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Zweite Ausgabe.

Freitag, 1. Juni 1917.

66. Jahrgang. Nr. 389.

. Karls Thronrede, dierichtige Friedensformel.

Esterreichs junger Monarch eröffnete gestern zum ersten Male den Reichsrat mit einer Thronrede, die den warm­herzigen Willen des Kaisers, seinem Volke zu dienen und den Anforderungen der schweren Zeit gerecht zu werden, in ernsten, von Verantwortungsgefühl getragenen Worten bekundet. Die Bürde, die das Geschick auf die jungen Schultern des Monar­chen geladen hat, wiegt schwer. Während Österreich gleich uns nach allen Seiten zu fechten hat, drei lange Jahre die Opfer an Blut und Entbehrungen gebracht hat, die auch wir kennen, sind die politischen und völkischen Gegensätze nicht beseitigt worden, die dem ganzen politischen Leben der habsburgischen Doppelmonarchie ihr charakteristisches Gepräge geben und die auch ein Wort mitsprechen in der gegenwärtigen Minister­krisis in Ungarn. Die Lösung dieser Frage, die zur Zeit des Krieges nur in ihrem Ausdruck gemildert, nicht in ihrem Um­fange verringert sind, werden für den Kaiser und König ein Gegenstand ernster Sorge und hoffentlich großen und freu­digen Erfolges sein. Er weiß, daß nicht die Krone allein sie zu lösen imstande ist, daß es der Mitarbeit der verschiedenen Volksstämme bedarf, daß das ganze Volk an ihm teilnehmen muß, und darum wendet er sich auch an die Mitglieder des Reichsrates mit der Bitte, bei all ihren Sonderwünschen nie­mals den Blick für die historisch gewordenen Eigentümlich­keiten der Donaumonarchie zu verlieren und das einträchtliche Zusammenwirken der verschiedenen Volksstämme im Staale zu fördern, damit eine Verjüngung und Auffrischung des gesamten staatlichen Lebens das Land durchdringe, und es neuem Aufschwunge und innerer Erstarkung zuführt. überall war die frische Initiative des Kaisers schon fühlbar. Wir in Deutschland können nur wünschen, daß es dem Monarchen des verbündeten Reiches, der seine hohe Aufgabe mit vollem Recht namentlich auch in der Lösung der sozialen Probleme, in einer intensiven Wohlfahrtspolitik erblickt, die Bewältigung dieser Aufgaben vergönnt sein möge.

Von besonderer Bedeutung für uns sind die Worte, die der Kaiser zu dem welthistorischen Geschehnissen der Gegen­wart gesprochen hat, zu Kriegs- und Friedensfragen. Daß er dabei der treuen Gemeinschaft mit dem altverbündeten Deut­schen Reiche, sowie mit dem neuverbündeten Bulgarien und der Türkei mit warmen Worten gedenkt, versteht sich von selbst. Es ist einer jener Selbstverständlichkeiten, bei denen man sich über den Ton und die zum Ausdruck kommende inner­liche Festigkeit freut. In der treuen Gemeinschaft mit diesen Verbündeten will Kaiser Karl ein gutes Kriegsende nötigen­falls mit der Waffe erzwingen. Das ist ein gutes Wort in all den ungehemmten Versicherungen von Friedensneigung, ein gutes Wort in den Tagen, wo in Stockholm unsere Sozial­demokratie nach internationalen Grundsätzen und nicht, nach nationalen den Frieden erreden will. Diesergute Friede, den der Kaiser nötigenfalls mit der Waffe erzwingen will, wie denkt er ihn sich? Er sieht dierichtige Friedensformel in derwechselseitigen Anerkennung einer ruhmvoll verteidigten Machtstellung". Als Grundlage des Friedens eine neue For­mel! Keine schlechte! Sie ist weit davon entfernt, den resig­nierten Begriff des Verzichtfriedens zu übernehmen. Wir verkennen es nicht, daß ein großer Teil unserer Feinde seine Machtstellung ruhmreich verteidigt hat, aber wir haben unsere Machtstellung nicht minder ruhmreich, sicher erfolgreicher ver­teidigt, und unsere Machtstellung hat sich als die überlegene erwiesen: Wir stehen weit in Feindesland und trotzen jedem Versuch, uns das Land wieder zu entreißen, daß zu verteidigen die feindliche Machtstellung nicht groß genug war.

