mit Bielefelder General-Anzeiger und Handelsblatt
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Gersfees
Sonnabend, 26. August 1933
Anzeigenpreis: Der Raum für die Anzeigenspalte(29 mm breit, 1 mm hoch) 15 Ptg., für die Reklamezeile(70 mm breit, 1 mm hoch) 60 Pig. Rabatt nach besonderem Tarik. Bei verspätetem Eingang der Zahlung oder bei Zwangseinziebung des Betrages kommt der gewährte Rabatt in Fortfall. Beilagen 15 Mark das Tausend. bei Teilauflagen 20 Mark. Annahmestellen für Bielefeld die Geschäftsstellen Rohrteichstr. 9. Alter Markt 2. Herforder Str. 84, die Filialen Bahnhofstr. 34, Kreuzstr. 40, Arndtstr. 41, Bleichstr. 125; für Brackwede: Adolf-Hitler-Str. 60; Bielefeld-Schildesche: Talbrückenstr. 4. Fernruf GundlachZentrale: 4970—4973. nach 19 Uhr Geschäftsstelle 4972. Redaktion 4970 u. 4973.
Glossen am Rande
Bielefeld, 26. 8.
Unerwünschter Zuzug Die Reichshauptstadt hat eine lebhafte Wanderungsbewegung. Im Durchschnitt der letzten Jahre sind jährlich ungefähr 200000 Menschen nach Berlin zugezogen, und etwas mehr noch haben die Stadt verlassen. Für den Stadtsäckel hat diese Zu= und Abwanderung recht wenig erfreuliche Folgen gezeitigt. Während nämlich die Auswanderer zumeist den besser gestellten Kreisen angehören, fallen die nach Berlin neu Zuziehenden häufig sofort oder doch in allerkürzester Frist der Wohlfahrtspflege zur Last. Den Anforderungen, die auf diese Weise an die städtische Wohlfahrtspflege gestellt werden, können die ohnehin schon angespannten Finanzen der Reichshauptstadt auf die Dauer nicht mehr gerecht werden. Die Stadtverwaltung hat daher jetzt beschlossen, allen nach dem 1. September in Berlin neu Zuziehenden, wenn sie die städtische Wohlfahrt in Anspruch nehmen, nur noch verminderte Unterstützungssätze zu zahlen. Gleichzeitig hat nach einer Mitteilung des Staatskommissars Lippert die Stadt Berlin den Erlaß eines Reichsgesetzes beantragt, daß zukünftig nicht mehr die Reichshauptstadt für die Unterstützung der ihr zuziehenden Bedürftigen aufkommen soll, sondern daß diese Lasten von der Heimat= oder Geburtsgemeinde der Zugewanderten zu tragen sein sollen. Ob ein solches Reichsgesetz erlassen wird, erscheint noch fraglich, weil eine derartige reichsgesetzliche Regelung naturgemäß auf den Widerstand der Heimatgemeinden stoßen wird, und weil ferner die praktische Durchführung auch leicht zu schwierigen und umfangreichen Verwaltungsmaßnahmen führen könnte. Andererseits aber wird irgend etwas geschehen müssen, um die für Berlin unzuträgliche Bevölkerungsbewegung in andere Bahnen zu lenken. Denn ließe man den Dingen weiterhin ihren freien Lauf, so würde das Ergebnis eine zunehmende Verproletarisierung der reichshauptstädtischen Bevölkerung sein, die der Tendenz unserer Bevölkerungspolitik stracks zuwiderläuft.
