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Zweite Ausgabe.

Freitag, 2. März 1917.

66. Jahrgang. Nr. 152.

Die Operationen im Ancregebiet.

Berlin, 2. März.

Der miltärische Mitarbeiter derMorgenpost schreibt: Im Aneregebiet sind die vordersten deutschen Truppen planmäßig von der Obersten Heeresleitung zurückgenommen worden und haben eine neue, weiter rückwärts gelegene Stellung be­zogen. Die Gründe, die zu der freiwilligen planmäßigen Zurücknahme der vordersten deutschen Truppen im Anere­

gebiet geführt haben, liegen in allgemeinen Erwägungen nategischer Natur der obersten Führung und entziehen sich naturgemäß der allgemeinen Erörterung und Besprechung. Es mag aber darauf bingewiesen werden, daß die früheren deutschen Stellungen nicht auf Grund vorhergegangener sorgfältiger und genauer Erkundung entstanden sind und nicht planmäßig ausgesucht und ausgebaut wurden, sondern sich allmählich im Laufe des mehrmonatigen Kampfes ent­wickelt haben. Sie lagen deshalb nicht überall auf den tak­tisch günstigsten Punkten und entsprachen nicht allen Anfor­derungen, die man an eine zweckmäßige und widerstands­fähige Verteidigungslinie stellen muß. Durch die örtlichen Gewinne, die dem Gegner im Laufe der letzten Kämpfe zu­gefallen waren, hatte die deutsche Linie eine nach Osten ge­richtete Einbuchtung erhalten und wies auch innerhalb dieser mehrfach ein= und ausspringende Winkel auf, die dem um­fassenden Angriff und der konzentrischen Artilleriewirkung ausgesetzt waren. Während der letzten Zeit hatten die Deut­schen eine neue rückwärtige Stellung ausheben können, die alle diese Nachteile vermied. In sie sind jetzt die deutschen Truppen zurückgezogen worden. Wenn die Gegner ihren ört­lichen Gewinn auch zu einem großen Erfolge aufbauschen und bemüht sein werden, ihn als unmittelbare Folge der vorher­gegangenen Kämpfe darzustellen, so können wir dies ruhig in Kauf nehmen. Unsere allgemeine Lage ist so günstig, daß sie durch solche Papiererfolge nicht beeinträchtigt werden. Wenn die Gegner ihre Kämpfe und Durchbruchsversuche weiter fortsetzen, so werden sie bald merken, daß sie auf eine neue unerschütterliche deutsche Front ge­stoßen sind. Die weiteren Kämpfe werden die Zweckmäßig­keit der deutschen Maßnahmen in vollem Umfange erkennen lassen. Will der Feind seine Angriffe fortsetzen, so ist er gezwungen, seine Geschütze und die gesamte Munition weiter nach vorn zu bringen. Er muß die Verbindungswege neu ausbauen, sich überhaupt eine ganz neue Basis schaffen und zunächst die neuen deutschen Stellungen zu erkunden suchen. Erst wenn dies geschehen ist, kann der Angriff selbst durch­geführt werden. Es stellen sich dem Gegner also außer­ordentlich große und neue Schwierigkeiten entgegen, durch die seine Operationen erheblich verzögert werden. Mit der Verkürzung der deutschen Front ist zugleich eine Truppenersparnis verbunden, wodurch die Verteidigung eine weitere Verstärkung erfährt. Schon diese allgemeinen Gesichtspunkte lassen klar und deutlich erkennen, daß von einem feindlichen Erfolg in keiner Weise die Rede sein kann.

Der Schauplatz der Bewegung ist der kleine Ancre=Bach, ein Nebenfluß der Somme, und zwar hauptsächlich das Ge­biet, das unsere Skizze zeigt. Die Engländer behaupten, außer Grandecourt die Ortschaften Miraumont, Pys, Serre, Pusieux und nordwestlich davon Gommecourt besetzt zu haben. Dies ganze Gebiet bildete einen Vorsprung unserer Front im Abschnitt westlich von Bapaume. Die englischen Berichte geden davon, daß die Bewegung in einer nahezu 18 Kilometer breiten Front erfolgt sei, bis in die Gegend südlich von Ba­paume(östlich des Gebietes unserer Skizze), und daß die eng­lischen Truppen auch einige Flecken dicht süglich von Bapaume (so Ligny und Thilloy, 2 bis 3 Kilometer füdlich von Ba­paume) besetzt haben.

