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Zwei Ausgaben ugigh. und Münsterische Volkszeitung. 44714 Mbomenten.

Zweite Ausgabe.

Samstag, 11. August 1917.

Anzeigen: Der Raum für die Anzegenspalte, 20 nam breit, 2mm hoch, 25 Pf.; bei Anzeigen aus dem Münster 20 Pf., aus der Stadt Münster 15 Pf.(Für Aktiengesellschaften 2., Vereine und Behörden 25 Pf.: Reklamen: Der Raum für die Reklamespalte, STmar­breit, Zmm hoch, 1 Mk. Für Erfüllung von Blepz­vorschriften wied keine Gewähr, sowie für Druckfehler keine Haftung übernommen. twaiger Radatt gilt als Kassenrabatt u. kann verweigert werden, wenn Zah­lung nicht binnen 4 Wochen nach Erhalt der Rechnung erfolgt. Gebühr für Beilagen nach Gewicht

66. Jahrgang. Nr. 569.

Die Angst vor Stockkolm.

Die Arbeiterkonferenz in London hat sich, wie bereits telegrathisch gemeldet, mit erheblicher Mehrheit für die Teilnahme an der Stockholmer Konferenz entschie­den. Damit ist das bestätigt, was schon seit einigen Tagen ziemlich feststand, gegen das sich aber die englische Regierung mit Hals und Kragen sträubte. Mit allen Mitteln, en­laubten und unerlaubten, ist gegen die Neigung, sich für die Teilnahme auszusprechen, Stimmung gemacht. Jetzt handelt es sich darum, was wird die englische Regierung tun: wird sie den Delegierten die Pässe verweigern, wie es Lansing soeben getan hat? Wird sie ihnen die Pässe zum Schein ausstellen und ihnen dann die Ausreise unmöglich machen, indem sie den englischen Seemannsverband in seinem Be­schlusse stärkt: kein Mitglied des Seemannsverbandes darf auf einem Schiffe Dienst tun, das britische Abgeordnete be­fördert, die nach Stockholm wollen, um mit deutschen Abge­ordneten zusammenzukommen?

Hinter all dem Tun der englischen, wie der übrigen feindlichen Regierungen stecken die Furcht und Angst. der Friede könne in Stockholm einen Schritt näher an seine Ver­wirklichung gebracht werden. Der Friede auf Grund der Siege der Mittelmächte in Ostgalizien und in Flandern. Hindenburgs Nackenschläge haben in Downing Street und am Quai d'Orsay gewirkt, wie der Stiefelabsatz in einem Ameisenhaufen. Fiebernde Tätigkeit herrscht in allen poli­tischen Bureaus, die sich für die Ententepolitik verantwortlich fühlen.

Aber werden Lloyd George und Ribot die Teilnahme schließlich verhindern können? Sie sitzen beide auf einem Pulverfaß. Wenn Lloyd George aus diesem Anlaß Hender­son aus dem Ministerium ausschifft, setzt er sein eigenes Amt aufs Spiel, und ebenso ist es in Frankreich, wo der Austritt von Thomas aus dem Ministerium den Sturz des Kabinetts Ribot bedeutet.

In Paris hat man sich an die noch dort weilenden Dele­gierten des Petersburger Arbeiter= und Soldatenrates heran­gemacht. Und wie einst die Generale Wallensteins, so haben diese Russen ihre Unterschrift unter ein Schriftstück gegeben, von dessen wahrem Inhalte sie kaum die richtige Vorstellung besitzen. In einer Nachtsitzung mit französischen Sozialisten beschlossen sie nämlich, an der Konferenz in Stockholm nur unter der Bedingung teilzunehmen, daß die Frage über die Schuld am Ausbruch des Krieges unbedingt der Konferenz vorgelegt werden müsse. Was damit gemeint ist, geht deut­lich erst aus demBrief der 39 hervor, den der Sekretär der sozialistischen Partei, Dubreuil, erhalten hat und den die Agence Havas mit auffälligem Eiser in die Welt hinaus­funkte. Die 39, darunter die Abgeordneten Bracke. Compere, Morel, Dejeante=Groussier, Guesde, Lauche, Weber und Varenne wünschen, daß die Stockholmer Konferenz mit einer Anklage gegen Deutschland beginne. Also mit einem Stichapfel, der sich als Bombe entpuppen und allso­gleich die ganze Konferenz auseinandersprengen dürfte. Und eben das ist die Absicht der regierungstreuen Clique im fran­zösischen Sozialismus. Compere Morel hat es selbst ver­raten, als er in der letzten Kammersitzung ausrief:Nein, für einen Händedruck mit Scheidemann ist der Augenblick noch nicht gekommen! Es ist derselbe Schrei, den Ribot mit den Worten ausstieß:Dieser Frieden ist nicht möglich, und man darf daran nicht denken! Es ist der Friede ohne Elsaß=Lothringen! Der Friede ohne Annexion und Ent­

