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Dienstag, 25. September 1917.

Die tässischen Ariegsvorberritungen.

Der russische Kriegsminister Suchomlinow hat die Mobil­machung gegen Deutschland seit Jahren betrieben. Eine russische Verfügung besagte bekanntlich, daß Mobilmachung gegen Deutschland gleichbedeutend mit Krieg sei. Den Augen­blick, in dem er nach Übereinkunft mit Frankreich und Eng­land ausbrechen sollte, bereiteten die Probemobilmachungen vor, deren Erfinder Suchomlinow war, und ihm dienten die mannigfachen sonstigen Maßnahmen, namentlich in den Grenzgebieten, über die jetzt, nach der Einsetzung einer deut­schen Verwaltung, Aussagen und Archivfunde reichlichen Auf­schluß gebracht haben. So fand sich im Bericht des Kreischefs von Kolo vom Ministerium des Innern eine Verhaltungs­maßregel vom 8. Dezember 1912 an den Präsidenten der Stadt Kalisch und die Bürgermeister der Städte dieses Gou­vernements im Falle eines Krieges. Der frühere Gerichts­sekretär Radzik in Sochaczew bekundet, im Tezember 1913 sei beim dortigen Gericht ein Geheimbefehl aus Warschau eingetrofsen, in welchem die Gewichtsangabe der fortzuschaf­fenden Akten gefordert wurde. Gleichzeitig mußte jeder Ge­richtsbeamte angeben, wo er sich im Falle eines Krieges auf­halten würde. Ein solcher Besehl sei früher niemals ge­geben worden. In ähnlicher Weise berichtet der frühere russische Steuerinspektor zu Kalisch Drescher, im Jahre 1913 und nochmals Ende April 1914 sei bei sämtlichen Amtern angefragt worden, wieviel Fuhrwerk usw. nötig sei. um das behördliche Eigentum und die Beamten selbst nebst ihren Familien wegzuschaffen. Auch sonst ist innerhalb der russi­schen Beamtenschaft eine Art Mobilmachung zu erkennen ge­wesen. Der Magistratsbeigeordnete Moritz Rosenberg in Ciechanow bekundet folgendes: Anfang Mai 1914 wollte der Kreischef von Ciechanow, Suckow, wie in den Jahren 1912 und 1913 einen Urlaub nach dem Kaukasus antreten und hatte schon alle Reisevorbereitungen getroffen, u. a. sich von diesem Rosenberg 600 Rubel zur Reise geborgt. Plötzlich er­

zählte er ihm unter dem Siegel größter Verschwiegenheit, er habe vom Gouverneur die Erlaubnis nicht bekommen, weil es nach Krieg riecht". Der Aktenhefter Sysmanowicz zu Ciechanow hat jenen Geheimbrief des Gouverneurs heim­lich geöffnet und bestätigt nun, daß ein Krieg mit Teutsch­land der Grund für die Ablehnung des Urlaubs gewesen sei. Dieser Bescheid war formularmäßig gehalten und in Druck­schrift ausgefertigt. Offenbar wurde also damals höheren Beamten Urlaub grundsätzlich verweigert. Hiermit stimmt überein die Angabe des früheren Bürgermeisters und Ge­meinderichters zu Plonsk, bei dem sich im Frühjahr 1914 ver­schiedene Militärbeamte über die außerordentlich erschwerte Erhältlichkeit von Urlaub ganz im Gegensatz zu früher beschwert haben. Nach Angaben dieses Zeugen sind bei den Zivilbehörden bereits drei Monate vor dem Kriege die kriegsdienstpflichtigen Beamten durch militärfreie ersetzt worden. Dieser Zeuge hat überhaupt, und zwar, wie er an­gibt, zusammen mit vielen anderen, deutlich erkannt. daß Rußland auf einen Krieg mit Deutschland hinarbeite. In einem Bericht des Kreischefs zu Livno findet sich eine Erklärung des evangelischen Pfarrers Michae­lis. Hiernach sind Anfang 1914 sämtliche Kreischefs deutscher Abstammung aus dem Grenzgeviete in das Innere Rußlands versetzt worden, so z. B. der Kreischef von Mlawa, Baron Kluhmann, welcher sich vergeblich um Belassung auf seinem bisherigen Posten bemüht habe. Anfang 1914 sei die Aus­weisung der deutschen Bevölkerung aus dem Bereiche der Festung Modlin erfolgt. Zur Räumung des Kaiserschlosses in Skiernewice wurden bereits im Juni die ersten Maßnahmen getroffen und mit der Versendung der Wertgegenstände nach Petersburg und Moskau begonnen. Diese nicht besonders begründete Maßnahme kann schlechter­dings keine andere Erklärung finden als durch die bestimmte Voraussicht eines Krieges mit Deutschland.