Budapest, 2. März.(BB.] In einer Unterredung, welche der Berichterstatter desPesti Naplo mit dem Gene­ralobersten v. Kluck hatte, sagte dieser: Die miltärische Lage ist die denkbar beste. Unsere Truppen glei­chen einer Erzmauer, unerschütterlich im Westen und im Osten. Es ist unwahrscheinlich, daß diese erkämpfte Lage sich zu unseren Ungunsten ändern könnte.

Schweizer Besuch der deutschen Vogesenfront. Zürich, 1. März.(BB.) Der schweizerische Major Riggenbach, der soeben von einem Besuch der deutschen Vogesenfront zurück­gekehrt ist, schreibt in derNeuen Zürcher Ztg.: Es kann wesentlich zur Beruhigung der schweizerischen Bevölkerung dienen, was wir im Oberelsaß an Kriegsbildern zu sehen bekamen. Da uns, zwei Schweizer Berichterstattern und Offizieren, überall sowohl in vorderster Linie, als auch hin­ter der Front, alles gezeigt worden ist, konnten wir uns davon überzeugen, daß hier nichts geplant wird, was die Sicherheit der Schweiz gefährden könnte. Anderseits bietet die unbedingte Festigkeit der deutschen Front die sichere Ge­währ, daß die Schweiz auch bei Aktionen, die von der Gegen­seite aus eingeleitet würden, nicht notwendigerweise in krie­gerische Unternehmungen verwickelt zu werden braucht.

Bern, 1. März.(WTV.] Nach einer Meldung des Progres de Lyon aus Saloniki belegte ein feindliches Flug­

zug die Hauptstadt von Samos Vathi mit Bomben. wurde nur Sachschaden angerichtet.

Ein deutsches Flugzeng über England. London, I. März.Central News melden: Amtlich wird bekannt­ggeben: Ein deutsches Flugzeug hat heute morgen.50 Uhr Droadstairs mit Bomben belegt. Eine Frau wurde ver­bebet.

Der Seekrieg.

Vordeaur, I. März.(WTB.) Agence Havas. Der amerikanische DampferRochester ist in die Gi­ronde eingefahren.

Berlin, 2. März.(W2B.) über einenBaralona. Fall in Kamerun berichtet dieNordd. Allg. Zta. auf Grund eines Berichtes eines Oberleutnants zur See, vor­mals Kommandant des armierten Regierungsdampfers

Nachtigall, der nach mehr als zweijähriger Gefangenscheit

in England in der Schweiz interniert wurde. Die deutsche Regierung hat den Sachverhalt den neutralen Regierungen mitgeteilt, die, wie das Blatt schreibt, von nun ab fort­laufend über gegnerische Grausamkeiten unterrichtet werden.

Berlin, 2. März.(WTB.] In derVoss. Zta. werden die Seesperrwirkungen auf England behan­delt. Bei normalem Verbrauch würden die vorhandenen Kartoffellager in7 Wochen erschöpft sein. In einer am Samstag von der Arbeiterinnenliga abgehaltenen Frauen­versammlung wurde über die vorgeschlagene freiwillige Nah­rungseinschränkung debattiert. Die Frauen, sprachen

die Warnung aus, vernünftig und gerecht zu verteilen, sonst könnten Unruhen unter den Arbeiterinnen entstehen.