Warum die englische Regierung schließlich so scharf gegen die Teilnahme der engkischen Sozialisten ist, ist nicht recht erklärlich, da diese doch in ihrem(in der heutigen Mor­gen=Ausgabe Nr. 568) veröffentlichten Memorandum so unmögliche Friedensbedingungen aufstellen, daß sie damit schon in den ersten fünf Minuten den friedlichsten Soziali­sten=Kongreß sprengen. Es wäre nicht nötig gewesen, sagt dieKöln. Volksztg., daß sich die englische Arbeiterpartei zu diesem Schritt entschlossen hätte. Sie konnte diese Auf­gabe ruhig Lloyd George überlassen, der es auch nicht schlech­ter hätte machen können, und sie hätte dabei den Vorteil gehabt, sich nicht als konfus oder zum mindesten wirklich­keitsscheu bloßzustellen. Immerhin ist man hiernach in Deutschland sich klar geworden, daß die englischen Soziali­sten ebenso imperialistisch gesinnt sind, wie die englische Re­gierung selbst. S 14777 8

Nun ein Wort zu ihren Vorschlägen. Es liegt uns fern, auf die Privatarbeit der englischen Arbeiterpartei näher einzugehen. Wir gestatten uns nur, eine Gegenrech­nung zu machen. Sie lautet so:

England stellt Irland als unabhängiger Staat wieder her und entschädigt es für alle Verluste, die es im Laufe der Jahrzehnte durch die englische Raubbau=Wirtschaft er­litten hat. England räumt ferner Gibraltar, Malta, die griechischen Inseln Cypern und Agypten. Ebenso gibt es Mesopotamien und Arabien an die Türkei zurück, der diese Länder gehören. England gibt Indien eine eigene Regie­rung und ruft dessen Unabhängigkeit aus. England stellt die Burenrepubliken und die deutschen Schutzgebiete wieder her, soweit sie ihm haben überlassen werden müssen.

Die englischen Arbeiter verlangen von uns Wieder­gutmachung des angerichteten Schadens; es fällt aber kei­nem von ihnen ein, zu erklären, daß auch England den uns durch die planmäßige Zerstörung unserer Geschäftshäuser, durch die Vernichtung unseres ganzen Außenhandels auf der ganzen Erde angerichteten Schaden ersetzen will! Warum betont das Memorandum nicht, daß wir unsere Kolonien wieder bekommen sollen? Deshalb nicht, weil kein Eng­länder, von Lloyd George bis zum letzten Tagelöhner, auch nur von der Herausgabe unseres Eigentums träumt!

Wesentlich gemäßigter sind schon die unten abgedruckten Kriegsziele der französischen Sozialisten, die aber auch noch immer für uns undiskutabel sind, da sie die Rückgabe Elsaß­Lothringens zur Voraussetzung haben. Bemerkenswert ist, daß sie auch davon überzeugt sind, daß England die See­herrschaft abgeben muß eine Forderung, die die englischen Sozialisten nicht aufstellen. Man sieht: Sprengpulver für die Stockholmer Tagung ist genügsam vorhanden. Warum dann schließlich all die Angst vor Stockholm?

Die Leute, sagt derVorwärts, denen die Stockholmer Konferenz ein: Dorn im Fleische ist, pflanzen ihre

Hoffnung auf. Daß immer noch neue Hemmungen ausge­brütet werden, hat man vorsichtigerweise für wahrscheinlich zu halten. Von dem Memorandum des ausführenden Aus­schusses der englischen Arbeiterpartei, das als Grundlage für Friedensvorschläge gelten soll, meint das Blatt, man könne jedenfalls nicht sagen, daß es den Wünschen der Ententemächte sich gefahrdrohend in den Weg stelle. DieGermania schreibt: Die Aussichten der Stockholmer Konferenz sinken von Tag zu Tag tiefer, bis sie an der Frei­heit der demokratisch regierenden Länder in nichts zer­fließen.