Die Anerkennung der ruhmvoll verteidigten Machtstellung unserer Gegner ist für uns um so leichter, ja, sie ist für uns selbstverständlich, weil wir das Bestehen dieser Machtstellung niemals angetastet haben. Nicht wir waren es, die die Macht­stellung eines Staates vernichten wollten, sondern das waren sie; aber wir wollten, daß unsere Machtstellung neben der feindlichen auf allen Gebieten anerkannt würde. Das haben sie uns bestritten und bestreiten es auch heute, obwohl sie vor unserer überlegenen Machtstellung haben zurückweichen müssen. Darum sehen wir mit einiger Skepsis ihrer Stellung­nahme zu dieser neuen Formulierung entgegen. Wir tuen das um so mehr, als diese Formel nicht jene Staaten in sich schlie­ßen kann, deren völlige Wiederherstellung die Entente fordert, von Frankreichs Wünschen nach Elsaß=Lothringen gar nicht zu reden. Belgien, Serbien, Montenegro, Rumänien, sie haben ihre Machtstellung nicht behaupten können, söndern sind vollständig unter unsern Schlägen zusammengebrochen. Eine Anerkennung ihrer alten Machtstellung wäre nichts als ein fingierter Begriff, und ferner, wie wir schon auf die Gebiets­verluste Rußlands und Frankreichs verwiesen, so liegt Eng­lands Machtstellung zum guten Teil auf dem Boden des Meeres und schwindet täglich mehr.

Dem gegenüber steht auf unserer und österreichischer Seite der Verlust unserer Kolonien und eines Stückes Galiziens. Sind die Feinde bereit, die Machtstellung aller Staaten, wie sie sich aus diesen Verhältnissen ergibt, anzuerkennen? Tun sie es, dann ist der Friede möglich, tun sie es nicht, geht dieKlärung des öffentlichen Geistes, die in Rußland ihren Anfang nahm, nicht auf die andern feindlichen Länder über", dann wird der junge Habsburger, der sich gern bereit erklärt, den Streit zu begraben, dasgute Kriegsende" doch erzwingen müssen. Und weil die Feinde noch nicht daran denken, die Absicht, unsere Mächtegruppe zu bedrohen, ehrlich aufzugeben, so wird unser Verbündeter an unserer Seite Gelegenheit haben, zu zeigen, daß das Wort seines Kaisers mit Recht ge­sprochen ist:Einstweilen aber wird unser Kampfwille nicht erlahmen, unser Schwert nicht stumpf werden." 12)

Blätterstimmen zur Thronrede Kaiser Karls.

Berlin, 1. Juni. Zur Thronrede Kaiser Karls sagt der Lokalanzeiger": Worte aufrichtiger Herzlichkeit und kluger politischer Vorsicht sind gestern zu den parlamenta­rischen Vertretern der österreichischen Reichshälfte gespro­chen worden. Mit Umsicht und sorgsam abwägender Ge­schicklichkeit wurden die Gegenstände berührt oder doch in bestimmter Weise angedeutet, die jetzt den Kern der öster­reichischen Schicksalsfrage ausmachen. Besondere Beachtung verdienen die Worte der Thronrede über die Bereitschaft, ein gutes Kriegsende an der Seite der Verbündeten zu er­zwingen, um so mehr, als diese Bereitschaft ebenso wie in Deutschland sich auf das Bewußtsein eines redlichen Friedenswillens stützt. Die Worte werden manche Hoffnung in den Ententeländern zunichte machen, als ob in der Auffassung von der Notwendigkeit bis zur Erringung eines ehrenvollen Friedens weiter zu kämpfen, zwischen den Gliedern des Mittelmächtebundes eine Verschiedenheit bestehe.