China droht mit Abbruch der diplomatischen Beziehungen

Berlin, 2. März.(BB.) Nach einer Meldung derMor­ningpost aus Schangbai habe die chinesische Regierung in­folge der zweidentigen Antwort Deutschlands auf die chine­sische Protestnote beschlossen, eine zweite Note abzusenden, in welcher eine bestimmte Beschränkung des.-Bootkrieges gefordert werde. Wenn die deutsche Regierung keine oder eine ablehnende Antwort gebe, werde sie die diplomatischen Beziehungen abbrechen.

O Auch Lloyd George operiert mit salschen Zahlen.

Von geschätzter Seite wird uns geschrieben:

In seiner Rede vom 20. Februar hat Lloyd George ge­sagt, daß die englische Einfuhr auf 30 Millionen Tons ge­sunken sei, während sie vor dem Kriege 50 Millionen Tons betragen habe. Auch bei diesen Zahlen hat Lloyd George ebenso wie sein ehrenwerter Kollege Sir Carson vor einigen Tagen bei der Zahl der ein= und ausfahrenden Schiffe, eine Kleinigkeit vergessen: die Zahl von 30 Millionen Tons hört bereits der Vergangenbeit an. Der Gesamteingang in britischen Häfen hat betragen: im Jahre 1913: 49062 200, 1914: 43060 800, 1915: 33725 700, 1916: 30060 837. Soweik wäre die Erklärung Lloyd Georges vollkommen in Ordnung.

Nun entfällt aber ea. ein Drittel dieser Einfuhr auf fremde Schiffe. Die betreffenden Zahlen sind:

Einfuhr auf britischen Schiffen 1913: 32292 300, 1914: 28 928 900, 1915: 22 861 700; Einfuhr auf fremden Schiffen: 1913: 16 771900, 1914: 14131 900, 1915: 10 864 000. Es ist anzunehmen, daß das Verhältnis im Jahre 1916 kein wesent­lich anderes gewesen sein wird.

Da nun durch unsere-Boot=Sperre die neutrale Schiff­fahrt lahm gelegt ist, die Schiffe der Alliierten aber genug mit ihren eigenen Angelegenheiten zu tun haben und Eng­land nichts bringen können, so wird die englische Einfuhr im Jahre 1917 ohne weiteres von30 Millionen Tons auf 20 Mil­lionen Tons, also auf zwei Fünftel der Friedenseinfuhr sinken.

Es wird der englischen Flotte aber nur dann möglich sein, diese 20 Millionen Tons heranzuschaffen, wenn der Schiffsraum nicht kleiner wird, wie er im Jahre 1916 war. Er ist aber im Januar und Februar schon wesentlich kleiner geworden und wird sich, dank der Tüchtigkeit unserer -Boote, schnell weiter vermindern; darum muß auch die englische Einfuhr weiter sinken. Drum zittre stolzes Albion; Germani rale the waves!

Amerika.

Paris, 1. März.(W2B.)Journal veröffentlicht eine Newyorker Depesche, nach der vom 1. März ab Sub­missionen für 2750 Geschütze zu 75 mm mit Lafetten entgegengenommen werden. Man schließe daraus, daß dieses Kaliber der Bewaffnung der Handelsschiffe dienen werde.

DieTimes melden aus Washington vom 28. Februar: Wilson behandelt die Versenkung derLaconia als die ausschlaggebende Handlung", um das, was man beinahe einen Kriegszustand mit Deutschland nennen könnte, zu recht­fertigen. Das wurde nach der Zusammenkunft des Kabinetts gestern bekannt, eine unmittelbare Kriegserklärung wird aber nicht erwartet. Der Präsident wünscht nur Zeit zu gewin­nen, bis er eine formelle Ermächtigung des Kongresses hat. Wahrscheinlich laufen dann bewaffnete Kauffahrteischiffe aus. Man glaubt aber, daß dieser Zustand bewaffneter Neutralität sich nicht unendlich verlängern könne. Schwimmen erst ein­mal bewaffnete amerikanische Schiffe, dann kann viel passieren.(2)

London, 1. März.(Privattelegr.) Reuter meldet aus Washington: Man glaubt dort, daß die Festhal­tung von vier amerikanischen Konsuln durch Deutschland auf einem Mißverständnis beruhe. Deutschland beklage sich, daß Konsul Müller, der früher in Atlanka war und sich jetzt auf dem Wege nach Quito befindet. nicht weiter als bis Havanna gekommen sei. Tatsächlich sei aber Müllers Aufenthalt in Havanna die Folge eines vor­übergehenden Mangels an Transportmitteln gewesen, und nicht die Vereinigten Staaten seien daran schuld. Der Kon­sul sei indessen nach Quito weitergereist.