*

Sozialistische Friedensziele. Von der schwei­serischen Grenze, 10. Aug. DieHumanité vom 8. veröffentlicht jetzt ausführlich die auf die wirtschaftlichen Friedensbedingungen sich beziehende Antwort der franzö­sischen Sozialisten auf dem Fragebogen des bolländisch=skan­dinavischen Komitees. Die französischen Sozialisten lehnen darin die deutsche Forderung auf die Freiheit der Meere in Kriegszeiten ab, da diese Lösung der Wunsch des mili­tärischen Deutschlands sei. alle Hoffnungen Deutschlands wahre, seine Interessen sichere und Deutschland das gebe, was damit den anderen Nationen genommen werde. Unter Erhaltung der Gewaltherrschaft vermehre diese Lösung die deutsche Kraft, vermindere aber die Kraft der Gegner und beraube sie eines entscheidenden Vorteils gegenüber Deutsch­land. Danach sei es klar, daß die anderen Nationen nicht gutwillig diese Lösung annehmen könnten. Werde denn das militärische Deutschland. nachdem es die Freiheit der Meere erobert habe, diese in Kriegszeiten achten? Unter Vernei­nung dieser Frage erkennen die französischen Sozialisten immerhin an, daß ein Aushungerungsversuch, wie der in die­sem Kriege gegen Deutschland unternommene, nicht mehr vorkommen dürfe. Hierzu sagt die sozialistische Antwort:

Wir wären keine Sozialisten und keine Menschen, wenn wir gegenüber dem Hinweis Deutschlands auf seine vom Hunger bedrohte Bevölkerung gefühllos bleiben würden. Wir wünschen, daß die deutsche Bevölkerung in Zukunit niemals mehr den Schrecken des Hungers kennen lernt. Die einzige Lösung, die sowohl Enaland wie Deutschland die vollkommene Freiheit der Meere gewährleistet, sei die daß die See­herrschaft aus den Händen Englands in die des Völkerbundes übergebe. Die Mög­lichkeit der Blockade werde allen Parteien verboten werden, unter der Bedingung der Achtung der internationalen Rechts­organisation des Völkerbundes. Auf diese Weise werde das Problem der Freiheit der Meere eine gerechte Lösung finden. Schon Sir Edward Greh habe ja am 24. Mai 1915 erklärt, die Freiheit der Meere könne nach dem Kriege der Gegen­stand vernünftiger Besprechungen werden. Der Völkerbund werde auch jedem Volk den Ausgang zum Meer sichern. Die Antwort verweist weiter auf die Wilsonsche Friedensbotschaft vom 22. Januar 1917 über die Neutralisation der Schiff­fahrtsstraßen unter der Garantie des Friedensvertrages. Die Internationalisation der Verkehrswege sichere überdies die nationale Selbständigkeit und das Selbstbestimmungs­recht der Völker, verstopfe also die Quelle neuer Konflikte. Der Völkerbund werde auch die friedliche Regelung der internationalen wirtschaftlichen Be­ziehungen nach dem Kriege bringen müssen: Einsetzung internationaler Handelsgerichte. Proklamation des Grundsatzes der offenen Tür usw. Die sozialistische Ant­wort bestätigte übrigens die Erklärung der sozialistischen Kammergruppe vom 24. Juli 1916. die den Wirtschaftstrieg nach dem Frieden ablehnt und sich für das freie Handels­sostem ausspricht.

Von den Kriegsschauplätzen.

50 Zentimeter=Geschütze in Flandern. Aus Malmt

wird demHamba. Fremdenbl. geschrieben:Rußkif Invalid hat einen Bericht anscheinend vom russischen Militärbevoll­mächtigten bei der englischen Armee über die englische Offen­sive in Fiandern erhalten. U. a. ist darin die Angale be­merkenswert, daß während der Artillerievorbereitung auch die neuesten 50 Zentimeter=Geschütze der Entente eingegrif­fen haben. Die angerichteten Verheerungen sollen ungeheuer gewesen sein, allerdings habe ihre Verwendung nicht den ge­heaten Erwartungen entsprochen, da die durch die Geschosse dieser neuen Geschütze hervorgerufene Trichterbildung dem Feinde in der Verteidigung stark zugute kommt. Der Feind habe übrigens in unerwarteter Weise Vorbereitungen gegen die Offensive in einer Art getroffen, die die bisherige Ver­teidigungstaktik weit überhole. Hindenburg habe ein neues Defensivverfahren eingeschlagen, das durch ein genialeres Offensiverfahren kaum zu überbieten sei.