„Nira“— ein Mädchenname? Aus Amerika kommt die Nach
richt, daß ein Arbeiter seine neugeborene Tochter auf den Namen„Nira“ habe taufen lassen. Ein neuer Mädchenname? Woher kommt er und was soll er bedeuten? Nun, der Arbeiter hat sein Töchterlein auf den Namen „Nira“ taufen lassen, weil er nach langer Arbeitslosigkeit endlich wieder Arbeit gefunden hat und dafür den wirtschaftlichen Reformgesetzen des Präsidenten Roosevelt seinen Dank abstatten wollte. Denn„Nira“ bedeutet nichts anderes als eine Abkürzung für das grundlegende wirtschaftliche Gesetzgebungswerk, auf dem die neue amerikanische Wirtschaftspolitik aufbaut:„Nira“ ist das Schlagwort für Roosevelts National Industry Recovery Act, auf deutsch: Nationalwirtschaftliches Aufbauprogramm. So sehr sich der Arbeiter, der sein Töchterlein„Nira“ taufte, über Roosevelts Ankurbelungsgesetz freute, so wenig findet das Reformwerk des energischen Präsidenten den Beifall anderer Kreise. Erst eben hat ein bissiger Universitätsprofessor erklärt,„Nira“ heiße nicht National Industry Recovery Act oder Aufbauprogramm, sondern„Nira" bedeute eigentlich nichts anderes als National Industry Ruin Association oder auf deutsch: Wirtschaftliche Zerstörungsgesellschaft.
Der Streik der Auf den nordfranzösischen Schleppkähne Kanälen und Flüssen ist ein e eigenartiger Streik im Gange.
ist kein Streik der Arbeitnehmer gegen die Arbeitgeber um irgendwelche sozialen Forderungen, sondern ein Streik der Schleppkähne gegen die Motorkähne. In der Nachkriegszeit und vor allem in den letzten Jahren hat die Rationalisierung auch die französische Binnenschiffahrt stark ergriffen. An Stelle der gemütlichen alten treidelnden Schleppkähne sind mit Dieselmotoren ausgerüstete Motorkähne getreten, die auf Grund ihrer bedeutend schnelleren Transportmöglichkeit den Binnenschiffahrtsverkehr zunehmend an sich gerissen haben. Sie fanden dabei die Unterstützung der staatlichen Wirtschaftspolitik, weil ihr Betrieb eine starke Beschleunigung und damit Verbilligung der Binnenwassertransporte brachte. Die Regierung räumte daher auch den Motorkähnen mannigfache Vergünstigungen ein, sie durften z. B. auch des Nachts die auf den nordfranzösischen Gewässern recht zahlreichen Schleusen passieren, während die alten Schleppkähne nur tagsüber durchschleusen durften, da sie für den gefährlicheren Nachtverkehr zu schwerfällig in ihren Manövern sind. Hinzu
* 1"**•Tein.
Begeisierter Empfang in Mariendueg und Rähll Besuch beim Reichspräsidenten Hindenburg
Berlin, 25. 8.
Ministerpräsident Göring begab sich am Freitagmorgen im Flugzeug zu einem offiziellen Besuch der Provinz Ostpreußen und des Reichspräsidenten nach Marienburg.
In Marienburg fuhren der Ministerpräsident und seine Begleitung im Kraftwagen durch ein dichtes Spalier begeisterter Menschen, Hitler=Jugend und Mädels im braunen Kleid, nach dem Schloß. Nach kurzer Besichtigung des Schlosses nahm der Minister mit seiner Begleitung in der berühmten Gast
kammer des Schlosses an einem von der Stadt gegebenen Essen teil. Bei der Tafel sprach der Ministerpräsident ein Wort, das jeden Ostpreußen mit Stolz und Zuversicht erfüllen muß und zugleich eine Verpflichtung für Ostpreußen enthält:
„Geht Ostpreußen verloren, dann geht zugleich alle Hoffnung auf den Wiederaufbau des Reiches verloren!“
Hierauf ergriff Ministerpräsident Göring jenen silbernen Ehrenbecher, aus dem König Friedrich Wilhelm III. beim ähnlichen Anlaß,
Bercater um beutschen Völte
Die ersten Ausgestoßenen auf Grund des neuen Staatsbürgerrechts
Berlin, 25. 8.
Auf Grund des§ 2 des Gesetzes über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit vom 14. Juli 1933 hat der Reichsminister des Innern im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Auswärtigen durch eine im Reichsanzeiger veröffentliche Bekanntmachung vom 23. August 1933 zunächst folgende im Ausland befindliche Reichsangehörige der deutschen Staatsangehörigkeit für verlustigerklärt, weil sie durch ein Verhalten, das gegen die Pflicht zur Treue gegen Volk und Reich verstößt, die deutschen Belange geschädigt haben:
Dr. Alfred Apfel, Georg Bernhard, Dr.