Erhöhung der Spaunung zwischen Amerika und Österreich-Ungarn.

Rotterdam, 2. März Reuter meldet aus Washington: Wie verlautet, kam das amerikanische Ministerium des Außern zu der Überzeugung, daß der Bruch mit Österreich= Ungarn unvermeidlich sei. Es ist deshalb in Bereitschaft, jeden Augenblick alle Konsularvertreter zu­rückzuberufen.

Es scheint, so meldet dasBerl. Tagebl., daß Präsident Wilson auch in den Beziehungen zu Österreich=Ungarn klar sehen möchte, und zwar, noch bevor die Tagung des Kon­gresses abläuft, wenigstens hat er hier dem Wunsche einer baldigen Beantwortung seiner letzten Anfragen Ausdruck ge­ben lassen. Im übrigen aber zeigen die aus Washington hier eingetroffenen Berichte, daß Wilson nach wie vor einen Bruch mit Österreich-Ungarn gern vermeiden möchte. Wel­chen Beweggründen dieser Wunsch entspringt, ob Wilson viel­leicht meint, den Konflikt auf Deutschland allein beschränken zu können, oder ob er hofft, auf der Brücke der Beziehungen zu Österreich=Ungarn einen Weg zu dem Verbündeten der Monarchie zu finden, läßt sich von hier aus ebenso wenig klar erkennen, wie in Washington. Jedenfalls wird in hie­sigen alnerikanischen Kreisen mit großem Nachdruck betont, wie sehr es der Präsident begrüßen werde, wenn die Ant­wort der österreichisch=ungarischen Regierung auf seine letz­ten Anfragen die Aufrechterhaltung der Beziebungen ermög­lichen würde. Es unterliegt keinem Zweifel, daß diese Wünsche auch von Österreich-Ungarn geteilt werden. Ihre Erfüllung wird jedoch ausschließlich von Wilson abhängen, nämlich davon, ob der Präsident dem bekannten Stand­punkt Österreich=Ungarns in der Unterseeboot­frage wenigstens einiges Verständnis entgegenbringen wird. Man schließt diese Möglichkeit in den Kreisen der österrei­chisch=ungarischen Diplomatie auch heute noch nicht aus, aber es ist sehr begreiflich, daß man nach den letzten Erklärungen Wilsons vor dem Kongreß im allgemeinen noch etwas step­tischer geworden ist und auch jene Gefahr für die Beziehun­gen Österreich=Ungarus zu den Vereinigten Staaten in die Nähe rücken siebt, die in der Forderung Wilsons nach Be­waffnung der amerikanischen Dandelsschiffe lieg: Den Kries mit Deutschlend 62

Deutsches Reich.

Berlin, 1. März.(W7B.) In der heutigen Sitzung

des Bundesrats gelangten zur Annahme: Eine Abänderung der Verordnung über die Regelung des Vekkehrs mit Web­usw. Waren vom 10. Juni bezw. 23. Sept. 1916, der Entwurf einer Bekanntmachung über Manganerze und Eisenerze mit niedrigeren Phosphorgebalten, der Entwurf einer Bekannt­machung über Rohzucker, Zuckerrüben usw. und der Entwurf einer Bekantmachung betr. Krankenversicherung und Wochen­hilfe während des Krieges.

Berlin, 2. März.(WTB.] Zum Zwecke der Verbilli­gung und gleichmäßigen Versorgung der Bevölkerung des Reiches mit Fischen wurden an der Ostsee große Men­gen beschlagnahmt.