ImBerliner Tageblatt heißt es: Der Be­geisterungssturm, mit dem die beiden Häuser in Wien die erste Thronrede Kaiser Karls aufgenommen haben, ist eine gute Vorbedeutung, und berechtigt zu der Hoffnung, daß der Wunsch, ein neues Österreich zu schaffen, Regierte und Regierende einmütig beseelt. Die Thronrede ist das Regierungsprogramm des Kaisers selbst. Uns in Deutsch­land verbindet mit den Völkern Österreichs der Wunsch, aus den äußeren und inneren Kämpfen dieser bewegten Zeit ein starkes und glückliches Österreich hervorgehen zu sehen.

DieVossische Zeitung" schreibt: In der kraft­vollen, zielbewußten Rede, wird das neue Österreich mit der Überfülle seiner Probleme mit dem Willen zu einer groß­zügigen Erneuerung nach innen und außen sichtbar. Es

Ahnerinas Geid

er. Berlin, 1. Juni.

Wilson entpuppt sich. Nicht mehr für uns. Wir wissen ja gründlich Bescheid über ihn. Sondern für seine lieben Freunde im Verein der Entente. Noch vorigen Monat weil­ten die Herren Balfour und Viviani in Washington und freuten sich wie die Kinder über den schönen Kriegsbeteili­gungspakt, den ihnen der Präsident zusteckte. Aber kaum hatten sie die Türe des Wilsonschen Konserenzzimmers hinter sich, da setzt sich dieser Retter der Völker an seinen Schreib­tisch und entwirft eine Gesetzesvorlage, die nicht mehr und nicht weniger bezweckt als Sperrung des nordamerikanischen Geldmarktes für weitere Anleihen fremder Regierungen während der Kriegsdauer!Amtliche Kreise werden den Gesetzentwurf einbringen, meldet Reuter aus Washington. Das ist eben Wilson. Nun wird es in London und Paris lange Gesichter geben. Gewiß, man hat ja seinen Vertrag. Aber darin steht klar und deutlich:Frankreich und Eng­land erhalten für ihre eigenen und ihre verbündeten Zwecke Darlehen im Gesamtbetrage von 745 Millionen Dollars. Das ist nicht viel. Das ist ein Trinkgeld. Und nun wird die Klappe zugemacht. Amerika schließt den Geldmarkt. Die Entente hat das Nachsehen. Geld gibt es jetzt nur noch hintenherum zu Wucherzinsen. Mit anderen Worten: Ame­rika tritt auf den rauchenden Trümmern der europäischen Kriegsschauplätze die Geld=Weltherrschaft an. Der Krieg geht in die Hände der Trusts über. Und Wilson, der Schön­redner, wird zum Makler dieses grandiosen Ausbeute­geschästs. Bisher schwor er Stein und Bein, er zapple nicht im Schwimmnetz von Wallstreet, er habe ja immer davor gewarnt. Letzteres ist richtig.

In seinem Buche:Die neue Freiheit. Ein Aufruf zur Befreiung der edlen Kräfte eines Volkes"(alle Kobolde kichern heute über solche Heuchelei), schrieb er:Der Geld­trust, oder richtiger gesagt, der Kredittrust, ist lein Mythus und kein Wahngebilde der Phantasie. Er ist ein gewöhn­licher Trust wie alle anderen. Er macht nicht täglich Ge­schäfte. Er macht nur Geschäfte, wenn die Gelegenheit dazu kommt. Du kannst bisweilen, solange er nicht auf der Hut ist, etwas Größeres unternehmen: aber wenn er auf der Hut ist, kannst du nicht viel erreichen. Ich habe es mitangesehen. wie Menschen durch diesen Kredittrust erdrosselt wurden: ich

weht durch die ganze Rede ein ähnlicher Zug, wie durch die Österbotschaft unseres Kaisers. Machtvoll und klar tritt in ihr der Wille zum sozialen Königtum hervor. Wir in Deutschland haben nur den einen Wunsch, das in Treue er­probte und durch länger als ein Menschenalter verbündete Österreich=Ungarn stark und zukunftsfreudig zu sehen. Wir begrüßen diese erste Kundgebung des jungen Habsburgers an die Vertreter seiner Völker. Ihre Verheißungen verbür­gen uns eine Entwickelung der Donaumonarchie, die unter Schonung des Altbewährten einer Verjüngung entgegen­geht.