Rudolf Breitscheidt, Eugen Eppstein, Alfred Falk, Lion Feuchtwanger, Dr. Friedrich Wilhelm Foerster, Helmuth von Gerlach, Elfriede Gohlke gen. Ruth Fischer, Kurt Großmann, Albert Grzesinski, Emil Gumbel, Wilhelm Hausmann, Friedrich Heckert, Max Hölz, Dr. Alfred Kerr, Otto Lehmann=Rußbüldt, Heinrich Mann, Theodor Maslowski, Wilhelm Münzenberg, Heinz=Werner Neumann, Wilhelm Pieck, Berthold Salomon gen. Jacob, Philipp Scheidemann, Leopold Schwarzschild, Max Sievers, Friedrich Stampfer, Ernst Toller, Dr. Kurt Tucholski, Bernhard Weiß, Robert Weißmann, Otto Weißmann, Otto Wels, Dr. Johannes Werthauer.— Zugleich ist das Vermögen dieser Personen beschlagnahmt worden.
Ein Vonaupian=Massonns.
„Daily Mail“ berichtet von einem Handelsabkommen Italiens mit Angarn und Oesterreich
London, 26. 8.
Die„Daily Mail“ veröffentlicht eine Meldung ihres römischen Korrespondenten, worin Einzelheiten über einen angeblichen Plan Mussolinis zur Konsolidierung der Lage in Mitteleuropa enthalten sind. Die Uebereinkünfte, die der italienische Premierminister in seinen Unterhaltungen mit Ministerpräsident Gömbös und dann mit Bundeskanzler Dollfuß erreicht habe, seien hauptsächlich wirtschaftlicher Natur.
Italien gewähre Oesterreich eine Freizone im Hafen von Triest. Es werde der Einfuhr österreichischer Waren Vorzugsbehandlung angedeihen lassen. Es werde eine größere Menge Waren in Oesterreich kaufen, die für alle staatlich kontrollierten Organisationen die Hauptversorgungsquelle für importierte Fertigwaren werden solle.
Ungarischem Weizen soll ebenfalls Vorzugsbehandlung gewährt werden. Ferner habe
kommt, daß die Motorkähne überwiegend im Besitz belgischer und holländischer Reedereien sind, wodurch der Kampf der Schleppschiffer gegen die motorische Konkurrenz eine nationalwirtschaftliche Note bekommt. Die französische Regierung befindet sich diesem eigenartigen Streik gegenüber in einer wenig angenehmen Lage und man kann gespannt sein, ob sie einen gangbaren Ausweg findet, der den Schleppkähnen hilft, ohne die lebenswichtigen Transportkosten der Industrie durch Rückschaltung der Motorschiffahrt übermäßig zu belasten. ol.
Italien Ungarn versprochen, den Teil der ungarischen Maisernte abzunehmen, über den nicht anderweitig verfügt werde. Mussolini betrachte dies alles als einen ersten Schritt zur Vorzugsbehandlung auch der anderen Donaustaaten.
SA, 5s und Stahlhelm in Nürnberg
Nürnberg, 25. 8.
Um eine reibungslose Abwicklung des Reichsparteitages zu gewährleisten, ist mit sofortiger Wirkung der„Polizeiliche Einsatzstab“ mit der verantwortlichen Bearbeitung aller Fragen der Absperrung und des polizeilichen Einsatzes beauftragt worden. Der Führer des polizeilichen Einsatzstabes ist SSBrigadeführer Schmauser.
Um ein einheitliches Bild der Herbstparade 1933 der SA und SS zu gewährleisten, ist für sämtliche SA= und SS=Einheiten des Deutschen Reiches die zahlenmäßige Teilnahme genau festgelegt.