München, 2. März.(BB.) Gestern sand unter dem Vorsitz König Ludwigs ein baverischer Minister­rat statt, der bedeutsame Entschlüsse über wichtige An­derungen faßte. Nähere Einzelheiten dürften binnen turzem bekanntgegeben werden.

Eisenbahnverwaltung und Eisendahnerverband. Ber­

lin, 28. Febr. Bekanntlich hat sich die preußische Eisenbahn­verwaltung von jeher geweigert, zuzulassen, daß ihre Ar­beiter dem Deutschen Eisenbahnerverband als Mitglieder an­gehören, weil dieser Verband den Streik als zulässiges Kampfmittel anerkennt. Jetzt ist nach langen Verhandlungen endlich eine Einigung zustande gekommen. Der Vorstand des Eisenbahnerverbandes hat im Einvernehmen mit der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands den Eisenbahnverwaltungen folgende Erklärung abgegeben:Der Deutsche Eisenbahnerverband gehört nicht zu den Organi­sationen, welche die Arbeitseinstellung zur Durch­führung ihrer Forderungen in Anwendung bringen. Er bat, wie die vorstehende Satzung ergibt, keine Einrich­tung, die es ihm ermöglichen würde, bei den einen oder anderen Arbeitsstreitigkeiten das Kampfmittel der Arbeitseinstellung anzuwenden. Er kann zur Unterstützung eines Streikes weder von anderer Seite herangezogen werden noch seiner­seits Mittel anwenden. In dieser Erklärung sieht der prcußische Eisenbahnminister den von ihm verlangten aus­drücklichen Streikverzicht. Nachdem der Vorstand die Er­klärung den Verbandssatzungen als Anbang beigefügt hat. hebt der Minister den Erlaß vom 24. Oktober 1916 auf.

Gegen das Rideikommis=Gesetz.

2) Berlin, 2. März. Die Fraktion der fort­schrittlichen Volkspartei hat im Reichstage einen Gesetzentwurf über die Sperrung der Errichtung von Fidei­kommissen während des Krieges und der Übergangszeit ein­gebracht.

Der erste Paragraph bestimmt, daß die Errichtung und Erweiterung von Fideikommissen für das Reichsgebiet wäh­rend der Kriegszeit untersagt sein soll. In einem zweiten Paragraphen wird festgelegt, daß die Landesregierungen drei Jahre nach Friedensschluß mit den europäischen Großmächten die Geltung dieses Gesetzes für ihr Gebiet außer Kraft setzen können.

Der fortschrittliche Antrag ist von der nationalliberalen Fraktion mit Ausnahme des Abg. Hirsch=Essen unterstützt worden.

Die Regelung der Errichtung von Fideikommissen ist Sache der Einzelstaaten. Es bedeutet darum einen Eingriff des Reiches in die Rechte der Einzelstaaten, wenn das Reich vorschreibt, wie in den Einzelstaaten verfahren werden soll. Der Antrag der fortschrittlichen Volkspartei im Reichstage ist darum eine sehr zweiselhafte Sache. Die preußische Staatsregierung. die die Fideikommiß=Vorlage eingebracht hat, wird schwerlich damit einverstanden sein, daß das Reich ihre Maßnahmen in dieser Weise beeinträchtigt.

Vom Hilfsdienstgesetz.