Erste Ausgabe.

Der deutsche Abendbericht.

Berlin, 24. Sept.(WTB.) Amtlich. Abends:

Lebhafte Gesechtstätigkeit in Flandern und auf dem Ostufer der Maas.

Im Osten nichts von Bedeutung.

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Berlin, 24. Sept.(WTB.] Am 23. Sept. kam es an der flandrischen Front trotz heißer Artillerieschlacht nicht mehr zu größeren Infanteriekämpfen. Die Engländer leite­ten den Tag durch Patrouillenvorstöße am frühen Morgen in der Gegend von Langemarck ein. Sie wurden überall abgewiesen. Das Artilleriefeuer nahm im Laufe des Tages immer größere Heftigkeit an, bis es um 5 Uhr nach­mittags nordöstlich von Yvern zum Trommel­feuer überging. Die Engländer. die zwei Stunden lang mit allen Kalibern trommelten. planten augenscheinlich einen größeren Angriff. Allein im deutschen Artilleriefeuer, das mit vernichtender Wirkung auf den zerschossenen englischen Stellungen lag, war die englische Infanterie aus ihren Trichtern nicht herauszubringen. Auch an der Küste war die Artillerietätigkeit lebhaft. Als Vergeltung für die Be­schießung Ostendes, die unter der belgischen Zivilbevölkerung blutige Veruuste verursachte, wurde Dünkirchen under Fernfeuer genommen. Das Wetter, das bisher den englischen Angriff in so hohem Maße begünstigte, wurde wie­der unsichtig. An der übrigen englischen und an der fran­zösischen Front spielten sich keine Kampfhandlungen von Be­deutung ab. Im Artois wie bei St. Quentin wur­den englische und französische Patrouillen abgewiesen. Ost­lich von Reims versuchten die Franzosen nach schlagartiger Feuervorbereitung einen stärkeren Vorstoß: der glatt abgewiesen wurde. An der Verdunfront nahm das Artilleriefeuer auf dem Ostufer der Maas erst nachmittags größere Heftigkeit an. An der Straße For­gesCumieres wurde eine starke französische Patrouille im Handaranatenkampfe abgewiesen.

An der Ostfront ereignete sich nichts von Bedeutung. Die Deutschen sind noch mit dem Einbringen der Beute beschäftigt, deren Menge noch nicht genau zu über­sehen ist. Ein großer Teil liegt noch im Waldgebiet. Außer den bisher gemeldeten Geschützen wurden noch zahlreiche Ma­schinengewehre, Minenwerfer. Feldküchen und Sanitätsgut eingebracht. Die Gefangenenzahl ist auf 4710 Mann gestiegen.

Leutnant der Reserve Zotz ist im Luftkampfe mit dem 50. Gegner tödlich abgestürzt.

Italienisch=französischer Truppenaustausch. Berlin 23. Sept. Wie dieNeuen Züricher Nachrichten lautB. T. melden, hat zwischen Italien und Frankreich ein Aus­tausch von Truppen stattgefunden. Unzuverlässige italienische Regimenter sind an die West­front geschickt und durch französische und englische ersetzt worden.

Englischer Bericht vom 23. September. Deutsche Sturm truppen machten heute beim Morgengrauen einen Angriff nordöstlich Langemarck. Sie wurden vollkommen zurück­geschlagen und ließen 25 Gefangene in unseren Händen. Darauf griffen ihrerseits englische Schützenregimenter an, nahmen nach einem scharfen Gefecht ein weiteres Stück des deutschen Verteidigungssystems in dieser Gegend und mach­ten eine Anzahl von Gefangenen. An der übrigen Schlacht­front wird der Ausbau unserer neugewonnenen Stellungen fortgesetzt. Die Infanterietätigkeit beschränkte sich auf Pa­trouillengefechte, bei denen wir einige Gefangene machten. Unsere Artillerietätigkeit dauert an. Ein anderer, heute sehr früh unternommener feindlicher Angriff gegen die kürzlich von uns östlich Villerat genommenen Stellungen wurde unter Verlusten für den Feind abgeschlagen. Unsere Verluste sind leicht. Die Zahl der von uns an der Schlacht­front bei Ypern gemachten Gefangenen seit Beginn unseres Angriffes am 20. September beträgt 3243, darunter 80 Offi­ziere. Lufttätigkeit am 22. September: Das neblige Wetter bewirkte eine entschiedene Abnahme der starken Luft­tätigkeit in den letzten Tagen. Unsere Flugzeuge führten nichtsdestoweniger erfolgreiche Bombenflüge aus und warfen tagsüber 134 Bomben auf feindliche Quartiere, Baracken sowie Flugplätze ab. Im Laufe der Nacht wurde weiter drei Tonnen Bomben auf die Bahnhöfe von Roulers. Me­nin und Wervieg abgeworfen. Der Feind warf einige Bom­ben am Mittag ab, die wenig Schaden anrichteten. Vier feindliche Flugzeuge wurden im Luftkampf zum Niedergehen gezwungen. fünf wurden steuerlos heruntergebracht. Zwei von unseren Flugzeugen werden vermißt.