Angehörigen der SA. SS und des Stahlhelms, die nicht an der Herbstparade teilnehmen, ist es strengstens untersagt, zum Reichsparteitag nach Nürnberg zu kommen, da, wie sich bei früheren Gelegenheiten gezeigt hat, unlautere Elemente in der Uniform der nationalen Verbände auch diesmal zweifellos versuchen werden, ihr Unwesen in Nürnberg zu treiben. Bestimmte Anzeichen sind vorhanden, daß diese schon jetzt in Nürnberg eintreffen. SA- und SS=Angehörige, die trotz des Verbotes der Obersten SA=Führung nach Nürnberg kommen, werden rücksichtslos aus der SA bzw. ES ausgeschlossen.
beim Besuch seiner„besten preußischen Provinz“ getrunken hatte und dem man dem Ministerpräsidenten mit einem Willkommenstrunk reichte, und sprach mit einem Blick auf das in den Becher eingravierte Wort des Königs„Alles Große und Würdige erstehe wie dieser Bau“ folgende Worte:
„So fest die Marienburg als Werk aus Stein steht, so wird die Größe und Würde des neuen Reiches wieder erstehen".
Nach dem Essen begab sich der Ministerpräsident mit den übrigen Gästen im Kraftwagen nach dem alten Rathaus, vor dem nationale Formationen bereitstanden, und nahm aus den Händen des Oberbürgermeisters den Ehrenbürgerbrief der Stadt Marienburg in Empfang. Ministerpräsident Göring gelobte bei Annahme der Ehrung, niemals in der Sorge um diese preußischste aller Provinzen zu ruhen.
— Auf der Fahrt von Marienburg nach Neudeck machte Ministerpräsident Göring auch in Stuhm Halt.
Zur Begrüßung hatten sich vor dem Rathause die städtischen Körverschaften, die Verbände der NSDAP., des Stahlhelms und eine zahlreiche Bevölkerung eingefunden.
Bürgermeister Gerber überreichte dem Ministerpräsidenten den Ehrenbürgerbrief der Stadt Stuhm.
Der Ministerpräsident dankte mit folgender Ansprache:„Liebe Kameraden, gleichzeitig in Nord und West, Süd und Ost! Wohin wir auch kommen mögen, überall dasselbe Bild, überall dieselben Ehrungen. Diese Ehrung erweckt in uns zweierlei Gefühle, das der Freude, aber auch das der Verantwortung. Eine Last ist uns damit aufgebürdet, und wir werden das blinde Vertrauen der Bevölkerung nicht enttäuschen.
Wir wollen ganze Arbeit leisten, damit wir in Not und Elend die Freiheit und Ehre, aber auch Arbeit und Brot dem deutschen Volk wiedergeben. Die erste Arbeit haben wir geschafft. Ehre und Freiheit sind das Fundament, auf dem wir unsere Arbeit aufbauen. Alles haben wir einem Manne zu verdanken, und ich nehme diese Ehrung nicht für mich in Anspruch, sondern für unseren Soldaten und Führer Adolf Hitler. Wir können ihm nicht besser danken, als daß wir unserem Führer und Volkskanzler Adolf Hitler ein dreifaches Sieg=Heil ausbringen.“
Hierauf begab sich der Ministerpräsident zum Stuhmer Marktplatz, wo SA und SS und andere Verbände Aufstellung genommen hatten. Der Ministerpräsident legte am Denkmal des Altmeisters der Fliegerei, Ferdinand Schulz einen Kranz mit folgender Inschrift nieder:„Dem Helden und Wegbereiter der deutschen Fliegerei. Die deutsche Luftschiffahrt.“ Unter lauten Heilrufen der Bevölkerung verließ der Ministerpräsident dann Stuhm, um nach Gut Neudeck zum Besuch des Reichspräsidenten weiterzufahren.
Blomberg fährt nach Neudeck
Reichspräsident und Reichswehrminister am Tannenberg=Denkmal
Berlin, 26. 8.
Reichswehrminister General von Blomberg wird sich am Sonnabendmorgen im Flugzeug nach Neudeck begeben, wo er an einem Abendessen beim Reichspräsidenten teilnimmt.
Am Sonntag wird der Reichspräsident in Begleitung des Generals vom Blomberg an einer Kundgebung am Tannenberg=Denkmal teilnehmen. Auch der Chef der Heeresleitung General Freiherr von Hammerstein und der Chef der Marineleitung, Admiral Räder, werden den Reichspräsidenten zu dieser Kundgebung begleiten. Sofort nach Beendigung der Tannenberg=Kundgebung begibt sich der Reichswehrminister im Flugzeug zur Kundgebung der Saarvereine am NiederwaldDenkmal.