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Verantwortlicher Redacteur Friedrich Herring. Druck und Verlag der Meyer'schen Hofbuchdruckerei(Gebr. Klingenberg) in Detmold

DieLippische Landes=Zeitung

erscheint mit Ausnahme der Sonn= und Festtage täglich und werden derselben die amtlichen Bekanntmachungen des Amtsblattes für das Fürstenthum Lippe unentgeltlich als Extrabeilage beigegeben.

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Detmold, Leopoldstraße Nr. 117.

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Probenummer.

Die innere Lage Deutschlands.

1.

F. Bei dem Beginn eines Unternehmens, welches dem öffentlichen Leben gewidmet ist, ziemt es sich wohl, Umschau zu halten und einen prüfenden Blick auf die inneren Zustände des Vaterlandes und auf die allgemeine Weltlage zu werfen, was im gegenwärtigen Momente um so angezeigter erscheint, als eine Menge pessimistischer Gerüchte zum großen Theil das Erzeugniß der un­befriedigenden Geschäftslage in der ganzen Welt die Luft durchschwirren und die öffentliche Meinung zu verführen suchen. Einer unbefangenen Beobachtung ist es klar, daß, wie immer unter dieser Sonne, Vieles am Ende des Jahres 1877, zu dessen Signatur ersichtlich das Provisorische, das Unfertige und Unabgeschlossene ge­hört, nicht so ist, wie es sein sollte und sein könnte, daß aber ein Grund zu wirklichen Besorgnissen und gerechtfertigten Befürchtungen nicht vorhanden ist. Fassen wir zunächst die Situation des deutschen Vaterlandes schärfer ins Auge.

Es unterliegt gar keinem Zweifel, daß die con­stitutionelle Routine und der praktische Blick für die Erfordernisse des politischen Lebens langsamer und schwerer in Deutschland Eingang findet, als man hätte erwarten und hoffen sollen. Die nothwendige Folge dieser Erscheinung, die Zerfahrenheit der Partei=Ver­hältnisse und die Ungesundheit der Parteibildungen, hemmt die Entwicklung unserer Institutionen und das organische, an das Bestehende sicher anknüpfende Ge­deihen unserer Gesetzgebung; im Reichstage sowohl wie in den Landtagen der einzelnen Bundesstaaten gehört der Conflikt= in Sicht=Zustand nachgerade zu den chro­nischen Leiden, zu dessen Beschwichtigung immer die äußersten Anstrengungen gemacht werden müssen. Die schwankenden, unsicheren Majoritäten in den Parlamenten, deren Nachtheile am grellsten im Reiche und in den beiden größten Staaten, in Baiern und in Preußen, zu Tage treten, leisten unverkennbar dem Wachsthum der Socialdemokratie Vorschub; die Socialisten sind es, die aus dem Hader der Volksvertretungen mit den Regie­rungen und aus der dadurch erzeugten Unsicherheit der Zustände den größten Vortheil ziehen.

Schon seit mehreren Wochen sind Gerüchte einer Kanzlerkrisis, einer vollständigen Ministerkrisis in Preußen u. s. f. im Schwange Gerüchte, die durch Vor­gänge im preußischen Abgeordnetenhause bekräftigt zu werden schienen, die aber trotzdem mit großer Vor­

Zur Geschichte des Weihnachtsfestes.

Unser Weihnachtsfest, welches wir zum Andenken an die Geburt Jesu Christi feiern, und welches sich im Laufe der Zeiten neben seinem christlichen Character zu einem allgemeinen Freuden= und Friedensfeste gestaltet hat, war bis zum vierten Jahrhundert der christlichen Welt unbekannt. Den ersten Christen galt der Todes­tag Christi als vor allen anderen bemerkenswerth. Auf ihn verlegten sie die Feier des Angedenkens an den Stifter ihrer Religion. Ueber den Todestag Christi, welchen man nals den Beginn der wahren Verklärung zum Leben feierlich beging, vergaß man den Geburtstag Jesu, über welchen weder eine schriftliche Aufzeichnung, noch eine mündliche Ueberlieferung vorhanden ist. Nicht einmal das Jahr und der Monat, in welche die Geburt des Stifters der christlichen Religion fällt, sind auch nur mit annähernder Bestimmtheit nachzuweisen. Die Festsetzung des Weihnachtsfestes auf den 25. December und zugleich die Feier desselben als Geburtstag Christi ging im vierten Jahrhundert von Gallien aus und fand nur langsam Aufnahme in der abendländischen, später auch von der morgenländischen Kirche.