21 Berlin, 2. März. Die Reichstagskommission für das Hilfesdienstgesetz hielt am Donnerstag abermals eine Sitzung ab, um die Ausführungsbestimmungen der einzelnen Generalkommandos für die Einberufung zum Hilfsdienst fest­zulegen. Ein Entwurf des Kriegsamtes für die Tätigkeit der Einberufungsausschüsse wurde fest angenommen. In diesem Entwurf wird den Generalkommandos vorgeschrieben, auf das Lebensalter und die Familienverhältnisse der Hilfs­dienstpflichten Rücksicht zu nehmen. Den zum Hilfsdienst ein­gezogenen Personen soll ein ausreichender Unterhalt für die Familie gewährt werden. Zuerst sollen die Freiwilligen ein­gezogen werden, dann alle die, die durch Männer über 60 Jahren und durch Frauen ersetzt werden können. Eine Ein­ziehung soll unterbleiben, wenn durch sie eine schwere Schä­digung allgemeiner Interessen zu befürchten ist. Schließlich wurde über die Bedingungen, unter denen die Hilfsdienst­pflichtigen einem Einzelbetrieb überwiesen werden, eingehend verhandelt. Ein Muster des Kriegsamtes, dem die Kom­mission zustimmte, bestimmt, welchen Bedingungen sich Ar­beitnehmer und Arbeitgeber bei Beginn der unter das Hilfs­dienstgesetz fallenden Arbeitsverhältnisse unterwerfen müssen Der Arbeitgeber muß die ihm überwiesenen Kräfte anneh­men und kann sie nur gegen eine Kündigung von acht Tagen entlassen. Die Entscheidung hierüber liegt in den Händen der Einziebungsausschüsse, die sich des Rates der fachlichen Arbeitsnachweise dabei bedienen sollen.

Zur Rede des Kriegsministers.

Berlin, 2. März.[WTB.] Zu der gestrigen Rede des Kriegsministers heißt es imBerliner Tageblat! In der ihm eigenen soldatischen Ausdrucksweise schilderte Herr v. Stein die Mißhandlungen der gefangenen deutschen Soldaten in Frankreich und erklärte, daß man sofort Gegen­maßnahmen ergreifen werde. Man kann nur hoffen, daß auch die Völker der nentralen Staaten nun endlich einmal diesen unerhörten Skandalen. die in Frankreich mit zivili­sierten Phrasen und mit Schmähungen gegen die Deutschen verdeckt werden, ihre Aufmerksamkeit zuwenden.

DieVossische Zeitung sagt: Die Franzosen hören sich gern die ritterliche Nation nennen, aber wenn etwas beweist, daß ihnen die Ritterlichkeit nicht nur zur zweiten Natur geworden ist. sondern ein eitler äußerer Auf­putz blieb, so ist es ihr schandbares Benehmen gegenüber Wehrlosen die in ihre Gewalt geraten sind. Die Kundgebun­gen der Entrüstung im Reichstage wurden abgelöst durch Kundgebungen lebhafter Zustimmung, als sich der Minister gegen Ausschreitungen deutscher Gutmütigkeit und Gefübls­duselei wandte. Mit stürmischem Beifall wurde der Dank aufgenommen, den der Minister den neutralen Staaten für ihre Bemübungen um den Schutz und das Wobl der Gefan­genen spendete und nicht minder stürmische Begrüßung wurde den aufrichtigsten und rröstenden Worten zuteil. in denen der Minister den im Feindesland Schmachtenden die Sorge von der Seele nahm, als könnte man idnen Vorwürfe machen.

In derKreuszeitung" liest man: Was unsere, Kriegsgefangenen in Frankreich erdulden müssen, widerspricht nicht nur den bindenden Bestimmungen der internationalen Abmachungen und allen unseren Vorstellungen vom sittlichen Charakter einer Nation. Man muß auf die abstoßendsten und dunkelsten Blätter der Geschichte zurückgreifen, um äda­liches wiederzufinden.

DerVorwärts schreibt: Die mitgeteilten Totsachen schneiden jeden Deutschen ins Herz. Es ist eine Pflicht der Regierung, das Los unserer Brüder hinter den seindlichen

Krouten in mildern.

Deutschlands finanzielle Kraft.

Berlin, 28. Fehr. Eine auserlejene zahlreiche Zuhörer­schaft war gestern einer Einladung der unter der Leitung des Staatsministers z. D. Dr. v. Hentig stebenden Vereini­gung für Staatsbürgerliche Bildung in dem großen Sip#ngs­saale des Abgeordnetenbauses gefolgt zu einem Vortrage des Bonner Universitätsprofessors Geheimrat Dr. Schumacher über das zeitgemäße ThemaDeutschlands finanzielle Kraft. Von den erschienenen zahlreichen Vertretern der Behörden und anderen hervorragenden Persönlichkeiten seien hier nur genannt: Die Mitglieder des Reichsbankdirektoriums Prä­sident Exzellenz Dr. Havenstein und Geheimer Oberfinanzrat Dr. v. Grimm, von den Vertretern der Wissenschaft Ge­heimrat Dr. Sering.