*

Wien, 10. Aug.(WTB.) Aus dem Kriegspressequartier wird gemeldet: An den Kämpfen nördlich von Focsani be­teiligten sich seit dem 6. August auch österreichische und unga­rische Truppen. So haben gestern österreichisch-ungarische Truppen heftige Flankenstöße gegen den Flügel der Angriffs­truppen glücklich abgeschlagen. Wir erreichten in hartem Kampfe die Straße TisitoBaltaretu. Tapfere Honveds er­stürmten wichtige Stellungen nördlich von der Ottozstraße und hielten sie trotz vielfacher Gegenangriffe. Um 6 Uhr nachmittags griffen Honveds nochmals an, durchbrachen die feindlichen Stellungen, ebenso erstürmten Honveds die Höhe Mazanaiu, östlich Molda. Im Moldavatal versteifte sich der feindliche Widerstand etwas. Auch vor der Stadt Sereth ist er noch nicht endgültig gebrochen. Zwischen Sereth und Pruth versuchte der Feind in heftigen Gegenangriffen unser Vor­wärtskommen zu verzögern. Drot griff er in Richtung auf das Dorf Provorokie achtmal an. Bei Angriffen treibt die russische Kavallerie die Infanterie nach vorwärts. Bei Brody gelang es einer Stoßtruppenunternehmung, 8 Offiziere und 205 Mann als Gefangene, 8 Maschinengewehre und 1 Minen­werfer als Beute einzubringen.

Gut sind die Ernteaussichten in den be­freiten Gebieten des Buchenlandes. Die abziehen­den Russen haben wohl den Viehbestand geschädigt und Brücken und Bahnhöfe, sowie einzelne Ortschaften zerstört, doch ist die Verwüstung nicht allgemein. Czernowitz hat dank der geschickten Maßnahmen der Führung. die die Russen zwang, nach Südosten auszuweichen, nur wenig gelitten. Der Besuch des Kaisers in Czernowitz, drei Tage nach dem Einzuge der österreichisch=ungarischen Truppen, er­weckte in der Bevölkerung aufrichtige Dankbarkeit, die in be­geistertem Empfange des Kaisers ihren Ausdruck fand. Die kaisertreuc Bevölkerung hat trotz der Bedrohung mit schwe­ren Stra##en, unter der russischen Herrschaft sehr viele Öster­reicher und Ungarn, aus der Kriegsgefangenschaft entwichene Offiziere und Soldaten verborgen gehalten, die dadurch das Glück genossen, den obersten Kriegsherrn bei seinem Einzuge in Czernowitz begrüßen zu können.

Bern, 10. Aug.(WTB.]Matin meldet in einem Sonderbericht aus Jassy: Die Heere der Mittelmächte setzten den Durchbruchsversuch der russisch=rumänischen Front mit allem Nachdruck fort. Dank der erdrückenden Überlegenheit der feindlichen Artillerie besonders vor den russischen Abschnitten und infolge der Schwäche gewisser rus­sischer Truppen, konnten die Deutschen die Alliierten an meh­reren Stellen zurückwerfen. Die Kräfte Mackensens greiten mit großer Heftigkeit an und haben die Rumänen zu­rückgeworfen. In den Donauabschnitten herrscht gleichfalls vermehrte Tätigkeit. Auch das Gewehrfeuer ist stärker.

Zürich, 11. Aug.(BB.) Der Militär=Kritiker derTri­buna, schreibt: Die Schlacht bei Focsani nahm den Charakter eines neuen Durchbruchs der Mittelmächte an.

Einstellung der russischen Offensive?

Basel, 11. Aug.(KG.)Morningpost meldet aus Pe­tersburg: Die Abstimmung im Soldaten= und Arbeiterrat sprach sich mit allen gegen 49 Stimmen für die Einstellung der Offensiven aus.

Wenn Kerenski nicht durch einen diktatorischen Befehl den Beschluß umstoßen kann, so dürfte er von ziemlicher Be­deutung sein. Er ergänzt die bereits gestern mitgeteilte Proklamation des Arbeiter= und Soldatenrates, in der die Truppen nur noch zur Verteidigung. aber nicht zum Angriff aufgefordert werden. Die Durchführung dieses Befehles würde unsere Position an der Ostfront natürlich sehr erleich­tern.

*

Rumänischer Heeresbericht vom 10. Aug. An der ru­mänischen Front, in der Bukowino, am Dujestr. an der Mol­dau und in den Abschnitten zwischen Moldau und Trotus wurden alle seindlichen Angrifse an verschiedenen Punkten durch unsere Truppen abgewiesen, wobei der Feind infolge von Gegenangriffen Gefangene und Maschinengewehre ver­lor. In dem Abschnitt zwischen Trotus und dem. Putna Tal Patrouillenstreifen und Gewehrfeuer. Schwaches Geschütz­feuer am Putna, in der Gegend nördlich von Maravesti. Zwi­schen der Eisenbahn und dem Sereth sind Kämpfe im Gange. Ein feindliches Flugzeug wurde durch russisches Infanterie­feuer bei Maravesti abgeschossen. Der Flieger fand den Tod, der Beobachter wurde gefangen genommen.