Die Einnahme des Brückenkopfes von Jakobstadt.

Bei Jakobstadt, 22. Sept.

Nach unserem großen Sieg bei Riga blieb den Russen zwischen Küste und Dünaburg nur noch ein Ausfalltor in den Händen: der breite Brückenkopf von Jakobstadt, der sich von Dokter bis südlich Grawero erstreckte und bei der Längs­ausdehnung von über 40 Klm. einen Tiefenraum bis zu 14 Kilometer hatte. Ungefähr in der Mitte des stark ausgebau­ten Stützpunktes lag an der Düna die kleine kurländische StadtJakobstadt". die einmal 10 000 Einwohner zählte, von denen nur eine geringe Anzahl geblieben war. Als Riga fiel, gaben die Russen zwei Tage darauf eine kleine vorsprin­gende Ecke im Norden des Brückenkopfes von kaum einem Kilometer Ausdehnung auf. die Hauptstellungen hielten sie weiter mit drei Divisionen. Ihre Heeresberichte in den nächsten Tagen ließen erkennen, daß sie von unseren Vor­bereitungen durch Flieger und andere Beobachtung Nachricht hatten, aber die Richtung, aus der ein deutscher Stoß er­folgen sollte, blieb ihnen unbekannt. Sie rechneten vielleicht mit den auf den ersten Blick wahrscheinlichen Stoßrichtungen: es gab die Möglichkeit, von Norden durch das nicht sumpfige Gebiet nahe der Düna vorzustoßen, eine Unternehmung, die von vornherein mit unangenehmem russischen Flankenfeuer von den Höhen am östlichen Dunaufer rechnen mußte, zwei­tens konnte der Angriff auf günstigem Gelände längs der Bahn Turkum=Kreuzburg(dem am Ostufer gelegenen Bahn­hof von Jakobstadt) vorgetragen werden. Die russischen Bat­terien schossen sich denn auch auf diese Stelle ein.

Mit dem Motto:Wer wagt, gewinnt! wählte General Graf Schmettow eine dritte überraschende Lösung. Aus wei schmalen Defilees in dem Sumpfgebiet, 4 Kilometer süd­lich der Bahn bei Roshe und bei Rudsit brachen die beiden Hauptangriffskolonnen hervor. In der Nacht zum 21. begann unsere Artillerie, die in großem Bogen um die Durchbruch­stelle aufgebaut war, die Gasbeschießung der russischen Batte­rien die Minenwerfer setzten mit furchtbarer Gewalt ein. Noch einmal raffte sich die russische Artillerie auf, und ihre Granaten schlugen in die Angriffsstellung, aber sie trafen weder Munition noch Minenwerfer. Die kurze Gefahr war bald unter dem Hagel unserer Batterien beseitigt, und das beispiellos genaue Uhrwerk eines deutschen Angriffes rollte sich ab. Um 5 Uhr brachen die Sturmtrupps in das schmale Stück russischer Stellung ein, die rechte Gruppe rollte mit Teilen ihrer Kräfte zunächst nach rechts auf und sollte gegen Angriffe von Jakobstadt sichern. Etwas nach 11 Uhr war hier schon der Sussei-Fluß erreicht, während die Hauptkräfte dieser Gruppe nach den beherrschenden Höhen von Ronneberg sirebten, die schon vor 10 Uhr erreicht waren. Damit war der linken Hauptgruppe, die schwerer vorwärts kommen mußte, das Vorgehen erleichtert. Um 4 Uhr 30 Min. war Gut Dannenfeld genommen, die Höhe 159 wurde gesäubert. Auf diesem Teile des Schlachtfeldes war kein intakter russi­scher Verband mehr auf dem Westufer der Düna, trotzdem sich die schwere russische Artillerie vom anderen Ufer hier sehr tätig zeigte. Im Süden wurde inzwischen die Sussei um 11 Uhr 15 Min. überschritten. Verzweifelte russische Gegen­angriffe wurden schließlich gebrochen, und nach kurzem Stocken des Angrifses ging der Stoß nach Einsatz von Re­serven weiter, aber der heftige Widerstand in den Wäldern vor Jakobstadt konnte am Abend bei strömendem Regen nicht mehr gebrochen werden, doch die Russen wurden zermürbt.