Der Seekrieg.

X Das Schicksal des Handels==BootesBremen".

Nach einer Mitteilung derNewyorker Times bildet das Schicksal des Handels==BootesBremen den Gegenstand von Maßnahmen einiger Eisenbahn=Gesellschaften. In Amerika sind nämlich von mehreren Seiten an einige Eisen­bahn=Gesellschaften Anträge gestellt worden, verloren gegan­gene Aktien dieser Gesellschaften aufs neue auszustellen, da diese Aktien nicht mehr aufgefunden werden dürften. Der Antrag hängt mit der Fahrt des Handels=-BootesBre­men" nach Amerika zusammen. Die Angelegenheit verhält sich nämlich folgendermaßen: Auf dem Handels=-Boot Bremen, das im August 1916 von Deutschland abgefahren und über dessen Verbleib bisher leider nichts bekannt ge­worden ist, befand sich eine größere Partie amerikanischer Wertpapiere. Die Eigentümer eines Teiles dieser Papiere haben sich an die in Frage kommenden Eisenbahn=Gesellschaf­ten gewendet und die Ausstellung von Duplikaten der Effek­ten mit der Begründung verlangt, daß dieBremen mit ihrer gesamten Ladung verloren gegangen sei. Die Eisen­bahn=Gesellschaft hat diesen Ersuchen entsprochen und die Papiere gegen angemessene Sicherheit ausgestellt.

Die Täuschungsversuche der englischen Admiralität. Amsterdam, 31. Mai. Nach zuverlässigen Mitteilungen aus London hat Macnamara in der Geheimsitzung des englischen Unterhauses zugegeben, daß die wöchentlichen Berichte der Admiralität über die britischen Schiffsverluste nicht zutreffend seien. Die Admiralität gebe nur die Ziffern der versenkten Schiffe bekannt, die unmittelbar zur Kenntnis gelangen. Dagegen kämen fortwährend Berichte ein, die Aufschluß gäben über bisher vermißte Dampfer. die ebenfalls den Unterseebooten zum Opfer gefallen seien. Solche Nachträge würden aber nicht veröffentlicht. Die genauen Verlustzahlen der britischen Handelsflotte seien bekannt und würden auch den Regierungsstellen mitgeteilt. Die Schiffe, die von der Admiralität oder britischen Reedern für die Regierung ge­chartert seien und verloren gingen, rechne die Regierung nicht zu den britischen Verlusten, sondern würden ihrer Na­tionalität nach registriert. Von allen Rednern des Unter­hauses würde die Statistik als täuschend und unrichtig be­zeichnet, und dennoch weigere sich die Regierung. eine An­derung vorzunehmen.

Berlin, 31. Mai.Journal vom 23. Mai führt aus. daß Deutschland bisher noch niemals eine so furcht­erregende Drohung gegen die Alliierten gerichtet habe als durch den jetzigen=Bootkrieg. In dieser Ausdauerprobe seien die Handelsflotten zur Waffe ge­worden, und zwar zu einer Waffe ersten Grades. Durchhal­ten sei alles. Jeden Tag gewänne die Zerstörung der Han­delsflotte an Umfang und man müsse durchhalten, bis bessere Verteidigungs= oder Angriffsmethoden erfunden seien, oder bis Amerika zum Eingriff kommen könne.

Die Vorgänge in Rußland.

Kopenhagen, 1. Juni.(BB.] Nach einem Petersburger Telegramm erklärte der Arbeitsminister Skobelew, die Re­gierung beabsichtige, die Steuer auf Kriegsge­winne zu verdoppeln. Das werde die Kapitalisten zwingen, unter solchen Bedingungen zu arbeiten, daß sie kein Interesse an der weiteren Dauer des Krieges hätten.