Englischer Heeresbericht von der mazedonischen Front vom 10. August: Der Überfall auf Cuculuc(2), den die Bul­garen am 4. 8. versuchten, wurde abgeschlagen. Wir be­warfen in der Nacht vom 5. 8. mit Erfolg die Fliegerlager von Luivanovo mit Bomben. An der Doiran=Wardar­Front ging die Artillerietätigkeit gelegutlich über die nor­male Grenze. Die Gesundheit der Truppen weist eine ent­schiedene Besserung auf.

Der Seekrieg.

Berlin, 10. Aug.(WTB.] DieNewyork Times vom 7. 7. wendet sich in einem Leitartikel gegen den Staaissekre­tär des Marineamtes, Daniels, der am 3. 7. eine Nachricht

in die amerikanische Presse lanziert hat, wonach die ameri­kanischen Schiffe, die den ersten Transport amerika­nischer Soldaten nach Europa geleiteten, einen Angriff deutscher U. Boote siegreich abgeschlagen hätten. Die eingeleitete Untersuchung ergab, daß diese Nachricht völlig aus der Luft gegriffen war und nur dazu dienen sollte, die Stimmung der Amerikaner für das am 4. 7. zu feiernde Nationalfest zu heben. Das Blatt findet ein solches Vorgehen durchaus unzulässig und unentschuld­bar. Tas amerikanische Volk müsse energisch dagegen Pro­test erheben, daß ihm Ammenmärchen über Siege vorgesetzt werden, die den Tatsachen nicht entsprechen. Sie bringen

Unsere Feinde.

Bern, 10. Aug.(WTB.) Der Petersburger Mitarbei­ter desCorriere della Sera" berichtet, daß das neue russische Kabinett abermals nur als über­gangs=Kabinett zur Lösung der dringendsten Fragen betrachtet werden könne. Die Marimalisten versuchten

bereits auf neuem Wege Umtriebe, und geben offen ihre Abneigung gegen die neue Lösung zu erkennen.

London, 10. Ang.(WTB.) Reuter. Das Unter­haus, das sich demnächst bis Mitte Oktober vertagen wird, hat in zweiter Lesung eine Vorlage angenommen, die die Regierung ermächtigt, eine Anleihe bis zur Höhe von 250 Millionen Pfund Sterling aufzunehmen. Bonar Law erklärte, daß, falls sich nicht etwas Unvorhergesehenes er­eignen sollte, keine Anleihe während der Zeit der Vertagung aufgelegt werden würde.

Genf, 10. Aug.(BB.] Die den Pariser Blättern über die Ergebnisse der Londoner Konserenz zugegangenen knappen Mitteilungen stimmen darin überein, daß die behandelten Gegenstände in der wenige Stunden dauernden Beratung unmöglich erschöpft werden konnten.. Es seien demnach neue Zusammenkünfte der En­tentestaatsmänner zu erwarten.

Bern, 10. Aug.(WTB.] Einer Ankündigung des bri­tischen Lebensmittelamtes zufolge, hat der neuerliche Wetter­umschlag von Treibhauswärme zu anhaltender Nässe die Aus­breitung der Kartoffelkrankheit bedenklich gesör­dert. Das Übel ist jetzt über ganz Süd=England verbreitet und reicht bis in das obere Themse=Tal.

Die schlechte französische Getreideernte. Genj. 19. Ang. (B9.] Ein Ersuchen des Seinepräfekten, Paris und Um­gebung bei der Brotverteilung zu begünstigen, mußte die Re­gierung ablehnen, weil die Ernte selbst hinter den bescheidendsten Erwartungen zurückblieb.

Amerika und der neutrale Handel. Kopenhagen,

10. Aug.Politiken berichtet aus Christiania: Das bevor­stehnde Abkommen zwischen Amerika und den Neutralen wegen der Zufuhren an diese enthält u. a. eine sehr wichtige von Amerika gestellte Bedingung, die sicherem Vernehmen nach besagt:Was von eigenen Erzeugnissen der Neutralen nach Deutschland ausgeführ: wird, wird von der Menge abgezoen, die das betreffende Land selbst von Amerika erhalten würde.Sjöfarts Ti­dende bezeichnet die Lage Norwegens danach als äußerst ernst. Das Vorgehen bedeute ein brutales Verbot der Le­bensmittelausfuhr aus jedem Lande, das nicht absolute Überschüsse an Fett, Kohlehydraten und Eiweißstoffen habe. Es sei bereits davor gewarnt worden, von den Verhandlun­gen mit Amerika einen glatten Verlauf zu erwarten. Höchst­wahrscheinlich werde die amerikanische Ausfuhr längere Zeit eingestellt bleiben, wodurch in Norwegen nach Neu­jahr eine Hungersnot eintreten werde, da die Zufuhren aus Amerika bis dahin nicht wieder in Gang kämen.