Um 4 Uhr morgens des 22. drangen die Infanteriespitzen in Jakebstadt ein, und im Laufe des heutigen Tages wurde

der letzte Südzipfel von drei Seiten gesäubert. Der Brücken­kopf war in deutscher Hand! Die Beute ist sehr groß: 79 Offiziere 4000 Mann, 57 Geschütze, darunter allerschwerste. In den Wäldern steht noch ungeheures Material. Im Regen auf unergründlichen Wegen hat die Infanterie das Beste an dem schnellen Erfolge geleistet, dazu die überlegene Führung und die glänzenden Leistungen der Flieger, die bei den schweren Wolken bis 40 Meter tief flogen.

Rolf Brandt. Kriegsberichterstatter.

Der österreichische Tagesbericht.

Wien, 24. Sept.(WTB.) Amtlich wird verlautbart:

Auf allen Kriegsschauplätzen ist die Lage unver­ändert

Der Chef des Generalstabes.

Die Antwort des Königs von Bayern an den Papst.

München, 24. Sept.(WTV.)

Die Korrespondenz Hoffmann meldet: Dem König von Bayern wurde seinerzeit die Friedensnote des Pavstes durch den am Kgl. Hofe beglaubigten Nuntius ebenfalls übermit­telt. Der König erwiderte hierauf in einer Antwortnote u. a. folgendes:

Heiliger Vater!

Eure Heiligkeit haben mit dem Schreiben vom 2. August des laufenden Jahres an die Staatsoberhäupter der krieg­führenden Völker einen feierlichen Appell gerichtet, um durch einen gerechten und dauerhaften Frieden die Schrecknisse des fürchterlichen Krieges zu beenden und der Welt den Frieden wiederzugeben. Eure Hegligkeit haben die hohe Gnade ge­habt, dieses hochbedeutsame Dokument auch an mich gelangen zu lassen, wofür ich meinen aufrichtigen Dank entgegenzu­nehmen bitte. Mit tiefer Ergriffenheit habe ich die Worte Eurer Heiligkeit vernommen. Aus jedem Satze dieses der Anbahnung des Friedens gewidmeten Schreibens spricht das heiße innige Bestreben Eurer Heiligkeit, als Vertreter des göttlichen Friedensfürsten, der leidenden Menschheit die Seg­nungen des Friedens wiederzubringen. Der unvergängliche Dank der ganzen Menschheit ist Eurer Heiligkeit für dieses unermüdliche und edle Wirken sicher.

Die Geschichte beweist, daß das deutsche Volk seit Be­gründung des Deutschen Reiches keinen anderen und keinen sehnlicheren Wunsch gehabt hat, als in Ehren an der Lösung der höchsten Kulturaufgaben der Menschheit nach Kräften mitzuwirken und sich der ungestörten Entwickelung seines wirtschaftlichen Lebens zu widmen. Nichts konnte dem fried­liebenden deutschen Volke und seiner Regierung dabei ferner liegen als der Gedanke eines Angriffs auf andere Völker und das Streben nach gewaltsamer Gebietserweiterung. Kein Sieg und Ländererwerb könnten in seinen Augen auch nur im entferntesten die furchtbaren Schrecken eines Krieges und die dadurch notwendige Vernichtung kultureller und wirt­schaftlicher Werte aufwiegen. Die in voller Über­einstimmung mit den deutschen verbünde­ten Regierungen geführte Politik des deutschen Kaisers und der Reichsleitung, die alle Zeit, oft bis hark an die Grenze des mit den deut­schen Interessen Verträglichen Erhaltung und Sicherung des Friedens im Auge hatte, fand daher stets die vollste Billi­gung des deutschen Volkes und seiner gewählten Vertreter. Erst als sich Deutschland in seiner Existenz bedroht betrach­ten mußte, als sich das deutsche Volk mit seinen treuen Ver­bündeten von allen Seiten angegriffen sah, gab es keine an­dere Wahl, als mit dem Aufgebot aller Kräfte für deren Freiheiten und Dasein zu kämpfen. Aber auch während die­ses uns aufgezwungenen und nun mehr als drei Jahre wüten­den Krieges ohne gleichen lieferte die deutsche Regierung un­zweidentige Beweise ihrer Friedensbereitschaft. und zwar ganz besonders durch die im Verein mit unseren Bundesgenossen schon Ende 1916 an die Feinde gerichteten Aufforderung. in Friedensverhandlungen einzutreten. Wenn dieser erste Ver­such, den Schrecken des Krieges ein Ende zu machen, schei­terte, so trifft dafür die Verantwortung unsere Gegner, die jedes Eingehen auf den Vorschlag ablehnten.