Eine amerikanische Armee zur Unterdrückung der rus­sischen Unruhen. Berlin, 31. Mai.(T. d..)Scots­man" bringt folgenden Vorschlag: Um die inneren russischen Unruhen abzukürzen, müßte sofort ein amerikanisches Heer nach Rußland entsandt werden. Amerika ist in allen Kreisen Rußlands sehr populär, bei den Juden, die ein neues Israel in der neuen Welt gründeten, bei den Bauern, von denen Millionen sich in Amerika niederließen, und bei den Frie­densfreunden. Die militärische Hilfe würde in dieser höch­sten Stunde der Not wie ein Trompetengeschmetter bei den russischen Demokraten wirken. Das wäre das fühlbarste und beweiskräftigste Signal für das Zusammenhalten des ganzen Verbandes und die Bedeutung des Krieges. Nicht zuletzt würde eine solche amerikanische Armee eine vorzügliche zweck­

Weithertschaft.

habe Leute gesehen, die, wie sie es selbst nannten.durch Wallstreet aus dem Geschäftsleben hinausgesetzt wurden". weil Wallstreet sie als unbequem empfand und ihre Konkur­renz nicht wünschte.

Soweit Wilson selbst noch kurz vor Beginn des Welt­krieges Im Kriege bat er sich stückweise dem Teufel von Wallstreet verschrieben, um nicht von ihmerdrosselt" oder aus der Regierunghinausgesetzt" zu werden. Das Ende dieser schiefen Bahn war die Kriegserklärung Washingtons an Berlin. Und noch in seiner Kriegserklärung, in der Kon­greßbotschaft Anfang April dieses Jahres 1917, stichelte die­Jer Verblendete:Es ist ein Krieg, der beschlossen wurde, so wie in allen Zeiten Kriege beschlossen wurden, als die Völ­ker von ihren Regierenden nirgends befragt wurden, und Kriege hervorgerufen und geführt wurden im Interesse von Dynastien oder von kleinen Gruppen Ehrgeiziger, die ge­wohnt waren, ihre Mitbürger als Pfänder und Werkzeuge zu benutzen.

Spottet seiner selbst! Sind die Morgan. Schwab, Du­vont, Bennet nicht eine kleine Gruppe Ehrgeiziger, ja rich­tige Dynastien. in deren Interesse. Wilson in den Krieg eintrat, um ihn um jeden Preis zu verlängern und die un­geheuren Kriegsanlagen Nordamerikas dauernd rentabel zu machen? Eine Notiz aus dem New YorkerWall Street Journal:Wird die Nachfrage nach Kriegsmaterial nach dem Kriege anhalten? Wird die in so kurzer Zeit geschaffene große Industrie mit dem Krieg ihr Ende finden? Es ist be­merkenswert, daß jene Unternehmungen, welche Betriebs­erweiterungen oder die Errichtung neuer Anlagen für das Kriegsgeschäft vornehmen, keineswegs etwa billige Bauten für kurze Zeit vorsehen. Sie errichten moderne und dauernde Gebäude aus Ziegelsteinen, Beton und Stahl. Wenn der Krieg weitergeht oder andere darauf folgen. so werden die Munitionsfabrikanten in der Lage sein, infolge ihrer fertigen Anlagen ungeheure Gewinne zu erzielen. Darauf kommt es an. Wilson hat es verstanden. Er ging in den Krieg, um ihn zu verlängern, und er sperrt jetzt den Geldmarkt. um Wallstreet die Früchte des verlängerten Krie­ges zu sichern. Merken die Herren von der Entente immer noch nicht, daß sie, gerade sie, die Geprellten sind?

liche Lehre sein: sie würde besser, als alles andere zeigen, daß die republikanische Freiheit mit der striktesten militärischen Dissiplin vereinbar ist, und daß noch weitere Opfer für die Befestigung der Freiheit gebracht werden müssen.

Englische Befürchtungen. Berlin, 31. Mai.Daily News schreiben: Die aus Rußland anlangenden Nachrich­ten lassen keinen Zweifel darüber aufkommen, daß wir in den kritischsten Augenblicken des Krieges stehen. Von den nächsten ein bis zwei Wochen hängt das Schicksal Rußlands ab. wenn nicht der Ausgang des Krieges selbst. Die neue provisorische Regierung wird bestehen bleiben oder fallen. Fällt sie, so verfällt Rußland in Anarchie und scheidet als Zukunftsfaktor aus. Soll dieses Unglück abgewendet wer­den, so müssen die Verbandsmächte die Ziele der russischen Regierung verstehen lernen, und dieser sofortige reichliche Unterstützung anbieten. Was wir zu befürchten haben, ist der steigende Argwohn der russischen Demokratie den eng­lischen und französischen Absichten gegenüber.