Englands Soldatennöte. Berlin, 9. August. Die Times enthalten in der Nummer vom 10. Juli zwei Rundschreiben des englischen Generalarztes Bedford, die auf die englischen Nöte des Heeresersatzes ein grelles Licht wer­fen. In dem ersten Schreiben fordert der Generalarzt von den ärztlichen Untersuchungsbehörden, jeden irgend taug­lichen Mann einzustellen, weil größter Mangel an Soldaten herrsche: in dem zweiten(9 Monate später) schreibt er wörtlich?Ich habe einige Arbeiterbataillone be­sichtigt und bin entsetzt, daß solche Exemplare der Mensch­heit., die für den Arbeitsdienst völlig un­brauchbar sind, angenommen werden konnten. Es be­finden sich darunter fast völlig Erblindete, Verwachsene, äußerst Schwächliche. Leute von zweifelhafter Geistesklarheit, die kaum im Stande waren, sich auf den Beinen zu halten, schwer an Rheumatismus Leidende, Gelähmte und Leute, denen der Blödsinn von den Gesichtszüge abzulesen war. Dieser Skandal muß sofort aufhören. Ich mache die Offi­ziere persönlich dafür verantwortlich, wenn solche offenbar dienstunbrauchbare Leute eingestellt werden, die für die Armee nur ein Hindernis darstellen. Wie weit muß es mit Englands Heeresersatz gekommen sein, wenn solche Fall­stafs=Garde bereits ausgehoben wird und solche dienstlichen Verfügungen veröffentlicht werden müssen!

Das großserbische Ziel.

Seit kurzem haben wir Kenntnis von Unterhandlungen der leitenden serbischen Staatsmänner mit Vertretern der österreichisch=ungarischen Südslawen. Die italienische Presse gebärdete sich wegen dieser in Korfu abgehaltenen Konferenz sehr ausfällig und wies auf die Gefährlichkeit der großser­bischen Propaganda mit Nachdruck hin. Jetzt wird uns in nachstehendem Telegramm verraten, was in Korfu abge­macht worden ist.

Haag. 10. Aug. DieTimes entnimmt dem serbischen Regierungsorgan den Text eines Vertrages, der nach sechs­wöchigen Unterhandlungen auf Korfu zwischen der serbischen Regierung und den Vertretern der südslawischen Provinzen Österreich=Ungarns am 20. Juli von dem serbischen Mini­ster=Präsidenten Pasitsch und Dr. Ante Trumbitsch, dem Präsidenten des südslawischen Ausschusses, unterzeichnet wurde. Sein Gegenstand ist die Begründung eines unab­hängigenKönigreiches der Serben, Kroaten und Slowe­nen unter der Dynastie Karageorgewitsch, das 12 Millionen Einwohner zählen soll. Von besonderem Interesse sind die beiden gegen Italien gerichteten Paragraphen, nämlich: 8. Das Gebiet des Königreiches wird alles Gebiet einschlie­ßen, das geschlossen von unserem Volk bewohnt wird und kann nicht zerstückelt werden ohne Verletzung der Lebens­interessen des Gemeinwesens. Unsere Nation verlangt nichts, was anderen gehört, sondern nur, was ihr eigen ist: sie ver­dangt Freiheit und Einigkeit sie verwirft deshalb gewissen­haft und fest alle teilweisen Lösungen des Problems der Be­freiung von der österreichisch=ungarischen Herrschaft und der Einigung mit Serbien und Montenegro in einem Staat, der ein unteilbares Ganzes bildet. 9. Im Interesse der Freiheit und der gleichen Rechte aller Nationen muß das Adriatische Meer für alle frei und offen sein.

Zur Sache selbst sei bemerkt, daß wir es für ausge­schlossen halten, daß diesüdslawischen Provinzen der öster­reichisch=ungarischen Monarchie Vertreter nach Korfu ge­sandt hätten. Wer soll das sein? Abgeordnete von den Landtagen? Regierungsorgane? Wer sonst? Es dürfte sich aber höchstens um vaterlandslose, fahnen= und heimat­flüchtige Kreaturen handeln, die von ihrem Schlupswinkel in London oder sonstwo in Feindesland nach Korfu gefah­ren sind, um dort, im Namen des Landes, dem sie entflohen sind, zu reden. Und dann; die Karageorgewitsch haben über­haupt nichts zu sagen in Österreich=Ungarn, nicht einmal mehr in ihrem eigenen Lande. Sieger über Serbien sind Österreich-Ungarn und Deutschland, und die allein werden bestimmen, was mit Serbien zu geschehen hat.