Um so inniger sind die Wünsche, die ich gleich dem deut­schen Kaiser, gleich dem ganzen deutschen Volke, für den Er­folg des von Eurer Heiligkeit unternommenen Schrittes hege, damit durch ihn zum Besten der ganzen Menschheit ein dauernder, für alle Zeiten ehrenvoller Frieden angebahnt werden möge.

Ich habe die Ehre, zu zeichnen Eurer Heiligkeit ganz

gehorsamer Sohn Ludwig.

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Rom, 24. Sept.(W2B.) In Besprechung der Ant­wort der Mittelmächte an den Papst gibt der Osservatore Romano der Ansicht Ausdruck, man müsse daraus schließen, daß die Mittelmächte annehmen, auf den in der päpstlichen Note dargelegten Grundlagen, d. h. Abrüstung. Schiedsgerichte, Freiheit der Meere und gegen­seitige Ausgleichung von Kriegsausgaben und Kriegsschäden über den Frieden zu verhandeln. Das Blatt fährt fort: Sie nehmen ausdrücklich die Zurückg abe der gegenwärtig besetzten Gebiete an. Die Antwort scheint in bejahen­dem Sinne hinreichend klar zu sein. In der Tat drückt die Antwort Deutschlands den Wunsch aus, in Übereinstimmung mit dem Wunsche des Papstes und der Friedenskundgebung des Reichstages vom 19. Juli eine Grundlage für einen gerechten und dauerhaften Frieden zu bilden. Die Wünsche des Papstes, sagt das Blatt, sind- die­

jenigen, wie sie in den Punkten 4, 5 und 6 seiner Note dar­gelegt sind. Die Reichstagskundgebung vom 19. Juli ist be­kannt; sie ist, kurz gesagt, Frieden ohne Annexionen und ohne Kriegsentschädigungen gemäß der russischen Formel. Die Annahme der in der päpstlichen Röte zum Ausdruck ge­brachten Gedanken, fährtOsservatore Romano fort, ist in genügender Weise an den Taa gelegt, so wie es bei einem diplomatischen Schriftstück dieser Art gewünscht werden kann, in dem man nicht im Stande ist, zu sagen, bis zu welchem Punkte man geneigt sein kann, Zugeständnisse zu machen und sich zu vergleichen. Was die Gebietsfragen an­betrifft, von denen in den beiden letzten Paragraphen der päpstlichen Note die Rede ist, kann man nicht mit Sicher­heit behaupten, daß die Mittelmächte jede Be­sprechung hierüber ablehnen; im Gegenteil, sie neh­men sie stillschweigend an. Die Antworten der Mittelmächte lassen den Weg für einen Meinungsaustausch zwischen den kriegführenden Mächten offen. Wenn der Zweck der päpstlichen Note, die doch nur einige Grundlagen zu Besprechungen vorlegen wollte, welche von den Mittel­mächten selbst genauer bestimmt und vervollständigt werden sollten, erreicht würde, könnte man die Morgenröte des Friedens herannahen sehen.

Petersburg, 23. Sept.(WTB.) Peterb. Telegr.=Agent. Die aus dem Auslande nach Petersburg gedrungenen Ge­rüchte von der Möglichkeit von Friedensverhandlungen haben in der hauptstädtischen Presse eine Reihe von Artikeln und Beurteilungen veranlaßt, deren Grundstimmung eine tiefe Unzufriedenheit mit der Presse und öffentlichen Meinung der verbündeten Länder ist, die die Friedensfrage besprechen und erörtern, während Rußland trotz seiner unheilvollen Zer­rüttung in wirtschaftlicher und militärischer Hinsicht nicht aufhört, durch die Organe der verschiedenen öffentlichen und solitischen Organisationen seinen festen Willen zur Fort­setzung des Krieges zu betonen.