Die Verhaftung des Großfürsten Nikolaijewitsch wird jetzt übereinstimmend von verschiedenen Blättern gemeldet. Sie sei auf Befehl der einstweiligen Regierung erfolgt und werde mit dem Ausbruch von Unruhen in Tiflis zufolge anarchistischer Werbearbeit. in Verbindung gebracht.

Die neuen Rechte der russischen Soldaten. Amster­dam. 1. Juni.(TU.] DieTimes melden aus Peters­burg: Der neue Erlaß Kerenskis über die Rechte der Sol­daten und ihr Verhalten gegen die Offiziere enthält folgende Bestimmungen: Jeder Soldat kann außer an der Front, wenn er keinen Dienst tut, bürgerliche Kleidung tragen. Die Offiziersburschen sind abgeschafft und nur an der Front bei­behalten worden. Bei der Flotte und beim Manöver ist die Verpflichtung zum Salutieren abgeschafft und durch den frei­willigen beiderseitigen Gruß ersetzt worden. Kein Soldat darf ohne vorhergehende Untersuchung verhaftet werden. Die Leibesstrafen sind abgeschafft. Das Recht der Ernennung und der Absetzung von Offizieren ruht ausschließ­lich in der Hand des Oberkommandos, das allein berechtigt ist. Besehle zu erteilen, die mit den Operationen in Zusam­menhang stehen. Bei den Versuchen zur Wiederherstellung der Schlagfertigkeit des russischen Heeres räumte. Kerenski den Soldaten allerlei. weitgehende Rechte ein, aber von der überall vertretenen Forderung der Revolutionäre, die Wahl der Offiziere den Soldaten zu überlassen, hat er Abstand genommen.

Der Sozialistenkongreß in Stockholm.

Berlin, 31. Mai.(WTB.) Die Vertreter der deut­schen Sozialdemokratie haben sich, lautVor­wärts auf der Durchreise nach Stockholm zwei Tage in Kopenhagen aufgehalten. Sie hätten sich über die Frieden s= Aussichten hoffnungsvoll ausge­sprochen. Deutschland sei zu Verhandlungen jederzeit bereit.

Stockholm, 31. Mai.(TU.) Der holländische skandina­vische Ausschuß hat von dem englischen Minister Hender­son auf dessen Durchreise in Stockholm die Mitteilung er­halten, daß die Arbeiter= und Sozialistenorga­nisationen Großbritanniens sich der Konferenz in Stockholm angeschlossen haben. Die Mehrheits­abordnung wird Unterstaatssekretär Roberts. Mitglied des Unterhauses, führen, die Minderheitsabordnung Ramsay Macdonald. Mitglied des Unterhauses.

Petersburg, 31. Mai.(W2B.] Meldung der Peters­burger Telegraphen=Agentur: Der Arbeiter- und Soldaten­rat teilt mit: Der Unterausschuß des geschäftsführenden Aus­schusses des Arbeiter- und Soldatenrates zur Vorberei­tung einer internationalen Konferenz bestimmte in seiner ersten Sitzung Stockholm zum Tagungsort, falls keine Einwendung dagegen gemacht werde. Als Zeitpunkt der Zusammenkunft schlägt der Ausschuß die Zeit zwischen dem 15. Juli und 30. Juli u. St. vor. falls das holländische Büro und der Berner Ausschuß zustimmen.

Unsere Feinde.

Christiania, 30. Mai.(WTB.) Der militärische Mit­arbeiter des Morgenbladet, Noerregaard, schreibt, selbst wenn die große Frühjahrs=Offensive der Alliierten nicht endgültig beendet ist, so zeigt ihr Ver­lauf doch, daß sie nicht fortschreite, was vor allem auf dem vollständigen Fehlschlagen der hauptsächlichsten Voraus­setzung des Kriegsplanes der Alliierten beruht, nämlich der gleichzeitigen Offensive an der Ostfront.