Unsere heutige Bezeichnung des Festes mit dem WorteWeihnachten ist eine Zusammenziehung der alt­deutschen Worte:Ze wihen nahten, welche nan den heiligen Nächten bedeuten. In der Mehrheit aber, mithin vonWeihenächten mußte man sprechen, weil mit der Feier des Geburtstages Christi die Feier theils alterer, theils neu hinzu kommender Festtage verbunden wurde. So bildete sich der Weihnachtscyclus oder die Zeit des Andenkens an die Geburt und das Lehramt Christk, welche mit dem ersten Advent beginnt und bis zum Epiphaniasfeste dauert. Als Kernpunkt derhei­ligen Nächte folgt auf die Advents= oder Vorbereitungs­zeit die Christnacht und der erste Hauptfeiertag der

sicht ausgenommen werden müssen. Heute kann, wenn nicht als unumstößlich, so doch als höchstwahrscheinlich Folgeudes aufgestellt werden. Die Rückkehr des Reichs­kanzlers nach Berlin dürfte noch im Laufe dieses Monats kurz vor dem Feste oder gleich nach demselben erfolgen; wie länge der Fürst in der Hauptstadt ver­weilen, ob er sich an den Debatten des Reichstages persönlich betheiligen wird, kann Niemand vorhersagen und dürfte wohl ganz von seinem Gesundheitszustande abhängen. Daß Fürst Bismarck der erste Rathgeber des Kaisers bleiben wird, wenn ihm auch seine Gesund­heit nicht gestatten sollte, die Leitung der Geschäfte in ihrem ganzen Umfange wieder zu übernehmen, gilt für sicher und wird nur von denen bezweifelt, die den Rücktritt des Fürsten sehnlichst wünschen. In Bezug auf das Ministerium des Innern wird das Provisorium jedenfalls bis zum Ablaufe des dem Grafen Eulen­burg ertheilten Urlaubs andauern; sollte Graf Eulenburg nicht mehr im Stande sein, die Last seines Amtes wieder zu übernehmen, so lassen sich über seine defini­tiven Nachfolger nur Muthmaßungen aufstellen, die auf Zuverlässigkeit keinen Anspruch machen können; außer Dr. Friedenthal werden verschiedene andere Candidaten für das Portefeuille des Innern namhaft gemacht. Als gewiß erfährt man von unterrichteter Seite, daß Herr von Bennigsen mit einer hohen Stellung in der Reichsregierung betraut werden wird. Die Gerüchte von dem Rücktritte der Minister Camphausen und Falk werden als aus der Luft gegriffen bezeichnet; für wahrscheinlich gilt es nur, daß der Handelsminister um seine Entlassung einkommen wird.

Wenn die parlamentarischen Verhältnisse Deutsch­lands in Folge der unbefriedigenden Parteizustände, auf die bei einer anderen Gelegenheit ausführlicher eingegangen werden soll, auch manches zu wünschen übrig lassen, so wird dieser Mißstand durch verschiedene andere Gründe und namentlich durch die Eintracht und das gute Einvernehmen, welches zwischen sämmtlichen Bundesregierungen obwaltet, wesentlich ausgeglichen und paralysirt. So lange das neue deutsche Reich besteht, ist von Zwietracht und Eifersucht unter den Bundesfürsten und den Bundesregierungen auch nie eine Spur zu bemerken gewesen, obwohl es an Bemühungen, den Erisapfel unter sie zu werfen, wahr­haftig nicht gefehlt hat. Die innigen Beziehungen der Bundesfürsten zu einander sind unter den heutigen Um­ständen eine höchst werthvolle Garantie auch für das fernere Gedeihen des Gesammtvaterlandes; es giebt

Geburt Christi. Was die Adventszeit anlangt, so wird sie zuerst im Jahre 524 auf der Synode zu Lerida(in der spanischen Provinz Katalonien) erwähnt, welche innerhalb derselben die Hochzeiten verbot; die vier Ad­ventssonntage sind wahrscheinlich von Papst Gregor., dem Großen(590604) eingeführt. Dieser Einrichtung liegt ein biblischer Sprachgebrauch zu Grunde, vermöge welches von der vierfachen Erscheinung Christiin das Fleisch",zum Tode",zur Zerstörung Jerusalems undzum Weltgerichte" die Rede ist. Demgemäß wurden denn auch die Evangelienabschnitte bestimmt, eine Ein­richtung, welche für die abendländische Kirche durch das Homiliarium Kaiser Karl's des Großen(768814) ihre Bestätigung erhielt.

Dem eigentlichen, am 25. December und am Abend vorher gefeierten Christfeste folgten dieferia secunda und dieferia tertia. Was den Ausdruckferia in seiner Anwendung auf die christlichen Feiertage über­haupt anlangt, so verdankt derselbe seine Entstehung dem Kaiser Justinian(527265), welcher auf Anstiften der im Staate zur Macht gelangten Kirche anordnete, daß alle FeiertageFerienn seien, d. h. daß an diesen Tagen alle weltlichen Geschäfte und alle Lustbarkeiten ruhen sollten. Als feria secunda folgte dem eigentlichen Weihnachtsfeste die Gedächtnißfeier des heiligen Stephan, welcher als erster Märtyrer den neuen Glauben mit seinem Tode besiegelte. Die feria tertia ist inhalts­und umfangsreicher. Sie schließt in sich den Gedächtniß­tag des Apostels Johannes, dann am 28. December das Fest der unschuldig von König Herodes getödteten Kindlein, ferner acht Tage nach dem Geburtsfeste Christi die Feier seiner Beschneidung und Namengebung. Den Schluß bildet vom 6. Januar ab und an den folgenden Sonntagen das Epiphaniasfest, welches die Anbetung der heiligen drei Könige, die Reinigung Maria's, die Darstellung Jesu im Tempel, seine Taufe und sein erstes

unter den deutschen Fürsten keinen einzigen, der nicht seine Ehre darin setzte, das eigene Interesse dem Interesse des Ganzen unterzuordnen. Auch in diesem Jahre hat die Consolidirung des Reiches und die Befestigung seiner Insti­tutionen erfreuliche Fortschritte gemacht und diese That­sache haben alle Anstrengungen der Feinde des Reiches nicht zu hindern vermocht. Deutschland fühlt sich immer­mehr als einheitliches Ganze und steht als solches dem Auslande gegenüber.