Der Vortragende ging davon aus, daß Deutschlands finanzielle Kraft für fast alle eine Überraschung gewesen sei: vor dem Kriege habe niemand daran gedacht, daß gerade bier Enaland hinter Deutschland zurücksteben könnte, und doch sei es unverkenubar, daß auch die silbernen Kugeln, auf die man einst so stolz pochte, sich nicht nur gegen Rußland, Frant­

reich und Italien, sondern gerade auch gegen England zu richten beginnen. Schon gleich zu Anfang sei der Deutsch­land angekündigte Zusammenbruch tatsächlich zum großen Teil bei unseren Zeinden eingetreten, während Deutschland sich in eindrucksvoller Ruhe allen Anforderungen gewachsen zeigt.

Wie die finanzielle Mobilmachung, so hat sich auch wei­ter die Kriegsfinanzierung in Deutschland in stolzer Ruhe und Gleichmäßigkeit vollzogen. Jedes halbe Jahr ist eine Anleibe aufgelegt worden. Ein 5 Prozent Dauertopus hat sich herausgebildet. Auch der Zeichnungskurs ist im weseni­lichen derselbe geblieben. Anleiben, Schatzanweisungen und Schatzwechsel schließen sich zu einem wahldurchoachten Sustem zusammen. in dem auch den Banknoten ein ganz bestimmter Platz zukommt. Sie sind, wie im Frieden, im wesentlichen Umlaufsmittel geblieben und nicht, wie in Frankreich. Fi­nanzmittel geworden, und, wenn ihre Zahl so gewachsen ist, so erklärt sich das vor allem aus einer Steigerung des Be­darfs, wie der Redner ausführlich darlegte.

