Anzeigenpreis:
Fhe auswürtige Anzeigen 20 Pfg. die sechsgesp. Pétitzeile; im lokalen Verkehr 15 Pfg., Reklamen 50 Pfg. Bei Wiederholungen höchster Rabatt.
Abonnementspreis:
Monatlich durch unsere Träger oder Agenturen frei ins Haus gebracht 40 Pfg., durch die Post bei Abholung vierteljährl. Mk. 1,25. Postzeitungsliste 1124a.
Unparteiische Tageszeitung für Westfalen und angrenzende Landesteile.
Haupt=Expedition: Rohrteichstraße 11. Berliner Bureau: Berlin SW., Barutherstraße 5, I. Zweig=Expedition: Niedernstraße 16.
Vertorcher 16. Henhgrchr knt fl. 860. Ssetntu##
Punur!
Sonntag, den 16. September 1900.
1. Jahrgang.
wir wollen.
Der rasche Aufschwung und die unaufhaltsame Entwickelung Bielefelds bieten in ihrer gesunden Stetigkeit ein Bild, das vielleicht im ganzen Deutschen Reiche seines Gleichen nicht findet. Aus der Stätte der hervorragenden Leinenindustrie, als die sich Bielefeld noch vor 50 Jahren darstellte, ist heute ein Industriecentrum geworden, das immer mächtiger anschwellend seine Einwohnerzahl in den letzten 30 Jahren mehr als verdoppelt hat. Ein moderner Zug geht durch die Stadt, und das Straßenbild nimmt immer mehr den Charakter der Großstadt an.
Nur ein Zweig des gewaltigen Verkehrslebens von heute hat mit dieser rastlosen Entwickelung nicht Schritt gehalten: die Ausgestaltung der Bielefelder Presse. Und doch ist gerade eine mit allen Mitteln der hochentwickelten Technik, mit stärkster Ausnutzung aller Errungenschaften des heutigen Verkehrs arbeitende unparteiische Zeitung großen Stiles ein so unabweisbares Bedürfnis geworden, daß sich die Bevölkerung der Stadt und ihrer engeren und weiteren Umgebung der Pflicht nicht mehr entziehen kann, auch auf diesem Gebiete fortzuschreiten und der Reichhaltigkeit, der schnellen und zuverlässigen Information seiner Presse eine erhöhte Aufmerksamkeit zuzuwenden. Der
Bielefelder
General=Anzeiget
steckt sich das hohe Ziel, die angedeutete Licke im Verkehrswesen auszufüllen und will
Politische
Nie hat ein großes Ereignis seine Schatten intensiver vorausgeworfen, als die bevorstehende Tagung des Reichstages. Schon seit Monaten quält man sich mit der Frage ab, ob aus Anlaß der chinesischen Wirren die Volksvertreter früher als gewöhnlich zusammengerufen werden müßten, und vor einigen Tagen verlautete mit ziemlicher Bestimmtheit, daß das Haus am Königsplatz schon am 16. Oktober seine Pforten öffnen werde. Der Nachricht folgte das Dementi auf dem Fuße, sodaß heute noch kein Mensch sagen kann, wann sich die Vertreter der deutschen Reichstagswahlkreise wieder zu ernstem Thun versammeln werden. Der Reichskanzler ist nach Berlin zurückgekehrt, und damit sind die Arbeiten wieder aufgenommen worden. Daraus sind aber keinerlei Schlüsse auf den Zeitpunkt der Einberufung des Reichstages zu ziehen. Der Termin ist allerdings auch ziemlich gleichgültig, nachdem offiziös erklärt worden ist, daß in absehbarer Zeit die Kosten der China=Expedition doch nicht mit annähernder Genauigkeit festgestellt werden können. Sicher ist nur, daß die ersten Tage der Reichstagssession ungemein lebhafte Erörterungen über die deutschen Truppensendungen bringen werden.
Ganz anders haben sich die parlamentarischen Verhältnisse in Österreich entwickelt. Die Auflösung des Reichsrats beweist, daß die Regierung ernstlich gewillt ist, der Obstruktion ein Ende zu machen und geordnete Zustände wieder herbeizuführen. Es ist aber noch sehr die Frage, ob die Neuwahlen dem Parlament ein wesentlich anderes Gepräge verleihen. So sehr es im Interesse des uns so eng verbündeten Kaiserstaates läge, so wenig darf man darauf rechnen, daß der neugewählte Reichsrat, weil sich dessen Neuwahlen eben
dem lesenden Publikum eine Zeitung bieten, die allen Ansprüchen der neuen Zeit genügt. Uneingeengt von den Schranken eines politischen Parteiprogramms sieht er seine vornehmste Aufgabe darin, seinen Leserkreis über alle thatsächlichen Vorgänge auf das Genaueste zu informiren, nicht aber ihm eine nach einer Parteischablone zugeschnittene Meinung aufzudrängen.