Die meisten Blätter stellen vor allem fest, daß die Nach­richten über den Frieden diesmal, wie früher, aus Deutsch­land stammen, das sie veriodisch in Umlauf bringe. Der rolitische Wert dieser Meldungen sei also böchst zweifelhaft. Denn heute versuchten die Deutschen nochmals im Hinblick auf die nahe demotratische Konferenz den vsychtloai­schen Arcenblick auszunutzen.

Washington, 24. Sept.(WrB.) Reuter. Das Staats­departement läßt deutlich erkennen, daß die Antwort der Mittelmächte keinen Anlaß gebe zu irgend­welcher Anderung in den Absichten und Zielen Ame­rikas oder seiner Kriegführung oder zu einem schließlichen Friedensausgleich.

Letzte Nachrichten.

Petersburg, 24. Sept.(WTB.) Pet. Telegr.=Agent. Kerenski veröffentlicht einen Tagesbefehl, in dem er die hervorragenden Dienste Alexejews bei der bluti­gen Unterdrückung der Bewegung Kornilows hervorhebt und feststellt, daß durch sein kluges und tatkräftiges Eingreifen die Ordnung und die normale Tätigkeit des Großen General= stabes wieder hergestellt worden seien. Er erklärt ferner, daß er dem Rücktrittsgesuch Alexejews Folge gebe und ihn zur Verfügung der vorläufigen Regierung stelle, um seine großen Erfahrungen in der Leitung der militärischen Ope­rationen zu verwerten.

Petersburg, 24. Sept.(WTB.) Pet. Tel.=Ag. Der Ministerrat hat als dringendes Bedürfnis anerkannt, der Staatsbank das Recht zur neuen Ausgabe von Banknoten im Betrage von zwei Milliar= den Rubel zu erteilen. Seit Beginn des Krieges hat die Staatsbank für 14 200 Millionen Rubel Banknoten ausgeben dürfen.

Berlin, 24. Sept.(BB.) Nachdem sich in Wiborg die Offiziersmorde seitens der Soldateska wie­der holt haben, wird die Regierung in Petersburg laut Berl. Tageblatt eine Straferpedition nach Wiborg entsenden.

Zurückhaltung schwedischer Akten durch Kanada. Bern, 24. Sept.Petit Parisien meldet aus Washington, in poli­tischen Kreisen der Vereinigten Staaten messe man der Zu­rückhaltung von vier Aktenmappen des neuen schwedischen Sondergesandten durch die kana­dischen Behörden in Halifax große Bedeutung bei. Die Zu­rückhaltung sei auf Anweisung der englischen Behörden er­folgt. Die betreffenden Kuriermappen enthielten die ganzen Akten für die schwedische Gesandtschaft in Washington. Man glaube allgemein, daß in diesem Falle die kanadischen und englischen Behörden hauptsächlich eine Demonstration vor­nehmen wollten infolge der letzten Enthüllungen. Man habe jedoch umso größeres Vertrauen in eine freundschaftliche Beilegung der Angelegenheit, als man vermute, daß die Kuriermappen Statistiken und Informationen für den Le­bensmittelkommissar Hoover enthalten zwecks Festsetzung der nach Schweden auszuführenden Lebensmittel.

() Streikunruhen in Amerika. Kovenhagen, 24. Sept.(Eig. Meldg.] Die New Yorker Presse meldet aus Washington, daß dort ein außerordentlicher Minister­rat zusammengetreten ist zur Besprechung der kritischen Lage an der Westküste der Vereinigten Staaten. Die Zahl der Streikenden im Industriegebiete des Stillen Ozeans wird bereits auf 180000 erhöht. Es streiken sämtliche Schiffs bauer und Metallarbeiter. ferner die Transportarbeiter und ein erheblicher Teil der Seeleute. Die Schiffahrt in den Häfen des Stillen Ozeans ist teilweise lahmgelegt. Der Schiffbau ruht ganz. Die Streikenden veranstalteten erregte Demonstrationen und bedrohten nach der Angabe der kriegsindustriellen Presse die wirtschaftliche Freiheit in ge­fährlichster Weise. In San Franzisko kam es, wie der Sun meldet, zu schweren Zusammenstößen mit der Miliz, wobei es zahlreiche Tote und Verwundete gegeben haben soll. Zahlreiche Chinesen wurden gelyncht; die als Streik­brecher verwendet werden sollten.

66. Jahrgang. Nr. 687.

Weitere Dokumentendiebstähle Amerikas.

