Angehörigen aller Stände und Berufskreise, u. a. die des bekannten Landesrats und Stadtverordneten Adams und des Oberrentmeisters Dr. Erig. ehemaligen Generalsekretärs des Westf. Bauernvereins.
Deutscher Reichstag.
Berlin, 26. Sept.(WTB.)
Nach Eintritt in die Tagesordnung wurden zunächst mehrere Rechnungssachen ohne Aussprache erledigt.
Über die
Denkschrift betr. Rechnungsbezug über die Aufstandsausgaben für Deutsch=Südwestafrika erstattet Abg. Noske(Soz.) ausführlich Bericht.
Die Kommission zur Prüfung der Kriegslieferung sollte schneller arbeiten, das liegt aber nicht am Reichstag sondern an der Regierung.
Ministerialdirektor Dr. Lewald: Die Regierung würde gern häufiger Kommissionssitzungen ansetzen, es fehlt aber an der nötigen Zeit.
Abg. Dittmann(Unabh. Soz.): Die Entschuldigung ist nicht ausreichend, die Kommission ist lediglich Kulisse. Es ist eine Schmach, daß die Heereslieferanten immer noch so enorme Geschäfte machen können.(Sehr richtig.)
Abg. Hachnle(Fortsch. Vv.): Eine scharfe Kontrolle der Kriegslieferungsverträge ist unbedingt erforderlich. Die Kommission muß beraten. nicht nur Verträge hören.
Die Rechnungssache wird für erledigt erklärt.
Es folgt die erste Lesung des
Nachtragsetats.
Staatssekretär Dr. Roedern: Der Nachtragsetat enthält in erster Linie die Forderungen für die neuen Staatssekretäre und den Stellvertreter des Reichskanzlers, dessen Stellung losgelöst ist vom Einzelressort. An der bisherigen verfassungsmäßigen Selbstvertretung des Reichskanzlers durch
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Konsterischer ungeiger
und Münsterische Volkszeitung
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zweimalige Versendung nach auswärts(mittags und nachts); in der Stadt Münster und bei unsern Ausgabestellen in Borghorst, Emsdetten, Greven, Neuenkirchen, Nordwalde und Rheine ebenfalls zweimalige Zustellung am Tage(morgens und abends nach Ausgabe des Tagesberichts).
2.10 Mn.
Ausgabe A(ohne Illustrierte Beilage)
für die Monate Okt., Nov., Dez. in der Stadt Münster durch die Trägerinnen zugestellt oder auswärts bei unseren Ausgabestellen und an der Post abgeholt. Bei der Zustellung durch den Briefträger werden in Orten mit einmaliger Bestellung am Tage für drei Monate 42 Pfg., mit zweimaliger Bestellung, 72 Pfg. erhoben. Die Zustellung in Emsdetten, Neuenkirchen und Rheine kostet für die drei Monate 60 Pfg.
Ausgabe B(mit Illustrierter Beilage).
Die illustrierte Kriegsbeilage„Wochenschau" erscheint jeden Samstag und bringt im neuen Kupfertiefdruck=Verfahren Bilder von den verschiedenen Kriegsschauplätzen.
Für diese Beilage werden außer dem Bezugspreise von
2.10 Mk. für die Zeitung für die drei Monate 60 Pfg.
erhoben. Ein Bezug der Beilage ohne die Zeitung findet nicht statt.
Die illustrierte Kriegsbeilage wird vom 1. Okt. ab wöchentlich in einem Umfange von vier Seiten
erscheinen(anstatt bisher wöchentlich abwechselnd 8 und 4 Seiten) Die außerordentlich gestiegenen Herstellungskosten und die Verordnung des Reichskanzlers über die Einschränkung des Papierverbrauchs zwingen zu dieser Umfangsvermind erung. Wir hoffen, daß es bald möglich sein wird die Beilage wieder in dem bisherigen Umfange zu liefern.
Der Feldpostbezug des Münsterischen Anzeigers für die Krieger im Felde, in Lazaretten und in Garnisonorten kann von jedermann an jedem Postorte bestellt werden. Der Feldpostbezugspreis(einschl. Versendungsgebühr) beträgt monatlich für Ausgabe A(ohne Wochenschau) 1.10 Mk., für Ausgabe B(mit Wochenschau) 1.30 Mk. Es ist— um den fortlaufenden rechtzeitigen Bezug bei Beginn der einzelnen Monate zu sichern— zu empfehlen, gleich für die drei Monate zu bestellen.
Der Münsterische Anzeiger zählt gegenwärtig
10 10 Bezieher
davon über 14 600 in der Stadt Münster.
Er darf mithin als das wirksamste Anzeigenblatt in Stodt und Regierungsbezirk Münster bezeichnet werden.
Verlag des Münsterischen Anzeigers.
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