Packende Leitartikel
in knapper und präziser Form sollen die aktuellen Fragen und Ereignisse würdigen und in einer
vollständigen politischen Biebericht
will er allen Begebenheiten auf der politischen Schaubühne folgen.
Seine besondere Fürsorge wird der
„Zielefelder General=Anzeiger“
den
lokalen und KommunalAngelegenheiten
zuwenden, und nicht minder hat er durch ein ausgedehntes Korrespondentennetz dafür Sorge getragen, daß ihm alle Ereignisse aus der
Provinz und den angrenzenden Landesteilen
auf dem denkbar schnellsten Wege übermittelt werden, sodaß kein anderes Blatt in der Reichhaltigkeit, Schnelligkeit und Zuverlässigkeit der Berichterstattung auch nur annähernd mit dem„Bielefelder General=Anzeiger“ wetteifern kann. Das Gleiche gilt von der mit der äußersten Sorgfalt organisierten
unter genau den gleichen Voraussetzungen wie früher vollziehen, auf die wohlmeinenden Absichten der Regierung willfähriger einzugehen geneigt sein wird, als das jetzt nach Hause geschickte Parlament.
Sind diese Vorgänge mehr interner Natur, so bereitet sich in den Balkanstaaten ein Zwischenfall vor, der die Aufmerksamkeit von dem fernen Ostasien auf einen Augenblick nach dem alten Wetterwinkel im Südosten Europas hinzulenken geeignet ist. Es spielen da in kleinen Verhältnissen große Fragen der Politik mit hinein, die man nur verstehen kann, wenn man die Sonderstellung Rumäniens in der Reihe der halbasiatischen Staaten recht ins Auge faßt. Das kleine Königreich ist gerade wegen seiner, wenn auch nicht offiziellen, so doch thatsächlichen Angliederung an den Dreibund der bestgehaßte Nachbar Rußlands, und so konnte es kaum überraschen, als die dort bestehende panslavistische Agitation nichts geringeres ins Auge faßte, als die Ermordung des Königs Karl von Rumänien. Nur einem Zufall ist es zu danken gewesen, daß das blutige Komplott rechtzeitig entdeckt wurde und infolgedessen auch der König von Serbien dem ihm zugedachten Schicksal, durch Gift oder Dolch aus seinem jungen Liebestraum herausgerissen zu werden, entgehen konnte. Aber dann folgte die Ermordung des rumänischen Lehrers Mihaileann durch den Bulgaren Slocan Dimitrow, und an dieses politische Ereignis knüpfte sich ein langer und in sehr entschiedenen Tönen gehaltener Notenwechsel zwischen Bulgarien und Rumänien, weil ersteres den über die bulgarische Grenze entflohenen Meuchelmörder frei herumlaufen läßt. Die Noten wurden schließlich so scharf, daß es ganz danach aussah, als hätte Bulgarien Lust, sich in einem frischen fröhlichen Krieg mit dem rumänischen Nachbar zu messen, aber schließlich wird Fürst Ferdinand, der von der Türkei eine wirksame Hülfe erwartet, doch zu der
telegraphischen Werichterstattung
überhaupt, die den„Bielefelder GeneralAnzeiger“ in den Stand setzt, in der Rubrik
Neues aus aller Welt
allen Ereignissen freudiger oder trauriger Natur auf dem Fuße zu folgen. Die Beigabe von an Ort und Stelle aufgenommenen
Illustrationen, Vorträts, Kartensnizzen u. s. w.
wird diesen Teil des„Vielefelder GeneralAnzeigers" das besondere charakteristische Gepräge einer modernen Zeitung großen Stiles verleihen.
Dem Unterhaltungsbedürfnis des Lesepublikums trägt der„Bielefelder GeneralAnzeiger“ in ausgedehntestem Maße Rechnung. Spannende Romane erster Au
toren und Novellen, Skizzen, Plaudereien der hervorragendsten Schriftsteller werden dem Leser die Bekanntschaft mit den neuesten Erscheinungen der schönen Litteratur vermitteln. Daneben bietet das
„Kleine Feuilleton“
eine lückenlose Uebersicht über die Werke der Kunst und die Errungenschaften der Wissenschaft, und endlich gewährt die wöchentlich gratis beigegebene
Unterhaltungsbeilage
eine reichhaltige und lehrreiche Anregung im Familienkreise.
Die Pflege der heimischen Industrie läßt
Überzeugung gelangen, daß ihm eine militärische
Unterstützung in dieser Angelegenheit versagt bleiben dürfte. Und so wird die Balkaufrage vorläufig unaufgerollt bleiben.