Rotterdam, 22. Sept. Reuter berichtet aus Wasbing­ton: Der amerikanische Minister des Außern veröffentlicht eine Mitteilung, die Graf Bernstorff im Jan. 1917 aus dem Auswärtigen Amt nach Berlin schickte. Die Mitteilung ist vom 22. Januar datiert und lautet:Ich erbitte Genehmigung zur Beschaffung einer Summe von 50 000 Dollar. um wie bei früheren Gelegenheiten den Kon­greß zu beeinflussen mittels der Vereine, die Sie kennen und die vielleicht den Krieg abwenden können. Gleichzeitig werde ich dementsprechend vorgeben. Im übrigen wäre eine amt­liche deutsche Erklärung zugunsten Irlands sehr erwünscht, weil dadurch der irische Einfluß hier zu Lande unterstützt würde."

Reuter fügt dieser Mitteilung hinzu: Man glaubt, daß das Ministerium des Außern weitere Dokumente besitzt, woraus der Zusammenhang der deutschen Prova­ganda und der irischen Frage hervorgeht. Vizeprä­sident Marshal äußerte sich im Kongreß folgendermaßen: Damit dürfte für immer den Zweifeln der Amerikaner über die gerechte Notwendigkeit dieses Krieges ein Ende gemacht worden sein. Aus der veröffentlichten Mitteilung geht her­vor, daß die deutsche Regierung uns womöglich zu zersplittern trachtete, sie hoffte, den Krieg in Europa zu gewinnen und uns dann zu erniedrigen und zu unterwerfen. Diejenigen, welche nicht mit ihrem ganzen Herzen den Krieg vertreten, lausen errstlich Gefahr, daß sie in den Verdacht geraten, einen Teil von jenen 50 000 Dollar erhalten zu haben. Wir aber haben einen ehrlichen Kongreß und sämtliche Abgeord­nete werden die Zumutung Bernstorffs als eine Beleidigung ihrer Vernunft und ihrer Ehre ansehen.

Man sieht, die Amerikaner verstehen sich darauf. eine Sache auszunutzen. 50000 Dollar bestechen nicht nur alle diejenigen, die nicht mit ganzem Herzen beim Kriege sind, sondern sie beweisen auch, daß Amerikas Krieg berechtigt ist, daß Deutschland den Krieg in Europazu gewinnen und damit die Vereinigten Staaten zu erniedrigen gedachte. Im übri­gen scheint der Deveschendiebstahl in Amerika engros betrie­ben zu sein.

Berlin, 23. Sept.(WTB.) Herr Lansina hat der Kette seiner Enthüllungen, mit denen er die neutra­len Staaten gegen Deutschland aufzuhetzen versucht, ein wei­teres Glied eingereiht durch die Veröffentlichung eines Tele­gramms vom März 1916, in dem von einem deutscherseits in Amerika beabsichtigten Verkauf von Munition und Pul­ver an eine holländische Kommission die Rede ist.

Der Lärm, den die amerikanische Regierung mit diesem Telegramm macht und die daran geknüpften Kombinationen sind ganz haltlos. Das Telegramm enthält weder etwas Unerlaubtes noch etwas Geheimes. Die deutsche Regierung hatte es auf drahtlosem Wege mit den der amerikanischen Re­gierung bekannten, bei den Funkstationen in Sayoille und Tuckerton hinterlegten Chiffren nach Amerika gesandt. Als dann in Berlin bekannt wurde, daß der amerikanische Zen­sor das Telegramm angehalten hatte, hat das Auswärtige Amt am 29. 3. 16 an den amerikanischen Botschafter Gerard eine Note gerichtet, worin das Telegramm wörtlich wieder­bolt und gegen das Verfahren des Zensors Einspruch erhoben wurde.

Die Sachlage war ganz einfach, es war natürlich, daß Deutschland versuchte. in Amerika Munition und Kriegsgerät anzukaufen. Herr Lansing wird hieran umso weniger Anstoß nehmen können, als die Vereinigten Staaten immer ver­sichert haben, daß sie Deutschland ebenso bereitwillig Waffen und Munition liefern würden, wie der Entente. Wenn dann derartiges Kriegsmaterial bei der Unmöglichkeit, es nach Deutschland zu bringen, anderen außerdeutschen Firmen an­geboten wurde, so war das eine durchaus einwandfreie recht­mäßige Transaktion.