General Regnier seines Postens enthoben. Berlin, 1. Juni.(BB.) ImLokalunzeiger wird berichtet, der Leiter des französischen Militärflugwesens, General Regnier, ist als Sündenbock seines Postens enthoben worden.

Frankreich.

Aus der französischen Kammer. Bern, 31. Mai.

(WTB.] In der Kammersitzung fragte Abgeordneter Le­bauck den Verpflegungsminister Violette, warum dieser oft selber nicht wisse, wohin die Kohle verschwinde. Violette antwortete, er unternehme die notwendigen Schritte, damit sich derartige Vorkommnisse nicht widerholten. Nötigen­falls werde man auch strafrechtlich eingreifen. Lebouck er­klärte ferner, für den wirtschaftlichen Bedarf des Landes seien immer noch 13 Millionen Tonnen Kohle jährlich not­wendig, die man vielleicht durch eine Ordnung der Einfuhr und durch bessere Löschung in den französischen Häfen er­zielen könne. Lebouck forderte von England, es solle Frank­reich die nicht verwendeten Löschmaterialien wie Kähne usw. zur Verfügung stellen. Der Abgeordnete Bouvery stellte fest, daß die Militärbehörden planmäßig die Freilassung von Fachleuten und Bergleuten verweigerten. Der Sozialist Bracke fragte, ob die Regierung überhaupt einen Plan habe, um die Zivilbevölkerung zu versorgen. Er sagte, die Effentlichkeit hat eingesehen, daß Beschlagnahme und Zwangszuteilung jetzt notwendig sind, aber bisher habe die Regierung immer nur getrödelt, ohne solche Beschlüsse zu fassen. Die Beamten haben die ministeriellen Beschlüsse nicht einmal ausgeführt. Die Regierung geht in einer Weise vor, die sie im Lande unbeliebt macht. Die Erörte­rung wurde sodann auf heute vertagt. Die Fortsetzung der Debatte über den=Bootkrieg, die heute stattfinden sollte, wird wahrscheinlich am nächsten Dienstag stattfinden.

Ausdehnung der Pariser Streikbewegung. Genf. 1. Juni. Die Pariser Ausstandsbewegung greift auf die Kriegs­industrie über. Tausende von Arbeitern und Arbei­terinnen der Munitions= und Uniformfabriken, sowie der Flugzeugfabriken streiken Auch einige Hundert Bureau­damen im Kriegsministerium haben die Arbeit niedergelegt. Dienstag und Mittwoch kam es wieder zu zahlreichen, aber nicht sehr ernsten Umzügen und Kundgebungen. Es wurden etwa 1000 Arbeiter verhaftet.

England.

Haag, 1. Juni.(BB.] Wie aus London berichtet wird, macht sich der Biermangel dort infolge der Stillegung der meisten Brauereien wegen Mangels an Gerste stark fühlbar. Die meisten Bierausschankstätten sind ge­zwungen worden, zu schließen.

Christiania, 31. Mai.(WTB.)Sozialdemokraten veröffentlicht eine Unterredung mit dem auf der Rückreise aus England nach Petersburg befindlichen rus­sischen Sozialdemokraten Diahoff Baum, der die Streikbewegung in England das erste Anzei­chen allgemeiner Unzufriedenheit mit dem Kriege nennt und meint, in einigen Monaten würden die inneren Verhältnisse in England ganz anders sein. Lloyd Georges Regierung sei nicht stark genug gegenüber der radikalen revolutionären Strömung, die jetzt die Hauptströmung in England sei, und diese wolle den Frieden. Aber in Rußland könne keine Macht der Welt die Reaktion wieder emporbringen, die da­gegen in Deutschland herrsche. Man habe kein Ver­trauen zu den deutschen Sozialisten, glaube auch nicht an eine Revolution in Deutschland. Die Ver­pflegungsverhältnisse in England seien erträglich doch nicht gut: falls nicht die britische Flotte den Unterscebootskrieg bedeutend einschränken könnte, werde man zur Rationierung schreiten müssen.