Es ist auch gut so; denn die Großmächte haben mit anderen Dingen gerade genug zu thun. Natürlich bereitet ihnen China in erster Linie die größten Kopfschmerzen. Die rein politische Lage im Reich der Mitte hat sich freilich zur Zeit so gestaltet, daß keine Meinungsverschiedenheit darüber herrscht, daß bis zum Friedensschluß chinesisches Gebiet besetzt bleiben muß. Ob Peking oder Tientsin zum Ausgangspunkt kriegerischer Operationen gewählt werden wird, dürfte wohl der Entschließung des demnächst in Ostasien eintreffenden Grafen Waldersee überlassen bleiben. Als ein gutes Zeichen darf es immerhin betrachtet werden, daß gewisse Friedensbedingungen bereits eine feste Form anzunehmen beginnen. Eine— welche, wird nicht gesagt— Großmacht fordere die Annahme folgender vier Bedingungen vor Abschluß eines Waffenstillstandes: die Neutralisierung Tientsins, die Umwandlung der Mandschurei in einen Pufferstaat, internationale Garnisonen in allen Vertragshäfen und Hinrichtung der Boxerführer. Präziser ist allerdings eine andere Meldung, wonach Rußland das Ultimatum gestellt habe, der Kaiser von China solle die Regierung wieder selbst übernehmen, solle sofort zur Verhaftung und Bestrafung des Prinzen Tuan und der übrigen Boxerführer Sorge tragen und den Einfluß der Kaiserin auf die Regierung ausschließen. Li=Hung=Tschang will aber von diesen Bedingungen nichts wissen, und so bleibt die Situation vorläufig unklar.
Anscheinend neigt sich dagegen der englische Feldzug in Südafrika seinem Ende zu. Präsident Krüger hat sein Land verlassen und gedenkt, sich zu Interventionszwecken nach Europa zu begeben. Das Schicksal der Burengesandtschaft könnte ihn
sich der„Bielefelder General=Anzeiger“ in dem dem
Handel und Verkehr
gewidmeten Teile besonders angelegen sein.
Sport und Spiel, Gemeinnütziges, Haus und Küche, Garten, Land und Jagd sollen gleicherweise die gebührende Berücksichtigung finden, mit einem Wort, der„Bielefelder General=Anzeiger“ soll seinem Leser alles bieten, was er von einer modern geleiteten großen Zeitung erwarten darf. Die Fülle des Gebotenen läßt sich freilich in dieser kurzen Darstellung nur andeutungsweise ennzeichnen; ein Blick in die Spalten der v orliegenden Nummer dürfte dem urteilsfähigen Leser mehr sagen, als jeder Hinweis an dieser Stelle vermag.
Und so wendet sich der
Bielefelder
voller Zuversicht an das Publikum. Er hofft, daß sich schnell ein Freundschaftsband um ihn und seine Leser schlinge und bittet, seine Bestrebungen durch das wohlwollende Vertrauen zu unterstützen, das er durch seine Leistungen allezeit zu rechtfertigen suchen wird.
Verlag und Redaktion
des
„Vielefelder General-Anzeigers“.
darüber belehrt haben, daß er mit einem
solchen Unternehmen nicht viel erreichen wird. Man muß also, so sehr man das Schicksal einer für ihre Freiheit kämpfenden Nation bedauern mag, sich nachgerade mit dem Gedanken vertraut machen, daß in verhältnismäßig kurzer Zeit der Vorhang über dem Drama von Transvaal herniedergeht.
Die Lage un Shiu.
Wenngleich von kriegerischen Ereignissen so gut wie nichts verlautet, bringt doch jeder Tag neue Ueberraschungen. Jetzt scheint Amerika auf eigene Faust vorgehen und das Einvernehmen der Mächte stören zu wollen. Wenigstens behauptet dies die die„New York Sun“ aus angeblich bester Quelle. Sie meldet aus Washington:
Wenn die Regierung zu der Erkenntnis gelangt, daß die Interessen Amerikas durch unabhängiges Vorgehen der Vereinigten Staaten besser gewahrt werden, so wird sie allein handeln, und wenn Li=Hung=Tschang die Regierung überzeugt, daß er ausreichende Vollmacht zum Unterhandeln hat, so sind die Vereinigten Staaten bereit, sich sofort aus dem Konzert der Mächte zurückzuziehen und ein unabhängiges Abkommen mit China abzuschließen.
Dieser Nachricht tritt man aberdings von anderer Seite ebenso bestimmt entgegen und glaubt in ihr nur ein Manöver der Gegner Mac Kinleys zu sehen, die bei der bald kommenden Präsidentenwahl natürlich dessen Posttion so viel als möglich gefährden möchten. Und trotzdem scheint es, als ob Amerika den Friedensunterhändler Li=Hung=Tschang als solchen anerkennen wolle. Scheinbar geht dieser schlaue Mandarin bereitwillig auf manche Wünsche der Mächte ein; namentlich thut er jetzt so, als wolle er die Kaiserin=Witwe preisgeben. Allein niemand traut ihm, und die