Schließlich dat sich nach dem PariserJournal jetzt auch Lloyd Gcorge gegen die serbische Großmannssucht aus­gesprochen, der die Bitte Pasitsch's ablehnte, die Errichtung einesJungslavenstaates in das Programm der Entente aufzunchmen.

Die Zustände im französischen Heer.

(Aus Briefschaften und Aussagen gefangener Franzosen.)

Aus den Pariser Kammerdebatten. Ministerreden und selbst aus der von der Zenjur geknebelten Presse geht seit den letzten Wochen mit aller Deutlichkeit hervor, daß im fran­zösischen Heer nach der blutig gescheiterten Aisne=Champagne= Offensive der Geist der Empörung gegen die nutzlose Men­schenschlächterei aufgeslammt ist, daß die Haltung der kämpfen­den Truppen sich in schärfstem Widerspruch zu den Zielen und den Phantasien der frontfernen Annexionspolitiker be­findet. Über Einzelheiten dieser Auflehnung französischer Truppen geben uns Briefschaften und Aussagen Gefan­gener der letzten Kampfwochen den erwünschten Aufschluß.

Gretz, den 17. 6. 17.

Wir hatten 4000 Aufrührer auf dem Gretzer Bahnhof: 3000 Mann sind gekommen, um Ordnung zu schaffen. 80 Meuterer sind gestern abend von Gretz nach Orleans ab­transportiert worden, um heute morgen im Lager Cercottes erschossen zu werden. 200 andere sind am Mittwoch im Cha­teau Thierry erschossen worden.

Melme, den 18. 6. 17.

Letzten Freitag hielt ein Trupp zurückkehrender Urlauber die Züge bis 1 Uhr morgens zurück, zerschnitt die Telephon­drähte, zerschlug alles. und als die Verstärkung nahte, gab man dem Lokomotivführer den Befehl, abzufahren, und nahm den Bahnhofsvorsteher bis zwei Stationen weiter mit. Du siehst, was das für eine Komödie ist, und ich könnte Dir noch mehrere solche Fälle nennen.

Montmarauld(Allier), den 5. 7. 17.

Seit Georgs Rückkehr vom Urlaub hat sich alles sehr geändert. Die ganze Division hat während seiner Abwesen­heit gemeutert: man hat sie daraufhin aus ihrer Stellun und sogar aus den Vogesen herausgezogen.

Massonay, den 18. 6. 17.

Du hast sicher erfahren, daß sehr viele Regimenter den Gehorsam verweigert haben. Ganz in unserer Nähe sind zwei Regimenter entwaffnet worden, sie sollen nach Saloniki geschickt werden.

...., den 9. 6. 17.

Hier in Grenoble sieht es sehr schlimm aus: man erzählt sich, daß in Lyon die Anamiten auf die Bevölkerung schießen. Ich glaube, daß dies alles auf das Ende hindeutet, oder es gibt Revolution. Ich möchte es wirklich wünschen, und wäre die erste die Poincaré und seine Helfershelfer auf die Guillo­tine brächte.

Ein Überläufer der französischen 69. Division erklärte, daß die Stimmung in der Division nicht gut sei. Im Regi­ment 267 sollen vor 46 Wochen einige Mannschaften auf Offiziere geschossen und auch einige getötet haben.

Bei dem Angriff auf die Cholera=Ferme am 16. Apxil hatten etwa 60 Mann des Inf.=Reats. 151 sich geweigedt, mit vorzugehen; sie wurden mit Arrest bestraft. Bei der­selben Gelegenheit sollen, wie der Überläufer erzählt, auch die Offiziere sich teilweise gedrückt haben.

Auch an französische Gefangene in Deutschland gelangen trotz der strengen Zensur jetzt öfters Nachrichten über die Meutereien in französischen Truppenteilen. So schreibt eine Frau aus Calais ihrem Manne nach Tauberbischofsheim:

In einem Soldatenbriefe habe ich dieser Tage gelesen, daß mehrere Regimenter, die man in die Schützengräben schicken wollte. dies verweigert haben. Um sie zum Abmarich zu bewegen, schickte man darauf Gendarmerie. Diese mußte aber bald von ihrem Plan abstehen, denn unsere Soldaten haben Gewehre und Maschinengewehre und wissen sie im gegebenen Augenblick zu gebrauchen.