Die nordischen Staaten.

Berlin, 31. Mai.(WTB.) Das schwedische Blatt Aftonbladet vom 26. Mai beschäftigt sich mit einem Leit­artikel derMorningpost. in dem Schweden und Nor­wegen den Rat erhalten, sich in politischer Hinsicht mit Rußland zu vereinigen, wodurch eine Gewähr für eine freie Ostsee geschaffen werden sollte. Das Blatt findet es unverständlich, daß die Engländer der Meinung sein können, daß vernünftige Menschen etwas Derartiges glauben sollen. Nur ein unbesiegtes Deutschland bilde eine Gewähr für das europäische Gleich­gewicht. Wir Schweden wissen aus der Geschichte, daß England keinen Augenblick zögern würde seinen Fuß auf unseren Nacken zu setzen und uns alles zu nehmen.Afton­bladet hätte dabei auch auf Englands Vorgehen gegen Dänemark im Jahre 1807 vor Kopenhagen hinweisen können.

Verhetzung und Spionageverdächtigung. Berlin, 31. Mai.(WTB.] Die norwegische Presse verbreitet seit eini­ger Zeit geflissentlich Behauptungen norwegischer Kapitäne über angebliche Außerungen unserer-Boots=Kommandan­ten, das Ankunft und Reiseweg der Schiffe den-Booten vorher bekannt gewesen seien und knüpft daran Spio­nage=Verdächtigungen des Deutschtums in Norwegen: so im Falle der Versenkungen der norwe­gischen Dampfer Star, Theodore William. Gesko und Godö. Feststellungen haben ergeben, daß weder in den genannten noch in früheren Fällen seitens unserer=Boots=Komman­danten derartige Außerungen gefallen sind. Ein Verkehr unserer-Boote mit den Besatzungen fremder Handels­schiffe findet grundsätzlich überhaupt nur statt, wenn beson­dere Gründe es erfordern. Er vollzieht sich dann in der Regel im Wege der Signalisierung, beschränkt sich im we­sentlichen auf das Anhalten von Schiffen außerhalb des Sperrgebietes, sowie auf die Feststellung der erforderlichen Angaben über Schiff und Ladung. Die Behauptung der norwegischen Presse, bezw. ihrer Gewährsmänner, berubten hiernach auf freier, böswilliger Erfindung mit der ausge­sprochenen Absicht, durch Spionage=Verdächtigung gegen das Deutschtum in Norwegen zu hetzen. In wie weit hierbei unsere Gegner ihre Hand im Spiele haben mag dahin ge­stellt bleiben. Da zu erwarten steht, daß das erwähnte Treiben seinen Fortgang nehmen wird, werden vorstehende Tatsachen hiermit ein für allemal festgestellt.

Deutsches Reich.

Berlin, 31. Mai.(WTB.) Die seiner Zeit von der deutschen Regierung an die englische Regierung und an die Regierung der Vereinigten Staaten gerichteten Protest­noten betreffend die Behandlung des laiserlichen Botschafters Grafen von Bernstorff und der ihn begleitenden Beamten durch die englischen Behörden in Hali­far haben ihre Wirkung nicht verfehlt. Die Regierung der Vereinigten Staaten stellte sich zwar befremdlicherweise auf den Standpunkt, daß sie sormell nicht zuständig sei, da die Behandlung der mit freiem Geleit der englischen Regierung reisenden Deutschen Angelegenheit der englischen Regierung sei. Die deutsche Protestnote, unterstützt durch Augenzeugen­berichte unbeteiligter Persönlichkeiten, hatte jedoch tatsächlich die Wirkung, daß die englischen Behörden in Halifax die deutschen Beamten aus China und Mittel=Amerika, die über die Vereinigten Staaten#h Guropa zurückreisten, wesent­lich rücksichtsvoller und zur mender behandeit haben, als den Grafer Bernstorff und seine Begleitung: auch vollzog sich die Untersuchung ungleich schneller, sodaß Klagen der Reiseteilnehmer diesmal nicht laut wurden.