Man sieht hieraus, zu welchen fadenscheinigen Mitteln Herr Lansing in seinem Verhetzungsfeldzuge greift und wie die Vereinigten Staaten schon vor dem Bruche mit Deutschland die Neutralität ganz einseitig zugunsten un­serer Gegner auslegten, indem sie ihrem Inhalte nach ein­wandfreie Telegramme von der Beförderung ausschlossen.

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Scharfe Kritik an den Telegrammen Luxburgs in der argentinischen Kammer.

Buenos Aires, 24. Sept.(WTB.) In der Kammer hielt der Abg. Arce eine Rede, in der er sagte, daß die Er­klärungen des Unterstaatssekretärs des Auswärti­gen Amtes nicht annehmbar seien, daß die öffent­liche Meinung die ihr angetane Kränkung bestrafen wolle.

Abg. Ascebar sagte: Wir haben uns bei der Teil­nahme für die gemeinsame Sache der Demokratie verspätet. Es war erstaunlich, daß wir nicht eingriffen, um an der Be­kömpfung der deutschen Grausamkeiten teilzunehmen. Man muß darauf hinweisen, daß die hervorragendsten Männer des Landes Parteigänger der Alliierten waren.

Caballero, Führer der radikalen Dissidenten, er­klärte: Wir haben geschwiegen, indem wir unsere Sympa­thien für das große heldenhafte Frankreich unterdrückten. Wir haben geschwiegen angesichts des Opfers des unsterblichen. Belgiens. Jetzt können wir nicht mehr schweigen.

Die Kammersitzung wurde immer stürmischer. Es ereigneten sich Zwischenfälle. Nach Mitternacht schickte Ascebar dem Abg. Veyga seine Zeugen.

Cameno protestierte dann gegen die Absicht, in einen Krieg zu treten und kritisierte die Veröffentlichung der De­peschen des Grafen Luxburg. Er spielte auf Gibraltar und Panama an, und versuchte dann Luxburg zu rechtfertigen, was zu Protesten und Lärm führte. Der Redner wurde ver­höhnt.

Pueyrcedon sagte: Was auch die Entscheidung des Kongresses sein mag, die Regierung wird sie annehmen. Die Regierung ist nicht schwach gewesen. Die Geschichte wird an­erkennen, daß sie im Gegenteil Energie gezeigt hat. Die Re­gierung hat Deutschland mitgeteilt, daß die Argentinier für das Völkerrecht eintreten. Der Krieg der Vereinig­ten Staaten ist gerechtfertigt. Wir haben bei Deutschland wegen Torpedierung desMonte Protegido und desToro Vorstellungen erhoben und Genugtuung erhalten. Die Erklärungen des deutschen Unterstaatssekretärs des Aus­wärtigen Amtes waren ungenügend. Wir haben vor vier Tagen eine befriedigende Antwort verlangt.

Der Antraa. die Entscheidung zu vertagen, wurde mit 53 gegen 27 Stimmen abgelehnt und die Debatte fortgesetzt. Bedis erklärte: Die Depeschen Luxburgs seien nicht als persönliche Außerungen Luxburgs interessant, sondern als Ausdruck des Gedankens und des Geistes Deutschlands. Schließlich wurde die Fortsetzung der Debatte vertagt, ohne daß die Kammer über den Antrag. mit Deutschland zu brechen, entschieden hätte.

Brenos-Aires, 24. Sept.(WTB.) Havas. In dem Augenblick, wo die Kammer über den Abbruch der Be­ziebungen mit Deutschland abzustimmen im Begriff war traf aus Berlin die amtliche Antwort ein, die die Anschauungen des Grafen Luxburg über den Kreuzerkrieg mißbilligt. Das WortKreuzerkrieg läßt vermuten, daß Deutschland nicht gesonnen ist, den U-Bootkrieg einzuschrän­ken. Jedenfalls wurde die Kriegserklärung ver­schoben.

Aus der Stadt.

Münster, 25. September.

Kommunalbeamtentagung. Am 29. und 30. Sept. d. Is. hält der Verband der Kommunalbeamten von West­falen in unserer Stadt seinen 19. Verbandstag ab. Am 29. September findet die Vorstandssitzung in der Ratsschenke statt, die Hauptversammlung beginnt tm 30. September, mor­gens 10 Uhr, im großen Rathaussaale. Die Kommunalbe­amten werden zur Teilnahme an dem Verbandstage freund­lichst eingeladen. In den freien Stunden werden kriegs­wirtschaftliche Einrichtungen besichtigt: Nähere Auskunft im Burean das Verkehrsvereins.

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