In dem Paket eines Jägers vom 71. Bataillon fand man folgenden Brief aus Thizy vom 1. 7.:Dieser Kriea muß bald zu Ende gehen, denn alles geht zur Neige.... Außer­dem haben es die Soldaten mehr als satt. Mehrere Regimen­ter haben sich geweigert zu marschieren. Man kann sie bes­halb wirklich nicht tadeln. Und fast dasselbe meldet einem Gefangenen im Munsterlager seine Schwester aus Epreville am 13. Juli:Es muß an allem fehlen, damit der Krieg aufhört. Die Zivilbevölkerung muß sich empören, doch sind wir nicht mehr weit davon... Du hast wohl gehört daß unsere armen Soldaten sich empören, besonders die Infanterie und die Kolonialtruppen. Seit drei Jahren werden sie ins Elend geführt. Sie wollen nicht mehr marschieren.

Der Umschlag eines Briefes an einen Unteroffizier aus der Gegend von Marseille enthielt folgende Mitteilung seiner Frau vom 28. 6.:Alle unsere lieben Franzosen haben genug und wollen nicht mehr vorgehen, es werden viele stand­rechtlich erschossen... Es ist schrecklich.

Rußland.

Ermordung eines finischen Kommandanten. Berlin, 9. Aug. Nach demBerner Bund ist der Kommandant von Kotka in Finland, Oberst Gromaiko, in seiner Wohn­nung ermordet worden.

Zwei russische Regimenter zur Erschießung verurteilt.

Bern, 10. Aug. DerCorriere della Sera vieldet aus Petersbura: Der neue Oberkommandant Kornilow hat die bei dem Durchbruch in Galizen aus ihren Stellungen gewichenen zwei Regimenter kriegsgerichtlich aburteilen lassen. Jeder 15. Mann wurde zur standrechtlichen Erschießung verurteilt. Die Bestätigung der Todesstrafe steht noch aus.

Deutsches Reich.

Coburg, 10. Aug.(WTB.) Der König von Bul­garien, Kronprinz Boris, Prinz Cyrill und Minister­präsident Radoslawow sind mit Gefolge heute abend nach Sofia abgereist.

2 Kriegsbeschädigte als Ansichtskartenhändler. Die

preußischen Ministner für Handel und des Innern weisen in einem gemeinsamen Erlaß an die Regierungs=Präsiden= ten und den Berliner Polizeipräsidenten im Anschluß an den grundlegenden Ministerialerlaß vom 29. August 1916 über die Kriegsbeschädigten-Fürsorge darauf hin, welche Ge­fahren für die Zurückführung der Kriegsinvaliden in das Erwerbsleben in der äußerlichen Beurteilung liegen, die ihren Bedürfnissen seitens der Bevölkerung, aber auch sei­tens der Behörden entgegengebracht wird. Dem Invaliden wird nicht genützt, wenn ihm zu einem besonders leichten Erwerbe verholfen wird, obwohl er nach seiner körperlichen Beschaffenheit zu ernsterer Tätigkeit in der Lage wäre, und die Offentlichkeit leidet Schaden darunter, wenn die Ar­beitsposten falsch verteilt werden und infolgedessen die wert­volleren unbensetzt bleiben, während bei den leichteren ein Wettbewerb entsteht, unter dem naturgemäß die Schwerver­letzten am meisten leisten müssen. Eine leichte und mühe­lose Betätigung, wie sie beispielsweise, in dem fliegenden Vertriebe von Ansichtskarten oder sonstigen wirtschaftlich minderwertigen Gegenständen besteht, würde an Beliebtheit verlieren, wenn sie der Einträglichkeit entbehrte, die ihr nur durch die unverständige Haltung der Bevölkerung zuteil wird. An manchen Orten. insbesondere in größeren Städ­ten, tritt der Kriegsbeschädigte als Ansichtspostkartenbänd­ler geradezu an die Stelle des aus den letzten Kriegen be­kannten Drehorgelspielers, vielfach sind es nervenkranke Kriegsbeschadigte, die, zum Teil noch mit militärischen Be­kleidungsstücken versehen, dadurch auf der Straße und in Wirtshäusern Aufsehen erregen und eine gewisse Bennruhi­gung in weitere Volksschichten tragen. Gelingt es, die Be­völlerung über die richtigen Gesichtspunkte dahin aufzuklä­ren, daß das Entgegenkommen gegen solche Gewerbetreibende vielsach nur einem falschen Mitleid entspringt, und weder dem Vorteil des Invaliden noch dem der Allgemeinheit dient, dann wird der Zudrang zu solchen Beschäftigungen auch nachlassen. Wo deren Ausübung an eine behördliche Geneh­migung geknüpft ist, müssen die Behörden sich von gleichen Erwägungen leiten lassen. In jedem Falle wird ihnen jetzt von den Ministern empfohlen, zwecks abschließender Beur­teilung des Falles mit den zuständigen Fürsorgestellen. ge­gebenenfalls auch mit den früheren militärischen Dienst­stellen in Verbindung zu treten.