In allem anders unsere Feinde. Spielte sich in Deutsch­land die Kriegsfinanzierung mit der Regelmäßigkeit eines Uhrwerks in festen, bewährten Formen ab, so wird sie bei unsern Feinden beherrscht von Unstätigkeit und Unsicherheit. Das erklärt sich daraus, daß bei uns wegen unserer militä­rischen Erfolge eine dauernd günstige Konjunktur für die Aufnahme von Anleihen vorhanden ist, die Feinde dagegen unablässig darauf warten, daß eine günstige Konjunktur, vie sie bei uns zum Dauerzustand geworden ist, für sie einmal eintritt. Während Deutschland alle seine Kriegsausgaben in langfristigen Anleihen untergebracht hat, lebte England von der Hand in den Mund. Den in Deutschland aufge­brachten 47 Milliarden Mark hatte es bis zur neuen Au­leihes dieses Jahres nur 19 Milliarden gegenüber zu setzen, und die neue Anleihe wird auch keine Wandlung herbeifüh­ren. Wenn sie, wie Bonar Law mitgeteilt hat, 14 Milliarden Mark erbracht hat, so bleibt noch immer eine schwebende Schuld von etwa 8 Milliarden Mark bestehen, und darüber hinaus waren nach dem Statist noch 311 Millionen Pfund Sterling oder über 6 Milliarden Mark nötig; um die Kriegskosten bis Ende März zu decken. So groß die Gesamt­summen sind, als vollen Erfola werden die Engländer ihre Siegesanleibe nicht ansehen. Noch wichtiger ist, daß die Engländer, im Gegensatz zu Deutschland, sich genötigt gesehen haben, mit ihrem Zinssatz beständig hinaufzugeben. Damit haben sie nicht nux ihre älteren Anleihen aufs Schwerste entwertet, sondern es auch für die Zukunft fast unmöglich gemacht, zu so niedrigen Zinssätzen zurückzulehren, wie sie bisher für Englands Stellung in der Wettwirtschaft von entscheidender Bedeutung waren. Das wird gesteigert da­durch, daß England immer größere Schwierigkeiten findet, seine dem Werte nach so gewaltig angeschwollene Einfuhr, von der immer mehr durch unsere-Boote versenkt wird. zu bezahlen. Schon sind in der ernsten Fachpresse Zweifel laut geworden, ob England, wenn der Krieg noch lange dauert, in der Lage sein wird. seine Goldwährung aufrecht zu erhalten. Das zeigt sich auch bereits im englischen Wech­selkurs, dessen Unerschütterlichkeit ein Glaubenssatz der Welt war. Der stolze Sterlingkurs folgt dem bescheidenen Mark­kurs. Die Entwertung des deutschen Wechselkurses wird als Kriegsepisode dahinrauschen. Sie greift nicht an die Grund­lagen unseres Daseins, das nicht auf Kapital, sondern auf Arbeit aufgebaut ist. Die Entwertung des englischen Wechselkurses wird sich, je länger der Krieg dauert, um so stärker zu einem weltgeschichtlichen Ereignis auswachsen, dessen Bedeutung den Krieg überdauert. So winkt uns auch auf dem Gebiete der Finanzen der Sieg. Doch auch der finanzielle Krieg so schloß der Redner ist eine Art Schützengrabenkrieg. Auch hier nützt der einzelne Sieg, mag er noch so glänzend sein, wenig. Immer wieder von neuem muß er errungen werden. Der steten Bereitschaft, sein Leben zu opfern, muß die immer neue Bereitschaft, mit allen seinen finanziellen Kräften dem Vaterlande zu helfen, zur Seite stehen. Ein Versagen stellt alle voraufgegangenen Erfolge in Frage. Wird aber, wie bisher, in kluger Erkenntnis des eigenen Vorteils der vaterländischen Pflicht entsprochen, so muß der finanzielle Sieg zur endgültigen Entscheidung wirk­sam beitragen.

Auch der finanzielle Sieg wirkt nicht nur für die Gegen­wart, sondern bis in späte Zeiten. Ja, vielleicht dient er am meisten der vergeltenden Gerechtigkeit. Denn er trifft Eng­land in seiner wesentlichsten Besonderheit, erlöst uns von einem Druck, der immer lähmend auf uns gelastet hat, schafft uns Ersatz für die vielen Schäden, die uns der feige kirtschaftskrieg Englands zufügt und macht die Bahn in der Zukunft unserem friedliebenden und arbeitsamen Volke, das heute in Kämpfen und Entbehrungen seine Pflichttreue beldenhaft betätigt, frei für einen neuen Aufstieg.

Gngland.

Rotterdam, 1. März.(WTB.]N. Ron. Cour. zufolge, erklärte im Unterhause Batburst, daß die Kommission Lord Devonports die Untersuchung über eine obligato­rische Rationierung beendet hat. Diese kann da­her eingeführt werden. sobald es notwendig erscheint. Im Oberbause wurde die Landarbeiterfrage erörtert. Lord Selbourne sagte, die Landarbeiter seien durch den Mangel an Arbeitskräften zur Verzweiflung ge­bracht. Lord Derbo teilte mit, daß er jetzt erfabrene Land­wirte in der Armee ausfindig zu machen suche, um sie zu beurlauben.

In Euzlands Schande.

Rotterdam, 2. März.(BB.] Die vom Reichskangler von Beihmann=Hollweg in seiner letzten Rede gemachten Mit­teilungen#bor das große Sterben in den afrike­nischen Konzentrationslagern während des Bu­renkrieges, stellt derNeue Rotterd. Courant dahin richtig. daß nicht 15 bis 16000 Frauen und Kinder, sondern wie aus der amtlichen Statistik Bothas hervorgebe, 26 170 Frauen und Kinder, dazu noch 1421 alte Männer, also über ein.

dantsumen feien.