Deutsches Reich.

Berlin. Kaiser Wilhelm und die öffentliche Meinung in Rußland. Die russischeSt. Peters­burger Ztg. schreibt in ihrer jüngsten Nummer:Un­ter den Tausenden von Toasten, welche die begeisierte Bevölkerung der Residenz auf das Wohl ihres geliebten Zaren und dessen siegreicher Armee bei gefüllten Bechern ausbrachte, hörten wir sehr viele aus ächt russischem Munde auf das Wohl desjenigen fremden Monarchen aussprechen, dem die Interessen unseres Vaterlandes so nahe am Herzen liegen, auf das Wohl des Kaisers Wilhelm. Die Sympathien des russischen Vol­kes gehören vollständig dem deutschen Kaiser Wilhelm.a

Ueber die neuliche Antritts=Audienz des chinesischen Gesandten bei der Kaiserin wird der Kreuzzeitung Folgendes mitgetheilt: Der Ge­sandte wurde im rothen Salon empfangen, Ihre Ma­jestät war von der Oberhofmeisterin Gräfin v. Perpon­cher, den Palastdamen Gräfinnen Adelaidesv. Hacke und v. Oriolla, sowie den dienstthuenden Hofdamen, dem Oberhofmeister Grafen Nesselrode und den dienstthuen­den Kammerherren Grafen Lüttichau und Vitzthum um­geben. Der mit der Einführung der Gesandtschaften beauftragte Vice=Ober=Ceremonienmeister v. Roeder führte zuerst den Gesandten und dann dessen Gefolge ein. Die Mitglieder der Gesandtschaft waren in den prächtigsten Gewändern. Der Gesandte selbst hielt an Ihre Majestät eine Anrede in chinesischer Sprache, welche der Dolmetscher verdeutschte. Das Chinesische muß in seiner Ausdrucksweise sehr prägnant sein, denn zur Verdeutschung einer Periode brauchte der Dolmetscher das doppelte an Zeit. Ihre Majestät antworte in deutscher Sprache. Die einzigen Worte, in denen die Kaiserin und der Gesandte sich unmittelbar verstanden, waren die Namen der Länder und Städte, welche die Chinesen auf ihrer Reiselaus ihrer Heimath nach Deutsch­land berührt hatten und von denen Ihre Majestät sich

Wunder auf der Hochzeit zu Kanaa umfaßt. Das in den Weihnachtscyclus hineinfallende bürgerliche Neujahr als Feiertag anzuerkennen, hat sich die Kirche nur zögernd entschlossen. In der katholischen Kirche ist die Feier der alten in den Weihnachtscyclus fallenden Festtage bestehen geblieben, obwohl nicht gleichmäßig in allen katholischen Ländern. In einigen derselben sind sie durch landesherrliche Verordnungen beschränkt worden, so in Frankreich durch König Heinrich IV.(15941610) und in Oesterreich durch die Kaiserin Maria Theresia(1740 1780) und Kaiser Joseph II.(17651790). Die protestantische Kirche will nur von solchen Feiertagen etwas wissen, welche eine unmittelbare Beziehung auf die Person Christi haben. Luther äußert über diesen Punkt im Jahre 1523 in einem Schreiben an Nicolaus Hausmann:Doch denken wir hier zu Wittenberg allein an den Sonntagen und Festen unseres Herrn Jesu Christi zu feiern: denn wir halten, daß der Heiligen Feste allzumal sollten abgethan werden oder, so etwas darinnen, das der Rede werth ist, soll man dasselbe nebenein laufen lassen des Sonntags unter der Predigt. Trotz dieser Aeußerung aber werden sowohl in der Neuen Ordnung der Stiftskirche zu Wittenberg als auch in dem Melanchthon=LutherschenUnterricht der Visitatoren(1528) die Feste der Verkündigung, Heim­suchung und Reinigung Mariä und die Geburt Johannis des Täufers zur allgemeinen Feier empfohlen.

Bei dem Mangel aller Nachrichten über den Tag der Geburt Christi war die Verlegung der Geburtsfeier auf den 25. December dennoch keine willkürliche; viel­mehr wurde dieser Zeitpunkt von der Kirche mit großem Geschick gewählt. Der 25. December ist der Tag der Wintersonnenwende oder des wiederkehrenden Lichtes, und wurde als solcher fast von allen Völkern seit ur­alter Zeit festlich begangen. Sie feierten in der Winter­sonnenwende das sich alljährlich erneuernde Wirken ihrer